60’000’000’000 Franken

Nur gut 2 Jahre nach der Rettung der UBS scheinen viele vergessen zu haben, wie nahe das schweizerische Bankensystem – und mit ihm die schweizerische Volkswirtschaft – am Abgrund standen. Eine Gruppe von Krisenleugnern behauptet heute laut: Die Rettung der UBS war weder notwendig, noch riskant. Nicht viel fehlt zur Behauptung, die Nationalbank habe sich auf Kosten der UBS bereichert. So werden plötzlich die Geretteten zu Opfern und die Retter zu Tätern. Das Muster ist bekannt: Glück wird als privater Erfolg verbucht, Pech als Unvermögen der öffentlichen Hand.

Lesen Sie die ganze NZZaS Kolumne (27. März 2011)

„UBS-Sonderfonds schönt Jahresabschluss der Nationalbank“, meldete die NZZ kürzlich. UBS-Chef Oswald Grübel meinte gar: „Seit September 2008 hat die SNB an der Finanzierung 600 Millionen Dollar verdient.“ Man könnte meinen, dass die UBS im Begriff sei, die Schweizerische Nationalbank (SNB) zu retten. Oder dass der Bail-Out einer Grossbank für die Steuerzahler letztlich ein Geschäft sei und es deshalb die schärferen Kapitalvorschriften für Grossbanken gar nicht brauche.

Wer solches behauptet, hat entweder ein kurzes Gedächtnis oder ein verzerrtes Mass für Risiken. Wahrscheinlich sogar beides.

Zur Gedächtnisstütze: Im Herbst 2008 stand die UBS vor dem Kollaps. Der Markt stellte der UBS kein Kapital mehr zur Verfügung um Verluste auf den Subprime-Papieren zu decken. Bund und SNB standen vor einer unmöglichen Entscheidung: Die Bank fallen lassen oder ihr mit öffentlichen Mitteln – letztlich Steuergeldern – unter die Arme greifen. Bund und SNB wählten das kleinere Übel und stellten ein mehr als 60 Milliarden Franken teures Rettungspaket zur Verfügung. Ohne dieses wäre die UBS untergegangen, mit unabsehbaren Folgeschäden für die Wirtschaft. Deshalb kritisierte nicht einmal die Konkurrenz die Hilfe, wie es sonst unter Konkurrenten üblich ist – ein untrügliches Zeichen für deren Notwendigkeit.

Ebenfalls vergessen scheint, dass die Rettung der UBS trotz der massiven Finanzspritze alles andere als sicher war. Entsprechend gross waren die Risiken für Bund und Nationalbank. Die ganze Schweiz hielt während Monaten den Atem an. Selbst ein Überleben der UBS bot zu keinem Zeitpunkt Garantie, dass die eingesetzten öffentlichen Gelder „heil“ blieben. Ein Totalverlust des eingesetzten Kapitals war angesichts der internationalen Lage durchaus möglich. Die SNB musste sich denn auch stark rechtfertigen für die Übernahme vergifteter Papiere. Man stelle sich nur vor, welche Kritik sich die Notenbank im Falle eines Scheiterns der Hilfsmassnahmen hätte anhören müssen.

Der Erfolg der Rettungsaktion hatte handfeste Gründe: Erstens profitierten die Schweiz und ihre Banken kräftig von Rettungspaketen anderer Länder, namentlich der USA. Zweitens weiteten die wichtigsten Notenbanken die Geldmengen massiv aus. Dies hielt zwar den Finanzsektor flott und half der Realwirtschaft mit tiefen Zinsen durch die Krise, hinterliess aber auch Probleme: Ein noch heute nicht gebändigtes Inflationspotential und eine massive Ausweitung der Währungsreserven (und damit der Verlustrisiken der Notenbanken). Dass die UBS überlebte und die direkten Kosten für den Steuerzahler relativ gering blieben, ist nicht zuletzt der Weitsicht der beteiligten Gremien zu verdanken.

