Steuerbefreiung des Existenzminimums?

Wer zu einem kleinen Lohn arbeitet, hat oft weniger verfügbares Einkommen als ein Sozialhilfebezüger. In vielen Kantonen gibt es substantielle Schwelleneffekte beim Ausstieg aus der Sozialhilfe. Genau so wie dem Arbeiter mit bescheidenem Lohn, geht es einer Rentnerin mit einer kleinen BVG Rente. Unter Umständen bleibt ihr weniger als ihrer Kollegin, deren AHV Rente durch Ergänzungsleistungen aufgebessert wird. Grund ist in beiden Fällen, dass Arbeitseinkommen und Rente (aufgeschobenes Arbeitseinkommen sozusagen) besteuert werden, Ergänzungsleistungen und Sozialhilfe jedoch nicht.

Die steuerliche Ungleichbehandlung lässt sich nicht rechtfertigen. Sie führt zudem zu krassen Fehlanreizen. Es lohnt sich im Falle von Sozialhilfe nicht, zu arbeiten. Die Rentnerin fährt besser, wenn sie sich ihr Alterskapital aus der beruflichen Vorsorge auszahlen lässt. Wenn es aufgebraucht ist, kann sie Ergänzungsleistungen beziehen (Mehr dazu hier).

Bedarfsleistungen dürften steuerlich nicht mehr privilegiert werden. Die Frage ist, wie dies in der Praxis umzusetzen wäre. Ein erster Vorschlag wäre, alle Einkommen – also insbesondere auch Sozialhilfe und Ergänzungsleistungen genau gleich wie Erwerbseinkommen zu besteuern. In diesem Fall bleibt den Bedürftigen weniger. Gleichzeitig käme es wohl unweigerlich zu einem Druck, die Bedarfsleistungen als Kompensation zu erhöhen. Die zweite Idee ist eine weitgehende Befreiung des Existenzminimums von den Einkommenssteuern.

Gegen den zweiten Vorschlag – eine Steuerbefreiung des Existenzminimums – regt sich vor allem Widerstand aus bürgerlichen Kreisen. Auch das Bundesgericht meinte vor einiger Zeit: Aus Art. 4 BV (Existenzsicherung) könne nicht abgeleitet werden, dass „ein bestimmter Betrag in der Höhe eines irgendwie definierten Existenzminimums von vornherein steuerfrei belassen werden könnte.“ Die Besteuerung aller Einwohner sei wichtig, damit sich auch wirklich alle bewusst seien, dass die Leistungen des Staates nicht gratis zu haben seien. Oder wie es das Bundesgericht ausdrückt: „Aus dem aus Art. 4 BV hergeleiteten Grundsatz der Allgemeinheit der Besteuerung kann auch gefolgert werden, dass alle Einwohner entsprechend ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit einen – wenn auch unter Umständen bloss symbolischen – Beitrag an die staatlichen Lasten zu leisten haben.“

Ich glaube dennoch, dass die weitgehende Steuerbefreiung des Existenzminimums aus folgenden Gründen richtig wäre:

1)   Bereits heute beteiligen sich über die Mehrwertsteuer und Gebühren auch die Ärmeren an den staatlichen Lasten.

2)   Das Argument, eine Einkommenssteuer auf geringen Einkommen erhöhe das Bewusstsein über die Kosten der staatlichen Leistungen, kaufe ich nicht. Es mag sein, dass den meisten die Beteiligung an den Kosten via Mehrwertsteuern und Gebühren nicht bewusst ist. Viel offensichtlicher ist dies, wenn man eine Steuerrechnung erhält, die aufs Mal bezahlt werden muss. Ob es allerdings gescheiter ist, Einkommensteuern auch auf sehr kleinen Einkommen zu erheben und diese dann in Form von Subventionen wieder zurückzuerstatten, sei dahingestellt. Das Bewusstsein, dass die staatlichen Leistungen etwas kosten, wächst so kaum. Meiner Meinung leidet dadurch eher das Ansehen des Staates.

