Cleantech-Studie – Arbeitskosten oder Wertschöpfung?

Monika Bütler

Die Cleantech-Initiative der SP ist zustande gekommen. Begleitet wird sie von einer Studie, die uns von einer Umsetzung der Initiative bis zu 167‘000 zusätzliche Arbeitsplätze verspricht. Leser und Leserinnen dieses Blogs wissen, dass die berühmt-berüchtigte Input-Output Methode, auf der die Resultate der Studie beruhen, regelmässig dazu benutzt wird, bestimmten Wirtschaftsbranchen eine überhöhte Wichtigkeit zu attestieren. Florian Habermacher, Umweltingenieur der ETH Lausanne und Doktorand an der HSG, zeit in seinem Beitrag wo die grossen Probleme bei der Cleantech-Studie liegen. So wird beispielsweise der gesamte Arbeitsaufwand für die Sanierungen automatisch mit Wertschöpfung gleichgesetzt, unabhängig davon wie hoch der Nutzen aus der verbesserten Isolation ist. Die wirtschaftlichen Auswirkungen von Gebäudesanierungen scheinen umso positiver je teurer die Sanierungen (bei gleichbleibender Menge an eingespartem Heizöl) sind. Das macht keinen Sinn.
Leider sind auch die versprochenen 167‘000 Arbeitsplätze komplett unrealistisch – ganz abgesehen davon, dass gar nicht klar ist, woher diese Spezialisten kommen sollten. Florian Habermacher macht in seinem Beitrag klar, dass eine Regulierung über Preismechanismen, sprich eine ökologische Steuerreform, den CO2-Ausstoss der Schweiz ökonomisch effizienter senken könnte als spezifische staatliche Verbrauchsregulierungen und Subventionen. Dumm ist nur, dass der Preismechanismus so unpopulär ist, wie Urs Birchler im batz kürzlich schrieb.
Weitere Batz-Artikel zur Energiediskussion:
ich bin auch ein Heizpilz; Weil noch das Lämpchen glüht; Die kreative C02 Buchhaltung der SBB;

Neue Studie zur Wohneigentumsbesteuerung

Subventionen und steuerliche Sonderbehandlungen stellen immer eine Bevölkerungsgruppe auf Kosten aller anderer besser. Verteilungseffekte ziehen Preisänderungen und Verhaltensanpassungen nach sich, die nicht immer erwünscht sind. Interessant ist, dass nicht nur Linke und Bauern Subventionen fordern, sondern auch bürgerliche Kreise mit einer Reihe von Wohneigentumsförderprojekten und – initiativen. Deswegen sind sie allerdings nicht besser, wie wir (Gebhard Kirchgässner und ich) in diesem Blog, schon einige Male argumentiert haben.

Es gibt nun eine neue Studie des Basler Ökonomen Frank Bodmer, welche die Auswirkungen einer Privilegierung von Wohneigentum im Detail und mit numerischen Lebenszyklusmodellen untersucht. Der Autor kommt zu den gleichen Schlüssen wie ich, etwas wissenschaftlicher und diplomatischer formuliert als meine batz-Beiträge.

Zu den Verteilungswirkungen schreibt Frank Bodmer im Abschnitt 7.4.
„Die steuerliche Sonderbehandlung des Wohneigentums soll die Wohneigentümer besser stellen. Da Wohneigentümer tendenziell Haushalte mit mittleren bis hohem Einkommen sind und da die Abzüge über eine Milderung der Progression wirken, kommt diese steuerliche Sonderbehandlung vor allem den Haushalten mit überdurchschnittlichem Einkommen zugute. Die übrigen Haushalte, d.h. vor allem Mieterhaushalte mit unterdurchschnittlichem Einkommen, dürften dagegen zu den Verlierern gehören. Die Förderung des Wohneigentums wird nämlich mit grösster Wahrscheinlichkeit zu einer Verteuerung des Bodens und damit zu einer Verteuerung aller Immobilien führen. Bei den Hauseigentümern mit hohem Einkommen werden die steuerlichen Begünstigungen diesen Bodenpreiseffekt mehr als kompensieren. Bei den Eigentümern mit durchschnittlichem Einkommen kann der negative Bodenpreiseffekt allerdings bereits grösser sein als der positive Effekt der tieferen Besteuerung.
Mit Sicherheit werden allerdings die bisherigen Eigentümer von Boden und Immobilien profitieren. Die Senkung der steuerlichen Belastung auf der Nutzung der Immobilien erhöht die so genannte Bodenrente, d.h. denjenigen Teil des Wertes eines Grundstücks, welcher über den Erschliessungskosten liegt. Dieser Effekt ist nicht nur verteilungspolitisch von fraglichem Wert, sondern er führt auch in einem Bereich zu steuerlichen Entlastungen, wo keinerlei Effizienzgewinne zu erreichen sind. Reine Renten können nämlich besteuert werden, ohne dass es zu Verhaltensänderungen und damit zu Effizienzverlusten kommt.“

