Adventskalender 23

Diana Festl-Pell

Vor 60 Jahren, im Dezember 1951, wurde Erich Kästner zum Präsidenten des westdeutschen PEN (Poets, Essayists, Novelists)-Clubs gewählt. Obwohl er ab 1933 zu den verbotenen Autoren gehörte, und die meisten seiner Schriftstellerfreunde ins Exil (unter anderem die Schweiz) gingen, blieb er in Deutschland. Dass Erich Kästner niemals ein Blatt vor den Mund nahm, führt auch das folgende Weihnachtsgedicht aus dem Jahr 1928 wunderbar vor Augen.

Weihnachtslied, chemisch gereinigt

Morgen, Kinder, wird’s nichts geben!
Nur wer hat, kriegt noch geschenkt.
Mutter schenkte Euch das Leben.
Das genügt, wenn man’s bedenkt.
Einmal kommt auch eure Zeit.
Morgen ist’s noch nicht so weit.

Doch ihr dürft nicht traurig werden.
Reiche haben Armut gern.
Gänsebraten macht Beschwerden.
Puppen sind nicht mehr modern.
Morgen kommt der Weihnachtsmann.
Allerdings nur nebenan.

Lauft ein bisschen durch die Strassen!
Dort gibt’s Weihnachtsfest genug.
Christentum, vom Turm geblasen,
macht die kleinsten Kinder klug.
Kopf gut schütteln vor Gebrauch!
Ohne Christbaum geht es auch!

Tannengrün mit Osrambirnen –
lernt drauf pfeifen! Werdet stolz!
Reisst die Bretter von den Stirnen,
denn im Ofen fehlt’s an Holz!
Stille Nacht und heil’ge Nacht –
weint, wenn’s geht, nicht! Sondern lacht!

Adventskalender 21

Diana Festl-Pell

Heute vor 10 Jahren erhielt ich von meinen Grosseltern ein sogenanntes „Überlebenspaket“ ins Nicht-Euro-Ausland geschickt. Mit in diesem Päckchen war ein Euro-Starterkit (Näheres dazu findet sich hier) mit frisch geprägten Euro-Münzen im Wert von 20 DM in einem Plastiksäckchen. Diese Starterkits konnte man in vielen Euroländern zwischen Mitte und Ende Dezember 2001 erwerben, um sich mit der neuen Währung vertraut zu machen.

Als ich jetzt, 10 Jahre später, das noch geschlossene Plastiktütchen vor mir habe, wollte ich doch noch einmal nachsehen, welche Währung denn meine Grosseltern im Alter von knapp 20 Jahren in ihren Händen hielten. Von meiner Grossmutter wusste ich bereits, dass kurz nach dem Zweiten Weltkrieg der meiste Handel ohne Geld lief und man am besten Zigaretten oder Kaffee als wertvollste Tauschgüter feilbot.

Daneben gab es jedoch ebenfalls eine Einheitswährung – die Alliierte Militärmark, die zwischen 1944 und 1948 im Umlauf war. Diese galt als gesetzliches Zahlungsmittel für die Bezahlung von Markschulden aller Art. Niemand durfte die Alliierte Militärmark und die auf Mark lautenden gesetzlichen Banknoten unterschiedlich behandeln. Amerikanische Soldaten durften die Militärmark in US-Dollar umtauschen. Auch den sowjetischen Verbündeten übergab das US-Schatzamt Druckplatten. Rotarmisten durften ihre Militärmark nicht in Rubel umtauschen. Dies führte zu einem schwunghaften Schwarzhandel der alliierten Soldaten untereinander. Allein im Juli 1945 wurden 3 Millionen US-Dollar in die Heimat überwiesen, obschon nur 1 Million an Sold an die Soldaten ausbezahlt wurde.

Der Gesamtverlust für das US-Schatzamt betrug 530 Millionen US-Dollar. Also damals bereits eine Verlustgeschichte, die Einheitswährung.

 

Adventskalender 14

Diana Festl-Pell

Vor einer Woche, im Adventskalender 7, haben wir bereits erzählt, dass der chinesische Weihnachtsmann eigentlich ein Finne ist und das chinesische Weihnachtsdorf einem berühmten lappländischen Dorf nachempfunden wurde.

Der finnische Weihnachtsmann heisst Joulupukki und verfügt neben seinem Stammsitz am Korvatunturi, dem „Ohrenberg“, über diverse Auslandsvertretungen. Sein Deutschlandbüro nimmt sogar Bestellungen echter Weihnachtspost vom Polarkreis entgegen. Wenn Sie an einem derartigen Brief vom Joulupukki interessiert sein sollten, müssen Sie sich jedoch beeilen: Bestellungen aus EU-Ländern und der Schweiz, die pünktlich zum Weihnachtsfest eintreffen sollen, müssen spätestens heute, am 14. Dezember, getätigt werden!

