Winter-Rätsel

Morgen Mittwoch erscheint eine Studie des Institut for Banking und Finance der Universität Zürich. Das Thema dürfen wir noch nicht verraten, weil wir unseren Lesern zuerst ein Rätsel stellen möchten. Die abgebildete Schweizer Karte teilt die Schweiz in verschiedene Regionen. Die Frage ist: Was bildet sie ab?

  • Anzahl Steuerdelikte pro Kopf der Bevölkerung
  • Der Anteil von Aktionären an der Gesamtbevölkerung
  • Prozentsatz der Wohnbevölkerung mit Schönheitsoperation(en)

Lösung für Ungeduldige unten.

Lösung: lietnA-sränoitkA.

Die Folgen der Demokratisierung: Was wird aus Tunesien und Ägypten?

Die jüngsten Demokratiebewegungen in vielen arabischen Ländern wie Tunesien oder Ägypten gründen auf einer tiefen Unzufriedenheit mit den politischen, aber auch mit den wirtschaftlichen Verhältnissen in diesen Ländern. Die Menschen werden von der Hoffnung auf eine vielversprechende Zukunft angetrieben, die Mitbestimmung, Demokratie, und auch wirtschaftlichen Wohlstand verheißt.

In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage nach den Erfolgsaussichten von Übergängen zur Demokratie. Hier gibt es überraschend wenig eindeutige Evidenz, dass Demokratien wirklich schneller wachsen oder bessere Institutionen implementieren als Autokratien oder Zwischenregimes mit formal-demokratischen Strukturen, in denen dennoch bestimmte Eliten die Macht monopolisieren (sogenannte Anokratien). Aktuelle Forschungsergebnisse zeigen jedoch, dass es nicht notwendigerweise demokratische Reformen sind, die Wachstumsimpulse oder bessere Institutionen nach sich ziehen, sondern das Szenario, unter dem diese Reformen stattfinden. So zeigt ein Blick auf die Demokratisierungsepisoden der „dritten Welle“ (seit Anfang der 1970er Jahre), dass demokratische Übergänge, die unter gewaltsamen Szenarien stattfanden, keine oder sogar negative Effekte auf Wirtschaftswachstum und Qualität der Institutionen hatten. Dagegen führten friedliche Übergänge zur Demokratie zu signifikant höherem Wachstum und besseren politischen wie wirtschaftlichen Institutionen.

Die Zukunftsperspektiven von Ländern wie Tunesien oder Ägypten hängen also direkt mit den derzeitigen Protesten zusammen. Während in Tunesien vieles auf einen friedlichen Übergang hindeutet, ist die Lage in Ägypten unübersichtlicher und dramatischer. Es wird also darauf ankommen, ob die herrschenden Eliten und das Militär einen friedlichen Übergang gewährleisten und sogar unterstützen, oder ob sich die Gewalt durchsetzt und damit die Hoffnung auf Demokratie und Wohlstand (zumindest statistisch) trübt oder gar zerstört.

Ein längerer Artikel zu dem Thema ist am 5.2.2011 im St. Galler Tagblatt erschienen. Die erwähnten Forschungsergebnisse sind auf Anfrage verfügbar und werden kommende Woche als Discussion Paper in der HSG Econ DP Series erscheinen.

Prof. Dr. Uwe Sunde ist ordentlicher Professor für Volkswirtschaftslehre an der Universität St.Gallen. Seine Forschungsarbeit befasst sich mit den Voraussetzungen für langfristiges Wirtschaftswachstum.

Steuerbefreiung des Existenzminimums?

Wer zu einem kleinen Lohn arbeitet, hat oft weniger verfügbares Einkommen als ein Sozialhilfebezüger. In vielen Kantonen gibt es substantielle Schwelleneffekte beim Ausstieg aus der Sozialhilfe. Genau so wie dem Arbeiter mit bescheidenem Lohn, geht es einer Rentnerin mit einer kleinen BVG Rente. Unter Umständen bleibt ihr weniger als ihrer Kollegin, deren AHV Rente durch Ergänzungsleistungen aufgebessert wird. Grund ist in beiden Fällen, dass Arbeitseinkommen und Rente (aufgeschobenes Arbeitseinkommen sozusagen) besteuert werden, Ergänzungsleistungen und Sozialhilfe jedoch nicht.

Die steuerliche Ungleichbehandlung lässt sich nicht rechtfertigen. Sie führt zudem zu krassen Fehlanreizen. Es lohnt sich im Falle von Sozialhilfe nicht, zu arbeiten. Die Rentnerin fährt besser, wenn sie sich ihr Alterskapital aus der beruflichen Vorsorge auszahlen lässt. Wenn es aufgebraucht ist, kann sie Ergänzungsleistungen beziehen (Mehr dazu hier).

