Die Schweizer Gründlichkeit nützt

Die mediale Schlacht um die Vorschläge der durch den Bundesrat eingesetzten «Too big to fail»- Expertenkommission ist im vollen Gang. Vergegenwärtigen wir uns einige der falschen Behauptungen, die vorgebracht werden, um dieses Swiss Finish im Parlament zu versenken. Als exemplarisch möchte ich Markus Gisler zitieren, der in der «Weltwoche» vom 1. Juni unter dem Titel «Schweizer Gründlichkeit schadet» Folgendes schreibt: «Während die Schweiz in guter Absicht die nicht bindenden Basel-III-Vorschriften um rund das Doppelte verschärft, lockern Deutschland, Frankreich und England diese Vorgaben. (…) Sie werten Arbeitsplätze, die Fähigkeit, Kredite zu vergeben, oder Steuerzahlungen der Banken höher als den Aufbau eines teuren, kapitalbindenden Sicherheitsnetzes. Selbstverständlich schwächt diese Ungleichbehandlung die relative Wettbewerbsfähigkeit von Schweizer Instituten.»

Ich bin Markus Gisler dankbar, dass er es geschafft hat, in solch konziser Form so viel Unsinn zu verbreiten. Er behauptet, dass Eigenkapital teuer («teures Sicherheitsnetz») und unproduktiv sei («kapitalbindendes Sicherheitsnetz»). Zudem reduziere das Swiss Finish die Fähigkeit der Banken, Kredite zu vergeben, und schwäche die Wettbewerbsfähigkeit des schweizerischen Finanzplatzes.

Betrachten wir zuerst die Behauptung, dass Eigenkapital die Finanzierungskosten einer Bank erhöhe. Es stimmt, dass ein Eigenkapitalgeber eine höhere Entschädigung erwartet als ein Fremdkapitalgeber. Der Grund dafür ist, dass er ein höheres Risiko trägt als der Fremdkapitalgeber. Mit einer Erhöhung der Eigenmittel werden jedoch potenzielle Verluste auf mehr Eigenkapital aufgeteilt. Damit reduziert sich die Risikoprämie, die Finanzierungskosten ändern sich insgesamt nicht. Es gibt jedoch eine wichtige Ausnahme von diesem Mechanismus. Banken bevorzugen Fremdkapital, weil es steuerlich begünstigt wird. Der Vorschlag des Bundesrates kommt den Banken in dieser Beziehung aber stark entgegen.
Er erlaubt ihnen, einen grossen Teil des zusätzlichen Eigenkapitals in Form von sogenannten Cocos zu halten. Die Zinszahlungen auf diesen Cocos können die Banken von den Steuern abziehen. Somit erhöht der Vorschlag des Bundesrates die Finanzierungskosten der Grossbanken nicht.

Untersuchen wir als Nächstes das Argument, dass das Swiss Finish zu einer Reduktion und Verteuerung der Kreditvergabe in der Schweiz führe. Dafür betrachten wir eine einfache Bank, die fünf Franken Eigenkapital und 95 Franken Fremdkapital hält. Damit finanziert sie ein Kreditvolumen von 100 Franken und hat ein Leverage-Ratio von 1:20. Der Regulator verlangt nun, dass das Leverage-Ratio nur noch 1:10 betragen darf. Markus Gisler schliesst daraus fälschlicherweise, dass jetzt nur noch ein Kreditvolumen von 50 Franken möglich sei. Dabei unterschlägt er aber, dass die Bank einfach ihr Eigenkapital von fünf auf zehn Franken erhöhen und damit dann wieder dasselbe Kreditvolumen von 100 Franken finanzieren kann. Das Swiss Finish hat damit keinen Einfluss auf die Fähigkeit der Banken, Kredite zu vergeben, und wird diese auch nicht verteuern. Kurios ist auch die Aussage, dass Eigenkapital unproduktiv sei. Sein Argument beruht offensichtlich auf einer Verwechslung von Eigenkapitalregulierung mit anderen Regulierungen wie zum Beispiel Liquiditätsvorschriften. Eine Eigenkapitalregulierung schreibt lediglich vor, wie sich eine Bank zu finanzieren hat. Sie macht keine Vorschriften darüber, welche Investitionen eine Bank mit diesen Mitteln zu tätigen hat. Gislers Vorstellung, dass Banken dadurch gezwungen würden, unproduktives Kapital zu halten, ist daher bizarr.

