Gibt sich und hat Mühe: Die EU zur Restrukturierung von Banken

Urs Birchler

EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier hat heute seinen Vorschlag zur Restrukturierung und Abwicklung von Banken vorgeschlagen.
Verschiedene Vorschläge stammen aus dem bekannten Placebo-Vorrat der Behörden: Prävention (hat bisher schon nicht funktioniert), „living wills“ der Banken (unzuverlässig!), Aufteilung einer Bank (ist gut und recht, aber mit neu Mischen bringt man den Schwarzen Peter nicht aus dem Spiel).

Zwei Vorschläge aber gehen zur Substanz:

Erstens soll ein Krisenfonds (zuerst auf nationaler Ebene?) geäufnet werden, damit Banken nicht durch Steuerzahler gerettet werden müssen. Das heisst, die guten Banken müssen für die schlechten einstehen. So zementiert ein vorhandener Krisenfonds das TBTF-Problem, anstatt es zu lösen. Da in der EU alles nur angedacht ist, soll der Fonds ein Prozent der Bankverbindlichkeiten abdecken, was dann im Ernstfall nirgendwo hinreicht. Der Staat kommt also wieder zum Zug.

Zweitens soll der „bail-in“ (Kürzung von Schulden, bzw. Umwandlung in Eigenkapital) möglich werden. Das ist das einzige Mittel, das wirklich wirkt. Man muss es aber richtig konzipieren. Erste Zweifel kamen mir, als ich las, das deutsche Bundesfinanzministerium heisse die Vorschläge gut, da sie grossenteils mit dem deutschen Gesetz zur Reorganisation von Kreditinstituten übereinstimmten. Also habe ich nachgesehen. Tatsächlich hat jenes Gesetz einen Paragraphen (§ 9) „Umwandlung von Forderungen in Eigenkapital“ — aber mit einer unglaublichen Pointe: „Eine Umwandlung gegen den Willen der betroffenen Gläubiger ist ausgeschlossen.“ Das ist, wie wenn man im Fussball gegen den Willen des betroffenen Torhüters kein Tor erzielen dürfte. Nun — vielleicht überlegt sich das die EU noch genauer; der bail-in soll ohnehin erst 2018 in Kraft treten (als verspätetes Requiem für die spanischen Banken wahrscheinlich).

Wenn nicht alles täuscht: Die EU hangelt sich weiter von Scheinlösung zu Scheinlösung in die Katastrophe.

Bundesrätliche Ladehemmung

Urs Birchler

Wird die Nationalbank ihre Generalversammlung am 27. April ohne gewählten Präsidenten abhalten müssen? Dessen Amt bliebe damit seit bald vier Monaten verwaist. Das ist zwar noch kein Weltrekord: In Indonesien blieb der Sitz des Gouverneurs während neun Monaten vakant; in Pakistan 2010 und während drei Monaten (2010) und einem Monat (2011). Aber es ist auch kein gutes Zeichen.

Zuständig für die Ernennung des Präsidenten des Direktoriums der Nationalbank ist gemäss Nationalbankgesetz (Art. 43) der Bundesrat — und zwar nicht auf Empfehlung des Bankrates. Eine Empfehlung des Bankrates ist nur notwendig zur Wahl ins Direktorium (Art. 34 Abs. 2); welches Mitglied des Direktoriums dann Präsident oder Vizepräsident wird, liegt allein in der Kompetenz des Bundesrates (Art. 34 Abs. 2).

Dass es ein Schildbürgerstreich wäre, dem amtierenden Vizepräsidenten Thomas Jordan einen Externen vor die Nase zu setzten, scheint unbestritten. Warum dann Thomas Jordan mit der provisorischen Zwei auf dem Rücken die GV leiten lassen? Glaubt am Ende jemand, ihn weichklopfen zu müssen? Anders kann ich mir die Ladehemmung im Bundeshaus beim besten Willen nicht erklären. In Zeiten, wo die einen von Wechselkursen von 1.40 zum Euro schwärmen, während die Nationalbank täglich dem lieben Gott danken muss, wenn sie mit 1.20 über die Runden kommt, scheint es vielleicht attraktiv, den Bewerber fürs Präsidium noch etwas zu grillieren. Ob es klug ist, ist eine andere Frage.

