Nobelpreis an Diamond und Dybvig

Douglas W. Diamond und Philip Dybvig wurde heute – zusammen mit Ben Bernanke – der Wirtschaftsnobelpreis verliehen. Hier eine kleine Einordnung.

Der französische Philosoph Jean-Jacques Rousseau beschrieb in seinem Discours sur l’origine et les fondements de l’inégalité parmi les hommes (1755) eine Entscheidungssituation, welche den Ursprung sozialer Zusammenarbeit illustrieren sollte: Eine Gesellschaft von Jägern ist hinter einem Hirsch her. Anstatt auf dessen Fährte zu bleiben (Kooperation), können die einzelnen Jäger aber auch ausscheren und einen Hasen erlegen (Desertion). Wenn zu viele Jäger ausscheren, entwischt der Hirsch. Nur wenn genügend Jäger kooperieren, wird der Hirsch, die grosse Beute, erlegt. Kooperation ist also im kollektiven Interesse. Ob sich für Individuen dennoch die Desertion lohnt, hängt davon ab, wie viele andere Jäger desertieren.

Rousseaus Beispiel ist keineswegs rein theoretisch. Beim Ausbruch der Covid-19-Pandemie wurden plötzlich Schutzmasken gehamstert. Kollektiv gesehen wäre es gescheiter gewesen, wenn alle einige Masken erhalten hätten, als einzelne viele und viele gar keine. Das wichtigste praktische Beispiel ist jedoch der Bank Run: Selbst wenn alle Einleger glauben, die Bank sei eigentlich solvent, kann es sich aus individueller Perspektive lohnen, sein Guthaben sofort zurückzuziehen. Wenn nämlich genügend andere in Panik geraten, bleibt am Ende zuwenig Flüssiges in der Bank und die Bank falliert.

Ein schönes Beispiel lieferte der Run auf die britische Bank Northern Rock im September 2007. Northern Rock war kaum in jenen faulen Hypothekarpapieren investiert, welche die Finanzkrise 2007-08 auslösten. Hingegen war die Bank stark von der Finanzierung durch sogenannte wholesale deposits abhängig. Da nun die einen Gläubiger den anderen nicht trauten, zogen viele ihr Geld zurück. Dies führte auch zur Panik unter den Kleinanlegern. Einer von ihnen berichtete: Die Webseite war nicht erreichbar, da war es für mich klar: Nichts wie mein Geld holen.

Die ökonomische Theorie des Bank Run (Bankensturm) wurde von Diamond und Dybvig (1983) formalisiert. Die Individuen können für eine oder für zwei Perioden in eine gemeinsame Bank investieren. Die langfristige Investition bringt nach dem Ausreifen den höheren Ertrag. Muss sie jedoch vorzeitig liquidiert werden, bringt sie weniger ein, als investiert wurde. Die Individuen erfahren erst, nachdem sie investiert haben, ob sie früh sterben (und allenfalls langfristige Investitionen liquidieren müssen) oder spät. Ob jemand früh oder spät sterben wird, ist für die anderen nicht beobachtbar. Das Resultat: Wenn einige der langlebigen Individuen vorzeitig liquidieren, kommt Panik auf; die Bank bricht zusammen.

(Für ökonomische Gourmets: Das Diamond-Dybvig Modell beruht auf einem Overlapping-Generations-Modell, aus dem die zweite Lebenshälfte der jüngeren Generation herausgeschnitten wurde. Die integration eines Bankensektors in ein volles Overlapping-Generations-Modells scheint bis heute nicht gelungen.)

Die Rousseau-Diamond-Dybvig-Entscheidungssituation ist nicht etwa jene im berüchtigten Prisonners Dilemma. Dort lohnt sich individuell gesehen Desertion immer. Hier lohnt sich in einer genügend kooperativ eingestellten Gesellschaft die Kooperation. Die Theorie der recht vielfältigen kooperativen Situationen ist näher beschrieben in unserem guten alten Information Economics (2007), Kap. 9.

Während Diamond noch zahlreiche weitere Forschungsbeiträge lieferte, zog sich Dybvig weitgehend zurück und widmete sich seinem Hobby als Jazzmusiker. Douglas Diamond wurde im übrigen 2013 mit dem Ehrendoktorat der Universität Zürich geehrt.

Wie sogar unverbesserliche Warmduscher plötzlich zu Energiesparern werden

Monika Bütler

Meine Kolumne Geld & Geist: Vom unverbesserlichen Warmduscher zum Energiesparer (nzz.ch) in der NZZ am Sonntag vom 2. Oktober in einer etwas ausführlicheren Version, ergänzt mit Links zu Forschungsarbeiten.  

«Die Deutschen erhalten die Gasrechnung – und werden wütend» titelte der Tagesanzeiger vor gut einer Woche. Die Wut ist verständlich. Die Haushalte leiden stark unter den gestiegenen Preisen. Dazu kommt ein Ohnmachtsgefühl, wenn erstens die Rechnung für den Energiekonsum erst dann kommt, wenn er nicht mehr verändert werden kann. Und wenn zweitens den meisten gar nicht klar ist, wo und wie sich Energiesparen lohnt. 

Genau um die Sichtbarkeit des Energiekonsums ging es in einem Experiment vor einigen Jahren in Zürich. Die WissenschaftlerInnen Verena Tiefenbeck, Lorenz Goette, Kathrin Degen, Vojkan Tasic, Elgar Fleisch, Rafael Lalive und Thorsten Staake Overcoming Salience Bias: How Real-Time Feedback Fosters Resource Conservation | Management Science (informs.org)*  wollte herausfinden, ob eine sofortige Rückmeldung zum Verbrauch das Verhalten den Menschen beeinflussen kann. Zu diesem Zweck installierten sie zusammen mit dem EWZ (Elektrizitätswerk Zürich) in mehreren hundert Haushalten digitale Geräte zur Messung des Energieverbrauchs beim Duschen in Echtzeit. Die Daten der Testhaushalte wurden anschliessend mit denjenigen einer Kontrollgruppe ohne Geräte verglichen. 

Das verblüffende Resultat: das Feedback noch unter der Dusche reduziert den Energieverbrauch um ganze 22%, oder um deutlich mehr, als der durchschnittliche Haushalt für die Beleuchtung ausgibt. Dies ohne irgendwelche Belohnungen für die Testgruppe und in einer Zeit, in der die Energiekrise noch in weiter Ferne schien. 

Die Einsparungen waren höher, länger anhaltend und treffsicherer als Kampagnen («Ogi kocht Eier») oder als Interventionen, die den Energieverbrauch zeitverschoben oder aggregiert zurückmeldeten, zum Beispiel als Wochenrechnung. Die Echtzeitfeedbacks wirkten nicht nur in der Anfangsphase, sondern über die ganze Versuchszeit von mehr als zwei Monaten. Und das Schönste: Gerade diejenigen, die bisherigen Lang-Warm-Duscherinnen reduzierten beim Echtzeit-Feedback ihren Verbrauch am meisten. 

Das Sprichwort «Ab Aug’ ab Herz» gilt auch hier: Menschen haben die Tendenz, sich auf Dinge oder Informationen zu konzentrieren, die sichtbar sind und auffallen, während sie eher ignorieren, was nicht ins Auge fällt. Die Forschung spricht von einem Salience Bias (etwas schwerfällig als «Hervorhebungsverzerrung» übersetzt). Das heisst nicht, dass die Leute irrational oder faul sind. Nur ist Informationsbeschaffung und -verarbeitung oft zeitaufreibend und teuer. (Für Interessierte: Etwas Hintergrund zur Rolle von Salience bei ökonomischen Entscheidungen Pedro Bordalo, Nicola Gennaioli und Andrei Shleifer Salience | NBER)

Die Wirkung der Salience von Informationen auf unser Verhalten ist nicht auf den Energieverbrauch beschränkt. Die empirische Forschung zeigt klar, dass auch die Sichtbarkeit von Steuern und Gebühren einen Einfluss auf das Verhalten der Konsumenten und Steuerzahlerinnen hat. 

