Staatsgarantie zum Schleuderpreis

Urs Birchler

Noch einmal (nach a und b) zur ungedeckten Liquiditätshilfe der SNB mit Bundesgarantie, dem Public Liquidity Backstop (PLB). Nebst allen anderen Problemen (einschliesslich des möglichen Konflikts zum Nationalbankgesetz) kommt noch ein Punkt dazu: Der PLB ist viel zu billig.

Worum geht es?

Der PLB ist eine Versicherung. Einzelne Befürworter behaupten, der PLB sei keine Versicherung, denn Banken hätten unter dem PLB keinen rechtlichen Anspruch auf Hilfskredite. Dies ist falsch. Schon die TBTF-Erfahrungen haben gezeigt, dass de facto-Beistandspflichten wirksam sind auch ohne de jure-Verpflichtung. Faktische Beistandspflichten sind sogar härter als rechtliche Beistandspflichten, da die ersteren im Gegensatz zu letzteren nie gekündigt werden können – sie sind ungeachtet des Willens des Garantiegebers (des Bundes) immer vorhanden. Nebenbei bemerkt: Es handelt sich nicht nur um eine Liquiditätsversicherung: Wenn eine Bank den PLB in Anspruch nehmen muss, ist ihre Rückzahlungsfähigkeit akut gefährdet. Die SNB (und hinter ihr der Bund) verspricht also mit dem PLB Solvenzhilfe.

Die Versicherungsprämie 

Gemäss Vorlage des Bundesrates soll der Bund für die Bereitstellung einer Ausfallgarantie von den systemrelevanten Banken (den SIBs) eine angemessene Entschädigung erhalten. Diese soll auch Wettbewerbsvorteile gegenüber den kleineren Banken kompensieren und die SIBs nicht übermässig belasten. Als Bemessungsgrundlage schlägt der Bundesrat vor: Die Verbindlichkeiten einer Bank minus die hochwertigen liquiden Aktiva. Darauf soll ein Bemessungssatz in der Grössenordnung zwischen 0,005 Prozent und 0,015 Prozent gelten.

Ökonomisch erforderliche Prämien

Die Abschätzung der „richtigen“ Versicherungsprämie ist anspruchsvoll. Die Kantonalbanken bezahlen ihren Kantonen als Abgeltung der Staatsgarantie (z.T. nach unterschiedlichen Formeln) 0,5 bis 1,0 Prozent der erforderlichen Eigenmittel. Das sind grob geschätzt zwischen 0,05-0,10 Prozent der jeweiligen Bilanzsumme — d.h. schon zehn Mal mehr als der PLB kosten soll. Dabei ist noch nicht berücksichtigt, dass beim PLB die Bemessungsgrundlage kleiner ist als die Bilanzsumme. Auch nicht einberechnet ist, dass die Abgeltung der Kantonalbanken für ihre Staatsgarantie nicht das ganze Risiko der Kantone abdeckt; einen Teil ihrer Abgeltung erbringen die Kantonalbanken im Rahmen ihrer Leistungsaufträge.

Eine andere Schätzmethode ist die Rating-Methode. Öffentliche Garantien verbessern die Ratings der Banken um 2-5 notches (z.B. von A auf AAA). Dies verbilligt die Fremdkapital-Finanzierung der systemrelevanten Banken. Gemäss Schätzung der SNB (2021) liegt der Finanzierungsvorteil zwischen mindestens einem Prozentpunkt (in ganz ruhigen Zeiten), 2,5 Prozentpunkte (im mehrjährigen Durchschnitt) und über 10 Prozent (in Krisenzeiten).

Fazit: Die ökonomisch notwendigen Risikoprämien für den PLB liegen um einige Zehnerpotenzen über den vom Bundesrat vorgeschlagenen Sätzen. Der Bund offeriert eine Versicherung zum Schleuderpreis. Das Ziel, die Prämien sollten „die SIBs nicht übermässig belasten“ ist also deutlich übererfüllt — auf Kosten der nicht systemrelevanten* Banken und der Steuerzahler.

*Der Regionalbankenverband setzt, anstatt auf Widerstand gegen den PLB, auf die Hoffnung, mit der Zeit auch in dessen Genuss zu kommen.