Das vermeintliche Killer-Argument gegen den Vorschlag des Bundesrates ist die Behauptung, der Finanzplatz Schweiz handle sich dadurch im internationalen Wettbewerb einen Nachteil ein. Hier müssen wir allerdings zuerst die Frage stellen, um welche Bankgeschäfte es überhaupt geht. Die traditionelle Stärke des schweizerischen Finanzplatzes ist das Private Banking. In diesem Geschäft wird das Geld mit der Verwaltung der Vermögen reicher Individuen verdient. Solche Kunden suchen Stabilität, und dadurch profitiert dieses Geschäft vom Vorschlag des Bundesrates.

Im Gegensatz dazu wird das Investmentbanking, das die Probleme bei der UBS erst verursacht hat, durch das Swiss Finish gebremst, weil die implizite Subvention dieser Geschäfte durch den Steuerzahler reduziert wird. Die Vorlage erzielt also genau die gewollte Wirkung. Das Argument, dass die UBS danach einen Nachteil in diesem Geschäft habe, ist irrelevant. Das Investmentbanking ist ein Hochrisikogeschäft, bei dem traumhafte Renditen und Desaster Hand in Hand gehen. Solche Geschäfte aus einem kleinen Land heraus zu führen, ist unklug. Welche Risiken die Schweiz mit zwei unterkapitalisierten Grossbanken eingeht, zeigt folgender Vergleich. 2010 betrug die gemeinsame Bilanzsumme von UBS und CS 600 Prozent des schweizerischen Bruttoinlandprodukts. Wären die beiden Banken in den USA angesiedelt, würde deren Bilanzsumme etwa 20 Prozent des US-amerikanischen Bruttoinlandprodukts ausmachen. Es ist offensichtlich, dass ein kleines Land mehr Sicherheit verlangt. Man baut schliesslich auch keine AKW mitten in die Stadt.

Das Swiss Finish wird weder die Kreditvergabe reduzieren noch Kredite teurer machen. Das Private Banking wird durch die zusätzliche Stabilität profitieren. Das zuvor vom Steuerzahler hoch subventionierte Investmentbanking wird einer Diät ausgesetzt. Diese Korrektur ist gewollt und effizient. Insgesamt profitiert der schweizerische Finanzplatz.

* Aleksander Berentsen ist Professor für Wirtschaftstheorie am Wirtschaftswissenschaftlichen Zentrum (WWZ) der Universität Basel.
Dieser Artikel erschien am 7.6 in der Basler Zeitung.

Glücklich geschieden

Der Tagesanzeiger und andere Zeitungen meldeten gestern, dass Ehen am häufigsten im 7. Ehejahr geschieden werden. Doch mit dem verflixten Siebten habe dies nichts zu tun. Dafür mit dem Ausländerrecht: „Kommt die C-Bewilligung, kommt Scheidung“, meint der Tagesanzeiger.
Als Ökonomin überrascht mich dies kaum. Wer nun aber glaubt, Anreize wirkten nur bei Ausländern, respektive gemischten Paaren, täuscht sich. Die 10. AHV Reform mit Splitting und Kindergutschriften sowie die obligatorische Teilung des BVG Guthabens brachten vor rund 10 Jahren nicht nur Verbesserungen für Frauen. Eine Scheidung wurde durch dieser Reformen gerade für Paare um das Rentenalter herum deutlich „billiger“.
Und siehe da, die Anreize wirken. Wer die untenstehende Graphik genau studiert, sieht zwei Dinge. Erstens passten eine beträchtliche Anzahl der Paare ihren Scheidungszeitpunkt an und trennten sich gerade noch vor dem Inkrafttreten der neuen Regeln. Zweitens hat sich der Unterschied in den Scheidungsraten zwischen allen Ehepaaren und Ehepaaren zwischen 55 und 75 seit den Reformen deutlich verringert (etwa halbiert). In anderen Worten: Ältere Ehepaare scheiden nun relativ häufiger als vorher. Mit grosser Wahrscheinlichkeit weil es sich seit 2000 besser lohnt. Und daran sind nicht die Ausländer „schuld“.
Es soll ja ältere Paare geben, die sich alleine deswegen scheiden lassen, um der Rentenplafonierung zu entgehen (oder um Steuern zu sparen). Das erinnert mich an eine Werbekampagne in Holland bei der eine gutgelaunte Frau ihrem Ehepartner fröhlich zuruft: „Theo, wij gaan scheiden“. (In Holländisch heisst dies sowohl „wir scheiden“ als auch „wir trennen“ – in diesem Fall Abfall).

