Ein E-Wort an Balthasar Glättli

Monika Bütler & Urs Birchler

Vor einiger Zeit stand im batz.ch (Autor Urs Birchler), dass sich sowohl Industrie als auch Politik in der Energiediskussion vor dem P-Wort fürchteten. Man spricht lieber von Bedarf statt von Preisen. Bei dieser Gelegenheit erhielt auch der heutige grüne Nationalrat Balthasar Glättli einen kräftigen Tritt ans Bein. Umso mehr freute es uns, als der von uns Gescholtene in der Arena zum Bausparen von einer Regulierung des Energieverbrauchs über den Preis sprach.
Wir möchten uns daher bei Balthasar Glättli für den Tritt entschuldigen. Ohne Wenn und Aber: Immerhin ist das E-Wort heute genau so selten anzutreffen wie das P-Wort.

Verkaufstraining für den Liberalismus

Monika Bütler

Gleich zwei Einladungen zur Krise der Liberalen landeten heute bei mir auf dem Pult. Das Liberale Institut lädt am 26. März ein zu einer Veranstaltung „Wie Liberale den Kampf der Ideen wieder gewinnen“. Die Progress Foundation doppelt am 18. April nach mit einer Konferenz zum Thema „Warum sich der Liberalismus so schlecht verkauft“.
Solange allerdings selbst die FDP.Die Liberalen fröhlich zwitschern: „fürs Bausparen, weil es dem Bedürfnis nach eigenen vier Wänden entspricht“, solange dürfte selbst ein intensives Verkaufstraining aussichtslos sein. Da hätte man ja ebenso gut zwitschern können „für 6 Wochen Ferien, weil es dem Bedürfnis nach mehr Freizeit entspricht“.

Bauförderung zu Lasten des Mittelstandes

Monika Bütler

Dieser Text erschien als Kolumne in der NZZ am Sonntag vom 26. Februar 2012 under dem Titel „Staatliche Bauförderung geht zu Lasten des Mittelstandes“.
Bevor ich in die Neidecke gedrängt werde: Wir besitzen ein nicht optimal Energie-saniertes Haus und würden somit durch die steuerliche Abzugsfähigkeit von Ersparnissen zugusten der Energiesanierung ebenfalls profitieren.

Hier also die Kolumne:

