Libra für Eilige

Urs Birchler

Zur kürzlich von Facebook angekündigten Privatwährung „Libra“ ist bei SUERF ein Leitfaden erschienen. Autor ist Beat Weber, Ökonom bei der Österreichischen Nationalbank. Von ihm stammt auch das Buch
Democratizing Money? Debating Legitimacy in Monetary Reform Proposals (Cambridge University Press, 2018).

Webers Analyse lautet in (meinen) Stichworten:

  • Libra ist keine Kryptowährung, sondern eine private Digitalwährung. Solche Währungen haben durchaus Chancen, wie das Beispiel von Q-Coin (emittiert von Tencent) zeigt.
  • Libra beruht — im Gegensatz zu Bitcoin — auch nicht auf einem dezentralisierten System; zwar sind mehrere Unternehmen beteiligt, aber die Ausgabe und die Vewaltung von Libra erfolgt zentral durch einen Libra-Council, der eine private Zentralbank darstellt. Libra ähnelt dem Euro, einfach mit Firmen anstatt Staaten.
  • Libra beruht — entgegen der Aussage von Facebook — nicht auf einer Blockchain; die Konti werden nicht dezentral und unabänderlich geführt.
  • Libra ist konzipiert als „stablecoin“; der Wert wird — gemäss Ankündigung von Facebook — konstant gehalten im Vergleich zu einem Korb bestehender Währungen. Libra ähnelt daher einer Bankeinlage (die auch immer im Verhältnis von 1:1 in SNB-Franken eintauschbar ist. (Der Libra-Council kann daher auch nie als Lender of Last Resort auftreten oder eine aktive Politik führen.) Libra ist damit auch kein Hedge gegen Inflation der Währungen, die im korb enthalten sind.
  • Das Versprechen, den Wert von Libra konstant zu halten kann in Konflikt stehen mit dem Interesse der dahinter stehenden Unternehmen.
  • Geld existiert aufgrund von (oder: besteht in) Vertrauen. Bei Libra fehlt aber einstweilen eine Legitimation, die Vertrauen schafft.
  • Die Marktmacht der hinter Libra stehenden Unternehmen kann der Währung eine starken Rückhalt geben, auch wenn diese nicht im gesamtwirtschaftlichen Interesse liegt, für welches sie gemäss Facebook geschaffen ist.

Libra existiert bisher nur als Idee in einem White Paper. Wie sich die Behörden und Regulatoren verhalten werden, sollte Libra tatsächlich dereinst vom Stapellaufen, ist noch ungewiss.

Finanzelite macht Bargeld den Prozess

Urs Birchler

So lautet, leicht gekürzt, die Schlagzeile im Tagesanzeiger zu unserer kürzlichen Aufführung im English Theatre in Frankfurt.

Dass das Bargeld noch einmal freigesprochen wurde, ist das eine. Mir (und der Dramaturgin Barbara Ellenberger) ist etwas anderes wichtig: Man kann eine Konferenz von morgens 8:30 bis abends 17:00 so inszenieren, dass den ganzen Tag lang (mit 2-3 unwesentlichen kurzen Ausnahmen) kein(e) Teilnehmer(in) je aufs Handy schaut. Und so, dass alle Referent(inn)en exakt zum Punkt reden. Und keine(r) überzieht.

Fragen gerne an:
Barbara Ellenberger
Urs Birchler
SUERF

Bargeld: Schuldig oder nicht schuldig?

Urs Birchler

Jetzt geht’s hart auf hart! Soll Bargeld abgeschafft werden? Am 20. Mai 2019 von morgens 8:30 bis 17:00 treten am English Theatre in Frankfurt erstklassige Experten als Zeugen pro und contra Bargeld vor den Richter. Der Ausgang ist offen.

Es wirken mit: Fritz Zurbrügg (Vizepräsident SNB), Friedrich Schneider (Uni LInz), Doris Schneeberger (Deutsche Bank), Marc Niederkorn (Mc Kinsey), Simon Riondet (Europol), Kathrin Assenmacher (EZB), Doris Schneeberger (EZB), Cecilia Skingsley (Vizegouverneurin Schwedische Riksbank).