3)   Eine weitgehende Steuerbefreiung des Existenzminimums erzeugt weniger negative Arbeits- und Sparanreize. Das Dickicht von Steuern und einkommensabhängigen Subventionen  bestraft heute diejenigen am meisten, die sich aus eigener Kraft aus der Armut befreien wollen.

PS1: Nationalrat Paul Rechsteiner (SP St. Gallen) hat mich mit seiner Frage zur Steuerbefreiung des Existenzminimums (anlässlich einer Anhörung der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrates) zu diesem Batz-Eintrag angeregt.

PS2: Ein herzliches Dankeschön an meinen Mitarbeiter Lukas Schwank, der diesen Beitrag kritisch durchgelesen hat – er hätte wohl differenzierter argumentiert.

Sonderwechselkurse für Exporteure?

Die Exporteure leiden unter dem starken Franken. Sollen SNB und Politik den betroffenen Firmen deshalb unter die Arme greifen? Und wenn ja, wie? Daniel Lampart vom Gewerkschaftsbund, Mitglied des Bankrats der SNB wie die Autorin dieses Beitrags, macht einen Vorschlag: Den Exporteuren seien Sonder-Wechselkurse anzubieten. Nicht überraschend freuen sich auch Firmenvertreter über die Empfehlung.

Was auf den ersten Blick einleuchtend scheint, hat Tücken, um es einmal milde auszudrücken. Die Exporteure sind nämlich in unterschiedlichem Mass vom hohen Franken betroffen. Die einen stark, weil sie keine Vorleistungen aus dem Ausland beziehen. Die anderen wenig, weil sie einen Grossteil ihrer Vorleistungen – dank tiefem Eurokurs billig – aus dem Euro oder Dollarraum beziehen. Profitieren alle Exporteure gleichermassen von einem Sonderwechselkurs, so kommt dies einer massiven und ungerechtfertigten Subventionierung der letzteren Gruppe gleich.

Konsequenterweise müsste man auch die dank tiefem Eurokurs zu billigen Importe mit einem Zoll belegen. Erst ein System mit Subventionen für Exporte und einer Besteuerung der Importe könnte den unterschiedlichen Produktionsstrukturen der Exporteure wenigstens halbwegs gerecht werden. Doch wer bestimmt dann den „richtigen“ Wechselkurs aufgrund dessen die Höhe der Subventionen und Zölle bestimmt wird? Der Bundesrat? Die SNB, die das aus guten Gründen noch nie gemacht hat?

Das vorgeschlagene Instrument ist übrigens nicht einmal neu. Die SNB bot gewissen Industriezweigen in den 70-er Jahren sogenannte Devisenbezugsrechte an (siehe Festschrift der SNB, Seiten 281 und folgende). Im Gegensatz zu heute gab es damals allerdings nur beschränkte Möglichkeiten, den Wechselkurs über den Markt abzusichern . Mit administrierten Preisen – wie den vorgeschlagenen Sonderwechselkursen, die nicht den Marktkursen entsprechen – lässt sich übrigens prima spekulieren. Es ist anzunehmen, dass dies bereits in den 70-er Jahren passiert ist. So steht in der Festschrift (Seite 283): Die Absicherungsmöglichkeiten gegen Wechselkursschwankungen, die die Nationalbank bestimmten Exportzweigen offerierte, führten im Zusammenhang mit den Währungsturbulenzen von 1978 zu Anschlussbegehren anderer Branchen. Die Notenbank war jedoch nicht in der Lage, darauf einzutreten, da dies eine eigentliche Trennung des Devisenmarktes in einen kommerziellen und einen finanziellen Sektor nach sich gezogen hätte. Eine generelle Regelung kam somit nur auf der Grundlage eines marktkonformen Vorgehens in Frage, zumal verschiedene Fälle von Missbräuchen es gleichfalls als wünschenswert erscheinen liessen, spezielle Vergünstigungen einzustellen.“

Letztlich stellt sich die Frage, wer denn diese überdimensionierte Giesskanne bezahlen soll? Die Steuerzahler, die damit unter Umständen auch nicht gerechtfertigte Subventionen und Strukturerhaltung berappen müssen? Die SNB? Dann könnte die Nationalbank aber ebenso gut und mit weniger Verzerrungen direkt intervenieren. Doch gerade mit Deviseninterventionen hat sich die SNB bei vielen Kritikern unbeliebt gemacht. Glaubt denn wirklich noch jemand, die bürokratischen, ungenauen und verzerrenden Sonder-Wechselkurse seien gratis zu haben?