Beton heisst auf Englisch «concrete». Ganz konkret in diesem Sinn ist Bausparförderung sicht- und greifbar in steuergünstigen Kantonen wie Zug und Schwyz. Tiefe Steuern haben hier das Wohnen und Bauen attraktiv gemacht. Sie haben Bauzonen in die Breite und die Immobilienpreise in die Höhe getrieben. Je tiefer die Steuern, desto teurer Immobilienpreise und Mieten gilt auch für Gemeinden innerhalb desselben Kantons.
Das ist nicht weiter schlimm. Wenn der Finanzausgleich zwischen den Kantonen und Gemeinden funktioniert, bringt der Steuerwettbewerb dem ganzen Land mehr Vor- als Nachteile. Aber eines zeigt ein Blick auf die Schweizer Tiefsteuerkantone glasklar: Dass Steuervorteile den Erwerb von Wohneigentum für den Mittelstand nicht erleichtern, sondern erschweren: Vergünstigungen bei Steuern oder andere Subventionen des Bausparens verpuffen letztlich in Preiserhöhungen. Nur für die relativ reichen Käufer geht die Rechnung «Subvention minus höhere Preise» auf; für den Mittelstand hingegen wird das Eigenheim unter dem Strich teurer.
Es ist wie mit Subventionen für bäuerlichen Erzeugnisse: Diese führen auch nicht zu tieferen Konsumentenpreisen, sondern zu höheren Produzentenpreisen. Nur wissen das bei der Landwirtschaft alle. Wenn nun auf dem Land statt dem Mais der Beton wächst, soll die ökonomische Logik plötzlich nicht mehr gelten.
Die Befürworter der Bausparinitiativen ahnen die Logik: «Bausparen fördert die Baunachfrage», steht auf ihrer Internetseite. Was hingegen nicht steht: Die geförderte Nachfrage erhöht die Preise; für Neubauten und für Sanierungen gleichermassen. Mit dem vorgeschlagenen maximalen Steuerabzug von 30 000 Franken spart ein Ehepaar mit einem steuerbaren Einkommen von 200 000 Franken rund 7000 Franken pro Jahr (Stadt Zürich), ein Ehepaar mit einem steuerbaren Einkommen von 50 000 Franken dagegen nur 3000 Franken. Damit wird der Mittelstand mit den Preissteigerungen kaum mithalten können. Gefördert werden – wie es früher noch hiess – die oberen Zehntausend. Die mit Haus. Gewöhnliche Sparer, ob arm oder reich, gehen nämlich leer aus.
Zu den konkreten Nachteilen der Bausparförderung kommen die versteckten. Erstens müssen die Subventionen an die besser Gestellten und die Bauwirtschaft irgendwie finanziert werden. Zweitens verzerren sie die privaten Entscheidungen: Letztlich werden sich viele Mittelstandshaushalte auch zum Bausparen oder zum Energiesanierungs-Sparen veranlasst sehen, auch solche, die lieber (und gescheiter) für die Ausbildung der Kinder oder die Finanzierung der Pflege im Alter vorsorgen würden. Als Folge sinkt, drittens, die Mobilität. Wie in den Niederlanden, wo sich jeden Morgen und jeden Abend die Pendler stundenlang auf den überlasteten Strassen stauen. Die Kosten eines Umzugs für Hausbesitzer sind viel zu teuer.
Ist das steuerliche Bausparen denn einfach eine falsche Lösung für eine gute Absicht, wie es oft heisst? Auch wenn Wohneigentümer die besseren Schweizer wären: Nein. Nicht einmal staatliche Initiativen, die auf den ersten Blick optimal konstruiert scheinen, erreichen ihr Ziel. Den besten Beweis dafür liefert Australien. Das Land hat verschiedentlich mit sogenannten «home-owner-grants» versucht, den Erstkäufern unter die Arme zu greifen. Dabei beschränkten die Australier die Zahlungen sogar auf den Mittelstand und gewährten die Zuschüsse nur bis zu einer Obergrenze des Hauspreises. Mit durchschlagendem Erfolg: Die Preise im subventionierten Segment stiegen stark an, das Angebot an erschwinglichem Wohnraum versiegte. So sehr, dass Finanzberater interessierten Käufern den Rat gaben, mit dem Kauf zuzuwarten, bis die staatlichen Zuschüsse auslaufen.
Das müsste eigentlich den vielen Liberalen, die Subventionen ausgerechnet zum Erwerb von Wohneigentum unterstützen, zu denken geben.

Gütliche Einigung mit den Schaffhauser Nachrichten

Monika Bütler

Die "Schaffhauser Nachrichten" haben am 26. Januar den Text von
Frau Dr. Monika Bütler "Ausstieg aus der ökonomischen Vernunft" vom
www.batz.ch  übernommen, weil sie irrtümlich annahmen, die
Stellungnahme von Frau Prof. Monika Bütler sei im Rahmen der
Diskussion über die Bausparinitiative frei verwendbar und nicht
urheberrechtlich geschützt. Monika Bütler und die “Schaffhauser
Nachrichten” haben sich in dieser Sache gütlich geeinigt.

Weshalb nicht Ausbildungssparen?

Monika Bütler

Sparen soll sich wieder lohnen, fordern die Befürworter der Bausparinitiative. Doch weshalb soll sich nur Sparen fürs Eigenheim lohnen? Wer 30‘000 Franken fürs Eigenheim spart, erhält im Falle einer Annahme der Initiative implizit Subventionen von einigen Tausend Franken. Pro Jahr, nota bene. Wer denselben Betrag für die Ausbildung seiner Kinder spart, erhält hingegen nichts. Aufgrund dieser Preisverzerrung müsste man erwarten, dass die Haushalte tendenziell zuviel fürs Haus und zuwenig für die Ausbildung sparen.