Anklage und Verteidigung spielen die Mitglieder des Council of Management von SUERF, die die Konferenz zusammen mit der Deutschen Bundesbank organisiert. Am Richterpult sitzt der legendäre David Llewellyn.

Informationen und Anmeldung. Der Eintritt ist frei.

20 Jahre Euro — live auf Youtube

Urs Birchler

Bei der Banque de France findet heute und morgen eine SUERF-Konferenz zum zwanzigsten Jarestag der Einführung des Euro statt. Die Konferenz wird live auf Youtube übertragen. Auf der Rednerliste die erste Garde:

Heute, Do 28. März, ab 13:40 (Youtube):

  • Christine Lagarde, Managing Director, International Monetary Fund (IMF)
  • François Villeroy de Galhau, Governor, Banque de France
  • Laurence Boone, Chief economist, Organisation of Economic Cooperation & Development (OECD)
  • Agustin Carstens, General Manager, Bank for International Settlements (BIS)
  • Richard Clarida, Vice Chairman, Board of Governors of the Federal Reserve System
  • Pascal Lamy, former President, World Trade Organisation

Morgen, Fr 29. März, ab 9:00 (Youtube):

  • Hélène Rey, Professor, London Business School
  • Lorenzo Bini Smaghi, Chairman, Société Générale
  • Benoît Coeuré, Member of the Board, European Central Bank
  • Gita Gopinath, Chief Economist, IMF
  • Lucrezia Reichlin, Professor, London School of Economics
  • Jean Tirole, Nobel Prize in economics, Professor, Toulouse School of Economics

Daneben gibt es Poster Sessions mit Arbeiten jüngerer Ökonomen/innen, unter denen auch der Marjolin-Preis vergeben wird.

Stablecoin nicht gedeckt

Urs Birchler

Zu den sonderbarsten Erscheinungen am gehören jene Coins, die angeblich einen festen Wechselkurs zu einer staatlichen Währung wie US-Dollar oder Schweizer Franken haben. Einen Fixkurs kann nämlich nur jemand garantieren, der in beiden Währungen genügend Kapital hat. Ein „Stablecoin“, das einen Fixkurs in US-Dollar verspricht, müsste also stets zu 100 Prozent durch wertsichere und liquide Anlagen in Dollars gedeckt sein. Wie aber mit dem Halten gesicherter Dollarguthaben und der Ausgabe von Gutscheinen darauf Geld zu verdienen ist, scheint mir rätselhaft. Die Vollgeldinitiative wäre überflüssig gewesen, wenn sich das Angebot von „Vollgeld“ privat lohnte.

Drum wundert es mich nicht, dass bitcoinnews.ch meldet, dass das Krypto-Vollgeld Stablecoin eben doch nicht so gedeckt ist, wie es seine Schöpfer dauernd behaupteten, aber nie wirklich nachwiesen.

Dies ist nur ein Beispiel: Aber es erinnert daran: Hände weg von all diesen Fancy-Coins!
Lieber heute dumm aussehen als für den Rest der Ewigkeit.

Schuldenbremse — Schweiz besser als EU-Länder

Urs Birchler

Um die Schuldenbremse kümmert sich bei batz.ch normalerweise Marius Brülhart. Er hat kürzlich hier argumentiert, dass die Schweizer Schuldenbremse sogar einen leichten Zug rückwärts, in Richtung Schulden-Abbau, beinhalte.

