Bausparen: Subventionistis bei den Bürgerlichen

Die Meldung ging in den Milliardenverlusten der UBS unter. Gegen den Widerstand des Bundesrates hat sich der Nationalrat heute für die Annahme der beiden Bauspar-Initiativen ausgesprochen. Auf die Gefahr hin, dass ich mich wiederhole (siehe hier): Hier nochmals die wichtigsten Gründe gegen die beiden Initiativen.
– Bausparen subventioniert die Bessergestellten und die heutigen Immobilienbesitzer
– Wie jede andere Subvention verzerrt Bausparen die individuellen Entscheidungen
– Bausparen führt zu einer geringeren Wohnmobilität und somit tendenziell zu Mehrverkehr (weil die Immobilienbesitzer bei einem Jobwechsel nicht umziehen)
– Bausparen subventioniert die Baubranche und möglicherweise auch die Banken
– Bausparen führt zu einer Erhöhung der Immobilienpreise (und somit auch die Mieten der Nicht-Bausparer), da die Subvention (ähnlich wie die Steuern) in den Preisen berücksichtigt werden.
– Bausparen belastet die Staatsfinanzen
– Die Schweiz kennt das Bausparen bereits durch die Möglichkeit des Vorbezugs von Mitteln der 2. und 3. Säule der Alterssicherung. Ironischerweise wird fast gleichzeitig zur Bauspardebatte über eine Einschränkung dieser Möglichkeit diskutiert.

Ich würde gerne wissen, weshalb sich eine Mehrheit des Nationalrats für eine Vorlage ausspricht, die nur einer kleinen Minderheit der Bürger Vorteile verschafft, allen anderen aber nicht absehbare monetäre und nichtmonetäre (Verkehr, Zersiedelung) Kosten aufbürdet. Ebenfalls würde ich gerne wissen, weshalb gerade bürgerliche Parlamentarier, für die andere Subventionen des Teufels sind, sich für diese Subventionen stark machen. Und zu guter Letzt würde mich interessieren, welche – wohl ziemlich abenteuerliche – Definition einer Sozialen Wohlfahrt die Bausparsubventionen verteilungspolitisch zu rechtfertigen mag. Sachdienliche Hinweise werden gerne als Kommentare entgegengenommen.

Einwanderung: Achtung Gegenverkehr!

Ferienbedingt verspätet der Link auf meine Kolumne in der NZZ am Sonntag vom 14. August.

Es wandern nämlich nicht nur viele Ausländer ein, sondern auch viele Schweizer aus. Immerhin rund 35’000 Eidgenossen jährlich (!) suchen ihr Glück im Ausland. Dies entspricht der Einwohnerzahl der Stadt Freiburg.

Offensichtlich hat auch die SVP die Botschaft verstanden, mindestens Toni Brunner. Die NZZ am Sonntag vom 21. August zitiert den SVP Präsidenten (auf Seite 9) wie folgt: „Es ist Zeit, dass der Bundesrat endlich etwas gegen kriminelle Ausländer und die Massenemigration tut.“ Ob er etwas gegen die Auswanderung von Schweizern oder von Ausländern hat, wissen wir nicht. Leider nur in der französischen Übersetzung.

Wer sich mehr für die Gründe der Auswanderung von Schweizern interessiert, dem sei die Dissertation von Thomas Höppli empfohlen. Eine Kurzfassung der Dissertation findet sich hier, für die SVP auch en français.

Und die Preise bewegen sich doch!

Per Zufall ein lobenswertes Beispiel entdeckt: Jack Wolfskin – ein Geschäft für Outdoorartikel – gibt den Kunden ab heute einen Wechselkursabschlag von 15% weiter („Euro Bonus“). Dies auch auf ohnehin schon reduzierten Artikeln. So günstig habe ich den Buben noch nie Wanderausrüstung kaufen können.

Ich bin auch ein Heizpilz

Die Tagepresse meldet, Heizpilze dürften künftig nur noch mit Ökostrom betrieben werden. Dies sieht aus wie der salomonische Kompromiss zwischen den Extremlösungen Verbot oder Laissez Faire, bzw. Laisser Chauffer. Ist es aber gerade nicht. Die Zuordnung von zulässigen Energiequellen zu einzelnen Verbrauchsgeräten führt direkt in die Hölle. Heizpilz mit Ökostrom, Operationssaal auch mit Atomstrom, das Opernhaus je nach Standpunkt mit Kerzen, mit Mischstrom oder gar nicht. Obwohl ich mir nichts sehnlicher wünsche als den pedalgetriebenen Laubbläser: Solche Lösungen züchten eine Erlass- und Kontrollbürokratie, die uns direkt in den kafkaesken Wahnsinn führt. Nimmt mich wunder, wer all den Heizpilzen nachgehen wird, um zu schauen, was sie grad für Strom gefressen haben.

