Rettet unsere Jobs — höhere Eigenmittel jetzt!

In der Tagesschau von gestern habe ich zum Verlust bei UBS gesagt:

  • Ein Verlust von 2 Mrd., verursacht durch einen einzelnen Händler, darf auch nach dem Selbstverständnis der Banken nicht vorkommen, ohne vorher aufzufallen.
  • Es gibt offenbar kein Risikomanagement, auf das wir uns blind verlassen können.
  • Daher brauchen die Banken viel mehr Eigenmittel; mehr auch und schneller als bisher vorgesehen.

In der Nationalratsdebatte wiederholte die SVP einmal mehr, Eigenmittel seien schlecht für die Wettbewerbsfähigkeit. Und richtig: Wollte nicht kürzlich sogar eine Grossbank nach London ausziehen?

Aber Moment mal: Wo sind die neusten Verluste der UBS entstanden? Wessen Konkurrenzfähigkeit haben die zu tiefen Eigenmittel gefördert? Wohl nicht diejenigen des Finanzplatzes Schweiz, der mit einem weiteren Reputationsschaden und einer unnötig geschwächten Bank dasteht.

Die Legende von den schädlichen Eigenmitteln hat Alexander Berentsen von der Uni Basel in einem früheren Eintrag kritisiert. Gedanken wirken langsam. Doch wer weiss? Vielleicht werden wir es noch erleben, dass Bankmitarbeiter auf der Zürcher Bahnhofstrasse für höhere Eigenmittel demonstrieren.

Das P-Wort

Am 2. September hat an der ETHZ das „Energiegespräch“ stattgefunden. Das Hintergrundpapier ist aus verschiedenen Gründen interessant. Erstens stimmt es optimistisch in bezug auf die Vereinbarkeit von Wirtschaftswachstum und Energiesparen. Zweitens vermeidet es weitgehend das entscheidende Wort: den Preis. Dabei macht der Preis in der Wirtschaft den Unterschied zwischen Sein und Nichtsein — zwischen Nachfrage und blossem Wunsch. Schon Adam Smith wies darauf hin, dass auch ein armer Schlucker gerne einen Sechsspänner hätte, aber keine wirksame Nachfrage nach einem solchen ausübt (Wealth of Nations, I,7:8). Weil eben der Preis zu hoch wäre.

Weshalb fürchten die Teilnehmer an der Energiediskussion das P-Wort wie der Teufel das Weihwasser? Es scheint, die eine Seite will sich den Sechspänner nicht nehmen lassen und spricht statt von der (preisabhängigen!) Nachfrage lieber von „Bedarf“ oder der „sich abzeichnenden Versorgungslücke“ (www.energiedebatte.ch). Die andere Seite möchte den Sechsspänner lieber gleich verbieten und weiss daher mit dem Preis auch nichts anzufangen. Ein grüner Ständeratskandidat bloggt deshalb: „Private Verbraucher wissen oft nicht einmal über ihre Stromkosten Bescheid. Erhöhte Strompreisen mögen zwar als politische Drohkulisse eine Wirkung haben. Aber die Privat-Verbraucher, welche bewusst nicht aus ökologischen, sondern aus monetären Gründen Strom sparen, sind wohl spärlich gesät. Und sie würden es auch bleiben, wenn der Strompreis doppelt so hoch wie heute wäre.“

Kurz: Die einen hassen den Preis, weil sie ihn nicht bezahlen wollen, die andern, weil sie lieber Vorschriften verwalten.

Der letzte Marktwirtschafter möge dann bitte das Licht löschen.

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Andere Batz-Artikel zur Energiediskussion:
https://batz.ch/2011/07/heizpilz-mit-kuhlem-kopf/
https://batz.ch/2011/07/die-kreative-co2-buchhaltung-der-sbb/
https://batz.ch/2011/07/ich-bin-auch-ein-heizpilz/
https://batz.ch/2011/06/ausstieg-aus-der-okonomischen-vernunft-i/
https://batz.ch/2010/09/weil-noch-das-lampchen-gluht/

Hellseher Hellwig

Den Ökonomen wird die ganze Zeit vorgeworfen, sie hätten nichts vorausgesehen. Mindestens in bezug auf die Euro-Krise stimmt dies nicht. Prof. Martin Hellwig hat in der Jubiläumsschrift 100 Jahre SNB (Abschnitt 17) gewarnt. Hochanständig, wie es seine Art ist, aber sehr deutlich, wenn man ihn kennt. Zum EU-Krisenmechanismus schreibt er: „However, I have serious doubts about the viability of the arrangement.“ (S. 817). Der Artikel liest sich wie eine Vorahnung der Ereignisse dieser Tage. Er schliesst: „If the crisis transcends the capacity of a single Member State, the ECB would seem to be the only institution that could serve as a lender of last resort. As yet, however, it is politically incorrect to think of the ECB in these terms. This makes me wonder about the viability of the coordination of the central banks’ interventions in such a crisis, as well as the timeliness and effectiveness of the intervention itself.“ (S. 820) Natürlich haben andere ähnliches gesagt. Nur hingehört hat keiner.