So zeigen die amerikanischen Forscher Raj Chetty, Adam Looney, and Kory Kroft Chetty_SalienceTaxation.pdf (harvard.edu), dass die Verkaufssteuer in Geschäften unterschiedlich wirkt, je nachdem, ob sie bereits auf den Preisschildern im Regal eingerechnet und somit sichtbar ist (wie in den USA üblich) oder erst statt nachträglich an der Kasse erhoben wird. Mit Preisschildern inklusive Verkaufssteuer war die Nachfrage im Lebensmittelgeschäft um 8 Prozent geringer.

Auch eine Alkoholsteuer, die in den angegebenen Preisen enthalten ist, reduziert den Alkoholkonsum stärker als eine Steuer, die an der Kasse zum Rechnungsbetrag addiert wird. Für die Geschäfte und den Fiskus ist es somit profitabel, wenn die Steuer erst dann erhoben wird, nachdem die Kaufentscheidung bereits gefallen ist. Doch die geringe Sichtbarkeit von Lenkungssteuern verändert das Konsumverhalten und unterläuft die angestrebte Prävention. 

Eine geringe Sichtbarkeit von Verbrauch und Gebühren für die Konsumenten wirkt sogar zurück auf Preise und Steuersätze. Amy Finkelstein E-ZTax: Tax Salience and Tax Rates | NBER analysiert dies am Beispiel der Strassengebühren: Werden die Gebühren elektronisch erhoben – das heisst so, dass die Autofahrer sie nicht jedes Mal direkt sehen können, wenn sie eine Bezahlstation passieren – liegen die Gebühren um etwa 20-40% höher im Vergleich zu einer manuellen Bezahlung.

Je sichtbarer („salient“) eine Steuer ist, desto grösser der politische Druck, den Steuersatz tief zu halten. Daten aus den USA zeigen, dass der Übergang zur Quellenbesteuerung – anstelle der in der Schweiz üblichen Steuererhebung beim Individuum – tendenziell zu höheren Steuern führte. Versteckte Steuern wie die Quellensteuern lassen sich besser erheben und erhöhen als klar sichtbare Steuern. 

Ein interessantes Beispiel dafür ist die US amerikanische property tax (eine Art Grundsteuer, die sich am Wert des Grundstücks/Immobilie misst und die auf Gemeindeebene erhoben wird), wie Marika Cabral und Caroline Hoxby The Hated Property Tax: Salience, Tax Rates, and Tax Revolts | NBER zeigen: Als sichtbarste Steuer wird sich am vehementesten bekämpft, inclusive Steuerrevolten. Dies obwohl die meisten Amerikaner viel mehr Einkommenssteuern als property tax bezahlen.

Wir unterschätzen nicht nur unseren (Energie)Verbrauch, sondern auch Gebühren und Steuern, wenn sie nicht direkt sichtbar sind. Mit weitgehenden Konsequenzen: Unvollständig informierte Menschen können sich schlechter anpassen und sich auch weniger wehren. Die Verzerrungen kosten; nicht nur den Einzelnen, sondern gerade im Energie- und Klimabereich der Gesellschaft insgesamt. 

Bequemerweise müssen wir zum Duschen keine Münzen mehr einwerfen (obwohl die Geräte noch im Handel sind). Wie im EWZ-Versuch kann die Digitalisierung, Informationen in unserem Alltag in Echtzeit verfügbar machen. Und wir können unsere Entscheidungen so treffen, wie wir wirklich möchten. 

Sichtbarkeit im Sinne von Salience bedingt auch Fokussierung. Ein Haushalt mit dem Armaturenbrett eines Jumbo-Jets ist nicht die Lösung. Gerade dort, wo der Staat eine Echtzeit-Messung fördert, lohnt sich eine Konzentration auf das Wichtigste. Sonst kippt die Informationslücke in eine Informationsflut. In einer Energiekrise nützt der Kilowattzähler am Eierkocher kaum mehr als an Sparkoch Ogi zu denken.

Gratis-Milliarden für die Banken?

Die NZZaS ist in ein Minenfeld getreten. In der heutigen Ausgabe (S. 25) behauptet Albert Steck , die SNB müsse den Banken demnächst Milliarden Franken zahlen. Der Grund: Am kommenden Donnerstag wird die SNB vermutlich die Periode der Negativzinsen auf Giroguthaben beenden. Die Autoren bei der NZZaS schliessen daraus, die Nationalbank müsse inskünftig den Banken positive Zinssätze auf deren Sichteinlagen bei der SNB (den sogenannten Giroguthaben) vergüten. Bei einem Bestand von fast 700 Mrd. würde dann jeder Prozentpunkt 7 Mrd. Franken mehr Zins kosten (mehr als die SNB heutzutage jährlich maximal an Bund und Kantone ausschüttet).

Ich nehme an, die kantonalen Finanzdirektor/innen waren nach der morgendlichen Lektüre ebenso wach wie die Kassenwarte der Banken — wenn auch aus gegenteiligen Gründen. Meinerseits fragte ich mich: Wann hat die SNB beschlossen, die Giroguthaben künftig positiv zu verzinsen? Die Idee der NZZaS, ab nächstem Donnerstag würden die Giroguthaben der Banken verzinst, ist in den Publikationen und der Kommunikation der SNB nicht zu finden. Auch dass die Verzinsung der Giroguthaben dem SNB-Leitzins folgen müsste, steht m.W. nirgends (sachdienliche Hinweise werden verdankt).

Die SNB hat auf die Sichteinlagen der Banken über hundert Jahre lang mit einer gewissen Selbstverständlichkeit einen Zins von null bezahlt. Auf Banknoten zahlt sie schliesslich auch keinen Zins. Doch so einfach ist es nicht. Eine positive Verzinsung der Giroguthaben ist der Elefant im Raum der Geldpolitik, spätestens seitdem die Negativzinsen eingeführt wurden. Wer negative Sätze befürwortet, kann konzeptionell auch positive Sätze kaum mehr ausschliessen. In einem Artikel in der SZW bezeichnet Chefjurist Martin Plenio die Zinssätze auf Giroguthaben denn auch ganz neutral als geldpolitisches Instrument. Auch bei der Erläuterung der geldpolitischen Instrumente auf der SNB-homepage heisst es lakonisch-neutral: „Die Verzinsung der Sichtguthaben zählt ebenfalls zu den geldpolitischen Instrumenten.“

Die NZZaS hat den Elefanten geweckt und ins Minenfeld geschickt. Sprengstoff hat es genug: Finanziell geht es, wie erwähnt um rund 7 Mrd. Franken pro Zins-Prozentpunkt. Das ist ziemlich genau so viel, wie der Bund für die Sicherheit (Armee etc.) ausgibt. Mit jeder Zinserhöhung um einen Prozentpunkt könnte sich die SNB (bzw. ihre Ausschüttungsberechtigten) also eine Armee weniger leisten.

