Die UBS und ihre Aktienrendite

Urs Birchler und Alexander Wagner

Kürzlich gab Sergio Ermotti, CEO von UBS, ein Interview mit Finanz und Wirtschaft (15.9.2012). Daraus eine Frage und die (nicht allzu beruhigende) Antwort.

Sie haben das Ziel erwähnt, auf Gruppenebene 12 bis 17% Eigenkapitalrendite zu erreichen. Analysten schätzen die Kapitalkosten der UBS auf 11 bis 14%. Der neue CEO von Barclays hat als erste Amtshandlung erklärt, das Ziel der britischen Grossbank sei neu, mindestens die eigenen ­Kapitalkosten zu verdienen. Auf eine fixe Vorgabe des Return on Equity verzichtet er. Wieso halten Sie trotzdem an einem klar definierten RoE-Ziel fest?
Weil die Aktionäre ein Recht darauf haben, zu wissen, was wir mit ihrem Geld erreichen wollen. Die Aufgabe besteht darin, das Geschäftsmodell so auszurichten, dass die angestrebten 12 bis 17% Eigen­kapitalrendite zustande kommen. Als kotierte Bank wären wir unglaubwürdig, wenn wir nicht das Ziel hätten, mindestens unsere Kapitalkosten zu decken. Über den mehrjährigen Zyklus betrachtet darf der Aktionär zudem eine Prämie erwarten. Wenn wir ausserdem die Volatilität des Ertrags reduzieren, lassen sich mit der Zeit sogar die Kapitalkosten senken.

Was ist hier richtig und was nicht ganz?

  1. Richtig: Die Aussage, eine Unternehmung müsse ihre Kapitalkosten längerfristig decken können. Denn tatsächlich verschwindet sie sonst aus dem Markt.
  2. Irreführend: Die Annahme, die Kapitalkosten seien der Bank als exogenes Ziel für die Eigenmittelrendite (return on equity, ROE) vorgegeben. In Wirklichkeit ist es gerade umgekehrt: Die Kapitalkosten widerspiegeln die von der Bank beim Streben nach Eigenmittelrendite eingegangenen operativen und finanziellen Risiken, da die Investoren je nach Risiko eine entsprechende Risikoprämie verlangen. Der Versuch, eine hohe Eigenmittelrendite zu erzielen führt daher zu hohen Kapitalkosten — und nicht umgekehrt, wie behauptet.
  3. Richtig: Die Aussage, eine tiefere Volatilität der Erträge führe zu tieferen Kapitalkosten (wie gesagt: die Kapitalkosten sind die Folge, nicht die Ursache.) Dies gilt ceteris paribus, also zum Beispiel wenn die Marktvolatilität nicht noch stärker fällt.
  4. Falsch: Die Behauptung, über den mehrjährigen Zyklus dürfe der Aktionär eine Prämie (=Aktienrendite–Kapitalkosten) erwarten. Hier beisst sich die Katze in den Schwanz. In einem kompetitiven Markt gibt es keine Extra-Prämie, denn die Risikoprämie ist ja gerade die Quelle der Kapitalkosten.  Abweichungen gibt es nur, wenn zum Beispiel die Aktionäre systematisch die Risiken der Unternehmung unterschätzen oder mit Staatshilfe rechnen.
  5. Beunruhigend: Die Zielsetzung, zweistellige Zahlen für die Eigenmittelrendite anzustreben. Auch der angegebene Bereich von 12-17 Prozent ist noch hoch. Der Versuch, die Eigenmittelrendite im zweistelligen Bereich zu halten, kann kaum ohne entsprechende Risiken gelingen (zumal im gegenwärtigen Umfeld eines tiefen Zinsniveaus).

Die Problematik ist insofern brisant, als die Eigenmittelrendite die Mutter allen Unglücks im Bankensektor ist. Ein Ziel für den RoE ohne Berücksichtigung der Risiken haben wir in diesem Blog schon früher kritisiert.

P.S.: Unser Beitrag wurde zitiert im Tages-Anzeiger von heute (S. 16; ohne Hinweis auf batz.ch) und mit einer schönen Ergänzung von Mark Dittli (und Hinweis auf batz.ch) in der Finanz und Wirtschaft.