PS: Damit keine Missverständnisse entstehen: Dies ist KEIN Plädoyer für die Aufhebung der Plafonierung der AHV Ehepaarrenten.

Scheidungsraten

Paradoxes zur Geldpolitik

Dass Batz.ch ein Bollwerk gegen Dogmatismus sei, hofften wir von Anbeginn. Offiziell bestätigt hat es nun aber die Weltwoche von gestern. Enttäuscht über unbelehrbare „Hildebrand-Fans“ wie Urs Birchler und Monika Bütler (Mitglied des SNB-Bankrats) lobt Autor Pierre Heumann den Batz.ch für den Beitrag zu den Risiken der SNB von Alexandre Ziegler.

Entgangen ist dem Weltwoche-Autor, dass Batz.ch von Urs Birchler und Monika Bütler zusammen mit Marius Brülhart (Uni Lausanne) betrieben wird. Urs Birchler persönlich hat Alexandre Ziegler gebeten, seinen SNB-kritischen Beitrag auf Batz.ch zu veröffentlichen (Danke nochmals, Alexandre). Weil Batz.ch ein Denkprozess ist und nicht ein Dogma. (Alexandre Ziegler lehrt im übrigen an der Uni ZH, nicht mehr, wie in der Weltwoche fälschlich angegeben, in Lausanne.)

Das ginge ja noch. Der Weltwoche-Autor schwingt sich aber zu kreativen Höhen auf: Der Franken ist so stark, weil die Zinsen im Franken so tief sind! O-Ton: „Die Tiefzinspolitik der SNB macht den Franken noch interessanter, als er ohnehin schon ist.“

Das exakte Gegenteil vertritt in derselben Ausgabe Peter Bodenmann. Er wettert er gegen die Nationalbank: Weil sie Pfund, Dollar, Euro und schwedische Krone weiter in den Keller sinken lasse, gefährde die SNB den Werkplatz. Sie hätte Franken drucken, statt Euro kaufen sollen (Randbemerkung: Die SNB „druckt“ Franken, indem sie Devisen, d.h. Dollars oder Euro kauft.). Die Tiefzinspolitik war also nicht aggressiv genug.

Fazit: Die Nationalbank ist immer schuld. Sie ist gleichzeitig zu expansiv oder zu restriktiv. Der frühere Nationalbankpräsident Fritz Leutwyler (1924-97) war sich diese Form der paradoxen Kritik gewohnt. Er pflegte sich zurückzulehnen und zitierte Goethe: „Prophete rechts, Prophete links, das Weltkind in der Mitten.“ Dann stand er auf und arbeitete unbeirrt weiter.

Zustände

Vermutlich weil unser Haus im Moment hinter einem Gerüst steht, sendet die Post Pakete an die Absender zurück mit dem Vermerk „Umgezogen“. Zum Glück treffe ich eines Morgens den Pöstler und möchte ihn überzeugen, dass wir noch da sind. „Ah, tut mir leid, ich mache nur die Briefpost, für die Pakete bin ich nicht zuständig!“ Auf mein Murren hin fügt er hinzu: „Wissen Sie, bei der Post ist nie jemand für etwas zuständig.“

Scheindiversifikation in der SNB-Bilanz

Durch ihre nicht unumstrittenen Deviseninterventionen im Frühjahr 2010 ist die SNB erhebliche Risiken eingegangen, welche in der Öffentlichkeit deutlich unterschätzt werden.