In einem Diskussionspapier „Does Home Ownership Crowd Out Investment in Children’s Human Capital?“ zeigen die drei italienischen Ökonominnen Elsa Fornero, Agnese Romiti und Mariacristina Rossi, dass dies nicht einfach graue Theorie sein muss. Aufgrund sehr detailierter Haushaltdaten der Banca d’Italia zeigen die Forscherinnen, dass Hausbesitzer in sonst gleichen wirtschaftlichen Bedingungen (Einkommen, Vermögen, Ausbildungsniveau der Eltern) weniger in die Ausbildung ihrer Kinder investieren als Nicht-Hausbesitzer. Natürlich muss man bei der Interpretation der Resultate immer vorsichtig sein. Immerhin ist für die Autorinnen klar, dass die Förderung des Wohneigentums kritisch hinterfragt werden muss. Sie folgern: “Our results point out to strong policy implications, suggesting the importance of rebalancing policies favouring investment in housing towards the ones fostering investment in children’s human capital.”

Wer nun denkt, er hätte den Namen Elsa Fornero schon mal gehört: Ja, Elsa Fornero ist die Ministerin für Arbeit und Soziales der neuen italienischen Regierung Monti.

Steuerabzüge für Familien, die ihre Kinder selber betreuen?

Monika Bütler

Braucht es nicht. Der Verheiratetentarif sowie die Sozialversicherungen basieren bereits auf der traditionellen Vorstellung, dass eine Familie von einem einzigen Einkommen lebt. Mehr dazu im Interview mit der Neuen Luzerner Zeitung von heute.

Abgesehen davon: Wir betreuen unsere Kinder ebenfalls hauptsächlich selber: Von den wöchentlichen 168 Stunden verbringen die Buben (wenigstens in den 39 Schulwochen) rund 36 Stunden in der Schule, auf dem Schulweg oder in der Betreuung. An weiteren rund 8 Stunden die Wochen hilft uns eine Babysitterin. Es bleiben somit noch mindestens 124 Stunden Eigenbetreuung. Hätten wir Anspruch auf drei Viertel der Abzüge? Oder gar noch mehr? Schliesslich gehen auch die Kinder von traditionellen Familien zur Schule.

Man kann natürlich einwenden, dass die Kinder rund 70 Stunden pro Woche schlafen, in denen sie nicht aktiv betreut werden müssen. Doch auch in diesem Fall stünde uns in der Logik der Familieninitiative http://www.familieninitiative.ch/ noch mindestens die Hälfte der Steuerabzüge zu.

 

 

Zurück zur Arbeit – diesmal geht es wirklich um die Bausparinitiativen…

Monika Bütler

Ein gewichtiges Argument gegen die Subventionierung von Wohneigentum kam bis heute in den Diskussionen zu kurz (nicht aber im batz.ch) Bausparen führt tendentiell zu einer Erhöhung der Immobilienpreise (und somit auch zu einer Erhöhung der Mieten der Nicht-Bausparer). Die Steuererleichterung wird nämlich in den Preisen berücksichtigt: Was die Haushalte mit dem Bausparen an Steuern einsparen, legen sie (mindestens) wieder drauf durch den gestiegenen Kaufpreis der Immobilie. Die Subventionen kommen der Baubranche, den bisherigen Eigentümern und möglicherweise den Banken zu Gute.

Graue Theorie? Nein! Eigentlich genügte schon ein Blick auf die Schweiz. Ähnliche Gemeinden mit unterschiedlichen Steuerbelastungen zeigen auch sehr unterschiedliche Immobilienpreise: Je tiefer die Steuersätze, desto höher die Preise. Dabei profitieren die Reicheren, weil die tieferen Steuern die höheren Immobilienpreise mehr als kompensieren. Für den Mittelstand ist es genau umgekehrt: die Steuerersparnisse sind viel kleiner als die Differenz in den Immobilienpreisen.