Auch konzeptionell steht einiges auf dem Spiel. Die eine Sicht: Die SNB soll den Banken auf ihren Giroguthaben einen marktgerechten Zins bezahlen; der Wettbewerb zwingt die Banken, die Zinsen an ihre Einleger weiterzugeben. Dadurch verbilligt sich für das Publikum die Geldhaltung. Dies kommt, da das Geld das Öl im Wirtschaftsmotor ist, der gesamten Wirtschaft zugute. Der Vorteil ist allerdings für die Einzelnen genauso unsichtbar wie früher die Kosten der Nicht-Verzinsung der Giroguthaben.

Die andere Sicht: Der Gewinn aus Geldschöpfung gehört dem Staat, d.h. erstinstanzlich der SNB, letztinstanzlich (via Gewinnausschütung) den Kantonen und dem Bund. Wenn die SNB also einen Gewinn erzilelt, weil sie zinstragende Anlagen hält, aber auf ihren Schulden (Banknoten und Giroguthaben) keinen Zins zahlt, ist dies vertretbar.

Der pragmatische Mittelweg könnte lauten: Zwar leuchtet ein, dass eine Verzinsung der Giroguthaben die gesamthaft effizienteste Lösung wäre. Dies aber nur, wenn die Banken ihre Zinseinnahmen auch weitestgehend an ihre eigene Einlegerschaft weitergeben. Falls dies nicht der Fall ist, ist die Nicht-Verzinsung der Giroguthaben vertretbar als eine relativ effiziente Steuer, effizienter als andere Steuern, mittels derer die Zinsen auf Giroguthaben (bzw. die entsprechenden Ausfälle bei den Ausschüttungen an Bund und Kantone) ansonsten finanziert werden müssten.

Der Blick ins Ausland: Die amerikanische Federal Reserve bezahlt geldpolitisch variable Zinsen auf den Reservekonti der Banken (Mindestreserven plus Überschussreserven); gegenwärtig beträgt der Satz 2,40 Prozent. Die EZB verzinst lediglich die Mindestreserven, gegenwärtig mit 0,50 Prozent.

Wie man sich auch stellt: Das Thema ist wohl das letzte, was die Nationalbank vermisst hätte. Genauso wie Kinder irgendeines Tages fragen, wo die Babies herkommen, musste bei Einführung der Negativzinsen aber klar sein, dass eines Tages die Frage kommen müsste: Und was, wenn die Zinslandschaft wieder einmal in den positiven Bereich steigt?

EZB: Fehlüberlegung hinter dem neuesten Instrument (TPI)?

Die Europäische Zentralbank hat an ihrer Sitzung vom 21. Juli ein neues Instrument eingeführt. Der wie üblich trockene Name Transmission Protection Instrument (TPI) zeigt nicht auf den ersten Blick, wie revolutionär dieser Schritt ist.

Ein kurze Rückblende: Die EZB ist eine monetäre Behörde, zuständig für die Geldpolitik im Euro-Raum. Die Fiskalpolitik, die Schwester der Geldpolitik, bleibt in der Kompetenz der Mitgliedstaaten. Dies wurde bei der Gründung des Euro klar festgelegt. Theoretisch. Mit der Zeit liessen die Euro-Länder eine Aufweichung der fiskalischen Spielregeln zu. Zudem verschwamm die Grenze zwischen Geld- und Fiskalpolitik: EZB-Präsident Draghi erklärte, gegen die steigenden Risikoaufschläge auf den Zinsen italienischer und griechischer Staatsanleihen zu tun, was immer es braucht (”whatever it takes”); “und es wird genug sein”, fügte er hinzu.

Jetzt scheint es genug: Angesichts der steigenden Inflationsraten scheint Geldschöpfung als Beruhigungspille nicht mehr möglich. Hier kommt das TPI zum Zuge: Die EZB soll die Anleihen mit steigender Risikoprämie (d.h. jene von Ländern wie Italien oder Griechenland) anstatt mit neuem Geld mit dem Erlös aus Verkäufen von Ländern mit tiefer Risikoprämie (wie Deutschland oder Finnland) finanzieren. D.h. Umschichtung der Bilanz anstatt Verlängerung. Das TPI soll als „Anit-Fragmentierungs-Instrument“ die Einheit des europäischen Zinsniveaus bewahren. Betragsmässig ist das Instrument wie schon Mario Draghis Geldspritzen a priori unbegrenzt.

Wie der Grandseigneur der deutschen Wirtschaftswissenschaften, Hans-Werner Sinn, vorgestern an einem Podiumsgespräch in München erklärte, beruht das Argument der EZB zur Begründung das TPI auf einer simplen Fehlüberlegung: Einheitliche Zinssätze sind nicht gleich einheitliche Finanzierungskosten. Die Finanzierungskosten eines Kredits sind die Zinszahlungen plus die erwartete Rückzahlung. Eine unsichere Rückzahlung wird deshalb im Markt mit einem Risikozuschlag auf den Zinssatz (spread) abgegolten. Eine unsichere italienische Anleihe hat deshalb tiefere Finanzierungskosten als eine zum selben Zinssatz begebene sicheren deutsche Anleihe. Ein Instrument wie das TPI, das die Zinssätze europäisch einebnet, subventioniert deshalb de facto die schlechten Schuldner.

Das Argument der EZB, das TPI sei ein Anti-Fragmentierungs-Instrument, ist daher Mumpitz. Im Gegenteil: es führt mit der Einebnung der Zinssätze zu einer Fragmentierung der Finanzierungskosten. Die schlechteren Schuldner unter den Euro-Ländern werden fürs vergangene und weitere Schuldenmachen belohnt.

Die EZB hingegen endet mit dem TPI dort, wo sie nie hinwollte (und gemäss Währungsvertrag auch nicht hingehört): im Bereich der Staatsfinanzierung. (Oder schlimmer: Das TPI schliesst nicht einmal Käufe privater Schulden völlig aus.) Die europäische Geldpolitik unterstützte zwar die Staatshaushalte der südlichen Mitgliedstaaten schon mit ihrer bisherigen Tiefzinspolitik. Immerhin betrieb sie nicht direkt Fiskalpolitik. Dies hat sich mit der Einführung des TPI geändert, mit dem die EZB beispielsweise die Finanzierungskosten Italiens auf Kosten jenr Deutschlands senken kann. Ob und wie lange die Mitgliedläder einen solchen „Finanzausgleich“ tolerieren, wird sich zeigen.

Natürlich sind der Verwendung des TPI verbale Grenzen gezogen. Aber diese sind noch schwammiger formuliert als jene (längst ignorierten) im Währungsvertrag und laden geradezu zu politischen Kuhhändeln ein. Ohnehin klingen sie unrealistisch: Zum Beispiel muss ein Land, um in den Schutz des TPI zu erlangen, „nachhaltige öffentliche Finanzen” haben und “nicht an schweren makroökonomischen Ungleichgewichten“ leiden — in welchem Fall das Land auch keine hohen Risikoprämien zu befürchten hat und das TPI gar nicht braucht.

Angesichts der instabilen politischen Situation in Italien wird “lo spread“ die EZB und ihr neues Instrument vielleicht bald auf die Probe stellen. Ironisch wäre, wenn die EZB via TPI Italien indirekt für die Entlassung des ehemaligen EZB-Präsidenten Draghi als Regierungschef belohnen müsste.

Wirtschaftselixier Verrechnungssteuerreform?

Marius Brülhart

Am 25. September werden wir darüber abstimmen, ob die Verrechnungssteuer auf Obligationenzinsen abgeschafft werden soll.

Die Debatte dazu ist ein kleiner Leckerbissen für Steuer-Geeks. Dreh- und Angelpunkt dieser Diskussion ist eine unserer Lieblingsvariablen, die Elastizität des Steuersubstrats gegenüber dem Steuersatz. Oder, einfacher gesagt: die Steuerempfindlichkeit der betroffenen Wirtschaftstätigkeit.