 

Adventskalender 9

Diana Festl-Pell

Neulich bei einem gemütlichen vorweihnachtlichen Fondue-Essen mit ehemaligen Studienkollegen: Hauptthema am Tisch – Euro-Schuldenkrise. Nach kurzem Meinungsaustausch, meinte ein Tischnachbar, sein Urgrossvater hätte einmal gesagt, er könne absolut nachvollziehen, dass die Deutschen generell so wenig sparen. Da spitzte ich schon sehr die Ohren, was jetzt kommen mochte. „Schliesslich hätte diese Generation ja die Hyperinflation und damit die absolute Geldentwertung miterlebt, da vergehe einem ja das Sparen.“ Das stimmt wohl. Ich denke an die Familiengeschichte meiner eigenen Urgrosseltern: 1919 kennengelernt und für die nächsten Jahre äusserst sparsam gelebt, um sich für die gemeinsame Zukunft und nach der Hochzeit ein kleines Häuschen bauen zu können, waren sie 1923 kurz vor ihrem Ziel. 1924 konnten sie sich von eben diesem jahrelang Ersparten noch einen Laib Brot kaufen. Einige Jahre später haben sie sich auf einem abschüssigen Gelände ausserhalb des kleinen Dorfes doch noch ihr 3-Zimmer Häuschen gebaut. Gleicher Schauplatz, 60 Jahre später: Ich bin als Kind begeisterte Künstlerin und lerne von meiner Uroma, wie man schöne Trockengestecke anfertigt und mithilfe von Steckschaum in Form bringt. Überall in ihrem kleinen Häuschen stehen tönerne Krüge und Vasen voll mit getrockneten Blumen- und Getreidebündeln. Einige Jahre später wird nach ihrem Ableben der Hausstand aufgelöst. Und was findet man da in all den Vasen und Krügen unter dem Steckschaum? Einige hundert 5 DM-Münzen! Zumindest sie hat also fleissig weitergespart, nur nicht mehr auf der Bank und nicht mehr in Scheinen.

Da lacht ein anderer Tischnachbar auf und meint, in der Schweiz sei ja das Misstrauen in den Staat nicht so gross gewesen, jedoch scheint nicht Jeder den Banken grösstes Vertrauen entgegengebracht zu haben. Er erzählt, dass sein Grossvater, als die Kinder beschliessen, das Elternhaus grundsanieren zu lassen, bei der ersten Besichtigung schreiend aus dem Keller gerannt kommt und meint, dort müsse einmal eine Wand gewesen sein, die jetzt nicht mehr da sei. Er rennt wiederum, von seinen Kindern verfolgt, in den Keller, tastet die noch stehenden Wände ab und zieht einzelne Ziegeln aus ihnen heraus. Was befindet sich dahinter? Ganze Bündel mit Geldscheinen!

Adventskalender 7

Diana Festl-Pell

Bei ihrem ersten Besuch in Deutschland zur Adventszeit standen bei unseren chinesischen Freunden der Nürnberger Christkindlmarkt und das „Dauerweihnachtsdorf“ Rothenburg ob der Tauber auf dem Programm.

Dieses Jahr haben sie uns begeistert geschrieben, dass sie sich mit ihrem kleinen Sohn ein kürzlich eröffnetes chinesisches Weihnachtsdorf ansehen werden. Dieses Dorf liegt an der Grenze zu Russland und ist als kältester Ort Chinas bekannt. Um möglichst „originalgetreu“ Weihnachten zu feiern, haben sich die Planer dieses Dorfes Hilfe aus Finnland geholt: Das Vorbild für das Modell bildet ein Weihnachtsdorf in Lappland. Die Finnen schicken sogar einen multitalentierten Weihnachtsmann nach China, der neben Weihnachtspost-empfangen auch noch Hochzeitszeremonien durchführen wird.

Was vielleicht auch erklären mag, warum immer mehr chinesische Bräute die „Trauerfarbe“ weiss gegenüber dem traditionellen Rot bevorzugen – Wer möchte auf seinen eigenen Hochzeitsbildern schon mit dem Weihnachtsmann im Partnerlook abgelichtet werden?

Adventskalender 3

Diana Festl-Pell

Gerade zur Adventszeit flattern praktisch täglich Spendenaufrufe von diversen gemeinnützigen Organisationen ins Haus. Diese Art der Adhoc-Spende aus schlechtem Gewissen zum Fest der Nächstenliebe war für mich aber irgendwie immer unbefriedigend. Umso glücklicher war ich, als mir ein ehemaliger Klassenkamerad, heute Völkerrechtler, von seiner Hilfsorganisation in Liberia erzählte.

Seit drei Jahren bin ich nun stolze Patin von Patience Chea, die mittlerweile in die 3. Klasse der neuerbauten Waisenhausschule geht. Gestern habe ich Post von ihr erhalten. Sie hat von der Friedensnobelpreis-Auszeichnung für ihre Präsidentin, Ellen Johnson Sirleaf, und für die Politikerin Leymah Roberta Gbowee erfahren.

Ganz begeistert schreibt sie, dass sie jetzt neben Ärztin noch zwei weitere Berufswünsche habe: Sie möchte nun auch Menschenrechtlerin und nächste Präsidentin werden! Ich bin überzeugt, dass sie das schaffen kann.

