Die Falschmünzer

Vor zwei Wochen schrieb ich in der NZZ am Sonntag über Geschenke. Und über eine falsche Münze.

Unser älterer Bub – er war damals gut zwei – erhielt in der Adventszeit vom Nonno einen Fünfliber. Peter musterte das Stück, nestelte am Rand herum, sagte etwas von „uufmache“ – und begann dann bitterlich zu weinen. Die Münze war falsch. Sie war nur aus Metall und nicht, wie Peter sich erhofft hatte, innen aus Schokolade.

In der Zwischenzeit hat mir ein edler Spender echte Schokoladefünfliber zukommenlassen – vielen herzlichen Dank!

Übrigens: Meine Französischlehrerin an der Kanti, Annette Gersbach, hat mir mit einem Buch über die Problematik der Unterscheidung von Echtem und Falschem das Französische nähergebracht. Es handelt sich um den Roman Les Faux-Monnayeursvon André Gide, erschienen 1925.

Adventskalender 21

Monika ist mit dem Institut ins Bergwerk Horgen gefahren. Dort wird sie vielleicht schon erwartet:

Gnomen.

Da trippelt ein die kleine Schar,
Sie hält nicht gern sich Paar und Paar;
Im moosigen Kleid mit Lämplein hell
Bewegt sich’s durcheinander schnell,
Wo jedes für sich selber schafft,
Wie Leuchtameisen wimmelhaft;
Und wuselt emsig hin und her,
Beschäftigt in die Kreuz und Quer.

Den frommen Gütchen nah verwandt,
Als Felschirurgen wohl bekannt;
Die hohen Berge schröpfen wir,
Aus vollen Adern schöpfen wir;
Metalle stürzen wir zu Hauf,
Mit Gruß getrost: Glück auf! Glück auf!
Das ist von Grund aus wohl gemeint,
Wir sind der guten Menschen Freund.

Doch bringen wir das Gold zu Tag
Damit man stehlen und kuppeln mag;
Nicht Eisen fehle dem stolzen Mann
Der allgemeinen Mord ersann.
Und wer die drei Gebot’ veracht’t
Sich auch nichts aus den andern macht.
Das alles ist nicht unsre Schuld,
Drum habt so fort, wie wir, Geduld.

Johan Wolfgang von Goethe, Faust 2, Vers 5840-5863

1 Euro = 50 Rappen ?

Die Presse von heute will wissen, der Präsident des Direktoriums der SNB, Philipp Hildebrand, habe im Bundesrat die Möglichkeit eines Falls des Euro auf 50 Rappen erörtert. Ich war nicht dabei, möchte aber doch eines klarstellen. Was Philipp Hildebrand immer gesagt haben mag: Diese 50 Rappen sind sicher keine Prognose. Bitte also keine Panik im Devisenhandel. Eine Regierung muss sich natürlich auch auf Extremszenarien gefasst machen; in diesem Sinne ist die Frage „Was tun wir, wenn der Euro auf X fällt?“ wichtig. Der Bundesrat muss eine Antwort haben. Die Frage sollte aber nicht Anlass sein, den Euro auch gleich mit X zu bewerten.

Bekanntlich bin ich kein Euro-Romantiker und habe den Euro sogar einmal als „langfristig unhaltbar“ bezeichnet. Gemeint war, dass der Währungsverbund mit den heutigen Mitgliedländern irgendwann reissen wird oder aber den Frieden und/oder Demokratie in Europa zerstört (Ungarn beispielsweise ist auf bestem Weg). Dazu stehe ich nach wie vor. Bloss bedeutet ein Auseinanderbrechen der Währungsunion nicht unbedingt eine Schwächung des Euro. Wenn die schwachen Länder ausscheiden, kann der Euro sogar härter werden.

Also nochmals: 50 Rappen sind ein Szenario unter vielen, keine Prognose.

Adventskalender 20

Wir hatten am Samstag türkische Freunde zu Besuch. Und da fielen mir wieder die wunderbaren Geschichten des Nasreddin Hoca ein, eines türkischen Volksweisen, der im 14. Jahrhundert gelebt haben soll. Sein Leben und seine Erlebnisse wurden über viele Jahrhunderte mündlich überliefert, so zum Beispiel auch folgende Geschichte:

An Markttagen stand Mulla Nasreddin Hoca häufig auf der Gasse und machte sich zum Narren: Immer wenn ihm Leute ein grosses und ein kleines Geldstück anboten, nahm er das kleinere. Eines Tages sagte ein wohlmeinender Mann zu ihm: „Mulla, du solltest die grössere Münze nehmen. Dann wirst du mehr Geld besitzen, und die Leute haben nicht länger Gelegenheit, sich über dich lustig zu machen.“ „Das mag stimmen“, sagte Nasreddin, „aber wenn ich stets die grössere Münze nehme, werden die Leute aufhören, mir Geld zugeben. Denn sie tun es ja nur, um zu beweisen, dass ich verrückter bin als sie. Und dann würde ich überhaupt kein Geld mehr haben.“

Quelle für die Geschichte:  http://www.nasrudin.de/

Mehr über Hoca finden Sie hier.