Die Befürworter der Vorlage gehen von einer sehr hohen Steuerempfindlichkeit aus. Sie stellen in Aussicht, dass eine Abschaffung dieser Steuer den Fremdkapitalmarkt dermassen stark ankurbeln würde, dass die darauf erzielten Steuereinnahmen und Zinsersparnisse die verlorenen Verrechnungssteuereinnahmen mehr als wettmachen würden.

Könnte hier der Traum jedes Finanzministers in Erfüllung gehen: Man senkt die Steuern und stimuliert damit die Wirtschaft so stark, dass letztlich auch die Staatskasse profitiert?

Die Befürworter stützen ihre Argumentation auf zwei Dokumente.

Eines davon ist die vom Bund in Auftrag gegebene fast 100-seitige BAKStudie aus dem Jahr 2019. Darin wird eine leicht andere Reformvariante analysiert, aber die Abschaffung der Verrechnungssteuer auf Fremdkapital bildet auch dort das Herzstück. Das Hauptszenario der Studie attestiert der Reform eine so starke Impulswirkung auf das Schweizer Fremdkapitalgeschäft, dass die Steuereinnahmen nach 10 Jahren höher ausfallen würden als in einem Vergleichsszenario ohne die Reform.

Die Studie ist informativ und lesenswert, aber bei genauem Hinschauen erkennt man, dass ihr Kern auf einer intransparenten und offenbar dünnen Faktengrundlage basiert. Die Studienautoren verfügen nämlich über keinerlei quantitative Anhaltspunkte zu den erwarteten Impulswirkungen der Steuerreform. Stattdessen postulieren sie als Hauptszenario einen kumulierten Wachstumsimpuls von 1 BIP-Prozent binnen 10 Jahren; eine Zahl, die sie als «Einschätzung» bezeichnen, basierend auf «Expertengesprächen», «eigenen Überlegungen» und einer «qualitativen Einordnung» (S. 38/39). An diesem Wert von 1 BIP-Prozent hängen alle darauf folgenden Simulationsrechnungen des Hauptszenarios. Die Studienautoren zeigen offen auf, dass sich die Reform bei einer halb so grossen angenommenen Impulswirkung im Gegensatz zum Hauptszenario für die Staatskasse nicht einmal mittelfristig lohnen würde. So kann sich der Leser eigentlich das Resultat auswählen, das ihm gefällt.

Sind wir wirklich so ahnungslos bezüglich der Steuerempfindlichkeit des Schweizer Fremdkapitalmarkts? 

Hinweise liefern könnte eine ähnlich gelagerte Reform aus dem Jahr 2012. Damals wurde die Emissionsabgabe auf Obligationen im Rahmen der Too-Big-To-Fail-Reform abgeschafft. Die Bundesverwaltung prognostizierte Mindereinnahmen von 220 Millionen Franken – somit eine betragsmässig ähnlich starke Steuersenkung wie die aktuelle Vorlage. Und auch damals stellte der Bundesrat in Aussicht, dass die Massnahme den Schweizer Kapitalmarkt «zweifellos beleben» und somit «zusätzliche Gewinn- und Einkommenssteuereinnahmen» generieren würde (S. 4740 der Botschaft).

Die Grafik zeigt anhand von SNB-Daten auf, wie sich das Emissionsvolumen von Obligationen auf dem Schweizer Finanzplatz vor und nach dieser Steuererleichterung entwickelt hat. Von der in Aussicht gestellten Belebung ist in den Datenreihen nichts zu erkennen. Das nominelle Emissionsvolumen lag in den fünf Jahren nach der Steuerabschaffung gar 18% unter dem Emissionsvolumen der fünf vorhergehenden Jahre.

Eine solche Vorher-Nachher-Betrachtung ist allerdings nicht wissenschaftlich, denn es fehlt uns eine sinnvolle Vergleichsgruppe. Vielleicht wären die Emissionsvolumen nach 2012 ohne die Steuerabschaffung ja noch stärker eingebrochen. Aber die Hypothese, dass einschlägige Steuersenkungen massiv Emissionstätigkeiten in die Schweiz locken, ist damit nicht eben bestärkt.

Nebst der Aussicht auf mehr Wertschöpfung auf dem Schweizer Finanzplatz betonen die Befürworter auch die Aussicht auf bessere Zinskonditionen für Schweizer Emittenten. Gegenwärtig durch die Verrechnungssteuer abgeschreckte Investoren aus fernen Ländern würden in den Markt eintreten und die Margen drücken, lautet das Argument. Dieser Kapitalzufluss würde der öffentlichen Hand jährlich «bis zu 200 Millionen Franken» an Zinskosten ersparen. Grundlage dafür ist das zweite regelmässig zitierte Dokument, ein Bericht der Eidgenössischen Steuerverwaltung. Der Bericht nennt tatsächlich solche Zahlen. Gemäss eben diesem Bericht ist allerdings «keine zuverlässige Schätzung möglich», denn «bezüglich der Angebots- und Nachfrageelastizitäten haben die ESTV beziehungsweise die EFV keine Kenntnis». Es handelt sich also um Was-Wäre-Wenn-Dreisatzrechnungen ohne ersichtlichen empirischen Hintergrund. Solche Szenarienanalysen sind legitim und interessant, doch die grundlegenden Annahmen sind auch hier arbiträr.

Können wir angesichts der dürftigen Faktenlage noch an die Verheissung glauben, dass eine Annahme der Reform unseren Finanzplatz dermassen stimulieren würde, dass letztlich auch der Fiskus profitieren würde?

Wie die Angelsachsen so schön sagen: «absence of evidence is not evidence of absence». Vielleicht ist die Verrechnungssteuer ja tatsächlich ein ganz besonderer Hemmschuh in einem strategisch besonders wichtigen Geschäftssegment. Vielleicht sind die Elastizitäten wirklich gross. Bisher habe ich dafür noch keine stichhaltigen Belege gesehen. 

Die betroffene Branche sollte uns daher deutlich erklären, vorrechnen und nachweisen, wieso gerade die Verrechnungssteuer auf Obligationen so schädlich ist, wie genau und in welchem Umfang deren Abschaffung das Geschäft beleben würde, und welche Auswirkungen dies auf andere Wirtschaftszweige hätte.

So könnte man Steuer-Geeks – und wohl auch viele andere Stimmbürgerinnen und Stimmbürger – am besten überzeugen.

Geldpolitik und die Natur

Urs Birchler

„Machen Sie Fugen, sonst macht sie die Natur“, sagen die Bauingenieure. “Erhöhen Sie die Zinsen, sonst erhöht sie die Natur“, möchte man den Notenbanken raten. Es scheint nämlich fast, als hätten die Notenbanken vergessen, dass sie die Zinssätze auf längere Sicht gar nicht kontrollieren können.

Es gilt nämlich:

  1. Nominalzins = Realzins + Erwartete Inflationsrate
  2. Nominalzins < Erwartete Inflationsrate = negativer Realzins

Die erste Zeile bedeutet, dass sich die Anleger(innen) für erwartete Inflation entschädigen lassen. Die zweite Zeile bedeutet, dass eine Geldpolitik, die den Nominalzinssatz unter der Inflationsrate hält, expansiv, d.h. inflationär wirkt. Zusammengefasst: Ein zu tiefer Nominalzinssatz schafft sich von selbst ab, indem er die erwartete Inflationsrate (und damit sich selbst) erhöht.