Genau umgekehrt ist es in der EU, wie die Vitor Gaspar (Chef Fiscal Affairs beim IMF und früherer Finanzminister Portugals) and David Amaglobeli (ebenfalls IMF, früherer Gouverneur der Zentralbank von Georgien) in einer soeben erschienenen SUERF Policy Note zeigen. Die verschiedenen Ausgaben- oder Schuldenregeln in den einzelnen Ländern sind zwar nicht ganz wirkungslos, haben aber immer noch einen Zug in Richtung höherer Verschuldung. Hauptgrund: Die EU-Länder haben kaum Sanktionen zu befürchten. Wer soll schon den ersten Stein werfen: Es gab in den Jahren 1999-2016 nicht weniger als 37 Regelverstösse. Im Schnitt waren in jedem Moment fast 50 Prozent der Mitgliedländer in der Verstoss-Zone. Bemerkenswert: Die Euro-Staaten (die mindestens seinerzeit die Maastricht-Kriterien erfüllt hatten) schnitten seit der Finanzkrise deutlich schlechter ab als die Nicht-Euro-Mitglieder.

Vernissage im Money Museum

Urs Birchler

Das Money Museum hat gestern mit einer Vernissage neu eröffnet, unter anderem mit einer Ausstellung zum Thema „Der gerechte Preis“, das seit dem Mittelalter nichts an Aktualität eingebüsst hat. Dann verfügt das Museum über eine sensationelle Sammlung von aktuell 2095 Münzen, aus der im übrigen unsere täglich wechselnden Batzen (oben rechts) stammen. So ganz beiläufig erhielt ich gestern plötzlich eine sumerische Tontafel in Keilschrift in die Hand gelegt.

Der Vater des Museums, Jürg Conzett, verblüfft immer wieder mit seiner Offenheit für Unkonventionelles und Neues. So zeigt er im Museum auch seine Bitcoin-Mining-Maschine (Bild). Auf einem Zähler können die Besucher laufend verfolgen, wieviele Bitcoins der Apparat dem System schon abgemolken hat.

Auch wer endlich alles zum römischen Geldwesen genau wissen will, wird fündig (Bild).

Achtung: Das Museum ist nur Freitags offen. Und es lohnt sich, eine Führung zu vereinbaren.

Auch ein Steuer-Rekord

Urs Birchler

Das Magazin Die Zeit hat eine regelmässige Kolumne „Was mein Leben reicher macht“. Ich hätte einen Beitrag unter dem Titel „Was mich ärmer, aber mein Leben reicher macht“.

Gestern abend mit frohem Mut an der Steuererklärung 2018. Da finde ich doch einen im 2017 Jahr nicht angegebenen Posten! Sofort Selbstanzeige per e-mail an die zuständige Steuerkommissarin. Genau gesagt: um 17:22. Heute früh die (nicht automatische und sehr freundliche) Antwort. Time-stamp 06:17. Wo gibt’s denn sowas?

Wer uns (d.h. die freundliche Steuerfrau) unterbietet, möge sich melden. Gerne auch aus dem Ausland.

[Für 1. August-Reden freigegeben.]

Quant Master — ETHZ Nr. 1 in Europa

Urs Birchler

Gratulation an meinen Kollegen Walter Farkas! Sein Programm Master of Science in Quantitative Finance an der ETHZ hat es im Risk Net Ranking weltweit auf Platz 6, und damit auf Platz 1 der Programme ausserhalb der US, geschafft.

Auch wenn ich kein blinder Rating-Fan bin, freut’s mich doch. Walter hat über Jahre viel Zeit, Schweiss und Liebe in dieses Programm gesteckt.

In der Ranking-Statistik hat’s auch einige nützliche Informationen für künftige Interessent/innen. Die gute Nachricht: Alle Abgänger/innen des ETHZ Quant Masters finden einen Job, und das Lohnniveau liegt mit USD 83’000 (aktuell 1:1 zum CHF) weltweit unter den höchsten (allerdings schwingen Princeton und Berkeley mit beinahe dem Doppelten obenaus). Die schlechte Nachricht: Die Aufnahme in den QuantMaster ETHZ schaffen nur nur 17% der Bewerber/innen (gut 20 pro Jahrgang). Das ist im internationalen Vergleich streng (noch härter ist Princeton mit 5%). Aber eins ist sicher: Aufgenommen wird man in erster Linie, indem man sich bewirbt!