PS 1: Daniel Lampart bezieht sich bei seinem Vorschlag zu Spezialwechselkursen für Exporteure auf einen Vorschlag des renommierten MIT Ökonomen Ricardo Caballero. Doch der Vergleich mit Caballeros „case for monitored and temporary dual exchange rates“ hinkt gewaltig. Caballero bezieht sich nur auf einen ganz speziellen Fall, nämlich Exportsubventionen „for those surplus emerging market economies that implement sharp nominal appreciations“ (sprich: China).

PS 2: Bei der Recherche gefunden: „Eine zeitlich befristete Gewährung eines Sonderwechselkurses für Schweizer Exporte in den Dollarraum wäre weder wirtschaftlich sinnvoll noch verfassungskonform. Der Bundesrat lehnt deshalb ein entsprechendes Postulat der SP-Fraktion ab.“ Pressemitteilung der Eidgenössischen Finanzverwaltung vom 11. Sep 2003. Hier der ganze Text.

SNB Gewinne verschüttet

Eigentlich wollte ich etwas über die Abhängigkeit der Kantone von der Ausschüttung der SNB Gewinne schreiben. Bei der Recherche bin ich auf einen Blog Beitrag von Markus Schneider gestossen, der die Geschichte der Ausschüttungen und die sich dadurch ergebenden Abhängigkeiten wunderbar beschreibt. Und da wir beim batz.ch nicht zu denen gehören, die bei anderen abschreiben (wie mit unseren Beiträgen schon geschehen), hier der Beitrag in voller Länge – Ehre, wem Ehre gebührt.

 Markus Schneiders Kommentar, mit dem passenden Titel „Robin Hoods Verrat“ ist übrigens schon über vier Jahre alt. Er wurde im Zusammenhang mit der KOSA Initiative geschrieben. Die damalige Forderung „Nationalbankgewinne für die AHV“ tönt aus heutiger Sicht ziemlich schräg. Waren damit auch negative Gewinne gemeint? Man stelle sich die Schlagzeile vor: Die AHV schiesst 30 Milliarden Franken in die SNB ein…

Prognosen als Entscheidungshilfen

Monika Bütler

Weshalb Projektionen wichtig sind – auch wenn sie falsch sind

NZZ am Sonntag vom 2. Januar 2011

Yves Rossier, der Direktor des Bundesamts für Sozialversicherungen, ist viel schlanker geworden. So schien es mir jedenfalls, als ich ihn das letzte Mal traf. Er habe das Rauchen aufgegeben, meinte er, und zuerst innert zwei Wochen vier Kilo zugenommen. Seine Frau habe ihn dann aber gewarnt: In fünf Jahren wiegst Du mehr als eine halbe Tonne, wenn Du im gleichen Stil weitermachst. Diese Hochrechnung habe ihn zu einem radikalen Kurswechsel bewogen.

Frau Rossiers „Gewichtsprognose“ hat sich nicht bewahrheitet – genau sowenig wie viele düstere Prognosen in den Sozialversicherungen und den Staatsfinanzen. Mittel- und langfristige Projektionen werden daher oft als unwissenschaftlich abgetan. Zu pessimistische Prognosen würden gar die Sozialwerke gefährden. Dabei handelt es sich nicht einmal um richtige Prognosen.

„Echte“ Prognosen wie Wettervorhersagen oder Tsunamiwarnungen schätzen äussere Vorkommnisse voraus. Wir können das Wetter nicht ändern, uns aber immerhin mit einem Schirm wappnen wenn Regen angesagt ist. „Prognosen“ in Wirtschafts- und Sozialpolitik beziehen sich hingegen auf Ereignisse, die wir noch ändern können. Es sind daher lediglich Projektionen – Szenarien, die erst unter bestimmten Bedingungen eintreffen. Die Staatverschuldung oder die Finanzlage der Sozialversicherungen können wir beeinflussen. Was-geschieht-wenn-wir-nichts-ändern?-Projektionen helfen uns, die politische Trägheit zu überwinden und zu handeln.

