Klaus Wellershoff zur Unabhängigkeit der Nationalbank

„Verwundert reibt man sich die Augen: Es herrscht also Preisstabilität, die Wirtschaft wächst und eine der grössten Krisen der Wirtschaftsgeschichte der Schweiz wurde im internationalen Vergleicht hervorragend bewältigt.“
Dies schreibt Klaus Wellershoff zum Leistungsausweis der Nationalbank in der Handelszeitung http://www.handelszeitung.ch vom 17. März. Der Artikel ist sehr informativ und sei allen Interessierten wärmstens empfohlen. http://www.wellershoff.ch/media/publications/pdf/Essay-Handelszeitung-2011-03.pdf

6 thoughts on “Klaus Wellershoff zur Unabhängigkeit der Nationalbank

  1. Wenn ich das lese, sorge ich mich schon eher um die Unabhängigkeit von Wellershoff. Selbst wenn mir die Kritik von Köppel und Co. auch übertrieben vorkommt …

  2. Ich stimme Herrn Wellershoff grösstenteils zu. Aber den Vorwurf bezüglich der Deviseninterventionen kann auch er nicht wirklich entkräften. Natürlich schiesst Herr Köppel übers Ziel hinaus (z.B. sein Vergleich der Verluste der SNB mit denen der UBS), das heisst aber nicht, dass man die Euro-Käufe nicht kritisch hinterfragen sollte.
    Man weiss zwar nicht, wie sich den der Franken entwickelt hätte, wenn die SNB untätig geblieben wäre; deshalb ist es auch unsinnig, die Operationen abschliessend als Misserfolg zu bewerten. Wenn man sich aber die täglichen Volumina auf dem Devisenmarkt ansieht, scheint mir der Glaube der SNB an einen nachhaltigen Einfluss auf des Franken-Kurses doch ein wenig naiv.