Banken — stille Revolution und unüberlegte Politik

Urs Birchler

Die Credit Suisse wurde im März 2023 Opfer einer (vermutlich begründeten) Massenflucht ihrer Kundengelder. Neu dabei war: Das Geld floss in aller Stille und gegen aussen unsichtbar ab. Noch 2007 bildeten sich vor den Schaltern der britischen Bank Northern Rock lange Schlangen. Bei der CS 2023: nichts dergleichen. Statt die Schalter zu stürmen und Bargeld davon zu tragen, konnten die Einleger ihr Geld mit ein paar Klicks transferieren auf andere Banken. Der stille Run illustriert über das Problem der CS hinaus eine unbequeme Wahrheit: Das seit dem Mittelalter betriebene Geschäftsmodell der Banken ist kaum mehr möglich.

Die Rede ist vom „fractional reserve banking“: Banken borgen Einlagen, welche die Einleger jederzeit zurückziehen können. Das geborgte Geld leihen sie längerfristig an ihre Kreditnehmer aus. So kommen die Kreditnehmer zu günstigen Hypotheken, die Einleger behalten ihre Mittel flüssig. Die Banken bauen — bildlich gesprochen — eine Brücke zwischen flüssigen Mitteln und festem Beton — zum Vorteil der Schuldner, der Einleger und, last but not least, ihrer selbst.

Dieses Geschäftsmodell hat über Jahrhunderte funktioniert. Nur gelegentlich kam es zu Pannen: Wenn eine Bank das Vertrauen der Einleger verlor (meist, weil sie schlechte Kredite gewährt hatte), kam es zum Bank Run. Die Gefahr eines Bank Run hat eine gute und eine schlechte Seite. Die gute: Sie zwingt eine Bank und deren Einleger (die bei einem Zusammenbruch Geld verlieren) zur Vorsicht. Die schlechte: Der Run auf eine Bank kann diese zu verlustreichen Notverkäufen zwingen; darüber hinaus kann ein Run zu einem Flächenbrand führen, wenn er das Vertrauen des Publikums in die anderen Banken zerstört.

Nicht zuletzt wegen dieser Gefahr sind staatliche Notenbanken entstanden, die im Notfall Geld drucken können. Die Versorgung des Geldmarktes mit Liquidität und die Finanzstabilität gehören deshalb zu den Aufgaben der Schweizerischen Nationalbank (Art. 5 Abs. 2 lit. a und e NBG).

Liquiditätshilfe der Nationalbank kommt in verschiedenen Stufen. Kredite innerhalb des Tages und über Nacht sollen Störungen des Zahlungsverkehrs verhindern. Bei Bankenkrisen gewährt die SNB Kredit als Emergency Liquidity Assistance (ELA) an solvente Banken und gegen Deckung. Traditionsgemäss besteht die Deckung vor allem aus Wertpapieren. Heutzutage kann die Nationalbank (unter gewissen technischen Voraussetzungen) auch Hypotheken belehnen. Dies ist wichtig, da diese bei den meisten Banken einen grossen Teil der Bilanz ausmachen.

Bei der CS reichten die belehnbaren Werte nicht aus, um den Geldabfluss zu kompensieren. Die SNB wurde deshalb unter Notrecht zu zwei zusätzlich Tranchen von Liquiditätshilfe ermächtigt: (a) Kredite ohne Deckung mit Konkursprivileg (ELA+) und (b) Kredite ohne Deckung mit Bundesgarantie (Public Liquidity Backstop, PLB). Beides wäre unter ordentlichem Recht illegal (Art. 9 Abs 1, lit. e NBG). Deshalb ist der Bundesrat bestrebt, (für systemrelevante Banken) den PLB ins ordentliche Recht zu überführen.

Bei Einführung des PLB kann eine (systemrelevante) Bank fast die ganze Aktivseite ihrer Bilanz kurzfristig mit Notenbankgeld belehnen. Ihre Einlagen (auf der Passivseite) sind dann im Krisenfall voll mit Notenbankgeld gedeckt. Dies war das Ziel der 2018 abgelehnten Vollgeld-Initiative. Der Unterschied zur Vollgeld-Initiative: Diese wollte, dass die Banken den Gegenwert ihrer Kundeneinlagen selbst in ihrer Kasse (oder auf dem SNB-Konto) halten. Unter dem Public Liquidity Backstop bleibt das Notenbankgeld bei der SNB, solange es die Banken nicht brauchen. Das ist derselbe Unterschied wie zwischen indivduellem Autobesitz und Mitgliedschaft beim Car-Sharing. In beiden Fällen hat man ein Auto zur Verfügung, wenn man eins braucht. Car-Sharing ist insofern effizienter, als es mit weniger Fahrzeugen auskommt. Auch die Totalbelehnung von Bankaktiven durch die SNB im Bedarfsfall wäre effizienter als die individuelle Liquiditätshaltung der Banken, die mit Zinsverlust verbunden ist.

