Lesen Sie meinen Beitrag dazu im NZZ-Folio („Die Ärztin am Herd ist zu teuer für den Staat“).
Archiv der Kategorie: Allgemein
Woher die Batzen kommen
Seit gestern fällt unseren Lesern auf, dass der Batzen oben rechts täglich ändert. Anstelle des Zürcher Batzens kommen jetzt auch Berner, Waadtländer und andere Batzen zum Zuge. Die wechselnden Batzen kommen alle aus dem Money Museum. Wir danken dem Museum und seinem Gründer, Herrn Dr. phil. Jürg Conzett, ganz herzlich für die Genehmigung, die Batzen benützen zu dürfen.
Wer nicht nur Batzen, sondern auch Lydische Stater, Athenische Tetradrachmen oder Venezianische Zecchini sehen möchte, begibt sich auf die virtuelle Tour oder gleich direkt an die Hadlaubstrasse in Zürich (näheres hier). Wetten, dass die Geldgeschichte auch ein Licht auf die gegenwärtigen Währungsturbulenzen wirft?
Zum Ausklang des Jahres
Vor 55 Jahren schrieb der Autor Erich Kästner eine Sammlung von Gedichten, für jeden Monat des Jahres eins. Kästner schrieb, um sich zu besinnen. „Denn man kann die Besinnung verlieren, aber man muss sie wiederfinden.“ Schwindelig wird einem auch bei der Vorstellung, dass Google Buchsuche dieses Jahr bekannt gab, über 15 Millionen Bücher durch Digitalisierung verfügbar gemacht zu machen. Das sind 12% aller jemals publizierten Bücher. Kästner’s Buch „Die 13 Monate“ ist mittlererweile auch ein Google Buch, allerdings aus urheberrechlichten Gründen nur „in eingeschränkter Vorschau“.
Das Gedicht zum Monat Dezember möchten wir Ihnen zum Abschluss des Jahres ans Herz legen. Es sei denn, Sie möchten lieber an den dreizehnten Monat glauben? „Wie säh er aus, wenn er sich wünschen liesse? Schaltmonat wäre? Vielleicht Elfember hiesse?“ Wir wünschen allen unseren Lesern einen besinnlichen Ausklang des alten Jahres und ein frohes neues 2011.
Der Dezember (Erich Kästner)
Das Jahr ward alt. Hat dünne Haar.
Ist gar nicht sehr gesund.
Kennt seinen letzten Tag, das Jahr.
Kennt gar die letzte Stund.
Ist viel geschehn. Ward viel versäumt.
Ruht beides unterm Schnee.
Weiß liegt die Welt, wie hingeträumt.
Und Wehmut tut halt weh.
Noch wächst der Mond. Noch schmilzt er hin.
Nichts bleibt. Und nichts vergeht.
Ist alles Wahn. Hat alles Sinn.
Nützt nichts, daß man’s versteht.
Und wieder stapft der Nikolaus
durch jeden Kindertraum.
Und wieder blüht in jedem Haus
der goldengrüne Baum.
Warst auch ein Kind. Hast selbst gefühlt,
wie hold Christbäume blühn.
Hast nun den Weihnachtsmann gespielt
und glaubst nicht mehr an ihn.
Bald trifft das Jahr der zwölfte Schlag.
Dann dröhnt das Erz und spricht:
»Das Jahr kennt seinen letzten Tag,
und du kennst deinen nicht.«
Die Falschmünzer
Vor zwei Wochen schrieb ich in der NZZ am Sonntag über Geschenke. Und über eine falsche Münze.
Unser älterer Bub – er war damals gut zwei – erhielt in der Adventszeit vom Nonno einen Fünfliber. Peter musterte das Stück, nestelte am Rand herum, sagte etwas von „uufmache“ – und begann dann bitterlich zu weinen. Die Münze war falsch. Sie war nur aus Metall und nicht, wie Peter sich erhofft hatte, innen aus Schokolade.
In der Zwischenzeit hat mir ein edler Spender echte Schokoladefünfliber zukommenlassen – vielen herzlichen Dank!
Übrigens: Meine Französischlehrerin an der Kanti, Annette Gersbach, hat mir mit einem Buch über die Problematik der Unterscheidung von Echtem und Falschem das Französische nähergebracht. Es handelt sich um den Roman Les Faux-Monnayeursvon André Gide, erschienen 1925.
Irland=Island?
Im Februar sagten wir hier, Island könne und solle seine Schulden nicht bezahlen. Wie aber steht es mit Irland? Dies fragte uns gestern die Handelszeitung. Inke schaute nach, und siehe da. Irland hat gegenüber dem Ausland pro Kopf seiner Bevölkerung anderthalb mal soviele Schulden wie Island. Bei beiden Ländern entsprechen die Schulden dem zehfachen Bruttoinlandprodukt. Beide müssten also zehn Jahre lang für das Ausland arbeiten, ohnen einen Bissen selber zu essen, wollten sie die Schulden je zurückzahlen.