Darum gilt bei zu tiefen Nominalzinsen: Erhöht die Zinsen, sonst erhöht sie die Natur. Diese Aufforderung geht gegenwärtig vor allem an die EZB und das (weniger schwerhörige) amerikanische FED. Aber auch die Schweizerische Nationalbank liegt mit ihrem Negativzins von -0.75 Prozent deutlich unter der erwarteten Inflationsrate, selbst wenn man die optimistischeren Inflationsprognosen verwendet.

Je länger diese expansive Politik anhält, desto höher muss die SNB inskünftig die Zinssätze anheben, um die Inflation wieder in den Griff zu erhalten. Der Anstieg der Zinssätze auf zehnjährigen Laufzeiten um 1,4 Prozentpunkte seit Anfang Jahr zeigt, dass die Natur bereits zu arbeiten beginnt. Wie hoch und wie rasch die Zinssätze in vergangenen ähnlichen Phasen steigen können, habe ich in einem früheren Beitrag in Erinnerung gerufen. Je früher und entschlossener die Zinserhöhung durch die SNB kommt, desto geringer wird sie letztlich ausfallen müssen.

Vielleicht geht das FED heute mit dem guten Beispiel voran. Der EZB-Rat ist gegenwärtig in einer Sondersitzung. Die SNB gibt morgen ihre vierteljährliche Lagebeurteilung bekannt. Sie wird zeigen, ob Prof. Ernst Baltensperger mit seinem ausgezeichneten (und wie immer gentlemanlike verfassten) Artikel in der heutigen NZZ recht hat: Er erwartet, dass die SNB mutig agieren wird. Morgen wäre die Gelegenheit dazu. Das Allermindeste wäre, die Negativzinsphase zu beenden, auch wenn man vielleicht bereits vorbereitete Präsentationsfolien über Nacht nochmals überarbeiten müsste.

Kriegsgewinne besteuern?

Monika Bütler

Mit einer gekürzten Version dieses Aufsatzes (unter dem Titel «Eine Sondersteuer auf Kriegsgewinne ist verlockend, hat aber zu viele Nebenwirkungen») beginnt meine dritte Zeit als Kolumnistin bei der NZZaS. Als Abwechslung alle vier Wochen im Wirtschaftsteil. Herzlichen Dank dem NZZaS Team für die freundliche Begrüssung und die angenehme Zusammenarbeit.

Die Kriegsgewinnsteuer, lanciert von SP und Grünen, ist in der politischen Mitte angekommen. Die Idee: Erzielt eine Unternehmung wegen einer Krise überhöhte Gewinne, soll der Staat auf diesen sogenannten Windfall Gains zusätzliche Steuern erheben können. Der Charme einer Kriegsgewinnsteuer liegt darin, dass die durch den Krieg ausgelösten Kosten jenen Unternehmen belastet werden, die von der Krise überproportional profitieren. Kein Wunder ist die ausserordentliche Besteuerung so populär und wird in vielen Ländern diskutiert (GB, USA, Ungarn) und in Italien bereits beschlossen.

Der Vorschlag entspringt nicht einfach linker Umverteilungslogik. Wie Krisen finanziert und Verlierer entschädigt werden, gehört zum Kern des Steuer- und Transfersystems eines Staates. Der Staat, als Versicherer of Last Resort, greift dort verteilend ein, wo eine herkömmliche Versicherung versagt – bei Pandemien, Kriegen, Wirtschaftskrisen. Die Pandemie hat gezeigt, dass eine kluge Finanzierung und Kompensation der Verluste entscheidend zu Bewältigung der durch die Krise verursachten wirtschaftlichen Einbrüche beitragen kann.

Im ungünstigsten Fall haben eine mangelhafte Effizienz und Zielgenauigkeit der Krisenkompensationen langfristig negative Konsequenzen für ein Land. Das Beispiel USA zeigt dies eindrücklich: bei ungefähr gleichem Wirtschaftseinbruch kostete das Schuldenfinanzierte flächendeckende Unterstützungsprogramm bereits im ersten Jahr der Krise rund 2.5 mal mehr pro Kopf als in der Schweiz. Nach Donald Trump legte Joe Biden mit einem weiteren grossen Konjunkturprogramm zur Abfederung der Krise nach. Zusammen sind die Programme letztlich mitverantwortlich für die Auslösung der schlimmsten Inflation seit den Ölschocks in den 70er Jahren.

Was Befürworter wie Gegner bisher anscheinend übersehen haben: Die Schweiz kennt eine Kriegsgewinnsteuer bereits. Von 1915-1920 und 1939-1946, hiess sie auch tatsächlich so. Sie wurde während der beiden Weltkriege auf notrechtlicher Basis und befristet eingeführt. Zwischen und nach den Kriegen wurde sie – verfassungsrechtlich zweifelhaft – als ausserordentliche Kriegssteuer, Wehropfer oder Wehrsteuer weitergeschrieben. Erst seit 1983 ist sie als Direkte Bundessteuer Teil des ordentlichen Rechts.

Durch ihre auch im internationalen Vergleich stotzige Progression wirkt die Direkte Bundessteuer noch immer als eine Art Krisengewinnsteuer. Wer dank einer Krise doppelt so viel verdient, bezahlt deutlich mehr als das doppelte an Steuern.

Unternehmenssteuern hingegen sind nicht progressiv – aus guten Gründen. Anders als eine natürliche Person kann man eine Firma halbieren und dadurch – bei einem progressiven Tarif – Steuern sparen. Unter bestimmten Umständen lassen sich Gewinne von einem guten Jahr auf ein schlechteres schieben. Ist dies nicht möglich, bestraft eine progressive Steuer Firmen stark schwankenden Gewinnen über die Zeit. Verschont werden die betrieblichen Übergewinne ohnehin nicht: Höhere Gewinne führen auch zu höheren Steuerbelastungen. Und über Dividenden und Löhne ausbezahlte Erträge werden sehr wohl progressiv besteuert.

Die Bundessteuer unterscheidet sich in einem anderen Punkt von der vorgeschlagenen Kriegsgewinnsteuer: Sie ist blind für die Ursache der erhöhten Einkommen, indem sie nicht zwischen Geschick und Glück unterscheidet.

Hier haben die Befürworter der Kriegsgewinnsteuer durchaus einen Punkt. Im Grunde genommen sollte die – für die Besteuerung zentrale – Leistungsfähigkeit das erzielbare und nicht das erzielte Einkommen berücksichtigen. Ein Teil der Verantwortung für die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit liegt nämlich bei den Individuen und den Firmen. Eine Ungleichbehandlung im Steuer- und Transfersystem wäre nicht einmal neu: Wer eine wirtschaftliche Notlage selber verursacht hat, erhält im Sozialversicherungssystem oft eine geringere Unterstützung als Menschen, die einfach Pech hatten etwas durch eine Krankheit oder einen Firmenkonkurs. Eine solche Unterscheidung ist breit akzeptiert, aber nicht unumstritten, weil die Abgrenzung nicht immer klar ist.

Doch der bedenkenswerte Versuch der Kriegsgewinnsteuer, auch in der Unternehmensbesteuerung zu unterscheiden zwischen «verdienten» und «unverdienten» Gewinnen, hat Tücken. Wie auch immer die Abgrenzung zwischen glückhaften Übergewinnen und durch Anstrengung erreichte Erfolge definiert wird, sie erzeugt Ineffizienzen und Ungleichbehandlungen zwischen Firmen.