Nur: Denn das Wichtigste geht verloren: Die Illiquidität als ultima ratio, als Brecheisen, das eine schlecht geführte Bank in neue Hände zwingt. Bei jeder anderen Unternehmung ist dieses Brecheisen das letzte Mittel der Unternehmenskontrolle, wenn Geschäftsführung und Eigner versagt haben. Bei Banken müsste es ersetzt werden durch ein scharfe — und (anders als bei der CS) rechtzeitig eingreifende — Aufsicht. Die Nothilfe via PLB müsste deshalb mit automatischen Sanierungsmassnahmen verbunden sein — beispielsweise einer Löschung der Aktionärsrechte. Zugegeben: Die Verknüpfung zwischen Hilfe und Strafe muss noch genauer durchdacht werden. Genau deshalb ist es so wichtig, den PLB nicht separat einzuführen, bevor die Too-Big-to-Fail-Gesetzgebung überarbeitet wird.

Fazit: Eine separate Einführung des PLB brächte die Architektur von Unternehmenskontrolle und Aufsicht im Bereich der systemrelevanten Banken komplett aus dem Lot.

Hydranten statt Brandmauern?

Verzichten wir auf Brandmauern zwischen den Häusern und stellen statt dessen vor jedes Haus einen Hydranten! Dies streben grosse Banken hinter den Kulissen seit Jahren an: Möglichst wenig Eigenmittel (Brandmauern), aber unbeschränkte Liquiditätsgarantien (Hydranten). Heute stehen sie knapp vor dem Ziel — paradoxerweise, weil eine von ihnen falliert ist.

Beim Untergang der Credit Suisse gab die SNB Liquiditätszusagen gestützt auf Notrecht ab. Der Bundesrat möchte solche ungedeckte Hilfskredite an grosse Banken durch die Nationalbank mit Bundesgarantie (im Jargon der Bankenregulierung: Public Liquidity Backstop, PLB) künftig unter ordentlichem Recht ermöglichen. Egal, wenn die Feuerwehr ausrücken muss.

Der Hintergrund: Wenn die Kunden einer Bank ihr Geld abholen, hat diese bald keine liquiden Mittel mehr, steht also mit leerer Kasse da. Dann kann sie bei der SNB noch Notkredite gegen Deckung erbitten. Wenn sie aber nichts mehr besitzt, was die SNB mit halbwegs gutem Gewissen belehnen kann, dürfte – gemäss Vorlage — die Nationalbank der klammen Bank trotzdem nochmals Geld leihen, und zwar blanko, falls im Hintergrund der Bund bürgt. Daher: Public (SNB und Bund) +  Liquidity (es gibt Geld) + Backstop (das Auffangnetz hinter dem Werfer beim Baseball).

Die vom Bundesrat zur Umsetzung des PLB erarbeitete Vorlage weist gravierende Schwächen auf und sollte nicht vorschnell umgesetzt werden. Die Gründe:

  1. Die Vorlage ist – zusammen mit den aus der CS-Krise noch bestehenden Bestimmungen – viel zu komplex. Für Nicht-Spezialisten sind die konzeptionellen Schwächen kaum erkennbar. Die geplante Trennung der Vorlage von der geplanten umfassenderen Revision der TBTF-Bestimmungen verhindert eine Regulierung „aus einem Guss“.
  2. Der PLB subventioniert die systemrelevanten Organisationen (UBS, Raiffeisen Gruppe, Zürcher Kantonalbank und PostFinance) gegenüber den kleineren Banken wie z.B. den Regionalbanken. Die vorgesehene Abgeltung (Versicherungsprämie) ist zu tief. Sie ist geringer als die Abgeltung für die Staatsgarantie, welche die Kantonalbanken ihren Kantonen zahlen (zusätzlich zur Erfüllung des Leistungsauftrags und zur Dividende!). Zudem ist die Abgeltung an die Kantone ohnehin schon eher tief gemessen an den statistischen Erfahrungswerten zu Verlusten der Kantonalbanken.
  3. Ein Konkursprivileg für Kredite durch die SNB macht die bereits ziemlich komplizierte Hierarchie der Ansprüche von Einlegern, Träger der Einlagensicherung (esisuisse) und SNB durcheinander (hierzu nur ein Beispiel). Die daraus folgenden rechtlichen Komplikationen erschweren eine Sanierung oder geordnete Abwicklung einer Bank zusätzlich. 
  4. Der PLB bringt schafft (entgegen der Behauptung in der Vorlage des Bundesrates) kein zusätzliches Vertrauen der Fremdkapitalgeber, im Gegenteil. Beruhigend wirkt Liquiditätshilfe durch die SNB nur, wenn die Solvenz der Bank ausser Zweifel steht, wenn also die Einleger bloss Angst voreinander haben. Bei zweifelhafter Solvenz jedoch bleibt für die letzten Einleger weniger übrig, wenn andere ihre Guthaben dank der Liquiditätshilfe durch die SNB zurückziehen. Ein sofortiger Rückzug (Bank Run) bei angebotener Liquiditätshilfe ist also rational.
  5. Liquiditätshilfe durch die SNB untergräbt die Rolle der FINMA. Illiquidität (Zahlungsunfähigkeit) eines Unternehmens ist in der Regel ein Zeichen für Insolvenz (Überschuldung). Anders als die Insolvenz lässt sich Illiquidität nicht verstecken. Sie ist die Guillotine: Die Unternehmung muss in neue Hände kommen. Bei Banken ist die Guillotine jedoch sehr teuer, auch volkswirtschaftlich. Deshalb gibt es eine Bankenaufsicht, die rechtzeitig eingreifen soll, wenn die Solvenz gefährdet ist. (Zu) grosszügige Liquiditätshilfe durch die SNB ermöglicht es aber der FINMA, die Illusion der Solvenz aufrechtzuerhalten Beispiel CS). Hier liegt sogar ein Fehlanreiz vor: Die SNB darf Liquiditätshilfe gewähren, solange die FINMA die Solvenz der empfangenden Bank noch bescheinigt. Der PLB verschlimmert das Problem noch.
  6. Die an eine Liquiditätshilfe unter dem PLB obligatorisch zu knüpfenden Sanierungsmassnahmen sind nicht genügend spezifiziert. Da Liquiditätshilfe das Leben einer möglcherweise insolventen Bank verlängert, schafft dies eine Lücke in der Unternehmenskontrolle.
  7. Die Gewährung von ungedeckten Krediten mit Bundesgarantie ist ökonomisch gleichbedeutend wie eine Kreditgewährung der SNB an den Bund (und von diesem an die Bank). Ob dies eine illegale Staatsfinanzierung (Art. 11 Abs. 2 NBG) darstellt, wäre mindestens genau zu prüfen.
  8. Unklar ist (mindestens für den Ökonomen), ob die vorgesehenen Bestimmungen (Art. 51a) nur die vergangene Kreditgewährung betreffen (wodurch sie überflüssig wären) oder auch eine Verpflichtung des Bundes zu künftiger Hilfeleistung enthalten (wesfalls sie gestrichen gehörten).

Trotz all dieser Mängel wurde die Vorlage des Bundesrates in der Vernehmlassung relativ positiv aufgenommen. Klar ist, dass die Bankiervereinigung, de facto das Sprachrohr der Grossbanken, das Geschenk des Bundes gerne annehmen möchte. Auch Economiesuisse findet den PLB eine gute Sache. Vielleicht hofft sie, irgendwann bekämen alle Schweizer Unternehmen im Krisenfall Bundesgarantie für Notkredite. Sogar der Kantonalbankenverband ist für den PLB, obwohl nur ein einziges seiner Mitglieder (die ZKB) von ihm profitieren kann — und ihn gar nicht braucht, da die Bank bereits von Gesetztes wegen Staatsgarantie geniesst. Das Kuriosum wird von Letti Robin (UniFR) analysiert. Der Regionalbankenverband schliesslich mag nicht gegen den PLB ankämpfen, sondern argumentiert, der PLB müsse auch den bisher ausgeschlossenen 98 Prozent der Schweizer Banken offenstehen.

Aus neutraler Warte wurde die Vorlage kaum kommentiert — sie ist schlicht zu kompliziert. Eine vorsichtig kritische Stimme erhob Christoph Schmutz in der NZZ. Schärfere Kritik kam von von Alexandra Janssen (Ecofin) und Adriel Jost und Corinne Zellweger-Gutknecht (UniSG/UniBa). Aymo Brunetti (UniBe) befürwortet zwar einen PLB, hält aber die vorgesehene Abgeltung für viel zu gering angesichts der Risiken für den Steuerzahler.

