Urs Birchler
Noch einmal (nach a und b) zur ungedeckten Liquiditätshilfe der SNB mit Bundesgarantie, dem Public Liquidity Backstop (PLB). Nebst allen anderen Problemen (einschliesslich des möglichen Konflikts zum Nationalbankgesetz) kommt noch ein Punkt dazu: Der PLB ist viel zu billig.
Worum geht es?
Der PLB ist eine Versicherung. Einzelne Befürworter behaupten, der PLB sei keine Versicherung, denn Banken hätten unter dem PLB keinen rechtlichen Anspruch auf Hilfskredite. Dies ist falsch. Schon die TBTF-Erfahrungen haben gezeigt, dass de facto-Beistandspflichten wirksam sind auch ohne de jure-Verpflichtung. Faktische Beistandspflichten sind sogar härter als rechtliche Beistandspflichten, da die ersteren im Gegensatz zu letzteren nie gekündigt werden können – sie sind ungeachtet des Willens des Garantiegebers (des Bundes) immer vorhanden. Nebenbei bemerkt: Es handelt sich nicht nur um eine Liquiditätsversicherung: Wenn eine Bank den PLB in Anspruch nehmen muss, ist ihre Rückzahlungsfähigkeit akut gefährdet. Die SNB (und hinter ihr der Bund) verspricht also mit dem PLB Solvenzhilfe.
Die Versicherungsprämie
Gemäss Vorlage des Bundesrates soll der Bund für die Bereitstellung einer Ausfallgarantie von den systemrelevanten Banken (den SIBs) eine angemessene Entschädigung erhalten. Diese soll auch Wettbewerbsvorteile gegenüber den kleineren Banken kompensieren und die SIBs nicht übermässig belasten. Als Bemessungsgrundlage schlägt der Bundesrat vor: Die Verbindlichkeiten einer Bank minus die hochwertigen liquiden Aktiva. Darauf soll ein Bemessungssatz in der Grössenordnung zwischen 0,005 Prozent und 0,015 Prozent gelten.
Ökonomisch erforderliche Prämien
Die Abschätzung der „richtigen“ Versicherungsprämie ist anspruchsvoll. Die Kantonalbanken bezahlen ihren Kantonen als Abgeltung der Staatsgarantie (z.T. nach unterschiedlichen Formeln) 0,5 bis 1,0 Prozent der erforderlichen Eigenmittel. Das sind grob geschätzt zwischen 0,05-0,10 Prozent der jeweiligen Bilanzsumme — d.h. schon zehn Mal mehr als der PLB kosten soll. Dabei ist noch nicht berücksichtigt, dass beim PLB die Bemessungsgrundlage kleiner ist als die Bilanzsumme. Auch nicht einberechnet ist, dass die Abgeltung der Kantonalbanken für ihre Staatsgarantie nicht das ganze Risiko der Kantone abdeckt; einen Teil ihrer Abgeltung erbringen die Kantonalbanken im Rahmen ihrer Leistungsaufträge.
Eine andere Schätzmethode ist die Rating-Methode. Öffentliche Garantien verbessern die Ratings der Banken um 2-5 notches (z.B. von A auf AAA). Dies verbilligt die Fremdkapital-Finanzierung der systemrelevanten Banken. Gemäss Schätzung der SNB (2021) liegt der Finanzierungsvorteil zwischen mindestens einem Prozentpunkt (in ganz ruhigen Zeiten), 2,5 Prozentpunkte (im mehrjährigen Durchschnitt) und über 10 Prozent (in Krisenzeiten).
Fazit: Die ökonomisch notwendigen Risikoprämien für den PLB liegen um einige Zehnerpotenzen über den vom Bundesrat vorgeschlagenen Sätzen. Der Bund offeriert eine Versicherung zum Schleuderpreis. Das Ziel, die Prämien sollten „die SIBs nicht übermässig belasten“ ist also deutlich übererfüllt — auf Kosten der nicht systemrelevanten* Banken und der Steuerzahler.
*Der Regionalbankenverband setzt, anstatt auf Widerstand gegen den PLB, auf die Hoffnung, mit der Zeit auch in dessen Genuss zu kommen.