Erste mögliche Definition einer Abgrenzung: Übergewinne werden im Vergleich zu den Gewinnen der Vorjahre festgelegt. Dies entspricht genau der aktuellen Gesetzesvorlage in den USA: Grosse Unternehmen sollen auf Gewinnen, die den durchschnittlich ausgewiesenen Gewinn der Jahre 2015 bis 2019 übersteigen, eine 95-Prozent-Steuer bezahlen. Eine solche Definition hängt entscheidend vom Referenzzeitraum ab, wie Dominika Langenmayr in ihrem klugen FAZ Aufsatz Warum eine Übergewinnsteuer keine gute Idee ist dokumentiert.

Je nach Geschäftsmodell, Branche und vergangenem Geschäftsverlauf führt sie zu völlig unterschiedlichen Belastungen von Unternehmen mit ähnlichen Margen. So definiert, ist die Kriegsgewinnsteuer daher willkürlich und verletzt die Gleichbehandlung in eklatanter Weise.
Zweite mögliche Definition der Übergewinne: Der Fiskus bestimmt einen Schwellenwert für die Gewinnmarge, zum Beispiel 20%, ab welchem eine Zusatzabgabe geschuldet wird. Dies bedeutet letztlich die Einführung einer progressiven Unternehmenssteuer durch die Hintertür mit all ihren Nachteilen.

Dritter Ansatz: Natürlich tragen nicht alle Firmen mit hohen Gewinnen in Krisenzeiten gleichermassen zum Allgemeinwohl bei. Verlockend wäre es daher, zwischen guten (Pharmakologie) und schlechten Kriegsgewinnern (Rohöllieferanten) zu unterscheiden. Doch die zahlreichen Abgrenzungsfragen böten im politischen Markt – Stichwort: Mehrwertsteuersätze – förmlich eine Nährlösung fürs Lobbying. Abgrenzungen sind daher immer willkürlich und teuer in der Umsetzung. Das Steuersystem ist ein schlechtes Instrument bei Fragen der Moral.

Wenn Übergewinne besteuert werden, so müssten konsequenterweise auch Untergewinne direkt kompensiert werden. Der Staat hat zwar eine wichtige Rolle bei der Absicherung von nicht versicherbaren Risiken in Krisen, die Übernahme eines Teils des unternehmerischen Risikos gehört nicht dazu. In einer Krise sollte der Staat in erster Linie die Individuen (respektive deren Lebensgrundlage) retten und nicht Firmen.

Es besteht zudem die Gefahr, dass ausgerechnet diejenigen, die zur Linderung einer Krise beitragen, mit einer Sondersteuer bestraft werden. Die angeblich überhöhten Gewinne mit Impfstoffen während der Pandemie in der Krisenzeit waren nämlich deutlich kleiner als der gesellschaftliche Nutzen der Impfung. Sie waren zudem die Entschädigung für jahrzehntelange Entwicklungskosten mit höchst unsicherem Erfolg. Mit einer Krisengewinnsteuer bleiben wenig Anreize, hohe Entwicklungskosten zu stemmen und unternehmerische Risiken einzugehen. Der Staat besteuert so indirekt den sozialen Nutzen von technologischen und medizinischen Innovationen.

Die Erfahrungen zeigen, dass hohe Gewinne in Krisen nicht von langer Dauer sind, weil neue Wettbewerber in den Markt eintreten. Dauern sie dennoch an, deutet das eher auf Marktversagen hin, die mit der Krise wenig zu tun haben. Der Staat riskiert dann, dass er mit einer Krisensteuer Gewinne abschöpft, die erst durch staatliche Protektion oder Wettbewerbseinschränkungen überhaupt ermöglicht wurden.

Die Konstrukteure der schweizerischen Wehrsteuer und später der Souverän haben erkannt, wie eine effiziente Abschöpfung ausserordentlicher Gewinne funktioniert. Auch wenn sie nicht mehr Kriegsgewinnsteuer heisst: Die progressive Einkommenssteuer genügt. Eine zusätzliche Spezialabgabe brauchen wir nicht.

Wie viel werden wir im Jahr 2022 (ver)erben?

Marius Brülhart

Kaum eine ökonomische Grösse ist gesellschaftlich so bedeutsam und gleichzeitig statistisch so schlecht erfasst wie der jährliche Fluss an Erbschaften.

Vor zwei Jahren habe ich den Versuch einer Schätzung gewagt und bin für 2020 auf 95 Milliarden Franken gekommen. Diese Schätzung basierte auf dem Versuch, das Erbschafts- und Schenkungsvolumen in der Schweiz trotz misslicher Datenlage mit wissenschaftlichen Methoden fürs Jahr 2011 zu schätzen und ab dann mittels ebenfalls zeitverzögert erhältlicher Vermögensstatistiken zu extrapolieren.

Diese Schätzung ist seither meines Wissens die einzige geblieben und wird in der öffentlichen Diskussion weiterhin ab und zu erwähnt.

Höchste Zeit also für ein Update und eine Qualitätskontrolle.

Seit meinem letzten Anlauf wurde die schweizerische Vermögensstatistik um die Jahrgänge 2017 und 2018 ergänzt. Diese Daten deuten auf ein leicht verlangsamtes Vermögenswachstum hin. Genau gesagt ergibt sich für die Extrapolation seit 2011 nun eine Wachstumsrate von 4.5% statt wie vor zwei Jahren angenommen 5%. Das senkt auch den Wachstumspfad der geschätzten Erbmasse. Fürs Jahr 2020 kommt man so auf eine Schätzung von rund 90 statt 95 Milliarden.

Auch eine Qualitätskontrolle ergibt eine gewisse Revision nach unten. Ein scharfsinniger Lausanner Ökonomiestudent, Guillaume Rais, hat unsere wissenschaftlichen Methoden im Rahmen seiner Masterarbeit nochmals kritisch geprüft. (Seine Studie ist nicht online einsehbar aber erhältlich auf Anfrage.)

Der wichtigste Befund: In unserer ursprünglichen Studie haben wir die erbschafts-relevanten Vorsorgeguthaben wohl überschätzt. Es geht um Kapitalbezüge und Freizügigkeitsguthaben in der 2. Säule und um 3.-Säule-Ersparnisse. In der Summe schliesse ich daraus, dass unsere wissenschaftliche Schätzung für 2011 um etwa 10% zu hoch lag. Die Wahrheit für 2020 lag demgemäss eher bei 82 als bei 95 Milliarden.

Was bedeutet das nun fürs kommende Jahr 2022? Mit der revidierten Schätzung für 2020 und einer angenommenen Vermögenssteigerung von 4.5% ergibt sich ein Wert von 90 Milliarden (= 82 Mia. * 1.045^2).

Diese Ausführungen zeigen, auf welch tönernen Füssen solche Schätzungen stehen. So ist es durchaus möglich, dass ich nun etwas zu tief liege, insbesondere angesichts der Vermögenswertsteigerungen in der Corona-Zeit.

Aber eine Tatsache steht ausser Zweifel: Erbschaften und Schenkungen stellen einen gewaltigen wirtschaftlichen Fluss dar. 90 Milliarden Franken im Jahr 2022 wären ungefähr 12% des prognostizierten Bruttoinlandprodukts (762 Mia.), deutlich mehr als die gesamten Ausgaben des Bundes (78 Mia.), und beinahe das Doppelte aller ausbezahlten AHV-Renten (47 Mia.).

Die steigende Vermögenskonzentration in der Schweiz ist grösstenteils hausgemacht

Marius Brülhart, Matthias Krapf und Kurt Schmidheiny

Aus aktuellem Anlass ist die Zahl derzeit in aller Munde: 43 Prozent der steuerbaren Vermögen gehören dem vermögendsten Prozent der Schweizer. Unter Industrieländern ist das eine rekordstarke Ballung des verfügbaren Privatkapitals (Abbildung 1). Um zum obersten Vermögenprozent zu gehören, muss man ein steuerbares Nettovermögen von über 4 Millionen Franken ausweisen.