Banking for Dummies

Aleksander Berentsen

Die Lage in den europäischen Finanzmärkten hat sich jüngst merklich entspannt. Seit Beginn des Jahres haben die europäischen Finanzinstitute ihren Börsenwert um rund einen Viertel gesteigert. Zudem sind die Zinsen auf Anleihen vieler europäischer Problemländer deutlich gesunken.

Dieser Börsenfrühling ist der Europäischen Zentralbank (EZB) zu verdanken. Seit Dezember 2011 stellt die EZB den europäischen Banken unbegrenzt Liquidität zu einem Discountpreis von 1 Prozent zur Verfügung. Das Programm nennt sich „Long-Term Refinancing Operation“ (LTRO). Damit bezeichnet die EZB Gelder, die sich die europäischen Geschäftsbanken für drei Jahre ausleihen können. Bis vor kurzem waren solche Operationen nicht möglich, da die EZB nur kurzfristige Kredite bis maximal 3 Monate vergeben hatte.

Mit dem LTRO-Programm schlägt die EZB zwei Fliegen mit einer Klappe. Sie stabilisiert das europäische Bankensystem und die Geldschwemme reduziert den Druck in den Anleihemärkten der europäischen Problemkinder.

Indem die EZB den Banken unbeschränkt Geld zum Discountpreis zur Verfügung stellt, stellt sie sicher, dass das Bankensystem in den nächsten Jahren hoch profitabel sein wird. Mit den Gewinnen können die Banken ihr Eigenkapital stärken und so den neuen verschärften Eigenkapitalanforderungen genügen.

Der von der EZB vorgeschlagene Banken-Business-Plan ist denkbar einfach. Er wurde von Mark Dittli, Chefredaktor der „Finanz und Wirtschaft“ im „Never Mind the Markets“-Blog am 10.02.2012 durch folgendes Beispiel treffend beschrieben: „Sie sind der Direktor einer italienischen Grossbank. Sie erhalten von Ihrer Zentralbank Geld für drei Jahre zu einem Zinssatz von 1 Prozent. Gleichzeitig rentieren dreijährige Anleihen ihres Heimatstaates mehr als 6 Prozent. Man braucht kein Genie zu sein, um in dieser Zinsdifferenz eine Einladung zu einem nahezu risikofreien Geschäft zu sehen. Ich borge mir eine Milliarde von der EZB zu 1 Prozent, kaufe damit italienische Staatsanleihen zu 6 Prozent und streiche fünfzig Millionen Euro Gewinn ein.“

Die Einfachheit dieses Banken-Business-Plans bezeichne ich als “Banking for Dummies.“ Diese Einfachheit ist zwingend notwendig, da die leidvollen Erfahrungen der letzten Jahre gezeigt haben, dass nicht wenige Banker sonst überfordert sind. So richtig interessant wird es aber erst in ein bis zwei Jahren. Dann dürfte die Bonus-Diskussion wieder entfachen. Aufgrund der hohen Profitabilität der Banken werden die Boni dann wieder üppig ausfallen – wie zu den besten Zeiten vor der Finanzkrise. Die Rechtfertigung wird darauf hinauslaufen, dass der Wettbewerb um die besten Talente die Banker zwinge, Millionen in eigene Tasche zu stecken und nicht ins Eigenkapital.

Wie anfänglich erwähnt hat die EZB mit ihrem Programm auch die Preise von europäischen Staatsanleihen im Visier. Dazu muss man wissen, dass die EZB nach eigenem Statut keine Staatsanleihen aufkaufen darf. Sie hat es aber in der Vergangenheit natürlich trotzdem gemacht, wenn auch mit angezogener Handbremse. Die Idee des LTRO ist, dass die Europäischen Banken dies für die EZB erledigen. Das heisst, das frische Geld soll über die Banken in Staatsanleihen fliessen. Vorzugsweise natürlich in diejenigen der Problemkinder Italien, Portugal und Spanien – was auch tatsächlich bereits stattgefunden hat.