Bausparen: Subventionistis bei den Bürgerlichen

Die Meldung ging in den Milliardenverlusten der UBS unter. Gegen den Widerstand des Bundesrates hat sich der Nationalrat heute für die Annahme der beiden Bauspar-Initiativen ausgesprochen. Auf die Gefahr hin, dass ich mich wiederhole (siehe hier): Hier nochmals die wichtigsten Gründe gegen die beiden Initiativen.
– Bausparen subventioniert die Bessergestellten und die heutigen Immobilienbesitzer
– Wie jede andere Subvention verzerrt Bausparen die individuellen Entscheidungen
– Bausparen führt zu einer geringeren Wohnmobilität und somit tendenziell zu Mehrverkehr (weil die Immobilienbesitzer bei einem Jobwechsel nicht umziehen)
– Bausparen subventioniert die Baubranche und möglicherweise auch die Banken
– Bausparen führt zu einer Erhöhung der Immobilienpreise (und somit auch die Mieten der Nicht-Bausparer), da die Subvention (ähnlich wie die Steuern) in den Preisen berücksichtigt werden.
– Bausparen belastet die Staatsfinanzen
– Die Schweiz kennt das Bausparen bereits durch die Möglichkeit des Vorbezugs von Mitteln der 2. und 3. Säule der Alterssicherung. Ironischerweise wird fast gleichzeitig zur Bauspardebatte über eine Einschränkung dieser Möglichkeit diskutiert.

Ich würde gerne wissen, weshalb sich eine Mehrheit des Nationalrats für eine Vorlage ausspricht, die nur einer kleinen Minderheit der Bürger Vorteile verschafft, allen anderen aber nicht absehbare monetäre und nichtmonetäre (Verkehr, Zersiedelung) Kosten aufbürdet. Ebenfalls würde ich gerne wissen, weshalb gerade bürgerliche Parlamentarier, für die andere Subventionen des Teufels sind, sich für diese Subventionen stark machen. Und zu guter Letzt würde mich interessieren, welche – wohl ziemlich abenteuerliche – Definition einer Sozialen Wohlfahrt die Bausparsubventionen verteilungspolitisch zu rechtfertigen mag. Sachdienliche Hinweise werden gerne als Kommentare entgegengenommen.

Kursuntergrenze – ein gute Idee? Fortsetzung

Mein St. Galler Kollege Simon Evenett, Professor für Internationale Wirtschaft und Entwicklung und Academic Director des MBA Programms, macht sich ebenfalls Gedanken zu den Folgen der Kursuntergrenze der SNB. Er betont vor allem die möglicherweise umverteilenden Wirkungen der Massnahme. Simon befürchtet, dass damit die Exportindustrie auf Kosten der Schweizer Mieter, Konsumenten und investierenden Firmen unterstützt wurde. „Robbing Peter to pay Paul“ wie es auf Englisch so schön heisst.
Etwas optimistischer wurde die Massnahme gestern in der DRS1 Simon Sendung Doppelpunkt „Was geschieht mit unserem Geld“, beurteilt. Meine Kollegen Georg Rich (ehemaliger Chefökonome der SNB) und Tobias Straumann (Wirtschaftshistoriker der Universität Zürich) beleuchteten die Wirkungen der SNB Untergrenze im historischen und aktuellen (EU Krisen-) Kontext. Als Diskussionsteilnehmerin bin ich natürlich befangen, aber ich fand die Sendung dank meinen Kollegen, den interessierten Studiogästen und dem Diskussionsleiter Daniel Hitzig sehr gelungen.

Ein Euro für 1.56 Franken – einige Preise bewegen sich doch nicht

Nach dem positiven Beispiel vor einigen Tagen, hier ein negatives Beispiel. Das Modeunternehmen Bogner rechnet für seinen Versandhandel (!) immer noch mit einem Wechselkurs von 1.56 Franken/Euro. Beispiel: Kleid Elena kostet in Deutschland 799 Euro, in der Schweiz satte 1250 Franken. Man braucht bei der Versandhomepage lediglich das /ch/ durch /de/ ersetzen und voilà…
Zur Erinnerung: 1.56 Franken kostete der Euro vor rund 3 Jahren. Dazu kommt noch, dass die Mehrwertsteuer in Deutschland mit 19% wesentlich höher ausfällt als in der Schweiz mit 8%. Im Versandhandel sollten zudem Lohnkosten keine direkte Rolle spielen.
Es geht mir nicht drum, einzelne Geschäfte anzuprangern. Das Beispiel zeigt aber: Es lohnt sich nach wie vor, den Importeuren auf die Finger zu schauen – und/oder um die betroffenen Firmen einen grossen Bogen zu machen.

Können Wechselkurse fair sein?