Adventskalender 1

Diana Festl-Pell

Der Advent, die Zeit der Besinnung und Vergebung, scheint im Jahr 2011 in Europa, zumindest für einige politische Wortführer und krisengebeutelte Haushaltswächter, nicht ganz so besinnlich zu werden. Umso wichtiger, sich des zweiten moralischen Anspruches wieder bewusst zu werden – der Vergebung. Ganz gleich, ob religiös oder nicht: In der Weihnachtszeit finden Freunde und Familie zusammen, alte Kriegsbeile werden begraben.

Dass sich die Probleme der Menschheit seit Jahrtausenden nicht sonderlich verändert haben, mag ein kurzer Blick in das Gleichnis „Vom verlorenen Sohn“ (Lukas – Kapitel 15, 11-32; hier in Auszügen aus der schönen, alten Fassung der Luther-Bibel von 1912) belegen.

Eines der schönsten Barockbilder zu diesem Gleichnis wollen wir Ihnen ebenfalls nicht vorenthalten (Künstler war Bartolomé Esteban Murillo; 1618 – 1682).

Vom verlorenen Sohn

„Und er sprach: Ein Mensch hatte zwei Söhne. Und der jüngste unter ihnen sprach zu dem Vater: Gib mir, Vater, das Teil der Güter, das mir gehört. Und er teilte ihnen das Gut. Und nicht lange danach sammelte der jüngste Sohn alles zusammen und zog ferne über Land; und daselbst brachte er sein Gut um mit Prassen.

Da er nun all das Seine verzehrt hatte, ward eine große Teuerung durch dasselbe ganze Land, und er fing an zu darben. […] Und er machte sich auf und kam zu seinem Vater. Da er aber noch ferne von dannen war, sah ihn sein Vater, und es jammerte ihn, lief und fiel ihm um seinen Hals und küsste ihn. Der Sohn aber sprach zu ihm: Vater, ich habe gesündigt gegen den Himmel und vor dir; ich bin hinfort nicht mehr wert, dass ich dein Sohn heiße. Aber der Vater sprach zu seinen Knechten: Bringet das beste Kleid hervor und tut es ihm an, und gebet ihm einen Fingerreif an seine Hand und Schuhe an seine Füße, und bringet ein gemästet Kalb her und schlachtet’s; […].

Aber der älteste Sohn war auf dem Felde. […] Er aber antwortete und sprach zum Vater: Siehe, so viel Jahre diene ich dir und habe dein Gebot noch nie übertreten; und du hast mir nie einen Bock gegeben, dass ich mit meinen Freunden fröhlich wäre. Nun aber dieser dein Sohn gekommen ist, der sein Gut mit Huren verschlungen hat, hast du ihm ein gemästet Kalb geschlachtet. Er aber sprach zu ihm: Mein Sohn, du bist allezeit bei mir, und alles, was mein ist, das ist dein. Du solltest aber fröhlich und gutes Muts sein; denn dieser dein Bruder war tot und ist wieder lebendig geworden; er war verloren und ist wieder gefunden.“

Die EU-Institutionen: Too-interconnected-to-succeed?

Diana Festl und Urs Birchler

Wer sich wundert über die Unfähigkeit der EU, in der Krise konsistent und dezidiert zu handeln, findet die Erklärung im Diagramm (grösseres Bild hier). Es zeigt nur jene EU-Institutionen an, die einigermassen direkt mit der Bekämpfung der Finanz-Schulden-Euro–Krise zu tun haben. Wichtige andere, wie z.B. der EU-Gerichtshof, sind nicht abgebildet. Auch nicht abgebildet sind die ebenfalls in der Krisenbekämpfung involvierten Oberhäupter einzelner Mitgliedstaaten. Ebenfalls nicht sichtbar ist in der Abbildung die grosse Zahl von Mitgliedern der einzelnen Gremien. Das Parlament beispielsweise zählt 736 Abgeordnete. Das ESRB hat ein General Board mit über zwei Dutzend Mitgliedern, ein Steering Committee mit 13 Mitgliedern und je einen wissenschaftlichen und technischen Beirat mit 15, bzw. nach dem Buchstaben mehreren Dutzend Mitgliedern.

Die EU-Finanzarchitektur mag vielleicht die Machtbalance in normalen Zeiten gewährleisten; für Krisenzeiten wirkt sie schwerfällig. Dies wurde zwar auch schon den Schweizer Institutionen vorgeworfen. Die Schweiz hat aber im Oktober 2008 bewiesen, dass unter Führung der SNB Krisenpakete über ein Wochenende geschnürt werden können. Ob die EZB diese Rolle in der laufenden Krise wird übernehmen können, scheint ungewiss.

Sichere Banken — ein Lehrfilm der CS

Angriff ist die beste Verteidigung. Die CS hat erkannt: Too-big-to-fail ist kein Geschäftsmodell (mehr). Der Steuerzahler will Banken nicht mehr subventionieren. Die CS stellt sich deshalb voll hinter den Bericht der Expertenkommission des Bundes. Vor allem aber hat die CS das Konzept verfilmt. Mit Vereinfachungen, versteht sich, aber dafür allgemein verständlich. Danke CS!