Für viele Beobachter ist klar, dass die EZB angesichts des drohenden Kollapses des europäischen Finanzsystems etwas unternehmen musste. Das LTRO-Programm hat kurzfristig auch erstaunlich gut funktioniert. Trotz des grossen Erfolgs bleibt aber ein mulmiges Gefühl. Die Grundfrage bleibt, wie verhindert werden kann, dass der Finanzsektor alle paar Jahre durch den Staat mit ungewöhnlichen geldpolitischen Massnahmen oder mittels versteckter Subventionen gerettet werden muss.

Ich möchte hierzu eine kurze Idee skizzieren. Sparen ist ein fundamentales menschliches Bedürfnis, ähnlich wichtig wie Rechtssicherheit oder Zugang zu sauberem Wasser. Solche elementaren Bedürfnisse werden oft sehr erfolgreich an den Staat delegiert. Es bietet sich an, dass auch einige elementare Funktionen des Finanzsektors von öffentlicher Hand zur Verfügung gestellt werden werden. Ich denke hier an einfachste Spar-, Zahlungs- und eventuell sogar simple Kreditprodukte. Eine solche Grundversorgung wäre für die meisten Leute ausreichend. Braucht eine Person oder eine Firma höher entwickelte Produkte, kann sie sich an den Privatsektor wenden.

Der Vorteil eines derartigen Konstrukts liegt auf der Hand: Elementaren Finanzbedürfnisse können auch dann weiter bedient werden, wenn die nächste Finanzkrise ins Haus steht. Zudem könnten man auch getrost marode Banken Konkurs gehen lassen, da deren Untergang nun nicht mehr die ganze Wirtschaft zum Stillstand brächte. Nach dem eklatanten Staatsversagen der griechischen Politik scheint es angebracht, diese einfache Finanzprodukte durch eine von der Politik unabhängigen Institution wie der Zentralbank anzubieten. Falls Ihre erste Reaktion auf diesen Vorschlag ist: Oh Schreck Staatsbank (!), darf ich Sie sogleich beruhigen. Das heutige Finanzsystem ist ohnehin nicht weit entfernt vom real existierenden Sozialismus: In guten Zeiten füllt sich eine kleine Elite die Taschen, in schlechten Zeiten wird der Steuerzahler zur Kasse gebeten.

[Der Artikel erschien am 27.3.2012 in der BaZ; wir drucken ihn hier mit Genehmigung des Autors.]

Buchpreisbindung: Nachlese(n)

Monika Bütler

Die Buchpreisbindung ist nun definitiv passé. Niemand verbietet allerdings den Verlagen, unverbindliche Preisempfehlungen zu machen. Die Frage ist nur, was diese bewirken würden.

Mein HSG-Kollege Stefan Bühler ging zusammen mit Dennis Gärtner der Frage nach, weshalb Hersteller den Händlern Endverkaufspreise empfehlen, wenn diese jederzeit von der Empfehlung abweichen können. Interessanterweise gibt es  auch für viele andere Produkte unverbindliche Preisempfehlungen (Retail-Price Recommendations, RPR). Eine überzeugende Erklärung, warum solche Empfehlungen gemacht werden fehlte bis heute.