Direkte Evidenz kommt aus Australien. Das Land hat verschiedentlich mit „Home-owner-grants“ versucht, den Erstkäufern unter die Arme zu greifen. Dabei haben die Australier sogar noch versucht, die Subventionen auf den Mittelstand zu beschränken und die Zuschüsse nur bis zu einer Obergrenze des Hauspreises zu gewähren. Das Resultat ist durchschlagend: Die Preise im subventionierten Segment stiegen stark an. Mit der Zeit verkleinerte sich das Angebot immer mehr. So sehr, dass Finanzberater interessierten Käufern den Rat auf den Weg gaben, mit dem Kauf zuzuwarten, bis die staatlichen Zuschüsse auslaufen. Mein Kollege Benjamin Avanzi hat mir dazu zwei sehr lesbare Links auf die Australische Medien geschickt: Link 1, Link 2.

batz.ch ungefragt in den Schaffhauser Nachrichten (Fortsetzung)

Monika Bütler

In den letzen Stunden wurde ich von Anfragen überrannt. Hauptfrage war, wie denn die Schaffhauser Nachrichten, respektive Herr Neininger, auf den Vorwurf reagierten.

Das müsste man eigentlich Herr Neininger selber fragen.

Aus meiner Sicht hier das Wichtigste in Kürze: Ich habe die Auseinandersetzung mit den Schaffhauser Nachrichten nicht gesucht und habe daher auch mit der Veröffentlichung des Falls zugewartet. Tatsächlich habe ich „besseres zu tun, als einen Prozess anzustrengen“, wie mir der Chefredaktor der Zeitung, Norbert Neininger, treffend schrieb. Der Versuch einer gütlichen Einigung mit ihm scheiterte allerdings. Bereits am 29. Januar schrieb ich eine email an Herrn Neininger, in der ich ihn auf die Verletzung des Urheberrechts aufmerksam machte und ihm vorschlug, unserem Forschungsinstitut (also nicht mir!) eine Kompensation von 2500 Franken zu zahlen. Wahrscheinlich hat ihn diese Forderung etwas erzürnt.

In seiner Antwort vom 30. Januar verneinte Herr Neininger eine Verletzung des Urheberrechts aus folgenden Gründen:

–       der Aufsatz “Ausstieg aus der ökonomischen Vernunft” ist auf der Website des Mieterverbandes und anderen Websites verlinkt

–       der Beitrag ist auf dem Blog schrankenlos zugänglich. Der Blog wird zudem in den Social Media Plattformen annonciert.

–       auf dem Blog www.batz.ch selber finden sich keine Hinweis, dass die Beiträge urheberrechtlich geschützt sind.

–       Es heisst dort im Gegenteil unter “Zielsetzung”: “batz.ch soll der Schweizer Öffentlichkeit zeigen, was Schweizer Wirtschaftsprofessoren zu aktuellen Themen der Wirtschaftspolitik denken. Die Initiatoren hoffen, mit dieser Plattform den Graben zwischen akademischer Forschung und öffentlicher Meinung zu verringern“.

Herr Neininger meinte, dass die Redaktion der Schaffhauser Nachrichten einfach dieser Aufforderung nachgekommen sei und durch die Publikation des Blogbeitrags der Schaffhauser Öffentlichkeit gezeigt habe, was ich zu einem aktuellen Thema der Wirtschaftspolitik denken würde.

In einer weiteren email weist mich Herr Neininger darauf hin, dass es sogar im Editorial des batz.ch hiesse: “Die Leser sind eingeladen … einen Bissen oder zwei zu naschen”. Er meint wörtlich (email vom 31. Januar 2012):

„Es ist durchaus üblich, dass dergestalt präsentierte Blogtexte geteilt und anderweitig verbreitet werden; wir konnten in guten Treuen davon ausgehen, dass stimmt, was dort sonst noch steht: Dass es um die “Verringerung des Grabens zwischen akademischer Forschung und öffentlicher Meinung” ginge.“

Mein Vergleich mit seinen Aufsätzen zum Urheberrecht lässt er ohnehin nicht gelten. Wörtlich (email vom 31. Januar 2012):

„Sie berufen sich im übrigen auf meine Verteidigung des Urheberrechts. Es geht hier aber nicht um eine Verletzung des Urheberrechts – der Blog ist frei zugänglich und seine Beiträge sollen offensichtlich die öffentliche Debatte bereichern. Das Geschäftsmodell der Zeitung hingegen beruht auf völlig anderen Grundlage – die Inhalte sind eben nicht frei zugänglich.“

