Irland=Island?

Im Februar sagten wir hier, Island könne und solle seine Schulden nicht bezahlen. Wie aber steht es mit Irland? Dies fragte uns gestern die Handelszeitung. Inke schaute nach, und siehe da. Irland hat gegenüber dem Ausland pro Kopf seiner Bevölkerung anderthalb mal soviele Schulden wie Island. Bei beiden Ländern entsprechen die Schulden dem zehfachen Bruttoinlandprodukt. Beide müssten also zehn Jahre lang für das Ausland arbeiten, ohnen einen Bissen selber zu essen, wollten sie die Schulden je zurückzahlen.

Island hat seither erfolgreich über Erleichterungen verhandelt. Irland bleibt einstweilen in der finanziellen Todeszone. Mehr dazu in der Handelszeitung von morgen 15. Dezember.

Pension of last resort

Verkehrte Welt: Ausgerechnet mit den Stimmen der rechts-konservativen Regierungsmehrheit hat heute das ungarische Parlament die Verstaatlichung des privaten Teils der Altersvorsorge beschlossen. Der von der linken und grünen Opposition stammende Vorwurf „Rentenklau“ trifft diesmal den Sachverhalt genau.

Damit reiht sich Ungarn in eine ganze Reihe von Ländern ein, die ihre Staatsfinanzen und maroden Rentensysteme durch Enteignung kapitalgedeckter Vorsorgepläne „sanieren“.

Oktober 2008, Argentinien: Die peronistische Präsidentin Cristina Kirchner verstaatlicht die zehn privat verwalteten Rentenfonds. Die „Notmassnahme“ zur Rettung der staatlichen Alterssicherung wird vom argentinischen Kongress abgesegnet.

November 2010, Irland: Im Rahmen des National Recovery Plans werden die nationalen Pensionsfonds faktisch gezwungen staatliche Schrottpapiere zu kaufen. Eine schleichende Form der Enteignung.

Dezember 2010: Bolivien verstaatlicht die privaten Pensionskassen – und versüsst die bittere Pille mit einer Senkung des ordentlichen Rentenalters von 65/60 Jahren auf 58 Jahre. Paradox: Dreizehn Jahre früher privatisierte Bolivien seine Pensionsfonds nach einem Zusammenbruch des staatlichen Rentensystems.

Wer kommt als nächstes?

Adventskalender 14

Am 14, Dezember 1996 beschliessen die Staats- und Regierungschefs der EU bei einem Gipfeltreffen in der irischen Hauptstadt Dublin die EU Konvergenzkriterien. Diese Kriterien gelten fortan als Hauptbestandteils des Stabilitätspakts für die Europäische Währungsunion.

 Gratulieren mag niemand. 14 Jahre später schreiben Hans-Werner Sinn und Kai Carstensen in „Ein Krisenmechanismus für die Eurozone“:

„73 Mal hat die Neuverschuldung der Länder Europas die 3%-Grenze des Stabilitats- und Wachstumspakts überschritten. In 27 Fallen war dies nach der Rezessionsregel, wie sie ursprünglich im Pakt vorgesehen war, erlaubt. In den meisten Fällen hätten Strafen gezahlt werden müssen. Tatsächlich aber wurde keine einzige Strafe verhängt. Die politischen Schuldenbremsen, mit denen sich Europa ausgestattet hat, haben kläglich versagt.“

Adventsquiz: Sieger und Lösung

Der Sieger in unserem Adventsquiz steht fest! Als erster mit acht Richtigen gepunktet hat Simon Tobler aus dem Investment Banking der Credit Suisse. Herzliche Gratulation!

Und hier die richtige Lösung: b-a-c-c-c-c-c-c (ausgesprochen: „batzzzzzz“). Im einzelnen:

  1. b: Napoleon verordnet der Helvetischen Republik einen Franken nach Vorbild des franz. Franc
  2. a: Mit der Gründung des Bundesstaates entsteht der „Schweizer Franken“.
  3. c: 1865, Lateinische Münzunion
  4. c: 1980, Währungsvertrag mit Lichtenstein; b war fast richtig, da Liechtenstein den Schweizer Franken seit 1924 als Landeswährung verwendete.
  5. c: 1907, Gründung der SNB (bis dahin kantonale Banknoten)
  6. c: Die Banknoten erhielten zwar schon 1936 Zwangskurs aufgrund von Notrecht. Ab 1954 wurde der Bundesrat im ordentlichen Recht ermächtigt, „in Zeiten gestörter Währungsverhältnisse“ Banknoten als Zahlungsmittel festzulegen. Davon machte er sogleich Gebrauch. Gesetzliche Zahlungsmittel sind die Noten der SNB streng genommen sogar erst mit dem WZG (Bundesgesetz über die Münzen und Zahlungsmittel) aus dem Jahr 2000
  7. c: 2000 durch Anpassung des Geld- und Währungsartikels (Artikel 99 BV) und Inkrafttreten des
    WZG wurde die Goldbindung des Frankens beseitigt.
  8. c: Mit dem Zusammenbruch des Bretton-Woods-Systems (Einstellung der Dollar-Käufe im Januar 1973) wurde die SNB von einem Währungskiosk zu einer autonomen Notenbank.

