Familienmodell der Post

Urs Birchler

Post
Am 24. November werden wir über die Familieninitiative abstimmen. Die Post hat sich bezüglich Familienmodell bereits entschieden. Heute früh stand ich recht dumm vor dem Schalter. Die Poststelle öffnet erst um 9h. Sie ist immer dann geschlossen (morgens vor 9h, über Mittag, abends nach 18h), wenn Erwerbstätige Zeit hätten (ausser Samstag, aber: Langschläfer aufgepasst!).

Offenbar hat die Post erst kürzlich (inspiriert durch die SVP-Initiative?) beschlossen, einer pro Familie soll daheim bleiben. Auf dem Internet (http://www.conviva-plus.ch/index.php?page=1483) finden sich noch Spuren der bisherigen Doppel-Verdiener-freundlicheren Öffnungszeiten (siehe unten).

Entschuldigung, aber so geht es natürlich nicht. Von der Post lassen wir uns unser Familienmodell nicht vorschreiben: Ich verlange, dass im Interesse der Gleichbehandlung verschiedener Famlienmodelle auch der E-Mail-Verkehr vor 9h morgens abgestellt wird. Damit nicht-erwerbstätige Zahnarztgattinnen nicht bereits im Internet herumshoppen können, während die Arbeitstätigen am Posteingang die Nase plattdrücken.

Post_Internet

Etwas Steuerlehre zur SVP Familieninitiative oder der Steuerwert der freien Zeit

Monika Bütler

Erschienen in der NZZ am Sonntag vom 3. November 2013 unter dem Titel „Den Familienabzug gibt es längst“.

Sie ist die personifizierte Ungerechtigkeit in den Augen der Initiatoren der SVP Familieninitiative: Die Luxus-shoppende Zahnarztgattin, die zur Ausübung ihres Hobbys ihren Porsche Cayenne auf dem Zürcher Münsterhof und ihre traurigen Kinder in der Krippe parkiert. Und dafür erst noch die Betreuungskosten in der Steuerrechnung abziehen darf. Der bescheidenen Schreinergattin, die ihre Kinder immer selber betreut, ist dieser Abzug hingegen verwehrt. Das ist selbstverständlich ungerecht und widerspricht allen Grundsätzen eines effizienten Steuersystems.

Die Lösung wäre simpel: Weiterlesen

Zwölf mal 1:12

Urs Birchler

Heute ist mein Stimmcouvert gekommen: Letzte Gelegenheit, eine Empfehlung zu 1:12 abzugeben.