Bedarfsleistungen dürften steuerlich nicht mehr privilegiert werden. Die Frage ist, wie dies in der Praxis umzusetzen wäre. Ein erster Vorschlag wäre, alle Einkommen – also insbesondere auch Sozialhilfe und Ergänzungsleistungen genau gleich wie Erwerbseinkommen zu besteuern. In diesem Fall bleibt den Bedürftigen weniger. Gleichzeitig käme es wohl unweigerlich zu einem Druck, die Bedarfsleistungen als Kompensation zu erhöhen. Die zweite Idee ist eine weitgehende Befreiung des Existenzminimums von den Einkommenssteuern.

Gegen den zweiten Vorschlag – eine Steuerbefreiung des Existenzminimums – regt sich vor allem Widerstand aus bürgerlichen Kreisen. Auch das Bundesgericht meinte vor einiger Zeit: Aus Art. 4 BV (Existenzsicherung) könne nicht abgeleitet werden, dass „ein bestimmter Betrag in der Höhe eines irgendwie definierten Existenzminimums von vornherein steuerfrei belassen werden könnte.“ Die Besteuerung aller Einwohner sei wichtig, damit sich auch wirklich alle bewusst seien, dass die Leistungen des Staates nicht gratis zu haben seien. Oder wie es das Bundesgericht ausdrückt: „Aus dem aus Art. 4 BV hergeleiteten Grundsatz der Allgemeinheit der Besteuerung kann auch gefolgert werden, dass alle Einwohner entsprechend ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit einen – wenn auch unter Umständen bloss symbolischen – Beitrag an die staatlichen Lasten zu leisten haben.“

Ich glaube dennoch, dass die weitgehende Steuerbefreiung des Existenzminimums aus folgenden Gründen richtig wäre:

1)   Bereits heute beteiligen sich über die Mehrwertsteuer und Gebühren auch die Ärmeren an den staatlichen Lasten.

2)   Das Argument, eine Einkommenssteuer auf geringen Einkommen erhöhe das Bewusstsein über die Kosten der staatlichen Leistungen, kaufe ich nicht. Es mag sein, dass den meisten die Beteiligung an den Kosten via Mehrwertsteuern und Gebühren nicht bewusst ist. Viel offensichtlicher ist dies, wenn man eine Steuerrechnung erhält, die aufs Mal bezahlt werden muss. Ob es allerdings gescheiter ist, Einkommensteuern auch auf sehr kleinen Einkommen zu erheben und diese dann in Form von Subventionen wieder zurückzuerstatten, sei dahingestellt. Das Bewusstsein, dass die staatlichen Leistungen etwas kosten, wächst so kaum. Meiner Meinung leidet dadurch eher das Ansehen des Staates.

3)   Eine weitgehende Steuerbefreiung des Existenzminimums erzeugt weniger negative Arbeits- und Sparanreize. Das Dickicht von Steuern und einkommensabhängigen Subventionen  bestraft heute diejenigen am meisten, die sich aus eigener Kraft aus der Armut befreien wollen.

PS1: Nationalrat Paul Rechsteiner (SP St. Gallen) hat mich mit seiner Frage zur Steuerbefreiung des Existenzminimums (anlässlich einer Anhörung der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrates) zu diesem Batz-Eintrag angeregt.

PS2: Ein herzliches Dankeschön an meinen Mitarbeiter Lukas Schwank, der diesen Beitrag kritisch durchgelesen hat – er hätte wohl differenzierter argumentiert.

Wenn CEOs Töchter haben …

Hartnäckige Lohnunterschiede zwischen Mann und Frau sind ökonomisch noch immer nicht voll erklärbar. Umso interessanter sind Erkenntnisse darüber, wie die Unterschiede allenfalls verschwinden könnten. Ernst Fehr schickt mir dazu eine Studie von Dahl, Dezsö und Ross über Dänemark. Die Fragestellung ist: Spielt es für die Lohnunterschiede eine Rolle, ob der Geschäftsführer des Unternehmens eine Tochter bekommt? Antwort: Es spielt. CEO Väter, denen Töchtern geboren werden, heben das Lohniveau der weiblichen Mirabeiterinnen um gut ein Prozent an (bei CEO Müttern ist der Effekt nicht vorhanden). Die Lohnerhöhung wiederholt sich abgeschwächt bei der Geburt weiterer Töchter. Besonders stark steigen die Frauenlöhne, wenn die Tochter das erste Kind des CEO ist. Allerdings steigt nur der Lohn gut ausgebildeter Frauen (mit denen ein CEO seine Töchter offenbar am ehesten identifizieren kann).