  3. Nationalbank im Fadenkreuz – doch die Unabhängigkeit ist zentral
    Replik auf den Artikel von Klaus Wellershoff, Handelszeitung, 17. März 2011, S. 7
    Nationalbank – einmal mehr schöngeredet
    Von Marc Meyer, Dr. rer. pol. Riehen;
    Für Herrn Wellershoff scheint bei der Schweizerischen Nationalbank (SNB) die Welt in bester Ordnung zu sein. Die Kritik an der SNB käme von den Grossbanken, als Folge der geplanten strengeren Bankenregulierungen in der Schweiz. Eine Partei am rechten Rande des politischen Spektrums habe sich angeschlossen. Für unbefangene Beobachter bleibe ein bitterer Nachgeschmack. Die SNB sei Opfer ihres eigenen Erfolges geworden. Der Präsident des Direktoriums der SNB, Philipp Hildebrand habe Finanzstabilität garantiert. Bestnoten also für Herrn Dr. Hildebrand von Herrn Dr. Wellershoff.
    Analysieren wir die Aussagen von Herrn Wellershoff etwas näher: Er schreibt beispielsweise, es sei beeindruckend, dass die SNB seit ihrem Bestehen vor über 100 Jahren im Vergleich zu anderen Ländern von Hyperinflation verschont geblieben sei, weil die SNB ihr dominantes Ziel der Preisstabilität verfolgt habe. Wellershoff übersieht, dass beispielsweise die Hyperinflation in Deutschland nicht auf ein Verschulden der damaligen Deutschen Reichsbank zurückzuführen war. Es waren vor allem die Reparationszahlungen nach dem 1. Weltkrieg, und ein repressives Regie, welche zur Hyperinflation führten. Wenn also die Schweiz keine Hyperinflation durchmachte, so war das nicht das Verdienst der SNB, sondern das Verdienst der unabhängigen Politik der Schweiz und jener Politiker, die Wert auf die Unabhängigkeit der Schweiz legten.
    Wellershoff schreibt auch, die SNB dürfe keine Weisungen von Bundesrat oder Parlament empfangen. Bei genauer Beobachtung der Entwicklung in Sachen Unabhängigkeit der SNB fällt auf, dass diese in den vergangenen Jahren zusehends missbraucht wurde – von der SNB selbst und auch vom Bundesrat. Als die Grossbank UBS in Bedrängnis kam, ging der Verwaltungsrat der UBS nicht direkt zur SNB und bat diese um Übernahme der toxischen Wertpapiere. Nein – der VR der UBS ging direkt zum Bundesrat mit seiner Bitte. Die SNB führte dann aus. Bundesrat Merz erklärte am Fernsehen, wenn die SNB die toxischen Wertpapiere der UBS nicht übernommen hätte, so hätte der Verlust für die Schweiz 300 Milliarden Franken betragen, obwohl die UBS an der Börse nur 30 Milliarden wert war. Oder als der Franken im vergangenen Jahr fester wurde sprach der von der FDP zum Bundesrat aufgebaute Nationalrat Schneider-Ammann als Präsident der SWISSMEN diesbezüglich bei der SNB vor – so stand es jedenfalls in der Presse.
    Die Unabhängigkeit der SNB wurde somit zusehends zur Gefahr: Interessengruppen schienen bei der SNB mehr und mehr Einfluss zu erhalten. Die Unabhängigkeit der SNB wurde auch von ihr selber missbraucht: Die Notenbankgeldmenge der SNB beträgt knapp 50 Milliarden Franken. Wenn man davon ausgeht, dass die Reserven (bzw. das EK) der SNB etwa 150% der Notenbankgeldmenge ausmachen sollten (heute betragen diese nur noch etwa 70% der Geldmenge), so ergibt das für die SNB einen Handlungsspielraum von rund 70 Milliarden Franken. Die SNB hat ihre Bilanz aber auf 270 Milliarden aufgebläht! Sie hat ihre Kompetenz um rund das Vierfache überschritten! Als Folge davon ist ihr Eigenkapital unter das Niveau gesunken, das sie selbst von den Grossbanken verlangt. Sie hat zudem ein enormes Klumpenrisiko – auch das im Widerspruch zu ihren Anforderungen an die Grossbanken. Das alles verschweigt Wellershoff. Die SNB hat ihre Unabhängigkeit also weidlich ausgenützt und missbraucht. Deshalb benötigt die SNB dringend Leitplanken und den Schutz durch die Politik.
    Die entscheidenden Faktoren für die Preisstabilität sind, dass die Wirtschaft produktiv arbeitet und die Importpreise tief bleiben. Mit dem Kauf von über 200 Milliarden Euros hat die SNB versucht, den Franken zu drücken. Dadurch steigen die Importpreise und die Inflation. Die SNB hat also dem Primat der Preisstabilität in grobfahrlässiger Weise entgegengearbeitet und ihrem Verfassungsauftrag zuwidergehandelt. Der Franken ist ein sicherer Hafen nicht wegen der SNB, sondern wegen der Schweizer Politik – trotz grobfahrlässiger SNB.
    Herr Wellershoff schreibt, Philipp Hildebrand garantiere für die Finanzstabilität. Werfen wir einen Blick zurück: Im April 1996 schrieb Hildebrand einen ganzseitigen Artikel in der Finanz und Wirtschaft. Darin argumentierte er wörtlich: „Die Schweizerische Nationalbank sollte Devisen wie DM und Dollar kaufen, die sich mit 3.5% beziehungsweise 5.5% verzinsen. Die Emission Schweizer Verbindlichkeiten wird lediglich 0.5% kosten. Ein derartiges Vorgehen könnte (wie die Bank von Japan) hohe Gewinne abwerfen.“ Hildebrand schlug also hochriskante Currency Carry Trades vor, um den Gewinn der SNB zu maximieren. Er übersah, dass diese zulasten der Schweizer Wirtschaft gingen und nur das SNB-Management gut aussehen lassen, wenn sie erfolgreich sind. Kaum im Amt im Jahre 2010 konnte er seine Ideen zur Gewinnmaximierung der SNB umsetzen. Er kaufte Euros knapp über der Marke von 1.45 Euro/CHF, welche während des ganzen Jahres 2002 und auch im Jahre 2008 gehalten hatte. Im April 2010 hielt diese Marke aber nicht mehr. Mit jedem Cent, den der Euro verliert, verlieren wir jetzt über 2.5 Milliarden Franken. Die SNB ist kein Hedgefonds zum spekulieren.
    Nun rechtfertigt die SNB die hohen Euro-Einkäufe im vergangenen Jahr nachträglich mit der Deflationsgefahr – obwohl die SNB in allen vier Quartalsheften des vergangenen Jahres schrieb, die Konjunktur würde anziehen. Zudem hätte bei einer Deflationsgefahr die SNB die Schweizer Wirtschaft mit Kapital versorgen sollen. Sie hat aber das Gegenteil getan: Sie hat sich in der Schweiz mit über 200 Milliarden verschuldet und das Kapital ins Ausland abgeführt – trotz vom Volk beschlossener Schuldenbremse Die Schulden der SNB sind Staatsschulden. Diese haben also nicht abgenommen, wie Wellershoff schreibt, sondern sie sind exorbitant gestiegen.
    Zudem hat die SNB in sämtlichen Quartalsheften des vergangenen Jahres behauptet, sie betreibe eine expansive Geldpolitik. Gemäss ihrem eigenen Reglement „Geldpolitisches Instrumentarium“ bedeutet eine expansive Geldpolitik, dass die SNB in Schweizer Repos investiere. Im vergangenen Jahr hat sie aber im Gegenteil ihre sämtlichen Repos im Betrag von 36 Milliarden verkauft und steht nun am Repo-Markt mit 27 Milliarden in der Kreide. Die SNB hat also die Aktionäre und die Öffentlichkeit während des ganzen Jahres irregeführt. Deshalb ist dem Bankrat der SNB an der kommenden GV die Decharge zu verweigern.
    Die SNB besitzt jetzt gar keine Repos mehr. Sie hat ihr Hauptinstrument zur Steuerung der Geldpolitik aus der Hand gegeben. Bei einem Gesamtvermögen von 270 Milliarden Franken investiert sie jetzt nur noch 3.5 Milliarden oder knapp mehr als ein Prozent in der Schweiz – zuwenig, um die Frankenzinsen zu steuern. In ihrer letzten Pressekonferenz am 16. April 2011 hat die SNB behaupte, sie führe ihre expansive Geldpolitik fort – sie gaukelt uns etwas vor – sie hat ja gar keine Repos mehr!
    All das erwähnt Klaus Wellershoff in seiner Lobeshymne auf die Schweizerische Nationalbank nicht – es wird Zeit für eine nüchterne Analyse.
    Marc Meyer, Dr. rer. pol. , Riehen, Mitinitiator der überparteilichen Volksinitiative „Unsere Nationalbank gehört uns allen!“