Die Arbeit von Bühler und Gärtner zeigt, dass unverbindliche Preisempfehlungen als Kommunikationsinstrument in langfristigen vertikalen Vertriebsbeziehungen dienen können. Eine Annahme ist, dass die Hersteller (in unserem Falle die Verlage) private Information über die Produktionskosten und die Nachfrage nach den Produkten haben. Eine andere, dass der relationale Vertrag zwischen Hersteller und Händler so ausgestaltet ist, dass der Gewinn des (Buch-)Händlers unabhängig von den Produktionskosten ist.  Unter diesen Annahmen erlauben es unverbindliche Preisempfehlungen, den gewinnmaximierenden Endverkaufspreis zu implementieren. Interessant ist der Fall, bei dem eine Preisempfehlung direkt die Nachfrage beeinflusst (normalerweise gehen die Ökonomen davon aus, dass der Preis die Nachfrage bestimmt, nicht aber die Preisempfehlung per se): Mit einer geeigneten Preisempfehlung können die Verlage die maximale Zahlungsbereitschaft der Konsumenten abschöpfen. Was wiederum heissen würde, dass unverbindliche Preisempfehlungen sogar zu höheren Gewinnen (für die Verlage) führen als eine vertikale Preisbindung („Buchpreisbindung“).

Nach der Lektüre des Aufsatzes frage ich mich allerdings, weshalb sich die Verlage so stark für die Buchpreisbindung eingesetzt haben, wenn eine unverbindliche Preisempfehlung für sie sogar noch „besser“ sein kann? Ich bin gespannt auf Antworten – und die nächste Forschungsarbeit meiner Kollegen.

PS 1: Im Gegensatz zu anderen Ländern wurden in der Schweiz die Buchpreise nicht durch ein staatliches Gesetz vorgeschrieben, sondern durch eine privatrechtliche Vereinbarung der Verlage und Buchhändler (sogenannte Sammelrevers). Nach Einschätzung der Wettbewerbskommission stand diese Vereinbarung im Widerspruch zum Kartellgesetz. Der Bundesrat lehnte eine Ausnahme für ein Kartell ab, nachdem das Bundesgericht die Beurteilung der Buchpreisbindung durch die Wettbewerbskommission stützte.

PS 2: Der Aufsatz „Making Sense of Non-Binding Retail-Price Recommendations” wird in der American Economic Review erscheinen.

Ein E-Wort an Balthasar Glättli

Monika Bütler & Urs Birchler

Vor einiger Zeit stand im batz.ch (Autor Urs Birchler), dass sich sowohl Industrie als auch Politik in der Energiediskussion vor dem P-Wort fürchteten. Man spricht lieber von Bedarf statt von Preisen. Bei dieser Gelegenheit erhielt auch der heutige grüne Nationalrat Balthasar Glättli einen kräftigen Tritt ans Bein. Umso mehr freute es uns, als der von uns Gescholtene in der Arena zum Bausparen von einer Regulierung des Energieverbrauchs über den Preis sprach.
Wir möchten uns daher bei Balthasar Glättli für den Tritt entschuldigen. Ohne Wenn und Aber: Immerhin ist das E-Wort heute genau so selten anzutreffen wie das P-Wort.

Verkaufstraining für den Liberalismus

Monika Bütler

Gleich zwei Einladungen zur Krise der Liberalen landeten heute bei mir auf dem Pult. Das Liberale Institut lädt am 26. März ein zu einer Veranstaltung „Wie Liberale den Kampf der Ideen wieder gewinnen“. Die Progress Foundation doppelt am 18. April nach mit einer Konferenz zum Thema „Warum sich der Liberalismus so schlecht verkauft“.
Solange allerdings selbst die FDP.Die Liberalen fröhlich zwitschern: „fürs Bausparen, weil es dem Bedürfnis nach eigenen vier Wänden entspricht“, solange dürfte selbst ein intensives Verkaufstraining aussichtslos sein. Da hätte man ja ebenso gut zwitschern können „für 6 Wochen Ferien, weil es dem Bedürfnis nach mehr Freizeit entspricht“.

Erfolgsgeschichte Obwalden?