Herr Neiningers Vorschlag einer gütlichen Einigung nach mehreren email Wechseln war dann folgender (ebenfalls am 31. Januar 2012):

„Da ich davon ausgehe, dass auch Sie besseres zu tun haben als einen Prozess anzustrengen, der wohl grosse Beachtung fände aber kaum zu einem befriedigenden Ergebnis führen kann, schlage ich Ihnen folgende gütliche Einigung vor:

Wir publizieren eine Notiz, in der wir klarstellen, dass Sie diesen Text auf dem Blog www.batz.ch veröffentlicht und nicht exklusiv für uns geschrieben haben. Wenn Sie darauf Wert legen, veröffentlichen wir auch Ihren Originaltext – gerne aber, wenn es Ihnen recht ist, ohne die orthografischen Fehler, die unsere Korrekturabteilung bereits ausgemerzt hatte.

Bitte teilen Sie mit, ob die Sache für Sie damit erledigt ist und Sie auf weitere Forderungen ausdrücklich verzichten“.

 

batz.ch ungefragt in den Schaffhauser Nachrichten

Monika Bütler

„Vielen herzlichen Dank für Ihren Beitrag in der gestrigen Ausgabe der Schaffhauser Nachrichten“, schrieb mir eine Leserin der Schaffhauser Nachrichten vor rund 10 Tagen. Drei weitere ähnliche emails folgten. Dumm war nur, dass ich mich nicht an einen solchen Beitrag in den Schaffhauser Nachrichten (nach eigenen Angaben: Schaffhauser Intelligenzblatt) erinnern konnte. So vergesslich bin ich doch gar nicht.

Des Rätsels Lösung: In der Ausgabe vom 26. Januar 2012 druckten die Schaffhauser Nachrichten – ohne mein Wissen, geschweige denn Einverständnis – einen Beitrag ab, der im Juni 2011 im www.batz.ch erschienen ist.

Es wäre so einfach gewesen, zu fragen. Und vor allem anständig. Doch die Schaffhauser Nachrichten informierte mich auch später nicht. Auf ein Belegexemplar warte ich noch heute. Ich musste mir den Text via Argus und über das kostenpflichtige (!) Archiv der Schaffhauser Nachrichten selber besorgen. Wären die Leser nicht gewesen – ich wüsste noch heute nichts davon.

Die Zeitung publizierte den Beitrag unter meinem Namen („von Monika Bütler“) und der üblichen Bezeichnung („Monika Bütler ist Professorin für Volkswirtschaftslehre an der Universität St. Gallen“). Also genau so, wie es für eingeladene Texte üblich ist. Den Lesern wurde suggeriert, ich hätte den Aufsatz explizit für die Schaffhauser Nachrichten verfasst – was diese auch so verstanden. Mein Beitrag wurde zudem innerhalb einer Pro- und Contra Debatte zur Initiative des HEV verwendet. (Ob Hans Egloff – mein fiktives Gegenüber – wohl etwas davon wusste?). Unter diesen Bedingungen ist es auch klar, dass die Zeitung den batz.ch als Quelle nicht nennt.

Die von den Schaffhauser Nachrichten publizierte Version unterscheidet sich von meinem ursprünglichen Text im Titel (Keinerlei ökonomische Vernunft) und dem ersten Satz, der dem Beitrag eine andere Stossrichtung und Tonalität gab. Im ursprünglichen Text drückte ich mein Unverständnis für die Unterstützung des Bausparens durch die zwei Kammern des Parlaments aus und nicht ein Unverständnis für die Initiativen. Selbstverständlich finde ich die Initiativen nicht toll, aber in einer Demokratie dürfen auch Partikularinteressen vertreten werden. Hingegen erwarte ich vom Parlament, dass sie das Gesamtwohl des Landes im Auge behalten.
Erster Satz des batz-Beitrags: Das Bausparen soll nach dem Willen der beiden Kammern subventioniert werden.
Erster Satz des Beitrags auf ShN: Das Bausparen soll mit der Initiative subventioniert werden.

