Klaus Wellershoff zur Unabhängigkeit der Nationalbank

„Verwundert reibt man sich die Augen: Es herrscht also Preisstabilität, die Wirtschaft wächst und eine der grössten Krisen der Wirtschaftsgeschichte der Schweiz wurde im internationalen Vergleicht hervorragend bewältigt.“
Dies schreibt Klaus Wellershoff zum Leistungsausweis der Nationalbank in der Handelszeitung http://www.handelszeitung.ch vom 17. März. Der Artikel ist sehr informativ und sei allen Interessierten wärmstens empfohlen. http://www.wellershoff.ch/media/publications/pdf/Essay-Handelszeitung-2011-03.pdf

Japan

Unser Blog hat einen klaren Fokus: Die Schweizer Wirtschaftspolitik.

Dennoch möchte ich heute einen höchst interessanten Link zu einer ersten Einschätzung der wirtschaftlichen Folgen der Katastrophe in Japan aufschalten. Auch die die Schweiz ist als Teil der Welt von den Folgen betroffen, nicht zuletzt durch ihre grossen Versicherungen.

Die Weltwoche zitiert – ohne Namen

Roger Köppel hat für seinen Artikel „Niemand kontrolliert die Notenbank“ alle Bankräte der SNB angeschrieben. Die Fragen betrafen die Arbeit des Bankrates. Kein Wunder also, dass sich hier keine(r) der Bankräte direkt äussern konnte und wollte. Aus den Rückmeldungen hat Roger Köppel dennoch eine Geschichte konstruiert, die ich hier nicht wiedergeben möchte. Es ist Roger Köppels gutes Recht, die Nationalbank und den Bankrat zu kritisieren.

Die Debatte über die richtige (oder falsche) Notenbankpolitik darf und soll geführt werden. Weniger schätze ich allerdings, dass ich in der konstruierten Geschichte ohne Name zitiert werde: „Weder aus dem Wortlaut Ihrer Fragen noch aus der jüngeren Berichterstattung der Weltwoche zum Thema Nationalbank kann ich irgendein Bestreben nach sachlicher Information der Leserschaft erkennen.“ Geschrieben habe ich ihm nämlich auch „Was ich sagen will, unterschreibe ich auch.“ Das sei hiermit getan.

Unschön finde ich zudem, dass Roger Köppel den Satz aus einer persönlichen Bemerkung riss. Dann lieber der ganze Abschnitt: „Erlauben Sie mir zum Schluss noch eine persönliche Bemerkung: Ich arbeite grundsätzlich gerne mit den Medien zusammen, weil ich es als sehr wichtig erachte, dass wir uns als Wissenschafter in der öffentlichen Debatte engagieren. Wie Sie wissen habe ich auch schon öfters Weltwoche Autoren detailliert Auskunft gegeben.

Wenn allerdings die Meinungen bereits derart verfestigt sind, dass ich keine Chance sehe, aufklärend mitzuwirken, sehe ich nicht ein, weshalb ich hier noch Stellung nehmen soll. Weder aus dem Wortlaut Ihrer Fragen noch aus der jüngeren Berichterstattung der Weltwoche zum Thema Nationalbank kann ich irgendein Bestreben nach sachlicher Information der Leserschaft erkennen.“

Japan

In der Katastrophe werden die Grenzen der Wirtschaftswissenschaft schmerzhaft spürbar. Ein bisschen Trost haben wir heute in der abgebildeten Grafik gefunden. Sie zeigt, dass in diesen Tagen an der Südspitze Japans die Kirschblüte beginnt und dann nordwärts das ganze Land mit ihrem rosa Schleier überzieht. Wir grüssen mit ihr nicht nur unsere Leser, sondern auch all unsere japanischen Kollegen und Freunde.