Fazit: Stop dem Back-Stop! Der Gesetzgeber täte gut daran, den PLB trotz Applaus durch die Banken nicht einfach durchzuwinken, sondern nochmals genauer anzusehen. Notwendig wäre mindestens eine Abstimmung zwischen Regeln zur Liquiditätshilfe und einer neuen TBTF-Regulierung. Auf Deutsch: Wieviel Brandmauer braucht es für ein Anrecht auf einen Hydranten?

Die Eigenmittel-Leugner

Die UBS braucht anscheinend Hilfe. Nicht finanziell, aber intellektuell. Jamie Dimon, der Chef der gemäss NZZ „mächtigsten Bank der Welt“ (J.P. Morgan), unterstützt die UBS in ihrer Behauptung, die grossen Banken bräuchten kein zusätzliches Kapital: Der „Hyperfokus auf das Kapital und auch auf die Governance ist fehlgeleitet.“

Schon in einem früheren Interview geisselte er Eigenmittelanforderungen als unamerikanisch. Klingt in meinen Ohren nicht nach einer sehr wissenschaftlichen Begründung. Aber sind solide Eigenmittel, d.h. ein gutes Polster gegen die eingegangenen Risiken, auch unschweizerisch?

Jede Schweizer Familie, die ein Eigenheim erwarben möchte, und jeder Gewerbebetrieb, der Kredit braucht, hört bei der Bank als erstes die Frage: „Wieviel eigene Mittel können Sie einbringen?“ Bei der Hypothek aufs Eigenheim sind gewöhnlich 20 Prozent das Minimum. Dabei ist die Hypothek erst noch gesichert durch das verpfändete Eigenheim. Das Risiko für die Bank ist also relativ gering. Trotzdem verlangt sie 20 Prozent Eigenmittel.

Im Gegensatz dazu sind die Schulden der Banken zu einem grossen Teil ungedeckt. Nur ein kleiner Teil der Einlagen bei der UBS sind durch die Einlagensicherung gedeckt. Die Risiken für die Bankgläubiger sind also höher. Und da sollen Eigenmittel plötzlich Luxus sein?

Als vermeintlichen Beweis für die Nutzlosigkeit höherer Eigenmittel dient die Behauptung, die CS sei nicht wegen fehlender Eigenmittel untergegangen, sondern wegen fehlender Liquidität, d.h. dem panikartigen Rückzug durch die Gläubiger. Vordergründig richtig, aber: Eigenmittel sind eben gerade dazu da, Vertrauen zu schaffen. Wenn die Einleger wissen, dass Substanz da ist, brauchen sie keine Angst zu haben. Aber wenn die FINMA behauptet, die Eigenmittel seien intakt, wenn sie dies bei professioneller, zukunftsgerichteter Betrachtung nicht sind, laufen die Einleger zu Recht davon.

Ohne die Aussicht auf Liquiditätshilfe durch die Notenbank und Rettung durch den Bund, bräuchten die Banken wie früher Eigenmittel von 50 Prozent ihrer Bilanz. Aber mit dem Staat in Geiselhaft kann man gut von Hyperfokus auf den Eigenmitteln reden.

Auf die Frage des Interviewers, wie er denn die Banken regulieren würde, antwortete Jamie Dimon:

Auch grosse Banken müssen scheitern können, ohne das gesamte Finanzsystem zu gefährden. Es ist machbar. Aber nicht so, wie wir es momentan angehen. Wir fügen nur weitere Schichten von Regeln und Vorschriften und Kapital hinzu. Die Öffentlichkeit sollte wissen, dass sie nicht den Preis dafür zahlen muss, wenn eine Bank versagt.

Das ist, mit Verlaub, warme Luft. Und sie riecht nicht besonders gut.

CS-PUK mit Klartext

Gemäss Bericht der Medien — hier im Tages-Anzeiger — hat die PUK in einem Zwischenbericht zum Fall CS ein kollektives Versagen von FINMA, SNB und Finanzdepartement bestätigt. Die Behörden hätten die notwendigen Entscheidungen so lange hinausgezögert, bis kaum mehr eine andere Lösung als die Zwangsübernahme durch die UBS nötig war. Die PUK bestätigt damit die vernichtende Kritik internationaler Gremien.

