Too late to fail?

Urs Birchler

Der 1. März, ist immer ein besonderer Tag. An Chalanda Marz zieht nämlich mein Vornamensvetter, der Schellenursli, mit der grossen Kuhglocke durchs Dorf. Dieses Jahr ist der 1. März aber ganz besonders: Heute tritt nämlich die Änderung des Bankengesetzes „Stärkung der Stabilität im Finanzsektor; too big to fail“ in Kraft (
von der Presse vor zwei Wochen kurz angekündigt, sieh z.B. NZZ). Damit findet man die neuen Bestimmungen endlich auch in der Systematischen Sammlung des Bundesrechts [am 1.3.2012, 06:00, allerdings noch nicht aufgeschaltet].

Wird jetzt nie mehr eine Schweizer Bank mit Staatshilfe gerettet? Müssen jetzt immer die Aktionäre bluten? Einiges ist tatsächlich besser geworden, doch so klar ist es leider nicht, wie ich in einem NZZ-Artikel und im Gutachten für das Liberale Institut argumentiert habe. Und leider sind die Verordnungen zum Gesetz noch nicht unter Dach, sondern erst im Entwurf zur Vernehmlassung. Also zu früh, um mit der grossen Glocke durchs Dorf zu marschieren.

Freunde der ZKB: Bitte Ruhe!

Urs Birchler

Ich habe ein faules Ei gelegt! Mein provokativer Titel „Die ZKB-Todesspirale“ hat ungewollt Zweifel an der Solvenz der ZKB geweckt. Dies hat mehrere Leser (und Medienvertreter) erschreckt.

Deshalb ist eine Klarstellung am Platz. Eine Aussage zur Stabilität der ZKB war nicht gemeint. In der Zwischenzeit habe ich nachgeschaut: Die von den USA der UBS auferlegte Busse betrug damals 780 Mio. Dollar (NZZ, TA). Die ZKB mit einem vergleichsweise viel geringeren Volumen an Geldern amerikanischer Kunden verfügt aber über 8 Mrd. Fr. Eigenmitteln. Ein gutes Ruhekissen für Kunden und Steuerzahler.

Es sollte aber nicht zum Ruhekissen für Bankräte werden. Daher meine (zu) provokative Formulierung der „Todesspirale“. Mit der Spirale war ein Mechanismus gemeint, der theoretisch, im „worst case“, zu einem Teufelskreis führen kann. Die Moral: Auch wenn man Staatsgarantie hat, muss man rechtzeitig aufpassen. Das war die Idee (und sie betrifft nicht in erster Linie die ZKB, die zwar die grösste Kantonalbank ist, aber im Verhältnis zur Finanzkraft des Kantons nur im Mittelfeld steht). Die Reputation einer Bank zu schädigen, war keineswegs meine Absicht. Vielleicht hoffte ich auf ein klärendes Wort der Bankleitung. Doch hätte ich wissen müssen: Sie dürfen gar nicht. Auch im Rechtsstreit mit den amerikanischen Behörden gilt die Devise der Navy: „Lose lips sink ships.“

Bei allen ZKB-Kunden und Steuerzahlern, die meinetwegen schlaflose Nächte hatten, möchte ich mich ausdrücklich entschuldigen.

Staatsgarantie der ZKB

Urs Birchler

Jetzt bekomme ich Anfragen: Was bedeutet die Staatsgarantie der ZKB eigentlich?

Die Antwort hat zwei Teile. Erstens gibt es die im Kantonalbankgesetz festgelegte Staatsgarantie. Konkret:

§ 6.
1 Der Staat haftet für alle Verbindlichkeiten der Bank, soweit ihre eigenen Mittel nicht ausreichen.
2 Die Haftung erfasst nachrangige Verbindlichkeiten und das Partizipationskapital nicht.