Die Schaffhauser Nachrichten hat sich dann zwar die Mühe gemacht, Tippfehler und die in ihren Augen – nicht meinen! – ungerechtfertigten Anführungszeichen bei vernünftig zu eliminieren. Den nun nicht mehr passenden Schluss hat sie belassen. Der letzte Satz, „Offenbar ist diese Gruppe im Parlament besonders gut vertreten“, steht nun ganz alleine und verlassen da.

Mein ursprünglicher batz.ch-Artikel ist – wie alle anderen Beiträge in diesem Blog – ein Werk im Sinne des Urheberrechtsgesetztes URG. Dessen Abdruck (a) nicht autorisiert, (b) mit substantiellen Änderungen am Text (insbesondere auch Titel und erster Satz, wodurch sowohl die Stossrichtung wie auch die Tonalität ändern), sowie (c) in einem anderen Zusammenhang verletzen Art. 25 und 11 URG. In der Schweiz ist ein Werk urheberrechtlich geschützt sobald es geschaffen wurde. Es braucht dazu keinen expliziten Hinweis auf ein Copyright.

Doch viel ärgerlicher ist etwas anderes: Der Chefredaktor der Schaffhauser Nachrichten, Norbert Neininger, will nichts von einer Verletzung meiner Rechte wissen. Gleichzeitig verteidigt er das Urheberrecht entschieden: Im Internet dürfe man nicht Inhalte aus der Zeitung übernehmen. Es ist für mich nicht nachvollziehbar, dass dies in der Gegenrichtung nicht gelten soll.

Den zweiten Abschnitt des Aufsatzes von Norbert Neininger (NZZ, 17. August 2010:“Verlage haben Anrecht auf besseren Schutz“)  möchte ich unseren Lesern nicht vorenthalten:

„Programme, Texte, Bilder, Musikstücke, Filme — all das stand plötzlich weltweit zur Verfügung, und es kostete nichts. Und während jeder Turnverein, der seinen Unterhaltungsabend mit Musik untermalte, Urheberrechtsgebühren entrichten musste, gewöhnten sich die (jungen) Menschen daran, dass weder Recht noch Ordnung im Netz gelten. Das Aussergewöhnliche hielten alle für selbstverständlich, und wer darauf hinwies, galt als Ewiggestriger.“

 

Jedes Reglement hat auch seine Löcher

Monika Bütler

Fast alle Regeln lassen Möglichkeiten offen, sie gegen ihren Geist auszulegen. Mehr noch: Je genauer und spezifischer die Regeln, desto genauer umrissen sind für findige Köpfe auch die Löcher. Am besten weiss dies wohl das Steueramt.

Die untenstehende Kolumne – erschienen in der NZZ am Sonntag vom 29. Januar 2012 – hatte ich schon lange vor der Diskussion um die SNB Reglemente im Kopf, die Hälfte war bereits vor Monaten auf dem elektronischen Papier. Mein Kollege Jörg Baumberger hat mir dann noch den letzten Anstoss gegeben, die Kolumne auch wirklich fertig zu schreiben. Er hat mir nämlich eine der legendären Pepper… and Salt Cartoons des Wallstreet Journals zugesteckt. Ein frohlockender Lobbyist meint dort: „The great thing about regulations is more loopholes.“

Mein Dank geht an Jörg Baumberger, Silvio Borner und andere Kollegen, die mir in den letzten Wochen aufmunternd zur Seite gestanden sind. Und natürlich an meine Familie. Unsere Kinder haben nämlich bisher jedes noch so raffinierte Reglement, jeden vermeintlich „optimalen“ Anreizvertrag ausgehebelt. Noch am besten funktionieren unspezifische Verhaltensregeln (lieb und anständig sein).

————————————————————————-

Jedes Reglement hat auch seine Löcher

Schlaumeier nützen Lücken in den Vorschriften aus – was zu noch mehr Regeln führt

Roger Federer ist dafür. Rafael Nadal eher dagegen. Es geht um die Pflicht für Athleten, ihren Aufenthaltsort laufend der Internationalen Anti-Doping Agentur zu melden. Vollkommene Transparenz soll die Kontrolle darüber erleichtern, ob ein Athlet verbotene Substanzen verwendet. In einer langen Liste sind diese abschliessend aufgezählt. Man hat nicht einmal vergessen, den Alkohol aus dem Automobilrennsport zu verbannen.