Obwohl im nachhinein gesehen falsch, hat die prognostizierte halbe Tonne ihren Dienst getan. Solche Projektionen erlauben, die Konsequenzen des heutigen Verhaltens abzuschätzen. Wird darauf reagiert, tritt das befürchtete Szenario unter Umständen gar nicht ein. Die Nützlichkeit der Projektion liegt darin, dass sie paradoxerweise hilft, ihr eigenes Eintreten zu verhindern.

Yves Rossier dürfte die Zukunft der AHV mehr belasten als sein eigenes Gewicht. Pessimistische Szenarien der Vergangenheit dienen heute den Gegnern von Reformen als willkommener Vorwand, diese zu blockieren. Dass sich die Voraussagen über die Zukunft der AHV nicht immer bewahrheiteten, hat teils mit Unvorhersehbarem zu tun – aber eben auch damit, dass die Projektionen rechtzeitig zu Anpassungen führten. So wurde das Rentenalter der Frauen erhöht und ein zusätzliches Mehrwertsteuerprozent zur Finanzierung erhoben. Ohne diese Massnahmen fehlten der AHV heute jährlich mehrere Milliarden, und sie schriebe tatsächlich die damals projizierten roten Zahlen.

Auch den Kantonen und Gemeinden wird regelmässig vorgeworfen, zu pessimistisch zu prognostizieren. Doch vorsichtig zu budgetieren hat einen einfachen Grund. Fehler gegen oben und unten sind beim Geld einteilen nicht gleich schlimm. Ein unerwarteter Überschuss ist viel einfacher zu bewältigen als ein unerwarteter Fehlbetrag. Wenn ein zu optimistisches Budget teure Folgen hat, dürfen Projektionen gerne eine Prise „Zweckpessimismus“ enthalten.

Wer immer noch denkt, zu vorsichtige Projektionen seien schädlich, der sei an die Stresstests der europäischen Banken in der Finanzkrise erinnert. Mit Bravour bestanden selbst die irischen Banken noch diesen Sommer die vermeintlich konservativen Szenarien. Im Nachhinein wären die Iren und ganz Europa froh, die Projektionen wären pessimistischer gewesen und hätten eine frühere, weniger kostspielige Intervention ermöglicht.

Nicht die Schulden-Projektionen gefährden die Sozialwerke, sondern das Nicht- Reagieren auf die prognostizierten Entwicklungen. Wir sollten deshalb nicht über die Güte von Prognosen streiten, deren Eintreten wir verhindern wollen. Ob eine halbe Tonne oder zwei Zentner, ist einerlei. Entscheidend ist, die richtigen Massnahmen zu ergreifen: Weniger essen, weniger ausgeben. Den Staaten bleibt verwehrt, was Yves Rossier möglich ist: Das Rauchen wieder aufzunehmen.

Die Falschmünzer

Vor zwei Wochen schrieb ich in der NZZ am Sonntag über Geschenke. Und über eine falsche Münze.

Unser älterer Bub – er war damals gut zwei – erhielt in der Adventszeit vom Nonno einen Fünfliber. Peter musterte das Stück, nestelte am Rand herum, sagte etwas von „uufmache“ – und begann dann bitterlich zu weinen. Die Münze war falsch. Sie war nur aus Metall und nicht, wie Peter sich erhofft hatte, innen aus Schokolade.

In der Zwischenzeit hat mir ein edler Spender echte Schokoladefünfliber zukommenlassen – vielen herzlichen Dank!

Übrigens: Meine Französischlehrerin an der Kanti, Annette Gersbach, hat mir mit einem Buch über die Problematik der Unterscheidung von Echtem und Falschem das Französische nähergebracht. Es handelt sich um den Roman Les Faux-Monnayeursvon André Gide, erschienen 1925.