Umso erstaunlicher, dass nur zwei Jahre später eine Gruppe von Krisenleugnern laut wird und behauptet: Die Rettung der UBS war weder notwendig, noch riskant. Nicht viel fehlt zur Behauptung, die Nationalbank habe sich auf Kosten der UBS bereichert. So werden plötzlich die Geretteten zu Opfern und die Retter zu Tätern. Das Muster ist bekannt: Glück wird als privater Erfolg verbucht, Pech als Unvermögen der öffentlichen Hand.

Die Geschichtsverdrehung erfasst auch die Zeit nach der Krise. Wenn der Franken stark ist, gilt dies nicht als gute Note für die Krisenbewältigung durch die Schweizer Behörden. Wenn die Nationalbank wegen des starken Frankens auf ihren Devisenbeständen verliert, so gilt dies als schlimmere Spekulation als die tolpatschige Anhäufung von Risiken im Subprime-Markt durch gewisse Banken (derentwegen die Notenbankbilanz überhaupt erst aufgebläht werden musste).

„Finanzkrise als Geschäftsmodell der Notenbanken“ – als „urban legend“ ist diese Verschwörungstheorie vielleicht geeignet. Als Grundlage einer sachlichen Diskussion jedoch nicht. Und schon gar nicht als Grundlage der Politik.

 

Martin Hellwig zur Bankenregulierung: Nachlese

Auf Einladung des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes  sprach Professor Martin Hellwig von einigen Tagen zur Bankenregulierung und dem Too-Big-To-Fail Problem (siehe Batz-Beitrag). Er sprach sich dabei für eine hohe und nicht nach Risiko gewichtete Eigenkapitalquote aus (bis zu 30%). Die Folien können hier runtergeladen werden.

Es ist schon etwas erstaunlich, dass einer der international renommiertesten Kenner der Bankenregulierung auf Einladung des Gewerkschaftsbundes und nicht auf Einladung der Banken in der Schweiz weilte. Zu Martin Hellwig siehe hier und hier.

Dr. am Herd

Monika Bütler

Die Journalistin Birgit Schmid (Das Magazin) erhielt für ihren Artikel über Frauen, die Karriere machen könnten aber dies gar nicht wollten, sehr viele Reaktionen (Das Magazin Nr 6: „Das bequeme Leben“). In der Folge wurde ich vom Magazin gebeten, mich „mit dem Thema aus der Sicht meiner Zunft auseinanderzusetzen“. In seinem Editorial (19. März 2011) meint der Chefredaktor des Magazins: „Auch wenn in einer freien Gesellschaft für niemanden eine Verpflichtung besteht, das vom Staat relativ günstig zur Verfügung gestellte Gut „Bildung“ zurückzubezahlen, spricht die Professorin der Universität St. Gallen interessanterweise doch von einem „impliziten Gesellschaftsvertrag“, den es einzuhalten gälte.“

Hier also der Text:

Meine Eltern hatten keine einfache Aufgabe. Dauernd mussten sie der Verwandtschaft erklären, weshalb sie ihre beiden Töchter – meine Schwester und mich – studieren liessen. Selber beide aus einfachen Verhältnissen stammend, waren sie innerlich nicht gewappnet gegen das Argument: „Sie brauchen doch kein Studium, sie heiraten ja doch“.

Geheiratet haben wir tatsächlich, Kinder gekriegt auch. Und arbeiten trotzdem mit Freude weiter. Dafür, meint die Umgebung, müssen wir uns jetzt rechtfertigen. Berufliches Engagement ist bei Müttern jedenfalls verdächtig. Salonfähig geworden ist hingegen das, was man unseren Eltern, bzw. uns Töchtern noch moralisch missbilligend unterstellte: Das Studium ohne ernsthafte Berufsabsichten.