Wollen wir wirklich enden wie Gulliver im Lande Liliput — gefesselt von einer Unzahl dünner Fäden, die einzeln leicht zu zerreissen wären, aber gemeinsam unüberwindlich sind?

Wenn wir uns nicht kollektiv zu Sklaven machen wollen, bleibt nur der Preismechanismus. Wenn CO2 (oder Energie) einen Preis hat — auch wenn dieser wesentlich höher sein sollte als heute –, kann immerhin jeder selber entscheiden, wieviel er ausgeben will und wofür. Des einen Heizpilz mag dann des anderen Candlelight Dinner sein. Ökostrom-für-böse-Geräte-Vorschriften hingegen sind die Henkersmahlzeit. Und ja, der Preismechanismus ist blind; auf den „Bedarf“ nimmt er keine Rücksicht. Zuschriften wegen Neoliberal werde ich deshalb sorgfältig lesen. Im Dunkeln.

Die Tücken der Selbstversorgung

Heute habe ich in einem stinknormalen Supermarkt für 2.74 Australische Dollars (circa 2.50 Sfr) eine (!) Banane erstanden. Eine ganz normale, eher kleine, nicht-Bio und auch sonst völlig unauffällige Frucht. Der Kilopreis: 15 Aus$, circa 13.50 Sfr. Zwei Gründe sind für diese exorbitanten Preise verantwortlich: Erstens die von ausländischer Konkurrenz weitgehend abgeschottete Produktion in einem Hochlohnland. Auch zu normalen Zeiten sei der Preis um 4-5 Aus$ pro Kilo, versicherte man mir. Zweitens die katastrophalen Überschwemmungen in Queensland zu Beginn des Jahres, die grosse Teile der Bananenplantagen zerstörten. Die Grenzen blieben geschlossen und die Preise stiegen in der Folge dramatisch an.

Die Banane illustriert wunderbar, was uns die so oft gescholtene Globalisierung bringt.

a) Tiefere Konsumentenpreise. Und dies nicht nur wegen ausbeuterischen Arbeitsbedingungen in den Produzentenländern. Wettbewerb und Spezialisierung senken die Kosten ebenfalls weil sie zu einer höheren Produktivität führen, Man kann dies gut oder schlecht finden (für die Menschen und/oder die Umwelt). Tatsache bleibt, dass die meisten Konsumenten in erster Linie auf den Preis achten (müssen).

b) Relativ stabile Preise. Die Globalisierung bewirkt eine internationale Versicherung gegen Ernteausfälle. Gemessen an der Menge weltweit produzierter Bananen war das Ausmass der Ernteausfälle in Australien nämlich vernachlässigbar. Im geschlossenen australischen Markt machten die Ausfälle gegen 90% aus. Hätten die australischen Konsumenten Zugang zu Bananen anderer Produzentenländer, würden sie deutlich weniger zahlen.

Ich kaufe mit Vorliebe lokale Produkte, weil sie mir besser schmecken oder ich es mindestens so wahrnehmen will. Doch dies ist eine freiwillige Wahl.
Eine Abschottung der Grenzen und ein erzwungener Vorzug von Einheimischem kann teuer werden. Übrigens, die Banane hat geschmeckt – so wie eine stinknormale Banane eben schmeckt.

Paradoxes zur Geldpolitik

Dass Batz.ch ein Bollwerk gegen Dogmatismus sei, hofften wir von Anbeginn. Offiziell bestätigt hat es nun aber die Weltwoche von gestern. Enttäuscht über unbelehrbare „Hildebrand-Fans“ wie Urs Birchler und Monika Bütler (Mitglied des SNB-Bankrats) lobt Autor Pierre Heumann den Batz.ch für den Beitrag zu den Risiken der SNB von Alexandre Ziegler.

Entgangen ist dem Weltwoche-Autor, dass Batz.ch von Urs Birchler und Monika Bütler zusammen mit Marius Brülhart (Uni Lausanne) betrieben wird. Urs Birchler persönlich hat Alexandre Ziegler gebeten, seinen SNB-kritischen Beitrag auf Batz.ch zu veröffentlichen (Danke nochmals, Alexandre). Weil Batz.ch ein Denkprozess ist und nicht ein Dogma. (Alexandre Ziegler lehrt im übrigen an der Uni ZH, nicht mehr, wie in der Weltwoche fälschlich angegeben, in Lausanne.)