Wir danken dem Sieger und allen anderen Einsendern für’s Mitmachen!

Das Batz-Team!

Adventskalender 13

Heute wäre der Österreichische Schilling 65 geworden. Er entstand in der Währungsreform von 1945 aus jeweils 150 Reichsmark pro Schilling. Im Jahre 2002 ging der Schilling im Euro auf.

Der zweite Jubilar ist erst 57. Ob er jubilieren mag ist zudem zweifelhaft. Trotzdem ein grosses Happy Birthday an Ben Bernanke, den vierzehnten Chairman of the Federal Reserve.

Bei dieser Gelegenheit möchten wir auch an unser Währungsquiz vom 6. Dezember erinnern. Wir haben noch keinen eindeutigen Sieger, aber mehrere Einsendungen mit 5 von 8 Richtigen. Das müsste doch zu schlagen sein! (Wir behandeln Einsendungen vertraulich, werden aber den/die Sieger(in) mit Erlaubnis bekanntgeben.

Adventskalender 12

Wir sind ein gschaffiges Völkchen. Der aktuelle Ertragsbilanzüberschuss der Schweiz wird auf 79 Milliarden Dollar geschätzt. Das heisst, jeder Bewohner unseres Landes erarbeitet pro Jahr ausländische Nettoguthaben im Wert von 10’000 Dollar.

Wenn wir so weiterwirtschaften, dann gehört uns in 700 Jahren die ganze Welt.

Allen, die denken, dass wir mit der globalen Feudalherrschaft durchaus noch etwas länger zuwarten können, lege ich eine Weihnachtsspende an Ruanda (Ertragsbilanzdefizit: 0,3 Milliarden Dollar) ans Herz.

Adventskalender 11

„Einhundert Batzen mein Gebot“. Dass Verträge Anreize schaffen, ist bekannt. Beispielsweise wird verlangt, Bankverantwortliche müssten mit ihrem Vermögen für Verluste der Bank haften. Das nachfolgende Gedicht rät zur Vorsicht im Umgang mit vertraglichen Strafen.

Der rechte Barbier

Adalbert von Chamisso (1781-1838)

„Und soll ich nach Philisterart
Mir Kinn und Wange putzen,
So will ich meinen langen Bart
Den letzten Tag noch nutzen.
Ja ärgerlich wie ich nun bin,
Vor meinem Groll, vor meinem Kinn
Soll mancher noch erzittern!

Holla! Herr Wirt, mein Pferd! macht fort!
Ihm wird der Hafer frommen.
Habt Ihr Barbierer hier im Ort?
Lasst gleich den rechten kommen.
Waldaus, waldein, verfluchtes Land!
Ich ritt die kreuz und quer und fand
Doch nirgends noch den rechten.

Tritt her, Bartputzer, aufgeschaut!
Du sollst den Bart mir kratzen;
Doch kitizlig sehr ist meine Haut,
Ich biete hundert Batzen;
Nur, machst du nicht die Sache gut,
Und fliesst ein einz’ges Tröpflein Blut –
Fährt Dir mein Dolch ins Herze.“

Das spitze, kalte Eisen sah
Man auf dem Tische blitzen,
Und dem verwünschten Ding gar nah
Auf seinem Schemel sitzen
Den grimm’gen, schwarzbehaarten Mann
Im schwarzen Wams, woran
Noch schwärzre Troddel hingen.

Dem Meister wird’s zu grausig fast,
Er will die Messer wetzen,
Er sieht den Dolch, er sieht den Gast,
Es packt ihn das Entsetzen;
Er zittert wie das Espenlaub,
Er macht sich plötzlich aus dem Staub
Und sendet den Gesellen.

„Einhundert Batzen mein Gebot,
Falls du die Kunst besitzest;
doch merk es dir, dich stech ich tot,
So du die Haut mir ritzest.“
Und der Gesell: „Den Teufel auch!
Das ist des Landes nicht der Brauch.“
Er läuft und schickt den Jungen.