Adventskalender 20

Wir hatten am Samstag türkische Freunde zu Besuch. Und da fielen mir wieder die wunderbaren Geschichten des Nasreddin Hoca ein, eines türkischen Volksweisen, der im 14. Jahrhundert gelebt haben soll. Sein Leben und seine Erlebnisse wurden über viele Jahrhunderte mündlich überliefert, so zum Beispiel auch folgende Geschichte:

An Markttagen stand Mulla Nasreddin Hoca häufig auf der Gasse und machte sich zum Narren: Immer wenn ihm Leute ein grosses und ein kleines Geldstück anboten, nahm er das kleinere. Eines Tages sagte ein wohlmeinender Mann zu ihm: „Mulla, du solltest die grössere Münze nehmen. Dann wirst du mehr Geld besitzen, und die Leute haben nicht länger Gelegenheit, sich über dich lustig zu machen.“ „Das mag stimmen“, sagte Nasreddin, „aber wenn ich stets die grössere Münze nehme, werden die Leute aufhören, mir Geld zugeben. Denn sie tun es ja nur, um zu beweisen, dass ich verrückter bin als sie. Und dann würde ich überhaupt kein Geld mehr haben.“

Quelle für die Geschichte:  http://www.nasrudin.de/

Mehr über Hoca finden Sie hier.

Adventskalender 16

Heute vor 176 Jahren, am 16. Dezember 1834 wurde Léon Walras in der Normandie geboren. Den Grossteil seines Lebens lehrte und forschte er an meiner früheren (und Marius Brülharts aktueller) akademischen Heimat, der Uni Lausanne. Walras gilt als einer der Begründer der modernen Wirtschaftstheorie und vor allem als Vater der allgemeinen Gleichgewichtstheorie. Weniger bekannt ist, dass Walras auch zur angewandten Wirtschaftspolitik geschrieben hat. Der untenstehende Beitrag zum staatlichen Engagement bei den Eisenbahnen rührt nicht zuletzt daher, dass Walras an französischen Hochschulen keine Anstellung fand und zwischen 1865 und 1868 in der Verwaltung der Eisenbahngesellschaft Chemin de Fer Du Nord arbeitete.

„L’État peut et doit intervenir dans l’industrie des chemins de fer, et cela à un double titre: 1° parce que le service des chemins de fer, en ce qui concerne les transports des services ou produits d’intérêt public, est lui-même un service public; 2° parce que le service des chemins de fer, en ce qui concerne le transport des services ou produits d’intérêt privé, est un monopole naturel et nécessaire qui, comme monopole privé, ne serait fondé ni en droit ni en intérêt et qui, par conséquent, doit être érigé en monopole d’État économique.“

Aus Léon Walras – Etudes d’économie politique appliquée

Pension of last resort

Verkehrte Welt: Ausgerechnet mit den Stimmen der rechts-konservativen Regierungsmehrheit hat heute das ungarische Parlament die Verstaatlichung des privaten Teils der Altersvorsorge beschlossen. Der von der linken und grünen Opposition stammende Vorwurf „Rentenklau“ trifft diesmal den Sachverhalt genau.

Damit reiht sich Ungarn in eine ganze Reihe von Ländern ein, die ihre Staatsfinanzen und maroden Rentensysteme durch Enteignung kapitalgedeckter Vorsorgepläne „sanieren“.

Oktober 2008, Argentinien: Die peronistische Präsidentin Cristina Kirchner verstaatlicht die zehn privat verwalteten Rentenfonds. Die „Notmassnahme“ zur Rettung der staatlichen Alterssicherung wird vom argentinischen Kongress abgesegnet.

November 2010, Irland: Im Rahmen des National Recovery Plans werden die nationalen Pensionsfonds faktisch gezwungen staatliche Schrottpapiere zu kaufen. Eine schleichende Form der Enteignung.

Dezember 2010: Bolivien verstaatlicht die privaten Pensionskassen – und versüsst die bittere Pille mit einer Senkung des ordentlichen Rentenalters von 65/60 Jahren auf 58 Jahre. Paradox: Dreizehn Jahre früher privatisierte Bolivien seine Pensionsfonds nach einem Zusammenbruch des staatlichen Rentensystems.

Wer kommt als nächstes?