Menschen können sich fair verhalten. Gemeint ist gerecht, anständig und den Spielregeln entsprechend (in Sport und Spiel). Doch Wechselkurse? Meine Koautorin, die Philosophin Katja Gentinetta machte sich darüber ihre Gedanken in der Aargauer Zeitung.

Ökonomen sprechen in der Regel nicht von fairen Wechselkursen. Bezeichnend ist, dass das sehr interessante Weltbankpapier „A Fair Exchange Rate: Theory and Practice of Calculating Equilibrium Exchange Rates“ der Autoren Bayoumi, Fouraqee und Lee das Wort fair nur einmal verwendet – im Titel nämlich. Mit dem „richtigen“ Wechselkurs meinen die meisten Ökonomen – wie im Weltbankpapier – ein gleichgewichtiger Wechselkurs. Doch nicht einmal in
dieser Definition ist klar, was genau gemeint ist. Meinem St. Galler Kollegen und mit-batzer Gebhard Kirchgässner (der sich wegen verschwundenen Gepäckstücken in den USA neu ausstatten musste) erschienen die amerikanischen Kleider teuer, mir hingegen sehr günstig. Kein Wunder: Nicht einmal die Warenkörbe – zur Bestimmung der Kaufkraftparität – lassen sich für zwei Länder wirklich vergleichen.

Allen klar ist, dass der Schweizer Franken momentan massiv überbewertet ist. Eine gewisse Zeit schienen Händler vergessen zu haben, dass der Schweizer Franken nicht einfach ein Wertpapier ist, sondern auch die
Währung eines ganzen Landes. Neben der Nationalbank tritt nun auch die Politik in Aktion. Und hier kann -besser gesagt, soll – man sich tatsächlich fragen, ob die vorgeschlagenen Massnahmen fair sind: Will heissen gerecht und anständig und den Spielregeln entsprechend. Wohl eher nicht. Aus Zeitgründen hier lediglich ein Verweis auf einen Gastkommentar meines Kollegen Frank Jaeger. Franz dürfte sich über die ungewöhnlich vielen zustimmenden Voten gefreut haben.

Einwanderung: Achtung Gegenverkehr!

Ferienbedingt verspätet der Link auf meine Kolumne in der NZZ am Sonntag vom 14. August.

Es wandern nämlich nicht nur viele Ausländer ein, sondern auch viele Schweizer aus. Immerhin rund 35’000 Eidgenossen jährlich (!) suchen ihr Glück im Ausland. Dies entspricht der Einwohnerzahl der Stadt Freiburg.

Offensichtlich hat auch die SVP die Botschaft verstanden, mindestens Toni Brunner. Die NZZ am Sonntag vom 21. August zitiert den SVP Präsidenten (auf Seite 9) wie folgt: „Es ist Zeit, dass der Bundesrat endlich etwas gegen kriminelle Ausländer und die Massenemigration tut.“ Ob er etwas gegen die Auswanderung von Schweizern oder von Ausländern hat, wissen wir nicht. Leider nur in der französischen Übersetzung.

Wer sich mehr für die Gründe der Auswanderung von Schweizern interessiert, dem sei die Dissertation von Thomas Höppli empfohlen. Eine Kurzfassung der Dissertation findet sich hier, für die SVP auch en français.

Und die Preise bewegen sich doch!

Per Zufall ein lobenswertes Beispiel entdeckt: Jack Wolfskin – ein Geschäft für Outdoorartikel – gibt den Kunden ab heute einen Wechselkursabschlag von 15% weiter („Euro Bonus“). Dies auch auf ohnehin schon reduzierten Artikeln. So günstig habe ich den Buben noch nie Wanderausrüstung kaufen können.

Weltmeister!

Die NZZ hat am Donnerstag gemeldet, dass der Schweizer Franken beinahe Weltmeister der Währungen sei. Nur zwei kleinere Zacken fehlten zur Krone: Die Australischen und Neuseeländischen Dollars hätten sich seit Sommer 2009 noch stärker aufgewertet. Die beiden Rohstoffwährungen zeigen allerdings auch, wie tückisch solche Vergleiche sind. Hätte man die Vergleiche auf Basis des Vorkrisenniveaus gemacht (Sommer 2008 oder früher), beide Dollars hätten sich gegenüber dem Franken deutlich abgewertet. Die Finanzkrise hat sowohl die Australische wie auch der Neuseeländische Währung um rund 20-30 Prozent einbrechen lassen, bevor die sich Unsicherheit auf den Rohstoffmärkten lichtete und sich die Währungen wieder erholten. Diese Erholungsphase wurden im Vergleich der NZZ miteinberechnet, sie verzerrt die Rangliste. Fazit: Der Schweizer Franken ist uneingeschränkter Weltmeister. Auch wenn in der heutigen Zeit nicht alle darin eine ehrenvolle Leistung sehen wollen.