Es gibt kaum ein extremeres Beispiel für Transparenzpflichten und ausdetaillierte Regeln. Da hat es sich Moses mit der saloppen Formel „Du sollst nicht ehebrechen“ doch einfach gemacht. Traurige Gemeinsamkeit: Weder die leistungssteigernde Medizin noch der Ehebruch sind bislang verschwunden.

Trotzdem wissen viele, wie Finanzgeschäfte eines Notenbankpräsidenten zu behandeln sind: Mit schärferen Regeln.

Vergessen geht dabei: Fast alle Regeln lassen Möglichkeiten offen, sie gegen ihren Geist auszulegen. Mehr noch: Je genauer und spezifischer die Regeln, desto genauer umrissen sind für findige Köpfe auch die Löcher (fragen Sie beim Steueramt nach). Der Emmentaler ist zwar klarer strukturiert als der Hüttenkäse, hat aber gerade darum auch duetlichere Löcher, durch die man den Finger stecken zu kann, ohne den Käse zu berühren. Das Wallstreet Journal brachte es vor vielen Jahren mit einem ihrer legendären Pepper…and Salt Cartoons auf den Punkt: „The great thing about regulations is more loopholes.“

Detaillierte Regeln können notwendig sein, um das Individuum zu schützen. Gleichzeitig bergen sie die Gefahr, dass ein dem Geist der Regeln entsprechendes Verhalten geahndet wird. Darum wissen Eltern: Das Versprechen: „Wenn Ihr lieb seid …“, ist meist besser verständlich und wirksamer als lange Verbots- oder Gebotslisten.

So wäre es nicht nur in der Kinderstube, sondern auch an der Uni. Die Spannung zwischen dem Geist eines Reglements und seinen konkreten Auswirkungen ist an den Hochschulen spür- und sichtbar. Der Studienbetrieb ist heute stark ver-reglementiert –  angefangen bei der Aufnahme, über Wahlmöglichkeiten, bis zur Anerkennung von Leistungen, und zu guter letzt den Noten. Nicht nur mit unerwünschten Folgen. Schlaumeiern gelingt es immer wieder, Lücken zu finden. Gleichzeitig bleiben oft gerade brillante und aussergewöhnliche Studierende an Vorschriften hängen. Sie können nicht zugelassen werden oder müssten unverhältnismässige und unzumutbare Extraleistungen bringen.

Wir schimpfen und vergessen, dass wir an dieser Entwicklung mitschuldig sind. Regelkonforme aber dem Geist der Hochschule widersprechende Verhalten von Schlaumeiern führen zu Forderungen nach mehr und klareren Regeln. Am Ende treffen die von uns gewünschten und von der selbstverständlich bösen Verwaltung umgesetzten Vorschriften die Falschen. Die Mehrheit der Student(inn)en und der Professor(inn)en hat den Überblick über die Reglemente ohnehin längst verloren und es ist reiner Zufall, dass sie die Vorschriften nicht verletzen. Unser Regelsystem gleicht immer mehr einem Parmesan, durch den es kein Durchkommen gibt, als einem Hüttenkäse wo sinnvolle Lösungen, die dem Geist der Uni entsprechen, noch möglich sind.

Ausgerechnet der vermeintliche Elfenbeinturm ist ein gutes Abbild des richtigen Lebens: Die Verrechtlichung nimmt überhand, der gesunde Menschenverstand wird verdrängt. Es sind nicht die unterbeschäftigten Bürokraten, die uns das Leben schwer machen. Wir sind es selber, indem wir bei jedem Problem dem „Lückenfüll-Reflex“ erliegen.

Den goldenen Mittelweg zu finden zwischen Vorschriften, die Missbrauch vernünftig einschränken, ohne gleichzeitig den Geist der Regulierung abzuwürgen, ist zugegebenermassen schwierig. Der Einsatz lohnt sich aber. Im Gegensatz zu den Erziehungsregeln, die nach einigen Jahren ohnehin obsolet werden, bleiben uns die meisten anderen Vorschriften oft sehr lange erhalten.