Island hat seither erfolgreich über Erleichterungen verhandelt. Irland bleibt einstweilen in der finanziellen Todeszone. Mehr dazu in der Handelszeitung von morgen 15. Dezember.
Pension of last resort
Verkehrte Welt: Ausgerechnet mit den Stimmen der rechts-konservativen Regierungsmehrheit hat heute das ungarische Parlament die Verstaatlichung des privaten Teils der Altersvorsorge beschlossen. Der von der linken und grünen Opposition stammende Vorwurf „Rentenklau“ trifft diesmal den Sachverhalt genau.
Damit reiht sich Ungarn in eine ganze Reihe von Ländern ein, die ihre Staatsfinanzen und maroden Rentensysteme durch Enteignung kapitalgedeckter Vorsorgepläne „sanieren“.
Oktober 2008, Argentinien: Die peronistische Präsidentin Cristina Kirchner verstaatlicht die zehn privat verwalteten Rentenfonds. Die „Notmassnahme“ zur Rettung der staatlichen Alterssicherung wird vom argentinischen Kongress abgesegnet.
November 2010, Irland: Im Rahmen des National Recovery Plans werden die nationalen Pensionsfonds faktisch gezwungen staatliche Schrottpapiere zu kaufen. Eine schleichende Form der Enteignung.
Dezember 2010: Bolivien verstaatlicht die privaten Pensionskassen – und versüsst die bittere Pille mit einer Senkung des ordentlichen Rentenalters von 65/60 Jahren auf 58 Jahre. Paradox: Dreizehn Jahre früher privatisierte Bolivien seine Pensionsfonds nach einem Zusammenbruch des staatlichen Rentensystems.
Wer kommt als nächstes?
Adventskalender 12
Wir sind ein gschaffiges Völkchen. Der aktuelle Ertragsbilanzüberschuss der Schweiz wird auf 79 Milliarden Dollar geschätzt. Das heisst, jeder Bewohner unseres Landes erarbeitet pro Jahr ausländische Nettoguthaben im Wert von 10’000 Dollar.
Wenn wir so weiterwirtschaften, dann gehört uns in 700 Jahren die ganze Welt.
Allen, die denken, dass wir mit der globalen Feudalherrschaft durchaus noch etwas länger zuwarten können, lege ich eine Weihnachtsspende an Ruanda (Ertragsbilanzdefizit: 0,3 Milliarden Dollar) ans Herz.
Adventskalender 9
Heute ist der Tag der heiligen Anna. Die Norweger beginnen an diesem Tag traditionellerweise mit der Zubereitung des Lutefisk, einer Fischspezialität für den heiligen Abend. Der Fisch wird in starke Lauge eingelegt (wo er zwischenzeitlich tödliche pH11 erreicht). Der Legende nach hat der Lutefisk die Norweger besonders stark gemacht.
Eine andere hierzulande wenig bekannte norwegische Spezialität, ebenfalls nicht nach jedermanns Gusto, ist die Skattelister: die Offenlegung der steuerbaren Vermögen und Einkommen der Bürger im Internet. Naiverweise dachte ich, Transparenz wäre ein Fressen für die Anhänger des Steuerwettbewerbs. Mein norwegischer Kollege warnt mich indessen: Die Gutverdienenden würden beneidet, die schlecht Verdienenden, bzw. deren Kinder, gemobbt. Ich hätte wahrscheinlich nachschauen können, was mein Kollege letztes Jahr (noch in Norwegen) versteuerte. Ich will ihn aber weder beneiden, noch bedauern. So liess ich’s denn bleiben.
Allein mit dem Vater
Die Blogleser(innen) sehen mir einen nicht-wirtschaftspolitischen Eintrag nach. Verschiedene Zeitungen, under anderem die NZZ online und der Tagesanzeiger von heute melden den tragischen Sturz eines Mädchens von einem Balkon. Irritiert entnehme ich der Meldung, dass das Kind „allein mit dem Vater“ zu Hause war. Was heisst denn das?
Allein oder doch nicht allein? Dem Vater wird offensichtlich die Betreuung eines 5-jährigen Kindes nicht zugetraut.
Banken=Staat=Banken
Wir haben es mehr als einmal gesagt (z.B. in der Antrittsvorlesung vom 12. April und im Gutachten für die SP Schweiz vom 8. Juli): Der Fluchtpunkt der impliziten Staatsgarantie ist die Verschmelzung von Banken und Staat. Nun folgt, wie die Irish Times berichtet, die Bestätigung durch die Rating-Agentur Standard&Poor’s: „The fate of the Government and the fate of Ireland’s banking system are really one and the same“ (Frank Gill, Irland-Analyst S&P). Damit sind die Banken verstaatlicht oder der Staat „verbankt“. Da die irischen Banken „too big a problem for this country“ sind (Finanzminister Lenihan, diesen Montag) geht das Spiel auf der nächst höheren Ebene (jener der EU) weiter …