Zusammen mit anderen Ökonomen habe ich die Behörden ebenfalls von Anfang an für die gewählte „Lösung“ kritisiert. Triumphgefühle kommen trotz der Bestätigung durch die PUK keine auf. Erstens ändert deren Zwischenfazit nichts am unglücklichen Ergebnis der für die Schweiz zu grossen Bank. Zweitens darf ich mich an der eigenen Nase nehmen.

Die versteckte Wurzel des Problems — die Aufgabenteilung zwischen FINMA und SNB — übersah ich selber auch: Die FINMA prüft die Solvenz einer Bank (d.h. diese muss mehr Guthaben aufweisen als Schulden) und die SNB hilft einer Bank mit Liquidität (d.h. Hilfskrediten), wenn diese — trotz grundsätzlicher Solvenz — kurzfristig in Zahlungsschwierigkeiten gerät.

Eine scheinbar logische und saubere Aufgabenteilung. Was ich dabei selber übersah (Tagesgespräch bei Radio DRS vom 17.3.2023): Die Aufgabenteilung gibt der FINMA einen Anreiz, einer Bank die Solvenz zu bescheinigen, auch wenn diese bereits sehr fraglich ist. Die FINMA interveniert nämlich nicht gern gegen grosse Banken. Und solange die SNB noch Liquiditätshilfe gibt, kann die FINMA noch zuwarten und hoffen. Geschehen im Herbst 2023, als die SNB (gemäss Cash) auf eine Verstaatlichung der CS drängte, derweil die FINMA und die CS-Spitze ein Weiterwursteln mit Liquiditätshilfe durch die SNB durchsetzen. Ich hoffe, dass bei der Diskussion des PUK-Zwischenberichts dieser Fehlanreiz nicht übersehen bleibt.

Gewerbsmässige Schaumschlägerei in der NZZ

Urs Birchler

Die NZZ steht für Journalismus im Geiste der Aufklärung. Nicht dazu passt: Schon zum wiederholten Mal gibt sie eine ganze Seite einem Literaturwissenschafter, um über ein Gebiet zu schreiben, von dem dieser herzlich wenig versteht. Seine Unkenntnis verbirgt er in einer süffig dargereichten Arroganz. In der Ausgabe von heute macht sich Manfred Schneider gleichzeitig über die Bargeld-Freunde und die Bitcoin-Fans lustig. Immerhin haben beide Lager gute Argumente für ihre gegensätzlichen Positionen. Bei Schneider sucht die Leserschaft vergebens nach irgendeiner greifbaren Information zum Thema, dem Geldwesen. Am Ende täuscht Schneider philosophische Tiefe vor mit der (aus dem Nichts abgeleiteten) “Folgerung”, Unabhängigkeit und Freiheit seien nicht dasselbe.

Es kann jeder Zeitung passieren, dass sie einen Non-Valeur einkauft. Im vorliegenden Fall war sie allerdings schon vor zehn Jahren gewarnt. In einem Artikel von 2014 verbreitete Literaturwissenschaftler Schneider von medizinischem Fachwissen unbelastete Weisheiten zu ADHS und wurde von Monika Bütler zu recht zurückgepfiffen. Trotzdem war Schneider immer wieder Gast in der NZZ. Sein Markenzeichen: Gemeinplätze zu Themen ausserhalb seines Fachbereichs (z.B. Chat-GPT, Künstliche Intelligenz). Und immer wieder: der Versuch, andere Positionen oder Personen lächerlich zu machen. Nicht sehr aufklärerisch, liebe NZZ.

Schneider beklagt sich gerne über abnehmendes Ansehen der Geisteswissenschaften. Doch selber macht er mit seinen flapsig-inhaltsarmen Artikeln keine gute Werbung für die Geisteswissenschaften.

Mir sind die Geisteswissenschaften wichtig. Und ebenfalls wichtig ist mir die NZZ. Drum verstehe ich nicht, weshalb sie regelmässig Schaumschlägern [die männliche Form trifft leider zu] ganze Seiten zur Verfügung stellt. Optimistisch stimmen mich die verheerenden Kommentare zu Schneiders neuestem Beitrag. Vielleicht liest die Redaktion ihre eigene Zeitung.

DigitalerFranken: ein Sprung nach vorn?