Erstmals aufgefallen ist mir dies wegen eines Leserbriefs in einer Australischen Zeitung. Gezeichnet mit „stay-home medical doctor XY“ pries er vollmundig die Rolle „Dr. med. am Herd“. Als Ökonomin leuchtete mir ein rotes Lämpchen auf. Nicht, dass ich fremde Lebensentwürfe moralisch bewerten oder gar missbiligen möchte – im Gegenteil. Ökonomie ist eine tolerante Wissenschaft. Sie bezweckt – allen Vorurteilen zum Trotz – nicht die Maximierung des materiellen Wohlstands (oder dessen kruder Messgrösse, des Bruttoinlandprodukts), sondern der viel weiter gefassten Wohlfahrt. Das heisst: Es geht uns dann am besten, wenn jede das machen kann, was ihr persönlich die grösste Befriedigung bringt: Mit den Kindern zu Hause bleiben, in Zürich oder in Filisur wohnen, sich mit Auto oder ÖV fortbewegen, sich krank schuften oder sein Potential verkümmern lassen.

Aber, damit die freie Wahl des Lebensentwurfs nicht andere unzulässig einschränkt, muss eine wichtige Voraussetzung erfüllt sein: Wer konsumiert, zahlt auch. Auch für die in Anspruch genommenen Dienste des Staates müssen korrekte Preise gelten. Sonst wird die Wahl verzerrt. Oder auf Deutsch: Die Kosten des eigenen Lebensentwurf sollten nicht andere bezahlen müssen.

Gerade die akademische Bildung erfüllt diese Regel nicht. Zumindest in der Schweiz bietet der Staat ein Studium praktisch gratis an. Er hat ein Interesse daran, dass Chirurginnen, Sprachwissenschafter und vielleicht sogar Ökonominnen ausgebildet werden. Allerdings geht er davon aus, dass die gratis Ausgebildeten später auch etwas tun und ihre Fähigkeiten der Allgemeinheit auf diese Weise zur Verfügung stehen – gegen (steuerbares) Entgelt notabene. Andernfalls geht die Rechnung für die Gesellschaft langfristig nicht auf.

Dass der Staat rechnen muss, ist anscheinend noch nicht ins öffentliche Bewusstsein gedrungen. Im Gegenteil – verschiedene Argumente versuchen das Modell „Studium ohne Erwerbsabsicht“ zu verteidigen. Die Sekretärin einer kantonalen Jungen SVP erklärte in der NZZ am Sonntag unverblümt: „Ich werde im Herbst ein Studium beginnen – trotzdem möchte ich, wenn ich Kinder kriege, für sie da sein und nicht mehr arbeiten.“

Diese Sichtweise hat ökonomisch wenigstens noch einen wahren Kern. Das Studium dient als Versicherung für den „Schadenfall“ Kinderlosigkeit, ein Fall für den kein kommerzielles Unternehmen eine Police anbietet. Nur ist ein Studium eine sehr teure Versicherung, da von zehn Studentinnen nur etwa zwei ungewollt kinderlos bleiben. Die Versicherung lohnt sich für die Versicherten nur, weil der Staat die hohen Prämien zahlt.

Das zweite Argument hat wenig mit Ökonomie zu tun. Im erwähnten Leserbrief der Ärztin am Herd preist diese – ohne Gewissensbisse angesichts des Gratisstudiums – ihre Rolle aufgrund der moralischen Überlegenheit des traditionellen Familienmodells. Weshalb dieses Modell eine Medizinerin erfordert, bleibt offen. Auch provoziert die moralische Argumentation Gegenreaktionen auf derselben Ebene. Die deutsche Publizistin Bascha Mika – zu allem Überfluss kinderlos – stach in ein Wespennest: Mütter seien feige, weil sie sich dem harten Berufsalltag nicht stellten. Die Reaktionen liessen nicht auf sich warten: Wie entspannend das Berufsleben sei und wie hart der Alltag mit kleinen Kindern (was auch berufstätige Mütter bestätigen können).

Der Vorwurf, nicht berufstätige Mütter seien auf Kosten anderer „faul“, führt nicht weiter. Lebensentwürfe sind und bleiben Privatsache. Bleibt eine Krankenschwester zuhause bei den Kindern, ist kaum etwas einzuwenden. Sie hat sich – wie die meisten Lehrlinge – auf eigene Kosten ausgebildet. Anders die nicht erwerbstätige Ärztin: Ihr hat der Staat die teure Ausbildung bezahlt, und einen der knappen Laborplätze zugeteilt, für den auch andere Interessenten bestanden. Sie ist ihren Kindern deswegen noch nicht die bessere Mutter als die Krankenschwester. Aber sie fehlt bei der Betreuung der Kranken. Sie darf man schon fragen, weshalb sie ihre Fertigkeiten kaum nutzt.