Stresstests versus Ratings

Den Stresstests für die europäischen Banken wurde schon im Vorfeld misstraut: Bestimmt sind die Behörden zu milde, um nicht eine Vertrauenskrise auszulösen.

Das Gegenteil wurde den Rating-Agenturen vorgeworfen: Sie kümmern sich nicht darum, dass ein „downgrading“ das Vertrauen in den Schuldner untergräbt und zur selbsterfüllenden Prognose wird.

Wer immer in der gegenwärtigen Schuldenkrise ein Urteil abgeben muss, wird zum tragischen Helden: Die Wahrheit sagen und Panik auslösen — oder einer angemessenen Reaktion der Märkte zuliebe lügen?

Befindet sich ein Philosoph an Bord?

Euro-Krise: Staatsanleihen besichern und Vorsichtsmargen anpassen!

Die Diskussion um die europäische Schuldenkrise und deren Tochter, die drohende Euro-Krise, übersah bisher den Beitrag des Instrumentariums der Europäischen Zentralbank EZB. Erstens belehnte die EZB die Schuldpapiere der Mitgliedländer grosszügig, d.h. mit geringen Vorsichtsmargen (“haircuts”). Zweitens sind die Papiere, die von der EZB im Rahmen ihrer Repos belehnt werden, nicht durch Pfand gesichert. Ein erster Schritt in die Richtung einer stabileren europäischen Währungsordnung wären (a) konservativere, oder wenigstens realistische Haircuts, verbunden mit (b) der Pfandsicherung von Staatsschulden. Die Verpfändung staatlichen Eigentums bedeutet zwar eine Einschränkung der Souveränität; diese ist aber viel geringer im Vergleich zu den von europäischen Politikern vorgeschlagene engere politische und fiskalische Union.

Den ganzen Artikel finden Sie hier.

Rating-Agenturen zerschlagen?

In der EU-Bürokratie scheinen einige Sicherungen durchgebrannt. Die Rating-Agenturen sollen als Sündenböcke geschlachtet werden. Drum hier in aller Schnelle ein paar Leitlinien, in der eitlen Hoffnung, noch zur Entspannung beitragen zu können.