Zweitens: Die ZKB geniesst eine faktische Staatsgarantie, die über die gesetzliche hinausgeht. Die gesetzliche Staatsgarantie kommt erst zum Tragen im Rahmen eines Konkursverfahrens. Ein solches vernichtet jedoch einen grossen Teil der Substanz einer Bank. Der Kanton Zürich würde also sehr wohl überlegen, ob er nicht lieber die Bank als Ganze retten würde, wie die Zürcher Finanzdirektorin, Frau Regierungsrätin Ursula Gut, in einem sehr lesenswerten Referat glasklar dargelegt hat.

Auch für nachrangige Forderungen haftet also faktisch der Kanton. Als einzige Verbindlichkeit nicht von der faktischen Staatsgarantie gedeckt ist die eben erst begebene nachrangige Tier-1 Anleihe. („Tier-1“ bezeichnet sogenanntes Kernkapital, hat als nichts mit dem Zoo-Sponsoring der ZKB zu tun.) Die Anleihe verfällt, wenn die Kernkapitalquote der ZKB unter 7% fällt oder wenn die FINMA eine drohende Insolvenz feststellt.

ZKB: Die Zürcher Kommunikations-Bank

Urs Birchler

Ich habe ein neues Lieblingswort.

Vor drei Tagen habe ich in diesem Blog einen bösen Kommentar zum Schweigen der ZKB abgegeben. Jetzt hat ein Bankrat das Schweigen in einem Interview mit dem Tagesanzeiger gebrochen. Man höre und staune:

„Es ist vielleicht eine heikle Situation für jene Banken, die in solche Geschichten involviert sind. Aber sicher nicht für mich persönlich.“

„Man macht sich immer Sorgen. Es ist aber auch schwierig, abzuschätzen, was auf die ZKB zukommen kann.“

Das ist alles sehr beruhigend — aber sicher nicht für mich persönlich.

Die ZKB-Todesspirale

Nachtrag vom 9. Feb. 2012: Aufgrund des (zu) provokativen Titels und besorgten Leseranfragen, habe ich die Aussagen hier präzisiert.

Urs Birchler

Letzte Woche musste ich bei der ZKB in der Schlange anstehen (wegen Umbauarbeiten). Ein Blick auf meine Mit-Ansteher genügte, mich erneut zu überzeugen: Es braucht eine Bank, der Herr und Frau Zürcher blind vertrauen können, ohne übervorteilt oder in Spekulationen hineingezogen zu werden.

Dann lese ich die Presseberichte zur Anwerbung von US-(und ex UBS-)Kunden durch unser Staatsinstitut. Und da wird mir als Zürcher Steuerzahler, Kantonsangestellter, und Eigenheimbesitzer gschmuch. Über die Staatsgarantie hänge ich letztlich in dieser Steuergeschichte nicht nur voll mit drin. Mehr noch: Wenn die Staatsgarantie zum Tragen kommt, wenn also die Steuern erhöht werden müssen, ziehen Gutverdienende weg, die Steuern müssen noch mehr steigen. Häuser im Kanton Zürich verlieren an Wert. Die Pfänder der ZKB-Hypotheken genügen nicht mehr, der ZKB geht es noch schlechter — potentiell eine Todesspirale für die ZKB und letztlich für den Kanton. (Der Kanton Appenzell AR hat dieses Schicksal 1995 knapp vermieden, indem seine bankrotte Kantonalbank von der UBS übernommen wurde. Der Kanton Bern musste nach 1993 zur Sanierung seine KB die Steuern erhöhen, kam aber mit dem blauen Auge davon, weil er es nicht mit den USA zu tun hatte.)

Können wir Zürcher noch ruhig schlafen? Unsere Bank schweigt. Die kantonale Aufsichtskommission über die wirtschaftlichen Unternehmen, gemäss Bilanz seit vergangenem September in Sachen ZKB tätig, hat ebenfalls Stillschweigen vereinbart.

