NZZ reitet auf totem Pferd — Kommentar von Oliver Kessler

Urs Birchler

Gestern habe ich einen Beitrag von Oliver Kessler in der NZZ kritisiert. Dazu ist folgende Stellungnahme des Autors eingegangen:

Vielen Dank für Ihre Zeilen und Ihren Beitrag, den ich im Sinne des Wettstreits der Ideen natürlich begrüsse und mit Interesse gelesen habe.

In Ihrem Beitrag erkenne ich drei Argumente, die die Thesen von Rothbard angeblich widerlegen:

1.) Die als „Beweis“ angeführten Käufe der FED von Staatsobligationen sind nur ein Teil des Ganzen: Die gleichzeitig auslaufenden Guthaben der FED werden dabei ausgeblendet.

Rothbard hatte konkret aufgezeigt, wie die Geldmenge von 1921-29 stark gewachsen ist. Es geht da nicht nur um Staatsanleihenkäufe, sondern um das Wachstum der Geldmenge, das eines der wichtigsten Kriterien für die Beurteilung ist, ob eine Geldpolitik expansiv oder restriktiv ist. Wächst die Geldmenge in nur 8 Jahren um satte 62 Prozent, kann man meiner Meinung nach nicht sagen, es sei falsch, hier von einer expansiven Geldpolitik zu sprechen. Sonst haben wir hier einfach unterschiedliche Definitionen von „expansiv“.

2.) Die FED war in diesen Jahren keineswegs autonom, sondern operierte unter dem Goldstandard. Unter diesem floss aber aufgrund der Entwicklung in Europa in grösserem Ausmass Gold in die USA. Die eigenständigen Massnahmen der FED zielten darauf ab, diese expansiven Einfluss wenigstens teilweise zu kompensieren.

Ob die Fed in diesen Jahren autonom war oder nicht, spielt für die Feststellung, dass eine expansive Geldpolitik zu Zeiten vor und am Anfang der Krise vorherrschte, letztlich keine Rolle. Der Grund für eine expansive Geldpolitik wäre eine andere Diskussion.

3.) Sie zitieren anschliessend noch aus dem Buch von Friedman und Schwarz:

Doch auch aus diesem Zitat entnehme ich ausser einer Behauptung keine Belege, die darauf hinweisen, dass es sich um eine restriktive Geldpolitik gehandelt haben soll.

Ich kann Ihnen daher nicht folgen, wenn Sie schreiben: „Die „übermässig expansive“ Politik der FED ist daher eine Legende“.

Gibt es noch andere (nicht genannte) Gründe, weshalb Sie zu diesem Schluss kommen? Diese würden mich interessieren.

Mit freundlichen Grüssen,
Olivier Kessler

Ich erlaube mir dazu zwei Bemerkungen:

  • War die Politik der FED expansiv, weil sie die durch den Goldstandard bedingten Zuflüsse nicht energisch genug oder nur mit unzulänglichen Mitteln bekämpfte? Hier besteht die Gefahr, um Worte zu streiten. Ich finde es etwas irreführend, die FED zu kritisieren für ein Problem, das letztlich am Goldstandard liegt.
  • Die Geldpolitik war weder besonders expansiv noch restriktiv, sondern ungefähr „akkomodierend“. Die von Rothbard behauptete Geldmengenexpansion von 1921-29 von 62 Prozent entspräche einer Wachstumsrate von 7.75 Prozent pro Jahr. Rothbard schliesst aber in der Geldmenge den Wert ausstehender Lebensversicherungspolicen ein, was bereits von Milton Friedman kritisiert wurde. Ohne diese Policen stieg die Geldmenge um 46 Prozent oder 5.75 Prozent im Jahr, das heisst ungefähr im Gleichschritt mit dem realen BIP.

Friedensvorschlag: Eine aus meiner Sicht faire Beurteilung gibt Mark Skousen in einem informativen Blog-Beitrag. Er weist auch darauf hin, dass die Vertreter der Österreichischen Schule Ludwig von Mises und Friedrich A. Hayek vor einer kommenden Krise warnten, während deren Gegner John M. Keynes und Irving Fisher völlig überrascht und mit herben finanziellen Verlusten bestraft wurden. (Keine Rehabilitation erfährt jedoch Murray Rothbard).

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