Regulator’s Dilemma

Die irische Krise wirft auch ein grelles Licht auf die zweischneidige Rolle der Bankaufseher. Das Wall Street Journal erinnert daran, dass die irischen Banken im Juli, bevor sie das Land ins Verderben rissen, die behördlichen Stress-Tests noch brav bestanden.

Doch nicht nur die Stress-Tests sehen schlecht aus. Auch die Basler Eigenmittelempfehlungen hinken hinter der Realität hinterher. Staatsschulden gehen mit Gewicht null in die Berechnung der „Risikogewichteten Anlagen“ ein, solange sie ein AA-Rating haben. Irland ist zwar aus dem AA-Klub ausgeschieden und erhält jetzt wie Italien oder Portugal ein Gewicht von 20% (Griechenland: 100%).

Die nationalen Aufsichtsbehörden dürfen aber für Verpflichtungen ihrer Regierungen gegenüber einheimischen Banken tiefere Werte vorsehen. Wen wundert’s, dass gemäss Financial Times in der EU plötzlich der Anteil der Staatsschulden gegenüber Ausländern zurückgeht und derjenige gegenüber Inländern (wohl vor allem der Banken) ansteigt?

Die Bankaufsichtsbehörden helfen also ihren Banken, den höheren Eigenmittelanforderungen ausweichen. Dass die Banken dabei auf schlechten Papieren sitzen bleiben, stört sie wenig. Im Gegenteil — der Anreiz für die Banken, die Schrottpapiere der eigenen Regierung zu kaufen, wird noch zunehmen, wenn die in Basel geschneiderten verschärften Liquiditätsanforderungen in Kraft treten sollten. Denn selbstverständlich gelten Obligationen der eigenen Regierung als liquid.

Nur die irische Regierung hat (gemäss dem auf vier Jahre angelegten National Recovery Plan) eine noch bessere Mülltonne für ihre Schulden gefunden: Den nationalen Pensionsfonds. Wer’s auch fast nicht glaubt, lese den Blog der Financial Times.

3 thoughts on “Regulator’s Dilemma

  1. Besten Dank, dass Sie diese Problematik publik machen. Sie herrscht genauso in der Schweiz.

    Der rote Faden aller staatlichen Vorschriften für Pensionskassen-Vermögen ist, dass Anleihen (besonders natürlich Staatsanleihen) als völlig risikolos betrachtet werden, Aktien und andere Anlagen (z.B. Gold) jedoch geradezu verteufelt werden. Zudem rennen im ganzen Land „eidg. dipl. Pensionskassenexperten“ herum, welche zwar selbst noch nie Vermögen verwaltet haben (geschweige denn erfolgreich), die den Pensionskassenverwaltern jedoch jede sinnvolle Vermögensanlage verunmöglichen.

    Konrad Hummler hat kürzlich gesagt, dass er Pensionskassenvermögen vornehmlich in Aktien und Edelmetalle investieren würde, wenn er frei wäre, und NICHT in Obligationen. Aber der Staat sagt: maximal 50%. Maximal 15%. Die totale Planwirtschaft.

    Probleme: (1) Der Staat verletzt die Eigentums- und Freiheitsrechte der Bürger. (2) Falls sich die den Vorschriften entsprechenden Anlagestrategien als schlecht gerausstellt, verlieren Hunderttausende von Pensionären die Kaufkraft ihrer Ersparnisse. (3) Falls dies geschieht, werden wieder jene (Wohlhabenden) zur Kasse gebeten, die von allem Anfang an gesagt haben, dass die staatlichen Anlagevorschriften des Teufels sind. (4) Aber bis dann haben diese ihre Ersparnisse schon lange ins sichere (asiatische) Ausland verschoben. So long, Schweizer Totalstaat! Jetzt muss nur noch die SNB den Franken zu Tode inflationieren, und ich bin ein gemachter Mann.

  2. Sehr geehrter Herr Hügli
    Herzlichen Dank für Ihre Zuschrift. Dass wir beim Staat aufpassen müsssen, darin sind wir uns einig. Wenn Sie die Einzelnen über Ihre Pensionskassenvermögen verfügen lassen, werden die einen sehr erfolgreich sein, die andern aber am Bettelstab (d.h. bei der staatlichen Fürsorge) landen. Dann haben Sie den Staat wieder an Bord. Ich vermute, wir müssen den Balanceakt zwischen Staatsversagen und Individualversagen wagen.

  3. Zu den Anlagevorschriften für Pensionskassen noch einige Ergänzungen: Die staatlichen Vorschriften betreffen nur den Teil des PK Vermögens, welches durch die Rückversicherung Sicherheitsfonds garantiert ist (als sozusagen der Staatsgarantie untersteht). Die neuen Anlagevorschriften sind dennoch nicht besonders restriktiv (eine gute Zusammenstellung findet sich unter
    http://www.axa-winterthur.ch/SiteCollectionDocuments/bvg-handbuch_11_anlagevorschriften_de.pdf). Die meisten Pensionskassenvertreter erachten andere Regulierungen als viel einengender als die Anlagevorschriften.

    Erfahrungen in anderen Ländern (insbesondere den USA) zeigen, dass die Individuen bei freier Wahl der Anlagestrategie des Vorsorgevermögens teilweise abenteuerliche Fehler machen. Beispielsweise die Investition eines grossen Teils der Pensionskassengelder in die Firma des Arbeitsgebers (in der CH sinnvollerweise auf 5% limitiert). Natürlich kann man argumentieren „selber schuld“. Doch das gilt nur solange der Staat nicht wieder für die „selbstverschuldeten“ Armen aufkommen muss in Form von Ergänzungsleistungen oder Medicare.

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