  1. 1:12 ist ökonomisch falsch: Es gibt zwar grosse Lohnunterschiede in unserer Gesellschaft; es gibt aber ebenfalls Unterschiede in der Produktivität innerhalb derselben Unternehmung. Es gibt sogar innerhalb derselben Berufsgruppe (Programmierer, Fussballer und — richtig: — Wertpapierhändler), Leistungsunterschiede, die ohne weiteres einen Faktor 12 oder darüber erreichen.
  2. 1:12 vernichtet Arbeitsplätze: Die Schweizer Unternehmen stehen direkt oder indirekt (als Zulieferer) voll im internationalen Wettbewerb. Eine Anhebung der tiefen Löhne können sie sich nicht leisten und mit wenigen Ausnahmen liegt auch eine Kürzung der hohen Gehälter (mit Verlust der Leistungsträger) nicht drin. Die Gleichung hat nur eine Lösung: Zumachen oder Abwandern.
  3. 1:12 würgt Individualität ab: Löhne schwanken über den Lebenszyklus. Sportler sind gut von 25-30, Studenten hoffen auf die Zeit von 45-55. Es gibt Praktikant(inn)en, die gratis in Star-Unternehmen (Architektur, Werbung, Forschung) arbeiten, da sie in Form von Reputation oder Erfahrung entschädigt werden. Arbeitslose Spezialisten bezahlen manchmal sogar, damit sie arbeiten dürfen und ihre Fähigkeiten nicht verlieren. Niemand hat etwas davon, wenn wir all dies abwürgen.
  4. 1:12 ist willkürlich: Lohnunterschiede innerhalb einer Firma sind nur ein Teil der gesamtgesellschaftlichen Lohnunterschiede. Es gibt auch Unterschiede zwischen verschiedenen Unternehmen oder zwischen Lohnabhängigen und Selbständigen. Genau zu diesem Zweck haben wir progressive Steuern. Man kann die Progression natürlich flacher oder schärfer machen. Aber Eingriffe ins Lohngefüge selbst sind ein Fremdkörper.
  5. 1:12 verwechselt Unterschiede mit Ungerechtigkeit: Die Ungerechtigkeit liegt nicht darin, dass der Chefchirurg 20 mal mehr verdient als die Pflegehilfe, sondern wenn schon in Unterschieden innerhalb der Berufsgruppen (Mann–Frau, Schweizer–Ausländer, Jung–Alt.)
  6. 1:12 ist Symptombekämpfung: Überrissene Gehälter gibt es vor allem in den Bereichen Banken und Pharma, die von indirekten staatlichen Subventionen profitieren.
  7. 1:12 versucht, die Falschen zu schützen: Überrissene Managersaläre zahlen letztlich die Aktionäre einer Unternehmung. Selber Schuld. Dank der Minder-Initiative können sie künftig ihr Veto einlegen. Dass Jungsozialisten mit 1:12 die Aktionäre beschützen möchten ist allerdings edel; Aktionäre haben nämlich nicht einmal eine Gewerkschaft.
  8. 1:12 schadet trotz Umgehung: Natürlich lässt sich 1:12 umgehen — Aufteilung der Unternehmen, Outsourcing, Verlegung der Unternehmung oder ihrer Teile ins Ausland, Ersatz von Löhnen durch andere Leistungen, etc. Die Beratungsunternehmen dürften sich auf Aufträge freuen. Mit anderen Worten: Umgehung kostet. Wir leisten uns mit 1:12 eine teure Übung, ohne dass sie irgendjemandem etwas bringt.
  9. 1:12 zerstört Vertrauen: Die Attraktivität der Schweiz für Unternehmen (aus dem Ausland und dem Inland) beruht auf der Vorhersehbarkeit der Wirtschaftspolitik. Initiativen wie 1:12 werfen für Investoren die Frage auf: Was kommt noch?
  10. 1:12 ist die Spitze ds Eisbergs: Es kommt nämlich noch einiges, z.B. Mindestlohninitiative, Bedingungsloses Grundeinkommen. In einer Wirtschaft, in der Staatseingriffe uns Suventionen ohnehin wuchern und die Hälfte des BIP durch öffentliche Hände geht, wären wir gut beraten, das Schweizer Erfolgsmodell um 1:12 herum zu navigieren.
  11. 1:12 degradiert die Schweiz zur Werkbank ausländischer Unternehmen. In den 1960er Jahre kritisierte die Linke die globale Wirtschaftsstruktur, weil die Entscheidungzentren in den Industriestaaten sassen; der Dritten Welt blieb nur die „Werkbank“. Mit 1:12 müssten aber Geschäftsleitungen ins Ausland verlegt werden, womit die Schweiz in diesem Sinne zu einem Teil der Dritten Welt würde.
  12. 1:12 wäre eine Kurzschlusshandlung. In einem Satz: Nur weil es Raser gibt, verordnen wir nicht, der Sportwagen dürfe nur 12 mal schneller fahren als der Rollator.

Und wer kann noch für 1:12 stimmen, nachdem er/sie das Interview mit Ernst Fehr gelesen hat?

Mehr als Bratwurst und Cervelat

Monika Bütler

Die gestrige SF (Abstimmungs-)Arena zu den Tankstellen war ja ziemlich bedrückend. Bundesrat Schneider-Ammann wirkte total eingeschüchtert (weshalb hat man denn dem armen Mann nicht noch eine zweite Stimme zur Seite gestellt?). Mindestens hatte er gut argumentierende Hinterbänkler. Die Tankstellenchefin Susanna Gubelmann war grandios; bodenständig und schlau: „Wie um Himmels Willen erkläre ich jemandem, dass er zwar 7 Weggli aber keinen Zopf kaufen darf?“.

A propos: Himmels Wille ist offenbar, dass Sonntags- und Nachtarbeit für die Kirche edel, für alle anderen hingegen pfui ist und deshalb verboten werden muss. So etwa die Kurzfassung der gegnerischen Argumentation. Gelernt habe ich auch, dass es offenbar zwei Arten von Menschen gibt: Arbeiter und Konsumenten (oder neudeutsch: Arbeitende und Konsumierende). Oder, etwas anders interpretiert, dass mein arbeitendes ich vor meinem konsumierenden ich per Gesetz geschützt werden muss. Fragt sich nur, wer genau den Schutz bestimmt. Die Gegner der Vorlage wussten es.  Das mit der Kirche als moralischen Kompass hatten wir übrigens früher schon mal. (Bevor ich böse emails erhalte: Ich habe gar nichts gegen die Kirche, ich stamme aus einer katholischen Grossfamilie, zu der auch die erste Schweizer Heilige gehörte).