Das ginge ja noch. Der Weltwoche-Autor schwingt sich aber zu kreativen Höhen auf: Der Franken ist so stark, weil die Zinsen im Franken so tief sind! O-Ton: „Die Tiefzinspolitik der SNB macht den Franken noch interessanter, als er ohnehin schon ist.“

Das exakte Gegenteil vertritt in derselben Ausgabe Peter Bodenmann. Er wettert er gegen die Nationalbank: Weil sie Pfund, Dollar, Euro und schwedische Krone weiter in den Keller sinken lasse, gefährde die SNB den Werkplatz. Sie hätte Franken drucken, statt Euro kaufen sollen (Randbemerkung: Die SNB „druckt“ Franken, indem sie Devisen, d.h. Dollars oder Euro kauft.). Die Tiefzinspolitik war also nicht aggressiv genug.

Fazit: Die Nationalbank ist immer schuld. Sie ist gleichzeitig zu expansiv oder zu restriktiv. Der frühere Nationalbankpräsident Fritz Leutwyler (1924-97) war sich diese Form der paradoxen Kritik gewohnt. Er pflegte sich zurückzulehnen und zitierte Goethe: „Prophete rechts, Prophete links, das Weltkind in der Mitten.“ Dann stand er auf und arbeitete unbeirrt weiter.

Schlechtes Wetter gehört NICHT dem Staat

In meiner letzten NZZ Kolumne „Schlechtes Wetter gehört dem Staat“ habe ich geschrieben, dass bei Umwelt- und Wetterrisiken immer mehr der Staat die Schäden berappen soll. Selbstverständlich ohne dass für diese Versicherung Prämien bezahlt würden. Nicht geschrieben habe ich (aus Platzgründen), dass diese – meist implizite – staatliche Versicherung einen funktionierenden Markt für Umwelt- und Wetterrisiken verunmöglicht oder mindestens stark erschwert. Nicht gewusst habe ich zu diesem Zeitpunkt, dass es mindestens einen privaten Anbieter für Schlechtwetter- und Klimaversicherungen gibt.
Für die Wetterzertifikate der Firma CelsiusPro AG werden Daten nationaler Wetterstationen berücksichtigt (für Finanzmarkt- und Versicherungsexperten: diese Wetterzertifikate sind nicht Schadens- sondern Indexbasiert). Die Firma arbeitet sinnvollerweise mit einer Rückversicherung (Swiss Re) zusammen.

Sehr interessant fand ich folgende Information: Die Firma CelsiusPro AG ist offizieller Partner des Holländischen und Englischen Bauverbands für Wetterrisikomanagement. Der schweizerische Bauverband sei nicht interessiert, meinte der CEO Mark Rüegg am Telefon. Wen wundert es?

Stau am Gotthard

Wer denkt, die schönen Plätze der Schweiz seien überlaufen oder überteuert, dem können wir die Strada Alta empfehlen. Während am Wochenende von Auffahrt die Autos vor und hinter dem Gotthard stauten und die Besucher in den Tessiner Städten sich gegenseitig auf die Füsse traten, waren auf der Strada Alta (einem Höhenweg von Airolo nach Biasca) kaum Menschen anzutreffen. Dafür traumhafte Landschaften, Schmetterlinge in allen Farben und wunderschöne Blumen (inklusive Orchideen). Das Ganze äusserst preiswert: Wir haben für vier Nächte und vier Personen nicht einmal 1200 Franken ausgegeben, Speis und Getränk – auch weniger gesundes – inbegriffen. Wahrscheinlich ist es mit den Ferienorten wie mit dem Wohnraum und vielem anderen: Der Stau betrifft vor allem sogenannte „Topdestinationen“. Er ist somit nicht nur die Folge einer „Überbevölkerung“ sondern auch einer Änderung von Präferenzen.

Quarterly Capitalism

Werden die Finanzmärkte immer kurzsichtiger? Ja. Dies ist das Ergebnis einer Untersuchung „The short long“ von Andrew Haldane, Executive Director of Financial Stability bei der Bank of England. Offen bleibt die Frage nach den Ursachen: Sind es auf kurzfristigen Erfolg getrimmte Belohnungssysteme oder hirnphysiologische Folgen der Elektronik, die zum „survival of the fastest“ führen?