Klar ist auch, weshalb Ernst Fehr und ich faire Vorgesetzte sind: Wir haben beide zur Erstgeborenen eine Tochter geschenkt erhalten.

Jahrestag der flexiblen Wechselkurse

Inmitten der Währungsturbulenzen scheint es angebracht, heute des 23. Januars 1973 zu gedenken. An diesem Tag beschloss die Nationalbank nach Rücksprache mit dem Bundesrat, die Dollarkäufe zur Stützung der offiziellen Parität (Mittelkurs: CHF/USD = 3.84) vorübergehend einzustellen.

In Abwesenheit des erkrankten Präsidenten der Nationalbank kontaktierte der damalige Leiter des für den Devisenhandel zuständigen III. Departements (und spätere Präsident), Fritz Leutwyler, direkt den Finanzminister Nello Celio. (Für die Festlegung der Parität war der Bundesrat zuständig). Die beiden kamen überein, angesichts der angeschwollenen Kapitalzuflüsse und der damit verbundenen Ausdehnung der Geldmenge keine weiteren Dollars zu kaufen.

Aus der vorübergehenden Massnahme —  c’est le provisoire qui dure — wurde ein Dauerzustand. Dieser gibt der Nationalbank zwar die Kontrolle über die Geldmenge, nicht aber über die wirtschaftlichen Störungen aus dem Ausland. Sie ist daher seit 1973 zum Hochseilakt zwischen zu starkem Franken und zu grosser Geldschöpfung verurteilt.

Haben die Grossbanken noch Staatsgarantie?

Was meint eigentlich der Markt zur impliziten Staatsgarantie für Grossbanken? Besteht sie noch oder besteht sie nicht mehr? Eine mögliche Antwort liefern die Risikoprämien, welche die Banken und der Bund am Markt zahlen müssen. Zu diesem Zweck haben wir die Korrelation der Risikoprämien für die drei Paare UBS-CS, UBS-Bund und CS-Bund berechnet. (Die Korrelationen sind berechnet für ein rollendes 30-Tage-Fenster und aufgrund der Preise für 5-jährige Credit Default Swaps).

Die Resultate sind ersichtlich aus der Grafik:

  • Die beiden Grossbanken werden im Markt, was die Risiken betrifft, als siamesische Zwillinge wahrgenommen. Ihre Risikoprämien sind trotz unterschiedlicher Geschäftspolitik fast perfekt korreliert. Dies deutet darauf hin, dass sie nach wie vor als Too-big-to-fail gelten.
  • Die Risikoprämien von Bund einerseits und den beiden Grossbanken andererseits waren im Sommer 2010 noch hochkorreliert. Im Oktober fiel die Korrelation — vorübergehend sogar in den negativen Bereich. Es scheint, als ob die Publikation des Expertenberichts Siegenthaler die Befürchtungen, eine Grossbank könnte den Bund ins Verderben reissen, vorübergehend gebrochen hätte (zwischen den gelben Markierungen das 30-Tage-Fenster nach der Publikation).
  • Seit November scheinen die Märkte wieder unentschlossen; vielleicht warten sie ab, was das Parlament aus dem Expertenbericht machen wird.

Die unangenehmen Folgen der Tiefsteuerpolitik

In einem Artikel im heutigen St. Galler Tagblatt argumentiert Professor Gebhard Kirchgässner von der Universität St. Gallen, dass die sich verschärfende Budgetsituation einiger Kantone die Folge einer Tiefsteuerpolitik ist. Die St. Galler Regierung hat jüngst ein Sparprogramm vorgelegt aufgrund eines prognostizierten Defizits. Dieses gründet wesentlich auf der letztjährigen Revision des Steuergesetzes.

Woher die Batzen kommen

Seit gestern fällt unseren Lesern auf, dass der Batzen oben rechts täglich ändert. Anstelle des Zürcher Batzens kommen jetzt auch Berner, Waadtländer und andere Batzen zum Zuge. Die wechselnden Batzen kommen alle aus dem Money Museum. Wir danken dem Museum und seinem Gründer, Herrn Dr. phil. Jürg Conzett, ganz herzlich für die Genehmigung, die Batzen benützen zu dürfen.

Wer nicht nur Batzen, sondern auch Lydische Stater, Athenische Tetradrachmen oder Venezianische Zecchini sehen möchte, begibt sich auf die virtuelle Tour oder gleich direkt an die Hadlaubstrasse in Zürich (näheres hier). Wetten, dass die Geldgeschichte auch ein Licht auf die gegenwärtigen Währungsturbulenzen wirft?