Adventskalender 4

Urs Birchler

Astronomisch und heuer auch meteorologisch liegt der Advent fast ganz im Herbst. Deshalb scheint es erlaubt, Franz Hohlers Herbschtgedicht zu zitieren.

Dusse goht der Wind
E Flöige putzt der Grind
De Schpatze glänze d Schnäbel
E Chue seicht dure Näbel
Me gseht se eignig Schnuuf
S Benzin schloht wider uf

Das Gedicht stammt aus dem Band Das Kurze. Das Einfache. Das Kindliche. Dort erzählt der Autor auch, dass sein Gedicht ins Japanische übersetzt wurde, und gibt eine Rückübersetzung ins Deutsche.

Ich weiss nicht, ob das Gedicht aus der Zeit der Erdölkrisen der 1970er Jahre stammt oder aus dem ersten Jahrzehnt unseres Jahrhunderts, in dem Aufschläge beim Benzinpreis so verlässlich waren wie die Herbstnebel.

Adventskalender 3

Diana Festl-Pell

Gerade zur Adventszeit flattern praktisch täglich Spendenaufrufe von diversen gemeinnützigen Organisationen ins Haus. Diese Art der Adhoc-Spende aus schlechtem Gewissen zum Fest der Nächstenliebe war für mich aber irgendwie immer unbefriedigend. Umso glücklicher war ich, als mir ein ehemaliger Klassenkamerad, heute Völkerrechtler, von seiner Hilfsorganisation in Liberia erzählte.

Seit drei Jahren bin ich nun stolze Patin von Patience Chea, die mittlerweile in die 3. Klasse der neuerbauten Waisenhausschule geht. Gestern habe ich Post von ihr erhalten. Sie hat von der Friedensnobelpreis-Auszeichnung für ihre Präsidentin, Ellen Johnson Sirleaf, und für die Politikerin Leymah Roberta Gbowee erfahren.

Ganz begeistert schreibt sie, dass sie jetzt neben Ärztin noch zwei weitere Berufswünsche habe: Sie möchte nun auch Menschenrechtlerin und nächste Präsidentin werden! Ich bin überzeugt, dass sie das schaffen kann.

Adventskalender 2

René Hegglin

Als heutigen Beitrag gibt es ein interaktives Spiel, welches seit einiger Zeit als Bestandteil experimenteller Wirtschaftsforschung untersucht wird.

Aufgabe ist es, eine Zahl von 0 bis 100 zu schätzen, welche am nähesten an 2/3 vom Durchschnitt aller Schätzungen kommt. Als Beispiel: wenn der Durchschnitt aller Schätzungen 60 ist, so würde die Schätzung, die am nähesten bei 40 (=2/3*60) liegt, gewinnen.

Also: Welche ganze Zahl von 0 bis 100 liegt am nächsten bei 2/3 vom Durchschnitt aller Eingaben der Batz-Leser?

Die Lösung folgt in zwei Wochen.

Adventskalender 1

Diana Festl-Pell

Der Advent, die Zeit der Besinnung und Vergebung, scheint im Jahr 2011 in Europa, zumindest für einige politische Wortführer und krisengebeutelte Haushaltswächter, nicht ganz so besinnlich zu werden. Umso wichtiger, sich des zweiten moralischen Anspruches wieder bewusst zu werden – der Vergebung. Ganz gleich, ob religiös oder nicht: In der Weihnachtszeit finden Freunde und Familie zusammen, alte Kriegsbeile werden begraben.

Dass sich die Probleme der Menschheit seit Jahrtausenden nicht sonderlich verändert haben, mag ein kurzer Blick in das Gleichnis „Vom verlorenen Sohn“ (Lukas – Kapitel 15, 11-32; hier in Auszügen aus der schönen, alten Fassung der Luther-Bibel von 1912) belegen.

Eines der schönsten Barockbilder zu diesem Gleichnis wollen wir Ihnen ebenfalls nicht vorenthalten (Künstler war Bartolomé Esteban Murillo; 1618 – 1682).

Vom verlorenen Sohn

„Und er sprach: Ein Mensch hatte zwei Söhne. Und der jüngste unter ihnen sprach zu dem Vater: Gib mir, Vater, das Teil der Güter, das mir gehört. Und er teilte ihnen das Gut. Und nicht lange danach sammelte der jüngste Sohn alles zusammen und zog ferne über Land; und daselbst brachte er sein Gut um mit Prassen.

Da er nun all das Seine verzehrt hatte, ward eine große Teuerung durch dasselbe ganze Land, und er fing an zu darben. […] Und er machte sich auf und kam zu seinem Vater. Da er aber noch ferne von dannen war, sah ihn sein Vater, und es jammerte ihn, lief und fiel ihm um seinen Hals und küsste ihn. Der Sohn aber sprach zu ihm: Vater, ich habe gesündigt gegen den Himmel und vor dir; ich bin hinfort nicht mehr wert, dass ich dein Sohn heiße. Aber der Vater sprach zu seinen Knechten: Bringet das beste Kleid hervor und tut es ihm an, und gebet ihm einen Fingerreif an seine Hand und Schuhe an seine Füße, und bringet ein gemästet Kalb her und schlachtet’s; […].

Aber der älteste Sohn war auf dem Felde. […] Er aber antwortete und sprach zum Vater: Siehe, so viel Jahre diene ich dir und habe dein Gebot noch nie übertreten; und du hast mir nie einen Bock gegeben, dass ich mit meinen Freunden fröhlich wäre. Nun aber dieser dein Sohn gekommen ist, der sein Gut mit Huren verschlungen hat, hast du ihm ein gemästet Kalb geschlachtet. Er aber sprach zu ihm: Mein Sohn, du bist allezeit bei mir, und alles, was mein ist, das ist dein. Du solltest aber fröhlich und gutes Muts sein; denn dieser dein Bruder war tot und ist wieder lebendig geworden; er war verloren und ist wieder gefunden.“