Im Jahr 2005 hatte der Vermögensanteil des reichsten Prozents noch 37% betragen. Seither ist die Summe der Top-1%-Vermögen im Durchschnitt jährlich um 5.8% gewachsen, die Summe der Vermögen der restlichen 99% jedoch bloss um jährlich 3.8%. Die Vermögen des obersten Prozents vermehrten sich also anderthalbmal so schnell wie diejenigen der restlichen Bevölkerung.

Dieser Anstieg ist fast überall in der Schweiz zu beobachten: Abbildung 2 zeigt, dass der Top-1%-Vermögensanteil seit 2005 in 22 der 26 Kantone zugenommen hat.

Der Blick auf die Kantone zeigt auch, dass sowohl der Top-1%-Vermögensanteil als auch dessen Anstieg in den steuergünstigen Zentralschweizer Kantonen Nidwalden, Schwyz und Zug besonders ausgeprägt sind. Stark zugenommen hat die Vermögenkonzentration zudem in Obwalden und Luzern, wo die Steuern auf vermögende Personen in der Beobachtungsperiode deutlich gesenkt worden waren.

Der Anstieg des Top-1%-Vermögensanteils in steuergünstigen Kantonen könnte die Folge von Zuwanderung vermögender Ausländer sein. Wenn dem so wäre, dann könnten wir diese Entwicklung aus rein Schweizer Sicht gelassen nehmen, ja sogar als Erfolgsmerkmal verbuchen.

Wir haben die Zuwanderungshypothese daher genauer untersucht.

Eine solche Analyse ist nur machbar mit detaillierten Daten zu den Vermögen und Wohnsitzen jedes einzelnen Steuersubjekts. Dank einer wissenschaftlichen Zusammenarbeit mit dem statistischen Amt des Kantons Luzern konnten wir solche Daten – anonymisiert und streng gesichert – für diesen Kanton auswerten. Dabei haben wir Glück, denn Luzern ist für unsere Belange der repräsentativste aller Kantone. Abbildung 2 zeigt, dass Luzern sowohl hinsichtlich des Top-1%-Anteils als auch hinsichtlich dessen Anstieg näher beim Schweizer Durchschnitt liegt als jeder andere Kanton.

Zur Bestimmung des Wanderungseffekts haben wir die Luzerner Steuerzahler in drei Gruppen aufgeteilt:

  • Sesshafte, d.h. Steuerzahler die zwischen 2005 und 2015 weder zu- noch weggezogen sind,
  • interkantonale Umzügler, d.h. Steuerzahler, die zwischen 2005 und 2015 aus einem anderen Kanton zugezogen oder in einen anderen Kanton weggezogen sind, und
  • internationale Umzügler, d.h. Steuerzahler die zwischen 2005 und 2015 aus einem anderen Land zugezogen oder in ein anderes Land weggezogen sind.

Wir zeigen in Abbildung 3 die Entwicklung des Luzerner Top-1%-Vermögensanteils für die Sesshaften. Dazu addieren wir schrittweise die interkantonalen und die internationalen Umzügler.

Bis 2008 sind die drei Kurven deckungsgleich: Umzüge von und nach Luzern haben an der Vermögensverteilung nichts geändert. Ab 2009 geht die Schere jedoch auseinander. Der Anteil der Top-1% wird kontinuierlich grösser, insbesondere wenn man die Umzügler mitberücksichtigt. Seit 2009 sind also deutlich mehr Vermögende nach Luzern zugezogen als weggezogen – sowohl interkantonal wie auch international. Der Trendbruch lässt sich erklären: Luzern hat 2009 seine Vermögenssteuer halbiert. Dass diese Steuersenkung eine deutliche Zunahme der in Luzern ausgewiesenen Vermögen nach sich gezogen hat, haben wir in einer wissenschaftlichen Studie dokumentiert.

Wir finden also, dass Zuwanderung den Anstieg der Luzerner Vermögenskonzentration befeuert hat. Gemäss Abbildung 3 ist der Anteil der Top-1% an allen Vermögen im Kanton Luzern zwischen 2005 und 2015 um 5.6 Prozentpunkte (= 44.8 – 39.2) gestiegen. Davon sind 2.4 Prozentpunkte oder etwas mehr als zwei Fünftel auf Umzügler zurückzuführen.

Auf die gesamtschweizerische Vermögensverteilung hat allerdings nur die Zuwanderung aus dem Ausland einen Einfluss. Internationale Umzügler haben 0.9 Prozentpunkte oder etwa ein Sechstel zum Anstieg des Top-1%-Vermögensanteils in Luzern beigetragen. Fünf Sechstel des Anstiegs sind also auf die Sesshaften und die Wanderung innerhalb der Schweiz zurückzuführen – und damit «hausgemacht».

Was könnte diese «hausgemachte» Vermögenskonzentration antreiben?

Bei der Frage stossen wir leider auch mit den detaillierten Steuerdaten an analytische Grenzen. Gewisse Anhaltspunkte gibt es. So haben wir in den Daten keine belastbaren Indizien gefunden, dass die Vermögenskonzentration durch steigende Ungleichheit der Erwerbseinkommen oder durch die demographische Alterung getrieben wird. Zudem ist in den Luzerner Daten klar erkenntlich, dass grössere Vermögen im Durchschnitt höhere Kapitalerträge (Zinsen, Dividenden, und Mieterträge) generieren. Während Haushalte mit Median-Vermögen eine ausgewiesene Durchschnittsrendite von 0.34% erzielten, lag dieser Wert fürs oberste Vermögensprozent bei 2.25%. Sofern der Konsum nicht im gleichen Mass ansteigt, wachsen grosse Vermögen quasi «von selber» schneller.

Aber zwei mutmasslich zentrale Treiber der Vermögenskonzentration, Kapitalgewinne und Sparverhalten, sind in Schweizer Steuerdaten nicht erfasst, da für die Einkommenssteuer ohne Belang.

Gemäss internationalen Studien aus Ländern, wo sich diese Dinge messen lassen, fallen für die vermögendsten Haushalte Kapitalgewinne deutlich stärker ins Gewicht als Kapitalerträge. Es ist daher nicht erstaunlich, dass die Entwicklung der Top-1%-Vermögen in Abbildung 3 das Auf und Ab der Börsenkurse im gleichen Zeitraum ziemlich gut widerspiegelt. Da tiefe Zinsen Aktienwerte befeuern, könnte auch das Tiefzinsumfeld ein Treiber der Vermögenskonzentration sein. Andererseits deuten neue Forschungsergebnisse aus den USA darauf hin, dass die Vermögenskonzentration und die damit einhergehende Sparneigung gleichzeitig auch Ursache der tiefen Zinsen sind.

Kurz zusammengefasst: Der Anstieg der Vermögenskonzentration in der Schweiz lässt sich nur zu einem kleinen Teil mit Vermögenszuwanderung aus dem Ausland erklären. Die wahren Treiber sind angesichts der gegenwärtigen Schweizer Datenlage jedoch schwer identifizierbar.

Bestraft die Börse EU-Skepsis?