Marius Brülhart

Bereits sechs Jahre sind ins Land gestrichen, seit der Kanton Obwalden seine Steuersenkungsstrategie lanciert hat. Am 1. Januar 2006 reduzierten die Obwaldner ihren Gewinnsteuersatz um mehr als die Hälfte auf die damals schweizweit rekordtiefe Marke von 6,6%. Im 2008 doppelten sie nach mit dem Übergang zu einer Flat-Tax-Einkommenssteuer. Gemäss offizieller Obwaldner Lesart ist das Experiment geglückt: Der Aufschwung wurde eingeleitet. Tatsächlich haben sich seit der Steuerreform offensichtlich viele Unternehmen und betuchte Steuerzahler in Obwalden niedergelassen.

Doch haben sich die Steuersenkungen für den Obwaldner Fiskus per Saldo auch wirklich gelohnt? Den Stimmbürgern wurde das seinerzeit in Aussicht gestellt: „Mittelfristig soll der Steuerertrag durch den Zuzug finanzkräftiger Personen und Unternehmen gesteigert werden“, stand zuvorderst im Abstimmungsbüchlein.

Den Zusatzeinnahmen durch neu angesiedelte Steuerzahler sind wie immer bei solchen Berechnungen die Steuerausfälle bei den eh ansässigen Steuerzahlern gegenüberzustellen. Die untenstehende Grafik deutet darauf hin, dass letzterer Effekt überwog: Die kantonalen Unternehmenssteuereinnahmen sind 2006 deutlich eingebrochen und zeigen seither keinen klaren Aufwärtstrend. Gegenüber seinen Innerschweizer Nachbarkantonen scheint Obwalden nach der Reform kaum Boden gut gemacht zu haben – notabene nachdem Obwalden in den Jahren vor der Steuerreform ein überdurchschnittliches Einnahmenwachstum erlebt hatte. Auch wenn man die gesamten Steuereinnahmen betrachtet (d.h. Unternehmenssteuern plus Steuern auf natürliche Personen), ist bislang keine positive Wirkung der Reformen auszumachen.

Steuersenkungen, die das Wirtschaftsaufkommen so stark ankurbeln, dass die Steuereinnahmen letztlich steigen, sind bislang auch in Obwalden eine finanzpolitische Wunschvorstellung geblieben.

 

Weshalb nicht Ausbildungssparen?

Monika Bütler

Sparen soll sich wieder lohnen, fordern die Befürworter der Bausparinitiative. Doch weshalb soll sich nur Sparen fürs Eigenheim lohnen? Wer 30‘000 Franken fürs Eigenheim spart, erhält im Falle einer Annahme der Initiative implizit Subventionen von einigen Tausend Franken. Pro Jahr, nota bene. Wer denselben Betrag für die Ausbildung seiner Kinder spart, erhält hingegen nichts. Aufgrund dieser Preisverzerrung müsste man erwarten, dass die Haushalte tendenziell zuviel fürs Haus und zuwenig für die Ausbildung sparen.

In einem Diskussionspapier „Does Home Ownership Crowd Out Investment in Children’s Human Capital?“ zeigen die drei italienischen Ökonominnen Elsa Fornero, Agnese Romiti und Mariacristina Rossi, dass dies nicht einfach graue Theorie sein muss. Aufgrund sehr detailierter Haushaltdaten der Banca d’Italia zeigen die Forscherinnen, dass Hausbesitzer in sonst gleichen wirtschaftlichen Bedingungen (Einkommen, Vermögen, Ausbildungsniveau der Eltern) weniger in die Ausbildung ihrer Kinder investieren als Nicht-Hausbesitzer. Natürlich muss man bei der Interpretation der Resultate immer vorsichtig sein. Immerhin ist für die Autorinnen klar, dass die Förderung des Wohneigentums kritisch hinterfragt werden muss. Sie folgern: “Our results point out to strong policy implications, suggesting the importance of rebalancing policies favouring investment in housing towards the ones fostering investment in children’s human capital.”

Wer nun denkt, er hätte den Namen Elsa Fornero schon mal gehört: Ja, Elsa Fornero ist die Ministerin für Arbeit und Soziales der neuen italienischen Regierung Monti.

Tagi — wir bleiben dran!