Den Zentralbanken wird es beim Thema Digitales Zentralbankgeld (CBDC) ernst. Die SNB hat heute in einer Pressemitteilung bekanntgegeben, dass sie zusammen mit der Schweizer Börse SIX (Medienmitteilung hier) zum ersten Mal echtes digitales Zentralbankgeld verwenden wird. Beteiligt am Pilotprojekt sind auch die Banque Cantonale Vaudoise, die Basler Kantonalbank, die Commerzbank, die Hypothekarbank Lenzburg, die UBS und die Zürcher Kantonalbank. Das Pilotprojekt läuft von Dezember bis Juni.

Grundlage des Pilotprojekts Helvetia III ist das Konzeptpapier Helvetia II. Die zu testende Implementierung ist eine hybride Lösung zwischen der Dezentralisierung nach dem Vorbild von Kryptowährungen und der Zentralisierung der herkömmlichen Währungen bei einer Zentralbank. Zentralisiert sind die Überwachung des Systems bei der SIX-Tochter SDX, die Ausgabe und Rücknahme der Geldeinheiten durch die SNB, sowie die kommerziellen Transaktionen bei den einzelnen Banken. Dezentralisiert wird die Verbuchung mittels einer Decentralized Ledger Technology (DLT), so wie sie bei Kryptowährungen üblich ist.

Das Pilotprojekt ist vor allem der Erprobung der technischen Lösungen gewidmet, so wie sie im Papier Helvetia II dargestellt sind. Mit der Einführung des digitalen Geldes will die SNB keine neue geldpolitische Strategie einführen. Dennoch bestehen Berührungspunkte mit der Geldpolitik:

  • Jede institutionelle Änderung, welche die Kosten des Zahlungsverkehrs beeinflusst, hat geldpolitische Auswirkungen. Zur Erinnerung: Die Einführung des Swiss Interbank Clearing, SIC, (und eine Änderung der Liquiditätsvorschriften) im Jahre 1988 führten zu einem Anstieg der Inflation).
  • Das Projekt sieht Brutto-Echtzeit-Abwicklung vor (wie das SIC). Diese vermeidet das Risiko, dass ausgelöste Zahlungen nicht definitiv ausgeführt werden. Nachteil ist der relativ hohe Liquiditätsbedarf (da Zahlungen nie gegeneinander verrechnet werden können). Ein Zentralbank spielt deshalb, wie im SIC, eine wichtige Rolle.

Das wichtigste ist aber das kleine „w“ im Namen der neu entstehenden Geldes wCBDC. Es steht für wholesale Central Bank Digital Currency. Das heisst: Das neue Geld kann nur zu Zahlungen zwischen den Banken verwendet werden, genau so wie bisher die (selber bereits digitalen) Giroguthaben. Digitales Zentralbankgeld fürs allgemeine Publikum bleibt Zukunftsmusik. Mit vermutlich gutem Grund: Die Einführung der digitalen Banknote würde grundsätzliche Fragen aufwerfen wie jene, wozu es noch Bargeld oder Bankeinlagen braucht. Dabei ginge es dann um das Fundament unseres Finanzsystems.

Fazit: Die Einführung von wCBDC ist technologisch durchaus ein Sprung nach vorn. Aber geldpolitisch ist es eher ein Katzensprung als der eines Tigers.

Für mehr zu Kryptowährungen und digitalem Zentralbankgeld, siehe Kapitel 12 in „Das Einmaleins des Geldes“.

Financial Stability Board (FSB) blamiert Bundesrat

Urs Birchler

Der Bundesrat “löste” das CS-Problem im vergangenen März mit Gewalt – gegenüber der Credit Suisse, der UBS und de facto gegenüber der SNB. Den vorgesehenen Instrumenten des Bankengesetzes zog er Notrecht vor. Solches erfordert starke Gründe. Die vom Bundesrat vorgebrachten Argumente hat jetzt das Financial Stability Board (FSB) in einem Bericht untersucht.

Das FSB ist das von den Behörden der G20-Länder getragene internationale Expertengremium zum Thema Finanzstabilität. Es ist das Dach-Gremium zu spezialisierteren Gremien wie dem Basler Ausschuss für Bankenaufsicht (Banken), IOSSCO (Versicherungen) u.a. Im FSB ist auch die Schweiz vertreten (aktuell mit Staatssekretärin Daniela Stoffel und Notenbankpräsident Thomas Jordan).