Martin Hellwig zur Schweizer Bankenregulierung

Bald endet die Vernehmlassungsfrist zu den vom Bundesrat vorgeschlagenen Massnahmen gegen die faktische Staatsgarantie für Grossbanken (Revision des Bankengesetzes). All denen, die ihre Stellungnahme noch nicht abgegeben haben, sei dringend das Referat von Prof. Martin Hellwig vom kommenden Donnerstag in Bern empfohlen. Martin Hellwig ist einer der allerbesten Ökonomen im deutschsprachigen Raum und gehört auch weltweit zur Spitze. Wir kennen kaum einen Kollegen, der auch ausserhalb der Fachpublikationen derart präzise und klar denkt und spricht.

Die IV mit Burn-Out

Vor einigen Jahren dominierten „Scheininvalide“ die Diskussion um die schweizerische Invalidenversicherung IV und deren Finanzierung. Mit der 5. IV Revision sowie der generellen Verschärfung der Beurteilungspraxis in der IV drehte der Wind. Die Anzahl der Neurentner sank massiv, die „Scheininvaliden verschwanden aus der Diskussion. Heute steht die IV am Pranger. Der Chef der IV, Stefan Ritler, musste sich vergangene Woche nach einem Interview mit dem Tagesanzeiger harsche Kritik gefallen lassen („Ein Zyniker als oberster IV Chef“, „Nationalsozialistisches Gedankengut“), weil er sachlich Fragen zur Rentensprechung bei psychischen Leiden und Scheudertraumatas beantwortete.

Der Tagesanzeiger goss allerdings auch Öl ins Feuer, indem er das Interview mit „Arbeit ist die beste Ablenkung vom Schmerz“ betitelt hat. Dies hat Herr Ritler so natürlich nicht gesagt. Die kritischen Passagen lauten (Achtung: Zitat ;-)):

Tagesanzeiger: Gibt es das Schleudertrauma aus Ihrer Sicht gar nicht?
Ritler: Zum Schleudertrauma möchte ich Folgendes sagen: In der Westschweiz gibt es diese Diagnose praktisch nicht. Im umliegenden Ausland auch nicht, weil damit keine Versicherungsleistungen bezogen werden können. Die Diagnosen kommen vor allem im Grossraum Basel-Zürich vor, wo die sogenannten Geschädigtenanwälte ihre Büros haben. Auch ich weiss von Menschen, die nach einem Schlag auf die Halswirbelsäule bei gewissen Belastungen Schmerzen haben. Meine Feststellung ist aber auch hier: Die Rente nimmt diesen Schmerz nicht. Es stellt sich aber die Frage, ob die Betroffenen medizinisch adäquat behandelt worden sind.

Tagesanzeiger: Aber mit diesem Schmerz kann man unter Umständen nicht arbeiten.
Ritler: Das schliessen wir nicht grundsätzlich aus. Wir stellen uns aber zuerst die Frage, was kann jemand gegen die Schmerzen unternehmen? Leute mit Schmerzen sagen doch oft: Die Arbeit ist die beste Ablenkung von meinem Schmerz. Wenn man sich zu Hause in sozialer Isolation immer mit seinen Schmerzen beschäftigt, wird es noch schlimmer.

Die Aufgabe der Invalidenversicherung ist keine einfache: Psychische Krankheiten und somatoforme Störungen (Schmerzen ohne organische Ursache) stellen viel höhere Anforderungen als körperliche. Sie sind oft mit der Arbeits- und Lebenssituation der Betroffenen verzahnt. Ihre Diagnose ist schwierig – trotz Früherkennungsmassnahmen. Internationale Studien zeigen, dass Fehlerquoten bei den Invalidenversicherungen hoch sind. Dabei geht es nicht nur um „Scheininvalide“. Strenge Screenings führen nachweislich dazu, dass vielen tatsächlich Kranken Leistungen zu Unrecht verweigert werden – in den USA bis zu einem Viertel der Kranken.

Mehr dazu in meinem Artikel in der NZZ von heute. Wer die NZZ abonniert hat: Der meinem Beitrag gegenüberliegende Artikel von Jürg Krummenacher ist übrigens sehr interessant, auch wenn ich nicht alle seine Ansichten teile. Übrigens: Reaktionen sind auch schon eingetroffen – allerdings noch nicht 211 wie beim Interview mit Stefan Rittler.

PS: Die im Artikel zitierte Arbeit von Low und Pistaferri findet sich hier.