Auf ihrer Webseite liefert die SNB Informationen über die derzeitige Struktur ihrer Aktiven (Anlagenstruktur und Währungsreserven). Eine Aufschlüsselung derselben in Gold und die verschiedenen Währungen liefert über die Zeit folgendes Bild (die nicht ausgewiesenen Währungen machten per Ende 2010 zusammen etwa 3% der Aktiven aus und ändern das Gesamtbild somit nicht):

Grafik 1

In der Periode 2000-2006 machten Euro, Dollar, Franken und Gold je zwischen 15 und 30% der Aktiven aus. Der Franken-Anteil wurde zwischen Ende 2007 und Ende 2008 deutlich erhöht und dann fast auf null reduziert. Der Euro-Anteil wurde ab Anfang 2009 drastisch erhöht und erreichte Ende 2010 etwa 45% des Aktivenbestandes.

Obwohl ein Anteil von etwa 45% in einer einzigen Fremdwährung wenig Diversifizierung signalisiert, unterschätzt die obige Grafik die in der SNB-Bilanz vorhandenen Risiken erheblich. Der Grund liegt darin, dass diese Aufschlüsselung die Passiven nicht berücksichtigt. In der Tat enthält die SNB-Bilanz grosse Passivpositionen in Franken. Ein Teil ist geldpolitisch bedingt (die Notenbankgeldmenge); der Grossteil besteht aber aus Schuldpapieren, welche die SNB emittiert hat, um die durch ihre Devisenmarktinterventionen verursachte Überschussliquidität in Franken abzuschöpfen.

Berechnet man die Netto-Position der SNB nach Währungen und dividiert man die (in Franken umgerechneten) Beträge durch die Eigenmittel, so erhält man folgende Grafik:

Grafik 2

Aus der Grafik ist ersichtlich, dass die SNB lange Zeit eine Short-Position in Franken von ungefähr 50% ihrer Eigenmittel hatte. Eine Short-Position in der eigenen Währung ist für eine Zentralbank zwar nicht zwingend (die Währung kann ja durch Kauf von Schuldpapieren in der eigenen Währung emittiert werden), aber auch nicht problematisch, solange sie nicht zu hoch wird.

Es zeigt sich jedoch, dass die Short-Position in Franken seit Anfang 2009 deutlich gestiegen ist, um im Jahre 2010 offenbar vollkommen ausser Kontrolle zu geraten. Per Ende 2010 erreichte sie etwa 500% der Eigenmittel. Dies bedeutet, dass jede Erhöhung des Frankenkurses um 1% gegen den Korb der Aktiven (also Fremdwährungen plus Gold) die Eigenmittel der SNB um rund 5% schmälert. Der Hebel in der Bilanz der SNB und die damit zusammenhängenden Risiken haben somit inzwischen ein besorgniserregendes Ausmass erreicht.

SP auf dem Penaltypunkt

Eben wurde ich von einer Journalistin darauf hingewiesen, dass die SP Schweiz dieses Wochenende die geplante Volksinitiative zur Einführung einer eidgenössischen Erbschaftssteuer debattieren wird. Mit diesem Thema hat sich die Partei einen Elfmeter herausgespielt, doch scheint sie sich anzuschicken, den Ball dem Torhüter zuzuschubsen.

Es gibt nämlich drei Arten, für eine neue Steuer zu plädieren. Im Normalfall liegt das ausschlaggebende Anliegen auf der Ausgabenseite, wofür es mittels höherer Steuern die entsprechende Finanzierung zu sichern gilt. So geschehen zum Beispiel bei der Volksabstimmung vom September 2009, als die Stimmbürger zwecks Sanierung der Invalidenversicherung eine Anhebung der Mehrwertssteuer billigten. Im Zentrum stand damals die IV; die Steuererhöhung wurde als vorübergehend notwendiges Übel geschluckt.