Urs Birchler

Über die Wirtschaftsberichterstattung des Tagesanzeiger nerve ich mich so oft, dass ich nicht jedesmal reagieren mag.
Aber heute (Montagmorgen!) ist’s mir wieder mal zuviel: Die Bildlegende spricht vom Regierungsgebäude, während auf dem Bild in grossen Lettern (auch für nicht griechisch Sprechende wie mich) zu sehen ist, dass es sich um die Bank von Griechenland handelt. Regierung ist nicht gleich Notenbank. Auch nicht in Griechenland.

[Nachtrag: Der Fehler wurde bereits im Laufe des Tages behoben. Die Demonstranten sind jetzt „in der Innenstadt“. Das trifft immerhin zu. Genauer wäre: vor der Bank von Griechenland (Eleftheriou Venizelou 21, Athen 10564).]

Die ZKB-Todesspirale

Nachtrag vom 9. Feb. 2012: Aufgrund des (zu) provokativen Titels und besorgten Leseranfragen, habe ich die Aussagen hier präzisiert.

Urs Birchler

Letzte Woche musste ich bei der ZKB in der Schlange anstehen (wegen Umbauarbeiten). Ein Blick auf meine Mit-Ansteher genügte, mich erneut zu überzeugen: Es braucht eine Bank, der Herr und Frau Zürcher blind vertrauen können, ohne übervorteilt oder in Spekulationen hineingezogen zu werden.

Dann lese ich die Presseberichte zur Anwerbung von US-(und ex UBS-)Kunden durch unser Staatsinstitut. Und da wird mir als Zürcher Steuerzahler, Kantonsangestellter, und Eigenheimbesitzer gschmuch. Über die Staatsgarantie hänge ich letztlich in dieser Steuergeschichte nicht nur voll mit drin. Mehr noch: Wenn die Staatsgarantie zum Tragen kommt, wenn also die Steuern erhöht werden müssen, ziehen Gutverdienende weg, die Steuern müssen noch mehr steigen. Häuser im Kanton Zürich verlieren an Wert. Die Pfänder der ZKB-Hypotheken genügen nicht mehr, der ZKB geht es noch schlechter — potentiell eine Todesspirale für die ZKB und letztlich für den Kanton. (Der Kanton Appenzell AR hat dieses Schicksal 1995 knapp vermieden, indem seine bankrotte Kantonalbank von der UBS übernommen wurde. Der Kanton Bern musste nach 1993 zur Sanierung seine KB die Steuern erhöhen, kam aber mit dem blauen Auge davon, weil er es nicht mit den USA zu tun hatte.)

Können wir Zürcher noch ruhig schlafen? Unsere Bank schweigt. Die kantonale Aufsichtskommission über die wirtschaftlichen Unternehmen, gemäss Bilanz seit vergangenem September in Sachen ZKB tätig, hat ebenfalls Stillschweigen vereinbart.

Am lautesten aber schweigt der Bankrat der ZKB. Von den 13 Mitgliedern sind immerhin drei als Präsidium vollamtlich tätig. Bitte sagen Sie uns: Wie gross sind die Risiken? Was wäre der „worst case“? Wie will die Bank im Konflikt mit den USA vorgehen?

Als Stimmbürger und Steuerzahler möchte ich auch gerne wissen: Warum haben Sie der Übernahme hoch-problematischer Kunden zugestimmt? Und warum schliessen die Verhaltensregeln der ZKB die aktive, nicht aber die passiv-wissentliche Mithilfe zur Steuerhinterziehung ausdrücklich aus? Warum muss die ZKB gemäss ihrem Leitbild überhaupt „international erfolgreich“ sein? Im gesetzlichen Leistungsauftrag (Paragraph 2 des Kantonalbankgesetzes) ist von Internationalem jedenfalls nicht die Rede. Meine Vermutung: Die Autoren dieses Gesetzes (und der Zürcher Souverän, der es guthiess) hatten wohl dieselben Leute vor Augen, mit denen ich diese Woche in der Schlange stand.