Das Frühjahrssemester hat begonnen. Das heisst für mich Unterricht auf der Assessmentstufe (1300 Studentinnen und Studenten) und wenig Zeit für Blogging.
Ein Ziel der Vorlesung ist, dass die Studenten lernen, empirische wirtschaftspolitische Studien zu interpretieren und zu hinterfragen. Als Illustration ein Beispiel. Verheiratete Männer leben im Durchschnitt deutlich länger als ledige. Dies kann auf zwei Arten interpretiert werden. 1) Verheiratete Männer leben länger weil sie verheiratet sind. 2) Männer mit einer höheren Lebenserwartung sind eher verheiratet. Die Kausalität (oder Ursache-Wirkungskette) kann somit in beide Richtungen gehen. Zur Information: Bei den Frauen ist die Korrelation zwischen Zivilstand und Lebenserwartung nur sehr schwach.
Damit die Studierenden über solche Zusammenhänge nachdenken, erhalten sie beinahe jede Woche eine Aufgabe zum Überlegen.
Hier die erste: Zwei Forschungs-Institute untersuchen den Zusammenhang zwischen Qualität und Preis von Erdbeeren. Studie A findet, dass die Qualität der Früchte tatsächlich mit dem Preis steigt, sich der höhere Preis der Delikatessgeschäfte somit rechtfertigt. Studie B findet genau das Gegenteil: Bei hohen Preisen ist die Qualität der Erdbeeren tendentiell schlechter. Welche Studie hat recht? Und wem dies zu einfach ist: Gibt es wirtschaftspolitische Fragen, die zu ähnlich unterschiedlichen Resultaten führen können?
Zum Theme „Verheiratet und Lebenserwartung“: Es gibt immer noch die Möglichkeit, dass es einen gemeinsamen Grund für A und B gibt, aber weder A Ursache für B, noch B Ursache für A ist. Und nicht zuletzt ist immer noch der Fall zu berücksichtigen, dass es trotz statistischer Signifikanz einfach Zufall ist.
In der Praxis wird viel zu oft eine Kausalbeziehung konstruiert, wo schlichtweg keine vorhanden ist.