  1. Rating-Agenturen produzieren Information, d.h. ein hochgradig kopierbares Gut. Der Verkauf an Investoren ist daher ein fragiles Business-Modell (Musik-Industrie fragen). Moody’s verkaufte ab 1909 ihre Railway Ratings als dickes Buch an die Abonnenten. Als der Fotokopierer aufkam, war’s vorbei. Als Lückenbüsser mussten die Emittenten der gerateten Papiere hinhalten. Aufforderungen, „back to the roots“ (US-Senator Schumer) zu gehen, und Ratings an die Investoren zu verkaufen, mögen bei kleinen Anbietern funktionieren. Bei grossen wird’s schwierig. (Auch batz.ch kann sich leider nicht über seine Leser finanzieren). Das Problem ist in der Ökonomie seit langem als „Leuchtturmproblem“ bekannt.
  2. Die Finanzierung via Emittenten ist nicht besonders ergiebig, wenn man sie in Promillen der gerateten Papiere berechnet. Die Agenturen verdienen wenige Basispunkte (Hundertstelprozente) der emittierten Volumina. Eine Super-Informationsleistung ist daher gar nicht zu erwarten.
  3. Schon diese beiden einfachen informationsökonomischen Überlegungen führen zum Schluss: Vorsicht mit Ratings! Die sind fast immer schlechter, als sie eigentlich sein sollten. Genau wie das Fernsehprogramm. Die zahlreichen Gesetzgeber und Behörden, die Ratings in ihrem Vorschriften verwenden, müssen das damit verbundene Risiko daher auch selber verantworten. Genau wie jemand, der behauptet, Fernsehen habe ihn blöd gemacht.
  4. Die Ratingagenturen haben sich selber auf die schiefe Ebene begeben, indem sie begannen, die Schuldnerbeurteilung zu vermischen mit Beratung (z.B. wie man ein besseres Rating bekommt). Wenn der Schüler zur Lehrerin geht mit der Frage: „Wie kann ich bessere Noten erreichen?“, ist eine Antwort der Lehrerin noch nicht anstössig. Wenn sie dann aber entgeltliche Nachhilfestunden anbietet, wirds schräg. Dito bei Moody’s, S&P oder Fitch.
  5. Eine Ratingänderung einer grossen Agentur ist im Jargon der Informationsökonomie ein „öffentliches Signal“. Das heisst: Alle haben es gesehen und — noch wichtiger — alle wissen, dass alle wissen, etc. …, dass es alle gesehen haben. Das Signal ist sogenannt „common knowledge“. Damit entfaltet es eine Hebelwirkung: Investoren, die ein privates Gefühl haben und dem öffentlich sichtbaren Signal ausgesetzt sind, tendieren dazu, letzteres in ihren Entscheidungen überzubewerten (schön gezeigt im Artikel von Morris und Shin (AER 2002). Dies gilt besonders dort, wo es wichtig ist, mit seinen Entscheidungen nicht nur absolut richtig zu liegen, sondern auch relativ zu den andern (Konformismus). Genau die ist an der Börse der Fall: Wer keinen unendlichen Schnauf hat, darf nicht gegen die Masse spekulieren. Öffentliche Signale können daher kurfristig orientierte Investoren „gleichschalten“. Nicht der Fehler der Rating-Agenturen.
  6. Ratings können in konformistischer Umgebung zu selbsterfüllenden Prophezeihungen werden. Wenn ich ein AAA bekomme, erhalte ich Kredit günstig. Wenn ich auf D gesetzt werde, muss ich so hohe Zinsen zahlen, dass ich tatsächlich bankrott bin. Solche selbsterfüllenden Prognosen (Ökonomen sprechen von multiplen Gleichgewichten) sind möglich auf den Devisenmärkten: Ein einzelner Spekulant bringt den Franken nicht in den Keller; alle zusammen schon. Ebenfalls gefürchtet sind selbsterfüllende Prognosen im Bankenbereich (Bank Run).
  7. Die Rating-Agenturen sind nicht schuld an den europäischen Schulden. Vielleicht ein bisschen, weil sie gute und beste Ratings vergeben haben, obwohl die Maastricht-Kriterien von den Mitgliedsländern förmlich verhöhnt wurden. Aber des Geld geborgt haben die Staaten selbst. Und die Ratingagenturen zerstören Europa nicht. Die Überschuldung Griechenlands wäre auch mit einem AAA-Rating irgendwann aufgeflogen. Wenn man die Rating-Agenturen totschlägt, sind im übrigen auch keine Gütesiegel mehr erhältlich.
  8. Wunschdenken dürfte die Idee sein, von den Staaten ins Leben gerufene Rating-Agenturen wären unabhängiger als die bestehenden, von den Emittenten bezahlten Agenturen. Genau dann, wenn die Ratings den staatlichen Schudnern nicht passen, setzt der grosse Rachefeldzug ein, wie verschiedene Exponent(inn)en der EU-Bürokratie gegenwärtig demonstrieren.
  9. Eine nicht von den Emittenten finanzierte Ratingagentur wäre grundsätzlich möglich, falls jemand die Finanzierung übernimt. Vielleicht wird sich in der Finanzindustrie ein „Club“ bilden, der eine Finanzierung übernimmt. Oder aber eine internationale „Billag“ müsste das Recht haben, Gebühren einzutreiben, bei denen, die sie für Benutzer der Ratings hält.

Kurz: Die gegenwärtige Hatz gegen Rating-Agenturen, genauso wie das frühere blinde Vertrauen in die Ratings, beruhen auf weitgehender Unkenntnis der informationsökonomischen Hintergründe. Warum nicht in der Sommerpause unser Buch Information Economics lesen? Was? Liebesgeschichte? — Ist drin.

Heizpilz mit kühlem Kopf

Den Eintrag von vorgestern habe ich in der spontanen Verzweiflung geschrieben. Drum wollte ich auch kurz bleiben. Die eigentliche ökonomische Kritik am „Ökostrom für Heizpilz“-Blödsinn habe ich daher aufgespart. Monika erinnert mich aber daran, dass diese im Eintrag vom 5. Juli von Florian Habermacher und Mark Schelker bereits brillant formuliert ist. Kurz: Es kommt nicht drauf an, was ein Heizpilz verbrennt (z.B. Ökostrom), sondern darauf, welches Kraftwerk (z.B. Gaskraftwerk) seinetwegen mehr produziert. Dass die SBB den Heizpilz-Trick ebenfalls verwenden, macht die Sache nicht besser.