Adventskalender 19

Vielleicht hilft gegen die Kälte eine Geschichte aus wärmeren Tagen. Mark Twain berichtet in A Tramp Abroad (1880) humorvoll von einer Besteigung des Rigi. Die eher astronomische Pointe der Geschichte wollen wir hier nicht verraten, im Gegensatz zu folgender ökonomisch interessanten Episode:

Presently we came upon half a dozen sheep nibbling grass in the spray of a stream of clear water that sprang from a rock wall a hundred feet high, and all at once our ears were startled with a melodious „Lul … l … l l l llul-lul-LAhee-o-o-o!“ pealing joyously from a near but invisible source, and recognized that we were hearing for the first time the famous Alpine JODEL in its own native wilds. And we recognized, also, that it was that sort of quaint commingling of baritone and falsetto which at home we call „Tyrolese warbling.“

The jodeling (pronounced yOdling–emphasis on the O) continued, and was very pleasant and inspiriting to hear. Now the jodeler appeared–a shepherd boy of sixteen– and in our gladness and gratitude we gave him a franc to jodel some more. So he jodeled and we listened. We moved on, presently, and he generously jodeled us out of sight. After about fifteen minutes we came across another shepherd boy who was jodeling, and gave him half a franc to keep it up. He also jodeled us out of sight. After that, we found a jodeler every ten minutes; we gave the first one eight cents, the second one six cents, the third one four, the fourth one a penny, contributed nothing to Nos. 5, 6, and 7, and during the remainder of the day hired the rest of the jodelers, at a franc apiece, not to jodel any more. There is somewhat too much of the jodeling in the Alps.

Adventskalender 18

Hinter unserem heutigen Adventstürchen verbergen sich Licht und Schatten, Hoffnung und Verzweiflung. Am 18. Dezember 1865 trat das „13th Amendement“ der amerikanischen Verfassung in Kraft, das die Sklaverei endgültig verbietet. Gleichwohl leben auch heute noch zwischen 12 und 17 Millionen Menschen als Sklaven. Die meisten von ihnen sind Schuldensklaven — Kreditnehmer, die sich oder ihre Kinder als Pfand hingegeben haben. Daneben grassiert der internationale Menschhenhandel zu Prostitutionszwecken. Deshalb möchten wir daran erinnern, dass alle Macht beim Konsumenten liegt: Sklavenarbeit gibt es nur, so lange jemand ihre Früchte kauft.

Adventskalender 17

Heute sendet der Batz einen Adventsgruss an unsere Schweizer Ökonomenkollegen im Ausland.

Wussten Sie, dass 112 Schweizer Ökonomen an ausländischen Universitäten forschen und lehren, davon 55 in Nordamerika, 13 in Grossbritannien, 9 in Deutschland und 6 in Spanien? 24 von ihnen präsentieren nächsten Dienstag jüngste Forschungsergebnisse anlässlich der Jahreskonferenz von „Swiss Economists Abroad“.

Adventskalender 16

Heute vor 176 Jahren, am 16. Dezember 1834 wurde Léon Walras in der Normandie geboren. Den Grossteil seines Lebens lehrte und forschte er an meiner früheren (und Marius Brülharts aktueller) akademischen Heimat, der Uni Lausanne. Walras gilt als einer der Begründer der modernen Wirtschaftstheorie und vor allem als Vater der allgemeinen Gleichgewichtstheorie. Weniger bekannt ist, dass Walras auch zur angewandten Wirtschaftspolitik geschrieben hat. Der untenstehende Beitrag zum staatlichen Engagement bei den Eisenbahnen rührt nicht zuletzt daher, dass Walras an französischen Hochschulen keine Anstellung fand und zwischen 1865 und 1868 in der Verwaltung der Eisenbahngesellschaft Chemin de Fer Du Nord arbeitete.

„L’État peut et doit intervenir dans l’industrie des chemins de fer, et cela à un double titre: 1° parce que le service des chemins de fer, en ce qui concerne les transports des services ou produits d’intérêt public, est lui-même un service public; 2° parce que le service des chemins de fer, en ce qui concerne le transport des services ou produits d’intérêt privé, est un monopole naturel et nécessaire qui, comme monopole privé, ne serait fondé ni en droit ni en intérêt et qui, par conséquent, doit être érigé en monopole d’État économique.“

Aus Léon Walras – Etudes d’économie politique appliquée

Adventskalender 15


Die Grünmützen kommen! In Belgien protestiert eine Gruppe von Bürgern und von Aktionären der Belgischen Nationalbank (diese ist wie die SNB eine Aktiengesellschaft) gegen die Selbstbedienung der Regierung des verschuldeten Staates in den Währungsreserven der Notenbank. Die Gruppe gibt sich gegen aussen zu erkennen durch grüne Dächlikappen mit der Aufschrift NBB4EVER (National Bank of Belgium for ever).

Hoffentlich müssen wir die Unabhängigkeit der SNB nie mit der (in dem Fall dann blauen) Kappe verteidigen.