Michel Habib

Zusammenfassung: Wieviel kostet die Schweiz der Abbruch der Verhandlungen zum Rahmenabkommen mit der EU? Die Börsenreaktionen auf zwei frühere “EU-kritische“ Entscheidungen unterstützen die schlimmsten Befürchtungen nicht, wie Umberto Bernardo in seiner soeben eingereichten Masterarbeit an der UZH zeigt. Die Ablehnung des EWR (1992) wurde vom Schweizer Aktienmarkt eher positiv aufgenommen. Die Annahme der Masseneinwanderungsinitiative (2014) wirkte sich insgesamt wenig auf die Börse aus; allerdings sanken die Kurse von Unternehmen aus dem Maschinen- und Elektroniksektor leicht. Der Maschinen- und Technologieriese ABB fiel um 3,3 %. Die Ergebnisse suggerieren, dass die Anleger die Kosten einer geringeren Autonomie der Schweiz höher einschätzten als jene der geringeren Integration. Allerdings dürften sie gerade bei der Ablehnung des EWR auch auf Alternativen vertraut haben, wie sie in Form der Bilateralen I und II auch Realität wurden. (Urs Birchler)

On 26 May 2021, the Federal Council decided to end negotiations with the European Union (EU) about an institutional agreement that would replace the Bilateral Agreements I and II.  Some have deplored the Federal Council’s decision and expressed their concerns regarding its implications for Switzerland’s well-being; others have applauded it and argued that any cost to Switzerland would be small.

Can the stock market help us determine which side is right?  Yes, but only partially!  Stock price reaction to an announcement measures investors’ assessment of the implications of that announcement for listed firms’ value, thereby conveying information about investors’ view of the consequences of the announcement for the economic prospects of these firms and, indirectly, those of the country in which the firms are based.

Investors can be wrong, changes in value, or lack thereof, must be interpreted, and information that pertains to the profits of the generally large firms that are listed on stock markets does not necessarily extend to these firms’ smaller counterparts, to employees, and to overall economic well-being.  Yet, in a country such as Switzerland at least, firms, employees, and the country itself tend to prosper together and to suffer together.    

In a recently submitted Master Thesis at the University of Zurich, Master of Banking and Finance student Umberto Bernardo attempts to obtain an estimate of the economic importance of the agreements that govern Switzerland’s relation with the EU.

Specifically, Mr. Bernardo examines the Swiss stock market’s reaction to two referendums relating to that relation – the 1992 referendum on Switzerland joining the European Economic Area (EEA) and the 2014 referendum on the initiative “Against Mass Immigration.”

Mr. Bernardo does not analyze stock price reaction to the Federal Council’s 26 May decision because the topic of his thesis was chosen well before that decision.  Still, as we shall see below, his work does have some bearing on the consequences of that decision.

The decision to join the EEA was intended considerably to improve Switzerland’s access to EU markets. It would extend the 1972 Free Trade Agreement with the then European Economic Community from industrial goods to services and capital and would eliminate technical barriers to trade such as differing product requirements.  It was rejected by Swiss voters in December 1992.

Despite the decision not to join the EEA, Switzerland was able to become part of the European Single Market through a series of agreements known as Bilateral Agreements I and II. Unlike the Bilateral II agreements, the seven Bilateral I agreements are tied, in the sense that ending one agreement will automatically end the other six.

Swiss voters’ acceptance of the initiative Against Mass Immigration threatened the Bilateral I agreement on the free movement of persons, thereby threatening all Bilateral I agreements such as those on research, public procurement, and civil aviation.

Switzerland was able partially to reconcile the acceptance of the initiative with the requirements of the agreement on the free movement of persons by introducing a number of agreement-compatible requirements on Swiss employers to give precedence to local labor.

There were of course other referendums related to Switzerland’s relation with the EU during the last three decades.  What makes the two referendums considered by Mr. Bernado of particular interest is that the results in both cases were extremely close, and thus very unlikely to have been predicted by stock market participants.  Stock price reaction to the announcement of the referendums’ results therefore can be used to obtain an estimate of the importance of the referendums’ objects – access to the EEA and the Bilateral I agreements potentially endangered by the imposition of constraints on the free movement of labor – to Swiss firms and, by extension, the Swiss economy.

Mr. Bernado uses an event study methodology to obtain such estimate.  The idea is to examine how stock prices reacted to the announcement of referendum results, compare these reactions to what may be described as the normal stock price variation, and compute what is called a stock or an index’s abnormal return.  Positive, statistically significant abnormal returns indicate positive appraisal by investors; negative returns indicate the opposite. 

Mr. Bernado finds that both the Swiss Market Index (SMI), an index of the 20 largest Swiss companies, and the Swiss Performance Index (SPI) of all quoted Swiss companies experienced a positive abnormal return following the announcement of the result of the EEA referendum.  Investors deemed Switzerland’s rejection of the EEA beneficial to quoted Swiss companies.  Adjusting for the concurrent rise of the Swiss Franc against the Deutsche Mark, the SMI for example increased by 6.4%, as compared to what would have been its normal variation absent the announcement of the referendum result.  This increase was over a period of 11 days, centered on the first trading day after the Sunday on which the voting took place. 

There are, as always, many possible interpretations of this finding.  The most natural one may be that investors valued Switzerland’s regulatory autonomy, which they may have viewed as possibly compromised by membership of the EEA and eventual membership of the EU.  It is also possible that investors foresaw the possibility of alternative arrangements such as the bilateral agreements, and viewed these as preferable to membership of the EEA.

In contrast, there was little overall reaction to the announcement of the acceptance of the Against Mass Immigration initiative: both the SMI and the SPI experienced positive but statistically insignificant results.  Considering that the ending of the free movement of persons agreement would jeopardize all Bilateral I agreements, this finding is surprising.  At the risk of attributing more prescience to investors than they may have had, perhaps they were confident that Switzerland would devise an arrangement compatible with the free movement of persons agreement, which is in fact what happened.

That there was no overall reaction does not mean that all firms were left unaffected.  Mr. Bernardo finds a small but statistically significant 0.7% decline in the value of a portfolio of Swiss machine tool and electronics manufacturers.  Investors presumably feared that that the possible reappearance of technical barriers to trade would increase these firms’ cost of doing business in the EU.  Mr. Bernardo also finds a larger 3.3% decline in the value of engineering and technology giant ABB, which he contrasts with the lack of any significant response in the share price of telecom operator Swisscom.

Adjusting for CHF/Euro exchange rate movements slightly lowers these numbers and transforms the increase in the two indices from statistically insignificant to statistically significant.  It does not however change the overall pattern: the stock market as a whole very moderately increased, the value of machine tool and electronics manufacturers very moderately decreased, but ABB suffered a material decline in value.  The market value of the equity of ABB on the Friday that preceded the referendum amounted to around CHF 43 billion; 3% of 43 is about CHF 1.3 billion.  If one assumes that the same percentage applied to the wages paid to ABB’s employees and supplies sourced in Switzerland, then it is clear that the amounts at stake were not negligible, at least not for ABB shareholders, employees, and suppliers.

As noted above, Mr. Bernado’s analysis was initiated before Switzerland decided to end negotiations with the EU about an institutional agreement that would replace the Bilateral Agreements I and II.  Do his results tell us anything about the value of such an agreement?

To answer this question is not simple.  One may surmise from Mr. Bernardo’s results that (i) Switzerland, or at least the majority of quoted Swiss firms and their employees, would suffer little from an end to the bilateral agreements; indeed, that (ii) they would materially suffer if Switzerland’s regulatory autonomy were severely curtailed.  Proposition (ii) is probably true.  Proposition (i) may well be true, but it neglects the fact that the very reason the results of the referendums had little impact on firm values, with the exception of a large internationally active technology firm such as ABB, may be that investors expected Switzerland and the EU to devise alternative arrangements, which the parties did indeed.  If Proposition (i) is correct, then one may be justified in being sanguine about the end of the negotiations between Switzerland and the EU.  If it is not, then it is to be wished that, once more, Switzerland and the EU will be able to devise the necessary alternative arrangements.