Es geht zwar in der Vorlage nicht um Sonntags- oder Nachtarbeit, sondern um die Korrektur einer ziemlich unsinnigen Einschränkung des Angebots in der Nacht. Es ist aber durchaus angebracht, den grösseren Kontext der Vorlage anzuschauen. Leider hat dies Bundesrat Schneider-Ammann versäumt. Die Diskussion über die Länge der Ladenöffnungszeiten und die Rolle des Sonntags (als Ruhetag) ist wichtig. Und entgegen aller Vorurteile sind nicht einfach alle Ökonomen partout für unbeschränkte Öffnungszeiten der Läden. Ich erinnere mich an den Vortrag meines Berliner Kollegen Michael Burda (übrigens amtierender Präsident des Vereins für Socialpolitik, des Vereins der deutschsprachigen Ökonom(inn)en). Er wollte eigentlich zusammen mit seinem Brüsseler Kollegen Philippe Weil zeigen, dass die Einschränkung der Ladenöffnungszeiten – songenannte Blue Laws – volkswirtschaftliche Kosten hat.

Herausgekommen ist etwas differenzierteres: Die Blue Laws reduzieren zwar (a) die relative Beschäftigung in einer Volkswirtschaft, erhöhen aber (b) auch die Löhne der Beschäftigten und deren Produktivität und führen (c) erst noch zu tieferen Verkaufspreisen.

Auch andere Studien nehmen sich der Blue Laws an. So finden Yu und Kaffine, dass die Aufhebung des Verbots, am Sonntag Alkohol kaufen zu können, die Alkohol-bedingten Unfallzahlen nicht beeinflusst hat. Hingegen finden Gerber, Gruber und Hungermann, dass die Aufhebung des Verkaufsverbots am Sonntag zu einem doch recht starken Rückgang der Kirchenbesuche führt. Honi soit qui mal y pense. Die Vertreter der Kirche und der linken Parteien haben bestimmt einen viel edleren Grund, das Sonntagsverkaufsverbot beizubehalten: die Sorge um die Stimmbeteiligung. Gerber, Gruber und Hungermann finden nämlich, dass die Stimmbeteiligung unter den Sonntagsverkäufen litt (über den weniger häufigen Kirchenbesuch). Womit wir wieder bei den Abstimmungen wären.

Familienartikel: Umbau der antiquierten Schulstruktur!

Monika Bütler

Publiziert in der NZZaS vom 24. Februar unter dem Titel „Die Schulstruktur muss in jedem Fall umgebaut werden. Es braucht bessere Möglichkeiten, um Beruf und Familie zu verbinden.“

Beruf und Familie sind noch immer noch schwer zu verbinden. Die externe Kinderbetreuung ist überreguliert und sündhaft teuer; verbilligte Plätze sind rar und werden intransparent zugeteilt. Wer beim Eintritt der Kinder in den Kindergarten denkt, das Gröbste hinter sich zu haben, erwacht böse. Als wohl einziges Land der westlichen Welt kennt die Schweiz kaum Tagesschulen, die den Namen verdienen. Das Angebot besteht vielmehr aus einem grotesk zersplitterten Mix aus Schule, Hort und Mittagstisch. Unsere gestylten Schulhäuser sind zu schade, um als Verpflegungs- oder Betreuungsstätten entweiht zu werden. Dazu kommen krasse Ungerechtigkeiten: Die Urnerin, die zur Aufbesserung des kargen Bergbauernbudgets extern arbeitet, bezahlt den vollen Krippentarif (112 Franken pro Kind und Tag), die sich selbst verwirklichende, nicht arbeitstätige Zürcher Akademikerin nur einen Bruchteil.

Zeit, dass endlich etwas geschieht. Doch was?