Neue Steuern lassen sich zweitens rechtfertigen, indem man dadurch andere, weniger effiziente, Steuern ersetzt. So geschehen beispielsweise, als die Mehrwertssteuer anstelle der alten Warenumsatzsteuer eingeführt wurde. Dieser Ansatz ist die hohe Torecke für die Befürworter einer eidgenössischen Erbschaftssteuer. Dass die Erbschaftssteuer aus volkswirtschaftlicher Sicht eine der schmerzlosesten Formen staatlicher Mittelbeschaffung darstellt, liegt nämlich auf der Hand. Solange sich der Staat bei Grosserben Mittel holt und dadurch andere, leistungs- und konsumhemmende, Steuern senkt, ist daran aus Effizienzüberlegungen schwer etwas auszusetzen. Die Initianten wollen zwei Drittel des Erbschaftssteueraufkommens der AHV zukommen lassen. Gute Idee: So senke man die Lohnprozente im entsprechenden Umfang, oder das der AHV reservierte Mehrwertssteuerprozent. Oder man eröffne ein Sparkonto für die AHV, um der prognostizierten Finanzierungslücke vorzubeugen.

Aber nein, die SP scheint zur dritten Strategie Anlauf zu nehmen. Sie erachtet die Erbschaftssteuer als an sich schon wünschbar und denkt sich neue Ausgabenposten aus, für welche sie die neuen Einnahmen verwenden möchte. Im Zentrum der gegenwärtigen Argumentation der Parteistrategen stehen steigende Einkommens- und Vermögensungleichheiten, denen es ihrer Meinung nach entgegenszusteuern gilt. Die jüngste Abfuhr des Schweizer Stimmvolks gegenüber der „Steurgerechtigkeitsintiative“ hat gezeigt, dass mit solchen Umverteilungsargumenten keine Mehrheit zu gewinnen ist. Die Partei spielt offenbar mit dem Gedanken, die allfälligen neuen Steuereinnahmen für zusätzliche AHV-Leistungen einzusetzen. Die Rede ist von einer Flexibilisierung – sprich Herabsetzung – des Rentenalters.

Wenn sie an dieser Argumentation festhält, trachtet die Partei mit der Erbschaftssteuerinitiative also nach mehr Staat und nicht bloss nach einem intelligenter finanzierten Staat. Das wäre ein Schüssli in die wartenden Hände des (etwas rechts der Mitte positionierten) Torhüters.


Schlechtes Wetter gehört NICHT dem Staat

In meiner letzten NZZ Kolumne „Schlechtes Wetter gehört dem Staat“ habe ich geschrieben, dass bei Umwelt- und Wetterrisiken immer mehr der Staat die Schäden berappen soll. Selbstverständlich ohne dass für diese Versicherung Prämien bezahlt würden. Nicht geschrieben habe ich (aus Platzgründen), dass diese – meist implizite – staatliche Versicherung einen funktionierenden Markt für Umwelt- und Wetterrisiken verunmöglicht oder mindestens stark erschwert. Nicht gewusst habe ich zu diesem Zeitpunkt, dass es mindestens einen privaten Anbieter für Schlechtwetter- und Klimaversicherungen gibt.
Für die Wetterzertifikate der Firma CelsiusPro AG werden Daten nationaler Wetterstationen berücksichtigt (für Finanzmarkt- und Versicherungsexperten: diese Wetterzertifikate sind nicht Schadens- sondern Indexbasiert). Die Firma arbeitet sinnvollerweise mit einer Rückversicherung (Swiss Re) zusammen.

Sehr interessant fand ich folgende Information: Die Firma CelsiusPro AG ist offizieller Partner des Holländischen und Englischen Bauverbands für Wetterrisikomanagement. Der schweizerische Bauverband sei nicht interessiert, meinte der CEO Mark Rüegg am Telefon. Wen wundert es?