In Internetforen findet man zwei typische Reaktionen. Erstens: Das Studium ist nicht nutzlos, es kommt über die Kinder wieder an die Gesellschaft zurück. Zweitens, es besteht keine Bringschuld gegenüber dem Staat; auch wer ein Studium abgeschlossen hat, schuldet der Allgemeinheit nichts. Mich überzeugt keine der beiden Antworten.

Es ist natürlich eine Mär, dass die akademische Ausbildung einer nicht berufstätigen Mutter für die Gesellschaft genau so wertvoll sei wie bei einer berufstätigen Mutter. Vielleicht liegt der Chirurgin auch das Rüstmesser gut in der Hand, und die Chemikerin versteht, warum die Bratwurst schwarz wird – doch der Wert der meisten Abschlüsse zuhause ist gering oder, wie im Falle meines Mathematik-Diploms gleich null. Dort wo die Ausbildung nützlich ist, beispielsweise als wunderbares Zuhause bei der studierten Innenarchitektin, bleibt der Mehrwert in den allermeisten Fällen rein privat.

Das zweite Argument, es bestehe keine Bringschuld gegenüber dem Staat, stimmt zwar rein rechtlich. Gleichwohl verletzt es den impliziten „Gesellschaftvertrag“. Der Staat bildet aus, damit seine Bürger später vom Know-How profitieren und die Kosten der Bildung über Leistungen und Steuereinnahmen begleichen. Wird der zweite Teil des impliziten Vertrags nicht eingelöst, ist auch der erste Teil – die fast kostenlose akademische Bildung – gefährdet.

„Volkswirtschaftlich ist es absurd, das Potential der vielen Hochschulabsolventinnen brachliegen und verkümmern zu lassen“ schrieb Birgit Schmid im Magazin vom 27. Februar 2011. Die Gesellschaft leistet sich also den Luxus, die teure Ausbildung fast gratis abzugeben – auch an diejenigen, die von ihr kaum Gebrauch machen.

Was sind die Folgen? Es wird zu viel studiert, gerade auch in „attraktiven“ Fächern. Dies geht dann auf Kosten der Studiengänge mit guten Job-Chancen (Ingenieure!) sowie der Student(inn)en mit beruflichen Ambitionen. Fast nach dem Motto „Was nichts kostet, ist nichts wert“, wird mit dem Abschluss in der Tasche zuwenig gearbeitet. Gleichzeitig fehlen der Wirtschaft ausgebildete Fachkräfte. Genauer gesagt: Sie fehlten auf vielen Gebieten gar nicht – man denke nur an die Lehrerinnen –; sie haben sich nur aus dem Erwerbsleben zurückgezogen.

Die Weltwoche-Autorin (und vor allem Mutter, wie sie ausdrücklich betont) Daniela Niederberger schreibt ohne Bedauern: „Mein Uni-Abschluss war also für die Katz.“ Die Steuergelder auch. Der Kater bleibt dem Staat. Auch wenn nur eine Minderheit der Studentinnen so denkt wie Frau Niederberger – es geht ins Geld. Mehr als die Hälfte der Studienabschlüsse, 65% sogar bei den Medizinern, gehen an Frauen. Bei den Doktortiteln sind es mehr als 40%. Ein Studium kostet pro Jahr (!) zwischen 10’000 und 100’000 Franken, fast gänzlich von der (in der Mehrheit nicht studierten) Allgemeinheit bezahlt.

Diese stille Verschwendung im Hörsaal schafft auf lange Sicht böses Blut. Erstens gegen die akademische Ausbildung der Frauen, zweitens gegen die akademische Bildung insgesamt, drittens gegen die (deutschen) Immigranten welche die Lücken bei den Fachkräften füllen.