Am lautesten aber schweigt der Bankrat der ZKB. Von den 13 Mitgliedern sind immerhin drei als Präsidium vollamtlich tätig. Bitte sagen Sie uns: Wie gross sind die Risiken? Was wäre der „worst case“? Wie will die Bank im Konflikt mit den USA vorgehen?

Als Stimmbürger und Steuerzahler möchte ich auch gerne wissen: Warum haben Sie der Übernahme hoch-problematischer Kunden zugestimmt? Und warum schliessen die Verhaltensregeln der ZKB die aktive, nicht aber die passiv-wissentliche Mithilfe zur Steuerhinterziehung ausdrücklich aus? Warum muss die ZKB gemäss ihrem Leitbild überhaupt „international erfolgreich“ sein? Im gesetzlichen Leistungsauftrag (Paragraph 2 des Kantonalbankgesetzes) ist von Internationalem jedenfalls nicht die Rede. Meine Vermutung: Die Autoren dieses Gesetzes (und der Zürcher Souverän, der es guthiess) hatten wohl dieselben Leute vor Augen, mit denen ich diese Woche in der Schlange stand.

Bailout für Banken: nie mehr?

Urs Birchler

Heute hat das Liberale Institut eine Studie von mir zum Thema Besseres Konkursrecht statt Bailouts? veröffentlicht. Fazit: Das revidierte Bankinsolvenzrecht hat noch ernste Mängel; diese bergen die Gefahr, dass der Staat bei einem Bankenproblem wiederum als Retter einspringen muss (siehe auch die Medienmitteilung).

Gleichzeitig publizierte die FINMA heute ihren Vernehmlassungsentwurf zu einer Bankinsolvenzverordnung.

Fazit: Die FINMA muss am Detail arbeiten, obwohl der Gesetzgeber die Architektur noch nicht ganz im Griff hat.

Nummernkonti

Urs Birchler

Haben Sie nicht gewusst, dass ich für Nummernkonti bin? Ich auch nicht. Aber die neuesten Eregnisse haben eines gezeigt: Die Arbeitsteilung innerhalb einer Bank — gestützt durch die Informatik — bedingt, dass ein Dutzend Personen Zugriff zu einem Kundenkonto haben. Damit ist die Gefahr eines Lecks stets gegeben. Die geradlinige Lösung (wenn man das Bankgeheimnis nicht abschaffen will) wäre das Nummernkonto: Der Bank (d.h. 1-2 Mitarbeitern) ist der Kontoinhaber, bzw. wirtschaftlich Berechtigte, mit allen notwendigen Zusatzinformationen bekannt. Intern ist er aber nur eine Nummer. Näheres dazu im heutigen Echo der Zeit von Radio DRS.

Euros nach Madrid

Urs Birchler

Die EZB bietet den Banken für die nächsten drei Jahre unlimitiertes Geld zum Referenzsatz von 1 Prozent an (bei gleichzeitiger Lockerung der Bedingungen für zulässige Pfandsicherheiten). Was erreicht sie dadurch?

Beim Kaffee zeigen mir meine Kollegen Alexandre Ziegler und Per Östberg einen Artikel aus Bloomberg, der die Antwort enthält: Spanien nahm heute 5.6 Mrd. Euro auf drei, bzw. sechs Monate auf. Beide Tranchen wurden massiv überzeichnet und gingen weg mit Zinssätzen von 1.735 Prozent, bzw. 2.435 Prozent. Am 22. November hatte Spanien für dieselben Laufzeiten noch 5.11 Prozent, bzw. 5.23 Prozent bieten müssen. Mit andern Worten: Die EZB gibt billiges Geld an die Banken, die es postwendend in höher rentierende Regierungspapiere investieren.

Kurz und schlecht: Die EZB schafft Geld, leiht dieses den Banken in der Hoffnung, dass diese es an den finanziell maroden Staat weiterleihen. Das ist sozusagen TBTF im Rückwärtsgang (die Banken retten den Staat) plus Monetisierung durch die EZB — „Quantitative Easing“ auf europäisch.