„Bist du der Rechte, kleiner Molch?
Frisch auf! fang an zu schaben;
Hier ist das Geld, hier ist der Dolch,
Das beides ist zu haben!
Und schneidest, ritzest du mich bloss,
So geb ich dir den Gnadenstoss;
Du wärest nicht der erste.“

Der Junge denkt der Batzen, druckst
Nicht lang und ruft verwegen:
„Nur stillgesessen! nicht gemuckst!
Gott geb Euch seinen Segen!“
Er seift ihn ein ganz unverdutzt,
Er wetzt, er stutzt, er kratzt, er putzt:
„Gottlob! nun seid Ihr fertig.“ –

„Nimm kleiner Knirps, dein Geld nur hin;
Du bist ein wahrer Teufel!
Kein andrer mochte den Gewinn,
Du hegtest keinen Zweifel;
Es kam das Zittern dich nicht an,
Und wenn ein Tröpflein Blutes rann,
So stach ich dich doch nieder.“ –

„Ei! guter Herr, so stand es nicht,
Ich hielt euch an der Kehle;
Verzucktet Ihr nur das Gesicht
Und ging der Schnitt mir fehle,
So liess ich Euch dazu nicht Zeit;
Entschlossen war ich und bereit,
Die Kehl Euch abzuschneiden.“ –

„So, so! ein ganz verwünschter Spass!“
Dem Herrn ward’s unbehäglich;
Er wurd auf einmal leichenblass
Und zitterte nachträglich:
„So, so! das hatt ich nicht bedacht,
Doch hat es Gott noch gut gemacht;
ich will’s mir aber merken.“

Pisa: Nachlese(n)

Die neuen Pisa Resultate sind da. Und mit ihnen neben dem ewigen Messen mit Deutschland viele abenteuerliche Interpretationen. So wird das gute Abschneiden der Schweiz mit dem individualisierten Unterricht erklärt, während gleichzeitig den Siegerländern aus Asien unmenschliches und unkreatives Pauken unterstellt wird. Man liest, dass die Frühförderung der Kinder die Pisa-Leistungen verbessern würde. Oder gar, dass die Buben deshalb weniger lesen als die Mädchen, weil gute Bubenbücher fehlten. Dies alles könnte  zutreffen, muss aber nicht. Sicher ist nur, dass sich all diese Schlüsse nicht aus den Pisa-Daten ableiten lassen.

Wirklich aussagekräftig und für die Schulpolitik relevant sind die Resultate der Pisa-Studie über die Zeit betrachtet in einem bestimmten Land. So hat sich der Anteil der 15-jährigen in der Schweiz, die einen einfachen Text nicht verstehen, klar reduziert (aber ist mit 16% noch immer unglaublich hoch ). Woher kommt diese Verbesserung? Haben die Lehrer mehr Wert auf Lesen gelegt, oder hat sich an den Methoden etwas geändert? Die Schweiz integriert zudem die Ausländer gut; zwischen der zweiten Generation der Einwanderer und den Einheimischen sind keine Unterschiede mehr auszumachen.

Ein Blick über die Grenzen  liefert dennoch wichtige Erkenntnisse. Zum Beispiel, dass viele Wege zu guten Pisa Resultaten führen. Unter den Spitzennationen findet sich neben asiatischen und nordischen Staaten auch Australien. Das von der Presse kaum erwähnte Land hat einen relativ hohen Anteil Migranten und dürfte von den Pisa-Spitzenreitern bezüglich Einkommen und Bevölkerungsstruktur der Schweiz am nächsten kommen. Australien gehört im Lesen und den Naturwissenschaften zur Spitze (erfolgreicher als die Schweiz). Dies trotz knapper Mittel und einer relativ späten Einschulung der Kinder mit nur einem Kindergartenjahr.

Ein Wort noch zum europäischen Sieger Finnland: Eine interessante – plausible und gleichzeitig abenteuerliche – Interpretation der hohen Lesekompetenz der Nordländer ist, dass George Clooney und Amanda Seyfried weder im Fernsehen noch im Kino finnisch sprechen, sondern in Untertiteln gelesen werden müssen. Das wäre dann doch sehr erfreulich, wenn als Folge der Pisa Resultate wenigstens die unsägliche Synchronisierung der Spielfilme abgeschafft würde.

Adventskalender 10

Hinter dem 10. Türchen versteckt sich unsere Lieblings-Ökonomenband, die Contractions,  hier repräsentiert mit dem Lied Time.

Wer nun glaubt, nur zweitklassige Ökonomen hätten Zeit, sich extracurriculären Aktivitäten (wie es in unserem Uni-Slang so schön heisst) zu widmen, täuscht sich. Fast alle der Bandmitglieder arbeiten an Top US Universitäten. Randy Wright, der Mann mit den wallenden Haaren, ist einer der weltweit führenden Ökomomen, spezialisiert auf die Anwendung von Suchtheorien auf den Geld- und Arbeitsmarkt. Im repec ranking ist er noch vor Steve Levitt (Freakonomics) und Dale Mortensen (Nobelpreisträger 2010) zu finden.

Der Name der Band leitet sich nicht aus contractions = Wehen ab (es gibt auch eine Frauenband mit dem Namen contractions). Contractions steht für einen mathematische Operation, welche insbesondere in der dynamischen Optimierung zur Anwendung kommt.