Rein ökonomisch gesehen, wäre die Lösung eine ganz einfache: Das Studium wird soweit kostenpflichtig, dass der „private Nutzen“, also das was nicht indirekt an die Gesellschaft zurückgeht, selber berappt werden muss. Entscheidet sich jemand, das Wissen nicht zu gebrauchen, so ist das dann seine oder ihre ganz persönliche Entscheidung. „Faule“ Mütter gäbe es dann nicht mehr. Dafür arme, denn die Studiengebühren müssten ein Vielfaches der heutigen Kosten betragen.

Auch wenn ich persönlich eine Erhöhung der Studiengebühren für vertretbar halte, wäre der radikale Schritt zur Vollkostenrechnung bedenklich. Unsere Gesellschaft basiert darauf, dass auch implizite Verträge nach Möglichkeit eingehalten werden. Wenn wir für alles und jedes ein Preisschild anbringen müssen, geht etwas verloren. Die „braucht-keine-Ausbildung-heiratet-ja-doch“-Einstellung meiner Verwandtschaft wirkt heute skurril. Ein ganz kleines bisschen verstehe ich sie doch.

 

Klaus Wellershoff zur Unabhängigkeit der Nationalbank

„Verwundert reibt man sich die Augen: Es herrscht also Preisstabilität, die Wirtschaft wächst und eine der grössten Krisen der Wirtschaftsgeschichte der Schweiz wurde im internationalen Vergleicht hervorragend bewältigt.“
Dies schreibt Klaus Wellershoff zum Leistungsausweis der Nationalbank in der Handelszeitung http://www.handelszeitung.ch vom 17. März. Der Artikel ist sehr informativ und sei allen Interessierten wärmstens empfohlen. http://www.wellershoff.ch/media/publications/pdf/Essay-Handelszeitung-2011-03.pdf

Japan

Unser Blog hat einen klaren Fokus: Die Schweizer Wirtschaftspolitik.

Dennoch möchte ich heute einen höchst interessanten Link zu einer ersten Einschätzung der wirtschaftlichen Folgen der Katastrophe in Japan aufschalten. Auch die die Schweiz ist als Teil der Welt von den Folgen betroffen, nicht zuletzt durch ihre grossen Versicherungen.

Die Weltwoche zitiert – ohne Namen

Roger Köppel hat für seinen Artikel „Niemand kontrolliert die Notenbank“ alle Bankräte der SNB angeschrieben. Die Fragen betrafen die Arbeit des Bankrates. Kein Wunder also, dass sich hier keine(r) der Bankräte direkt äussern konnte und wollte. Aus den Rückmeldungen hat Roger Köppel dennoch eine Geschichte konstruiert, die ich hier nicht wiedergeben möchte. Es ist Roger Köppels gutes Recht, die Nationalbank und den Bankrat zu kritisieren.

Die Debatte über die richtige (oder falsche) Notenbankpolitik darf und soll geführt werden. Weniger schätze ich allerdings, dass ich in der konstruierten Geschichte ohne Name zitiert werde: „Weder aus dem Wortlaut Ihrer Fragen noch aus der jüngeren Berichterstattung der Weltwoche zum Thema Nationalbank kann ich irgendein Bestreben nach sachlicher Information der Leserschaft erkennen.“ Geschrieben habe ich ihm nämlich auch „Was ich sagen will, unterschreibe ich auch.“ Das sei hiermit getan.

Unschön finde ich zudem, dass Roger Köppel den Satz aus einer persönlichen Bemerkung riss. Dann lieber der ganze Abschnitt: „Erlauben Sie mir zum Schluss noch eine persönliche Bemerkung: Ich arbeite grundsätzlich gerne mit den Medien zusammen, weil ich es als sehr wichtig erachte, dass wir uns als Wissenschafter in der öffentlichen Debatte engagieren. Wie Sie wissen habe ich auch schon öfters Weltwoche Autoren detailliert Auskunft gegeben.