Ich bin auch ein Heizpilz

Die Tagepresse meldet, Heizpilze dürften künftig nur noch mit Ökostrom betrieben werden. Dies sieht aus wie der salomonische Kompromiss zwischen den Extremlösungen Verbot oder Laissez Faire, bzw. Laisser Chauffer. Ist es aber gerade nicht. Die Zuordnung von zulässigen Energiequellen zu einzelnen Verbrauchsgeräten führt direkt in die Hölle. Heizpilz mit Ökostrom, Operationssaal auch mit Atomstrom, das Opernhaus je nach Standpunkt mit Kerzen, mit Mischstrom oder gar nicht. Obwohl ich mir nichts sehnlicher wünsche als den pedalgetriebenen Laubbläser: Solche Lösungen züchten eine Erlass- und Kontrollbürokratie, die uns direkt in den kafkaesken Wahnsinn führt. Nimmt mich wunder, wer all den Heizpilzen nachgehen wird, um zu schauen, was sie grad für Strom gefressen haben.

Wollen wir wirklich enden wie Gulliver im Lande Liliput — gefesselt von einer Unzahl dünner Fäden, die einzeln leicht zu zerreissen wären, aber gemeinsam unüberwindlich sind?

Wenn wir uns nicht kollektiv zu Sklaven machen wollen, bleibt nur der Preismechanismus. Wenn CO2 (oder Energie) einen Preis hat — auch wenn dieser wesentlich höher sein sollte als heute –, kann immerhin jeder selber entscheiden, wieviel er ausgeben will und wofür. Des einen Heizpilz mag dann des anderen Candlelight Dinner sein. Ökostrom-für-böse-Geräte-Vorschriften hingegen sind die Henkersmahlzeit. Und ja, der Preismechanismus ist blind; auf den „Bedarf“ nimmt er keine Rücksicht. Zuschriften wegen Neoliberal werde ich deshalb sorgfältig lesen. Im Dunkeln.

Die Schweizer Gründlichkeit nützt

Die mediale Schlacht um die Vorschläge der durch den Bundesrat eingesetzten «Too big to fail»- Expertenkommission ist im vollen Gang. Vergegenwärtigen wir uns einige der falschen Behauptungen, die vorgebracht werden, um dieses Swiss Finish im Parlament zu versenken. Als exemplarisch möchte ich Markus Gisler zitieren, der in der «Weltwoche» vom 1. Juni unter dem Titel «Schweizer Gründlichkeit schadet» Folgendes schreibt: «Während die Schweiz in guter Absicht die nicht bindenden Basel-III-Vorschriften um rund das Doppelte verschärft, lockern Deutschland, Frankreich und England diese Vorgaben. (…) Sie werten Arbeitsplätze, die Fähigkeit, Kredite zu vergeben, oder Steuerzahlungen der Banken höher als den Aufbau eines teuren, kapitalbindenden Sicherheitsnetzes. Selbstverständlich schwächt diese Ungleichbehandlung die relative Wettbewerbsfähigkeit von Schweizer Instituten.»

Ich bin Markus Gisler dankbar, dass er es geschafft hat, in solch konziser Form so viel Unsinn zu verbreiten. Er behauptet, dass Eigenkapital teuer («teures Sicherheitsnetz») und unproduktiv sei («kapitalbindendes Sicherheitsnetz»). Zudem reduziere das Swiss Finish die Fähigkeit der Banken, Kredite zu vergeben, und schwäche die Wettbewerbsfähigkeit des schweizerischen Finanzplatzes.

Betrachten wir zuerst die Behauptung, dass Eigenkapital die Finanzierungskosten einer Bank erhöhe. Es stimmt, dass ein Eigenkapitalgeber eine höhere Entschädigung erwartet als ein Fremdkapitalgeber. Der Grund dafür ist, dass er ein höheres Risiko trägt als der Fremdkapitalgeber. Mit einer Erhöhung der Eigenmittel werden jedoch potenzielle Verluste auf mehr Eigenkapital aufgeteilt. Damit reduziert sich die Risikoprämie, die Finanzierungskosten ändern sich insgesamt nicht. Es gibt jedoch eine wichtige Ausnahme von diesem Mechanismus. Banken bevorzugen Fremdkapital, weil es steuerlich begünstigt wird. Der Vorschlag des Bundesrates kommt den Banken in dieser Beziehung aber stark entgegen.
Er erlaubt ihnen, einen grossen Teil des zusätzlichen Eigenkapitals in Form von sogenannten Cocos zu halten. Die Zinszahlungen auf diesen Cocos können die Banken von den Steuern abziehen. Somit erhöht der Vorschlag des Bundesrates die Finanzierungskosten der Grossbanken nicht.