Drehbuch A: Die Schweiz krempelt ihr Schulsystem um und geht über zu einem flächendeckenden Angebot an Tagesschulen für Kinder ab circa 4 Jahren. Blockzeiten, beispielsweise von 9–15 Uhr inklusive kurzer Mittagszeit; eine betreute (freiwillige) Aufgabenstunde am Nachmittag; je nach Schulstufe ein bis zwei freie Nachmittage um den Eltern Wahlmöglichkeiten zu bieten. Abgerundet durch eine kostenpflichtige Randstundenbetreuung (im Schulhaus!) wird die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu geringen Kosten stark verbessert. Damit auch Mütter mit tiefen Löhnen ihre Berufsfähigkeit erhalten können, wird das Steuersystem angepasst und durch Betreuungsgutscheine (wie in Luzern) ergänzt. Alle Vorschläge sind übrigens in der Praxis erprobt und für gut befunden.

Drehbuch B: Sogenannte Bedarfsanalysen decken Lücken bei Hort und Krippe im bestehenden System auf. Je höher der ausgewiesene Bedarf, desto mehr sorgen staatliche Ämter für angemessene Qualität: vier Quadratmeter pro Kind im Hort und am Mittagstisch – ausserhalb des Schulareals, nota bene; frisch gekochtes Essen zur Überbrückung der viel zu langen Mittagszeit; Rücksicht auf die Heterogenität der Schüler (vegetarisch, schweinefrei, laktosefrei, ponyfrei), Betreuungspersonal mit akademischem Abschluss. Selbstverständlich ist dieser Bedarf mit normalen Löhnen nicht zu finanzieren. Hinzu kommen daher einkommensabhängige Subventionen, welche dann wiederum eine mehr als symbolische Berufstätigkeit für viele Mütter zum unerschwinglichen Luxus machen.

Die hohen Kosten rufen die andere Seite auf den Plan: Mit einem gewissen Recht fordern diejenigen, die ihre Kinder selber betreuen oder sich mit Grosseltern und Kinderfrau helfen, ebenfalls Unterstützung. Schliesslich ist nicht einzusehen, weshalb die Grossmutter mit der knappen Rente nicht auch entlohnt werden soll. Am Schluss bezahlen alle sehr viel höhere Steuern, die sie teilweise in Form von Subventionen und Herd- und Hüteprämien wieder zurückerhalten. Nur: Je mehr eine Mutter arbeitet, desto schlechter der Deal.

Die Leser(-innen) die hier eine Abstimmungsempfehlung für den Familienartikel erwarten muss ich enttäuschen: Es handelt sich hier um eine vorgezogene Abstimmungsanalyse. Nicht jedes NEIN wird von hinterwäldlerischen Ewiggestrigen oder egoistischen Singles stammen. Viele Gegner fürchten, dass ein überholtes Schulsystem künstlich am Leben erhalten wird, wenn der „Bedarf“ an Betreuungsplätzen innerhalb eines nicht mehr zeitgemässen Systems gemessen wird. Umgekehrt wird nicht jedes JA von subventions-maximierenden Etatisten kommen. Viele Befürworter erhoffen sich, dass das Schulsystem endlich keine Eltern mehr daran hindert, ihre beruflichen Fähigkeiten nach eigenem Gutdünken einzusetzen.

Wie die Abstimmung auch ausgehen mag: Es ist Zeit, dass etwas geschieht. Dazu braucht es das richtige Drehbuch. Gefragt sind Ideen und Mut zur Veränderung, nicht Geld.

 

Abzocker-Blues

Urs Birchler

Vor fünf Tagen habe ich mich durchgerungen, ein NEIN zur Abzockerinitiative einzulegen. Und jetzt das: 72 Mio. für ein Konkurrenzverbot. Gleich wohl meine ich: Durchatmen. Nüchtern Überlegen. Das bedeutet für mich:

  • Eine Corporate Governance, die zu diesem Resultat führt, ist pathologisch.
  • Der Wettbewerb im Pharmabereich scheint nicht zu spielen.
  • Die Abzockerinitiative verhindert keine Zahlung für Konkurrenzverbote und löst auch die erstgenannten beiden Probleme nicht.

Die Abzockerinitiative bleibt für mich eine Symptomtherapie, welche den ehrlichen Unternehmen das Leben schwer macht und von den unehrlichen umgangen wird. Wenn wir sie annehmen (wonach es wohl aussieht), geht es uns 24 Stunden lang besser. Viel gescheiter wäre: Parallelimporte ab sofort zulassen. Und dann nochmal über Corporate Governance in der Schweiz nachdenken.