Wenn allerdings die Meinungen bereits derart verfestigt sind, dass ich keine Chance sehe, aufklärend mitzuwirken, sehe ich nicht ein, weshalb ich hier noch Stellung nehmen soll. Weder aus dem Wortlaut Ihrer Fragen noch aus der jüngeren Berichterstattung der Weltwoche zum Thema Nationalbank kann ich irgendein Bestreben nach sachlicher Information der Leserschaft erkennen.“

Japan

In der Katastrophe werden die Grenzen der Wirtschaftswissenschaft schmerzhaft spürbar. Ein bisschen Trost haben wir heute in der abgebildeten Grafik gefunden. Sie zeigt, dass in diesen Tagen an der Südspitze Japans die Kirschblüte beginnt und dann nordwärts das ganze Land mit ihrem rosa Schleier überzieht. Wir grüssen mit ihr nicht nur unsere Leser, sondern auch all unsere japanischen Kollegen und Freunde.

Martin Hellwig zur Schweizer Bankenregulierung

Bald endet die Vernehmlassungsfrist zu den vom Bundesrat vorgeschlagenen Massnahmen gegen die faktische Staatsgarantie für Grossbanken (Revision des Bankengesetzes). All denen, die ihre Stellungnahme noch nicht abgegeben haben, sei dringend das Referat von Prof. Martin Hellwig vom kommenden Donnerstag in Bern empfohlen. Martin Hellwig ist einer der allerbesten Ökonomen im deutschsprachigen Raum und gehört auch weltweit zur Spitze. Wir kennen kaum einen Kollegen, der auch ausserhalb der Fachpublikationen derart präzise und klar denkt und spricht.

Im richtigen Film

Herr Karl Hugentobler schreibt in seinem Kommentar zu meinem gestrigen Eintrag: „Setzen Sie sich doch als Ökonom mit der Substanz auseinander, anstatt sich als Schulmeister über Köppels Schreibstil zu entrüsten.“ Dann stellt er drei Fragen, die ich hier gerne beantworte (in Ergänzung meines Artikels in der NZZaS vom 9. Januar 2011):

Welche Bedeutung hat der Milliardenverlust der Zentralbank?
Wenn die Nationalbank Verlust macht, weil sie Euro verbrennt, erleidet die Schweiz einen volkswirtschaftlichen Verlust. Wenn die Nationalbank hingegen Verlust macht, weil der Euro gegenüber dem Franken verliert, ist die Schweiz wegen ihrer grösseren Kaufkraft im Ausland insgesamt reicher geworden; der Gewinn wird jedoch geringfügig geschmälert durch den Verlust in der Nationalbankbilanz.
Nach welchen Kriterien soll die Jahresrechnung und die Bilanz einer Zentralbank beurteilt werden?
Die Nationalbank soll überhaupt nicht an ihrer Jahresrechnung beurteilt werden, sondern an der Erfüllung ihres Auftrags der Preisstabilität. Der „Gewinn“ einer Notenbank ist ein Irrlicht. Ihren Gewinn maximiert eine Notenbank, indem sie bei der Notenpresse Vollgas gibt. Das möchten wir nicht.
Hat die erfolgte Vervielfachung/Erhöhung der Währungsreserven und Geldmenge negative Konsequenzen?
Ja, nämlich dann, wenn es der Nationalbank nicht gelingt, die Geldmenge rechtzeitig (bevor sie inflationäre Wirkung entfaltet), wieder abzuschöpfen. Dass die Geldmenge aufgebläht ist, ist eine direkte Folge der Bekämpfung der Finanzkrise. Die Normalisierung ist im heutigen internationalen Umfeld schwierig. Die Nationalbank hat eine Gratwanderung zu bestehen: Einerseits bedeutet eine Verringerung der Geldmenge einen Zinsanstieg; andererseits darf dadurch der Franken nicht zu stark werden. Es wird fast unmöglich sein, genau die Ideallinie zu fahren. Auch in der Vergangenheit, z.B. 1973 und 1978, gelang dies nicht ganz. Aber dies ist das Thema, das eine öffentliche Diskussion verdient — auch in der Weltwoche, falls ein sachkundiger und an der Sache interessierter Autor auffindbar ist.

P.S. Der ursprüngliche Eintrag enthielt einen nicht ganz unbedeutenden Schreibfehler („gewinnt“ anstatt „verliert“). Für den Hinweis danken wir Herrn Marc Meyer.