Bankräte und Bankratings

RatingsKBIm Vorfeld zu den Wahlen in den ZKB-Bankrat hat die Presse bereis die veraltete Governance-Struktur unserer Staatsbank kritisiert. Dabei wurde auch das Guachten von Hans Geiger und Ruedi Volkart, meiner Kollegen, bzw. Vorgänger am Institut für Banking und Finance der UZH, zitiert. Wer das Gutachten im Original lesen will, findet es hier.

Ebenfalls dringend zur Lektüre empfehlen würde ich dem Wahlgremium den jüngsten Bericht zur Finanzstabilität der SNB. Dort (konkret auf S. 37, Tabelle 2) ist nämlich zu sehen, dass die ZKB voll von der Staatsgarantie lebt: Sie ist die Kantonalbank mit der grössten Differenz zwischen dem Rating inklusive Staatsgarantie und dem Rating, das sie ohne Staatsgarantie erzielen würde. Die Differenz beträgt fünf „Notches“: mit Garantie ein Aaa, ohne Garantie gerade noch ein C, in der Notenskala von Moodys als „adäquat“ bezeichnet.

Der Rating-Unterschied „mit/ohne“ Staatsgarantie ist damit für die ZKB viel grösser als für die Grossbanken. Es ist zu hoffen, das Wahlgremium sei sich seiner Verantwortung bewusst.

Wild-West Anreize?

GAPWer kennt sie nicht, die Umfragen zur Konsumentenzufriedenheit. Sei es nach einem Flug, einer Hotelübernachtung oder nach einem Einkauf im Kleiderladen. Alle wollen „ehrliches“ Feedback zur Dienstleistungsqualität. Aber nicht nur dies. Die Umfrageergebnisse werden auch mannigfaltig eingesetzt. Einerseits in der Werbung, „90 Prozent zufriedene Kunden…“, andererseits auch intern, indem die Kundenzufriedenheit in die Bewertung von Niederlassungen oder Mitarbeitern einfliesst.

Die ständige Evaluation anhand der gemessenen Kundenzufriedenheit veranlasst die Evaluierten nach Möglichkeit die Messung zu beeinflussen. Zum Beispiel wird man selektiv im Falle einer besonders gut gelaufenen Dienstleistung freundlich aufgefordert, doch so nett zu sein und einen Evaluationsbogen auszufüllen. Im besten Fall kann man den Fragebogen anonym ausfüllen und seine eigene Meinung kundtun. Aber wer möchte schon diesen netten Herrn oder die freundliche Dame mit einer objektiven, allenfalls auch nicht perfekten Evaluation enttäuschen?

Einen Schritt weiter ging vor kurzem eine Filiale des Kleiderlabels GAP im wilden Westen der USA. Ich wurde aufgefordert eine Evaluation online auszufüllen. Dies ist an sich noch nichts besonderes. Jedoch wurde mir im Falle einer Evaluation mit der Bestnote 10 eine Vergünstigung von 20% auf das gesamte Sortiment gewährt. Im Klartext: Die GAP Filiale kauft sich die Bestnote bei ihren Kunden ein!

Angesprochen auf diese interessante Massnahme wurde ich von einem lokalen Mitarbeiter aufgeklärt, dass die Filialen vom Mutterhaus bei guten Evaluationen belohnt werden. Warum also nicht gleich die Evaluation einkaufen, die Belohnung einstreichen und gleichzeitig das Mutterhaus für die mit 20% Rabatt gekauften Evaluationen bezahlen lassen? Wie im Schlaraffenland!

Nun, was lernen wir daraus? Wie immer, Anreize wirken! Sie wirken jedoch nicht nur auf die Bemühungen der Evaluierten gute Dienstleistungen zu erbringen, sondern auch auf deren Anreize die Messung möglichst zu ihren Gunsten zu beeinflussen. Sei dies nun der Einkauf“ der Evaluationen, wie er z.B. auch bei Ratingagenturen teilweise kritisiert wurde, oder die Anbindung von Managern an den Aktienkurs der Firma, das zu kurz- statt langfristiger Ausrichtung der Unternehmenspolitik führen kann. Quintessenz: Evaluationen sind zwar ein wichtiges, aber auch heikles Anreizinstrument für Mitarbeiter und Manager.