Zuletzt doch NEIN

Urs Birchler

„Sagen Sie in Ihrem Blog nichts zur Abzockerinitiative?“ fragte mich kürzlich eine Journalistin. Sie stürzte mich ins Dilemma. Einerseits bin ich kein Spezialist auf dem Gebiet der Unternehmenskontrolle. Andererseits kann sich ein Blog zur Schweizerischen Wirtschaftspolitik nicht einfach ausschweigen zu einem Thema von nationaler Bedeutung. Mein Ausweg: Ich führe hier die Gründe auf, die mich bewogen haben, auf meinem Stimmzettel letztlich ganz privat doch ein NEIN hinzuschreiben.

Zugegeben, ein JA hätte gereizt:

  • Die Spitzensaläre in einzelnen Branchen sind ökonomisch nicht erklärbar, zuallerletzt mit der Arroganz der Bezüger.
  • Die Nein-Kampagne von Economiesuisse und anderen ist gelinde gesagt eine Beleidigung für die Stimmbürger.

Gleichwohl habe ich der Versuchung aus verschiedenen Gründen widerstanden:

  • Das Kernproblem der Unternehmungskontrolle liegt im Informationsvorsprung der Geschäftsleitung gegenüber dem Verwaltungsrat. Dadurch kontrolliert bei vielen Unternehmen die Geschäftsleitung den Verwaltungsrat, anstatt umgekehrt. Dieses Problem löst auch die Abzockerinitiative nicht. Der Verwaltungsrat wird kaum gestärkt, wenn er unter dem Damoklesschwert der jährlichen (Ab-)Wahl durch die Aktionäre arbeiten muss.
  • Die Gefahr der jährlichen Abwahl kann nur denen egal sein, die keinen Ruf zu verlieren haben oder die sich selber überschätzen.
  • Solche Spielregeln der Unternehmenspolitik gehören nicht in die Verfassung. Sie sollen sich im Wettbewerb ergeben. Wer zuviel (oder die Falschen) bezahlt, fliegt irgendwann aus dem Markt.
  • Teuer ist nicht eine teure Geschäftsleitung, sondern die falsche Geschäftsleitung.
  • Die Entschädigungen der Geschäftsleitung und des Verwaltungsrates sind finanziell gesehen nicht das Problem: Viel teurer sind zu hohe Saläre für Vizedirektoren, Prokuristen oder neudeutsch „Mitglieder des Kaders“.
  • Dass eine Pensionskasse im Interesse der Versicherten abstimmt und auch öffentlich zu ihrer Haltung stehen darf, wirkt auf den ersten Blick selbstverständlich. Die mit einer Pflicht zu Abstimmung und Offenlegung verbundenen Risiken würden in der Praxis jedoch dazu führen, dass die Entscheidung auf externe Berater abgeschoben wird.

Kurz: Die Abzockerinitiative scheint zu sehr mit der heissen Nadel gestrickt. Obwohl es mir in der Gesellschaft einzelner Gegner schlecht wird, habe ich Nein gestimmt. Denn am Ende sind nicht die wichtig, sondern die Schweiz und — man verzeihe mir — die Marktwirtschaft.

Obama: knappe Stimmen, gute Chancen

Urs Birchler

Wir haben früher berichtet, dass die Märkte anfangs September Präsident Obama praktisch schon fast wiedergewählt hatten. Nach verschiedenen Auf-und-Abs plus einem Wirbelsturm sieht die Marktmeinung eine Woche vor der Wahl interessant aus:

Noch sechsmal schlafen.

Obama vs. Romney: 70:30

Urs Birchler

In Meinungsumfragen hält Präsident Obama einen Vorsprung von je nach Umfrage 1-5 Prozentpunkten. Umfragen sind aber nicht immer zuverlässig. Eine eher bessere Treffsicherheit haben Prognosemärkte. Der IOWA Electronic Market bietet zwei Wetten auf die Präsidentschaft, nämlich auf:

  • die Stimmanteile
  • den Sieger

Die Wette auf die Anteile gibt Obama gegenwärtig einen Vorsprung von rund 6 Prozent, ist also etwas deutlicher als die Umfragen. Die Wette auf den Sieger steht allerdings 70:30 (Verhältnis der Gewinnwahrscheinlichkeiten) für Obama (siehe Grafik). Weniger als zwei Monate vor der Wahl darf man vermuten: Dieses Rennen ist — wenn nicht noch etwas ganz Wildes passiert — wohl gelaufen.