    Marc Meyer, Dr. rer. pol.
    Hellring 7
    4125 Riehen

  4. @Herr Meyer:
    Bis anhin hat die SNB einen guten Job getan: die Preise sind stabil.

    Den Zins steuert die SNB über die Geldmenge, nicht über Investitionen. Denn die Geldmenge beeinflusst direkt die Kreditvergabe der Banken und diese widerum die Investitionen und somit die Zinsen.

    Machen Sie sich keine Sorgen – uns droht weder eine Hyperinflation noch eine Deflation. Die SNB macht ihren Job schon gut.
    Die Euros, die die SNB gekauft hat, waren defacto nur gedruckte Schweizerfranken – Bewertungsverluste sind ein Rückgang der Geldmenge und können durch weiteres Gelddrucken gratis kompensiert werden. Dies sieht man relativ einfach, wenn man sich nochmals die Bilanz des Instituts vor Augen führt.

  5. Sehr geehrter Herr Bucher

    Besten Dank für die beruhigenden Worte.

    1. Nicht ich mache mir Sorgen wegen der Deflation. Nein, die SNB macht sich grosse Sorgen über die Deflation, sonst hätte Sei nicht für 200 Milliarden euros gekauft, um die Deflation zu drücken.

    2. Die PReise sind stabil, weil die Wirtscahft produktiv arbeitet und weil die Importpreise gesunken sind. Mit dem Kauf von Euros im Gegenwert von 200 Milliarden Franken hat die SNB die Preisstabilität aufs Spiel gesetzt. Wir haben nicht stabile Preisse wegen der SNB, sondern wegen der Schweizher Wirtschaft – trotz der SNB.Übrigens: Der weitaus grösste Teil der Geldmenge ist Buchgeld.

    3. Bitte lesen Sie einmal die Richtlinien der SNB „Geldpolitisches Instrumentarium“ durch. Dort steht, dass die SNB über ihre Investitionen in Repos den 3-Monats-Libor beeinflusst. Investitionen der SNB in Repos werden auf der Aktivseite der SNB-Bilanz verbucht. Die SNB steuert ihre zinsen also seit dem Jarh 2000 (Geldmengenziele) nicht mehr über die Geldmenge, sondern über ihre Investitionen. Zudem ist es nicht schwer verständlich, dass Investitionen der SNB in Euor-Staatsanleihen einen anderen Effekt uf das Zinsniveau haben als Investitionen in Schweizer Staatsanleihen. Das sollten Sie verstehen.

    4. Wie können Sie behaupten, die Euros, welche die SNB gekauft habe seien defacto nur gedruckte Schweizerfranken? Die SNB hat nciht Banknoten gedruckt, um die Euros zu kaufen (siehe SNB-Bilanz), sondern sie hat sich masiv über Schuldverschreibungen veschuldet (trotz Schuldenbremse, si sehat ihre sämtlichen Repos verkauft und ist zudem am Repo-Markt Schulderin von 27 Mrd geworden. Damti hat sie die Euros gekauft – nicht mit gedruckten Banknoten.

    5. Buchgeld verluste sind genauso Geldverluste wie Bargeldverluste. Der grösste Teil der Geldmenge besteht aus Buchgeld.

    Sie schreiben, das sei alles relativ einfach, wenn man sich die Bilanz der SNB vor Augen hält – richtig. Halten Sie sich die SNB-Bilanz vor augen.

    Mit freundlichen Grüssen

    Marc Meyer

  6. Sehr geehrter Herr Dr. Meyer

    Ihre sehr gewählte Form der Information über Schwierigkeiten lässt auf eine
    jahrzehntelange wirtschaftliche und politische Erfahrung schliessen.
    Falls Sie regelmässig schreiben würde ich gerne Ihre Gedanken zu anderen
    dazunehmen. Gerne dürfen Sie mich in Ihre Versandliste aufnehmen.

    Ich Grüsse Sie freundlichst
    R. Metz

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