Gewerbsmässige Schaumschlägerei in der NZZ

Urs Birchler

Die NZZ steht für Journalismus im Geiste der Aufklärung. Nicht dazu passt: Schon zum wiederholten Mal gibt sie eine ganze Seite einem Literaturwissenschafter, um über ein Gebiet zu schreiben, von dem dieser herzlich wenig versteht. Seine Unkenntnis verbirgt er in einer süffig dargereichten Arroganz. In der Ausgabe von heute macht sich Manfred Schneider gleichzeitig über die Bargeld-Freunde und die Bitcoin-Fans lustig. Immerhin haben beide Lager gute Argumente für ihre gegensätzlichen Positionen. Bei Schneider sucht die Leserschaft vergebens nach irgendeiner greifbaren Information zum Thema, dem Geldwesen. Am Ende täuscht Schneider philosophische Tiefe vor mit der (aus dem Nichts abgeleiteten) “Folgerung”, Unabhängigkeit und Freiheit seien nicht dasselbe.

Es kann jeder Zeitung passieren, dass sie einen Non-Valeur einkauft. Im vorliegenden Fall war sie allerdings schon vor zehn Jahren gewarnt. In einem Artikel von 2014 verbreitete Literaturwissenschaftler Schneider von medizinischem Fachwissen unbelastete Weisheiten zu ADHS und wurde von Monika Bütler zu recht zurückgepfiffen. Trotzdem war Schneider immer wieder Gast in der NZZ. Sein Markenzeichen: Gemeinplätze zu Themen ausserhalb seines Fachbereichs (z.B. Chat-GPT, Künstliche Intelligenz). Und immer wieder: der Versuch, andere Positionen oder Personen lächerlich zu machen. Nicht sehr aufklärerisch, liebe NZZ.

Schneider beklagt sich gerne über abnehmendes Ansehen der Geisteswissenschaften. Doch selber macht er mit seinen flapsig-inhaltsarmen Artikeln keine gute Werbung für die Geisteswissenschaften.

Mir sind die Geisteswissenschaften wichtig. Und ebenfalls wichtig ist mir die NZZ. Drum verstehe ich nicht, weshalb sie regelmässig Schaumschlägern [die männliche Form trifft leider zu] ganze Seiten zur Verfügung stellt. Optimistisch stimmen mich die verheerenden Kommentare zu Schneiders neuestem Beitrag. Vielleicht liest die Redaktion ihre eigene Zeitung.

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