Untersuchen wir als Nächstes das Argument, dass das Swiss Finish zu einer Reduktion und Verteuerung der Kreditvergabe in der Schweiz führe. Dafür betrachten wir eine einfache Bank, die fünf Franken Eigenkapital und 95 Franken Fremdkapital hält. Damit finanziert sie ein Kreditvolumen von 100 Franken und hat ein Leverage-Ratio von 1:20. Der Regulator verlangt nun, dass das Leverage-Ratio nur noch 1:10 betragen darf. Markus Gisler schliesst daraus fälschlicherweise, dass jetzt nur noch ein Kreditvolumen von 50 Franken möglich sei. Dabei unterschlägt er aber, dass die Bank einfach ihr Eigenkapital von fünf auf zehn Franken erhöhen und damit dann wieder dasselbe Kreditvolumen von 100 Franken finanzieren kann. Das Swiss Finish hat damit keinen Einfluss auf die Fähigkeit der Banken, Kredite zu vergeben, und wird diese auch nicht verteuern. Kurios ist auch die Aussage, dass Eigenkapital unproduktiv sei. Sein Argument beruht offensichtlich auf einer Verwechslung von Eigenkapitalregulierung mit anderen Regulierungen wie zum Beispiel Liquiditätsvorschriften. Eine Eigenkapitalregulierung schreibt lediglich vor, wie sich eine Bank zu finanzieren hat. Sie macht keine Vorschriften darüber, welche Investitionen eine Bank mit diesen Mitteln zu tätigen hat. Gislers Vorstellung, dass Banken dadurch gezwungen würden, unproduktives Kapital zu halten, ist daher bizarr.

Das vermeintliche Killer-Argument gegen den Vorschlag des Bundesrates ist die Behauptung, der Finanzplatz Schweiz handle sich dadurch im internationalen Wettbewerb einen Nachteil ein. Hier müssen wir allerdings zuerst die Frage stellen, um welche Bankgeschäfte es überhaupt geht. Die traditionelle Stärke des schweizerischen Finanzplatzes ist das Private Banking. In diesem Geschäft wird das Geld mit der Verwaltung der Vermögen reicher Individuen verdient. Solche Kunden suchen Stabilität, und dadurch profitiert dieses Geschäft vom Vorschlag des Bundesrates.

Im Gegensatz dazu wird das Investmentbanking, das die Probleme bei der UBS erst verursacht hat, durch das Swiss Finish gebremst, weil die implizite Subvention dieser Geschäfte durch den Steuerzahler reduziert wird. Die Vorlage erzielt also genau die gewollte Wirkung. Das Argument, dass die UBS danach einen Nachteil in diesem Geschäft habe, ist irrelevant. Das Investmentbanking ist ein Hochrisikogeschäft, bei dem traumhafte Renditen und Desaster Hand in Hand gehen. Solche Geschäfte aus einem kleinen Land heraus zu führen, ist unklug. Welche Risiken die Schweiz mit zwei unterkapitalisierten Grossbanken eingeht, zeigt folgender Vergleich. 2010 betrug die gemeinsame Bilanzsumme von UBS und CS 600 Prozent des schweizerischen Bruttoinlandprodukts. Wären die beiden Banken in den USA angesiedelt, würde deren Bilanzsumme etwa 20 Prozent des US-amerikanischen Bruttoinlandprodukts ausmachen. Es ist offensichtlich, dass ein kleines Land mehr Sicherheit verlangt. Man baut schliesslich auch keine AKW mitten in die Stadt.

Das Swiss Finish wird weder die Kreditvergabe reduzieren noch Kredite teurer machen. Das Private Banking wird durch die zusätzliche Stabilität profitieren. Das zuvor vom Steuerzahler hoch subventionierte Investmentbanking wird einer Diät ausgesetzt. Diese Korrektur ist gewollt und effizient. Insgesamt profitiert der schweizerische Finanzplatz.

* Aleksander Berentsen ist Professor für Wirtschaftstheorie am Wirtschaftswissenschaftlichen Zentrum (WWZ) der Universität Basel.
Dieser Artikel erschien am 7.6 in der Basler Zeitung.