Das FSB als Behördenorganisation formuliert seine Berichte mit Bedacht. Auch der 35-seitige Bericht zur Behandlung der CS und anderer fallierter Banken ist sorgfältig abgefasst. Umso erstaunlicher die Aussagen: Die Kritik an der Entscheidung des Bundesrates klingt – entfernt man die übliche Watte der Diplomatie – vernichtend. 

Doch vorab zum Hintergrund: Wenn eine Bank ihre Probleme nicht mehr aus eigener Kraft lösen kann, wie die CS im März 2023, gibt es im Prinzip drei Lösungen (die bei einer Aufteilung der Bank auch kombiniert werden können) :

  • Modell “Götti”: Jemand (UBS, Bund) kauft die Bank samt ihren Problemen.
  • Modell “Resolution”: Die Bank wird saniert.
    a) mittels Rückschnitt von Ansprüchen der Aktionäre und der Gläubiger (bail in)
    b) mittels Zufuhr neuer Mittel, notfalls durch den Staat (bail out)
  • Modell “Konkurs”: Die Bank wird liquidiert.

Der Bundesrat behauptete, das Modell Resolution – verbunden mit einer allfälligen (Teil-)Verstaatlichung sei nicht in Frage gekommen. Warum nicht? 

Die zuständige Finanzministerin (frisch im Amt) liess am Wochenende der Notlösung über ihren gemäss NZZ gut informierten Parteipräsidenten im Tages-Anzeiger verlauten, der Grund sei Druck aus dem Ausland gewesen. Später argumentierte der Bund:

  1. Das Vertrauen in die CS sei unwiederbringlich zerstört gewesen. 
  2. “dass eine Sanierung einer global systemrelevanten Grossbank und ein Bail-In im aktuellen Marktumfeld zu massiven Verwerfungen geführt hätte”.
  3. “Der Konkurs der Finanzgruppe unter Aktivierung des Schweizer Notfallplanes zur Fort- führung insbesondere der systemrelevanten Funktionen in der Schweiz hätte mit [an] Sicherheit grenzender Wahrsch[e]inlichkeit in der aktuellen Lage erst recht zu einer massiven Destabilisierung der Märkte geführt.”

Ziemlich vage verwirft das Eidg. Finanzdepartements EFD auf der FAQ-Seite zur Credit Suisse die Möglichkeit einer geordneten Resolution mit Hinweis auf internationale und nationale Risiken. Eine (Teil-)Verstaatlichung wurde offenbar nicht ernsthaft in Erwägung gezogen (und auch nicht den Kosten des TBTF-Status der Kombi-UBS gegenübergestellt), sobald am Horizont die Gotte UBS auftauchte.

Das Hauptargument des Bundesrates lautete zusammengefasst: Das vorhandene, in den vergangenen Jahren schrittweise ausgebaute, gesetzliche Instrumentarium des Modells „Resolution” war nicht anwendbar. 

Schon die FINMA teilte diese Auffassung in ihrem Recovery and Resolution Report per Ende 2022 (publiziert kurz nach der CS-“Rettung”) nicht: Beide Grossbanken erhielten in allen drei Kategorien (Recovery plan, Swiss emergency plan, Institution resolvability) die Note „grün“. Dennoch sah der Bundesrat rot.

Das Financial Stability Board verwirft nun die Argumentation des Bundesrates in ihrer Gänze. Eine Umsetzung der von der FINMA – in Zusammenarbeit mit ausländischen Behörden bis hin zu asiatischen Aufsehern – vorbereiteten Resolutions-Pläne wäre möglich gewesen (S. 11). Die FINMA sei auch bereit gewesen, diese Pläne umzusetzen, sollte die Übernahme-Lösung scheitern. Im Wortlaut:

Some have suggested that … the resolution framework is not workable. However, the FSB’s review does not support that conclusion. As indicated above, a resolution was ready to be implemented that weekend. (S. 11)

Dass ein internationales Gremium dies in aller Deutlichkeit sagt, zeigt zweierlei: Erstens war der “internationale Druck” in Richtung der vom Bundesrat gewählten Lösung wohl eher eingebildet. Und zweitens sind die vom Bundesrat vorgebrachten Argumente zugunsten dieser Lösung, finanztechnisch gesprochen, Nonvaleurs. Langfristig, so sei angefügt, ziemlich teure.

Parkplatzblues

Urs Birchler

Unser Preisüberwacher hat zugeschlagen. Der Preis für eine Dauer-Parkbewilligung in der blauen Zone soll den Kosten entsprechen. Klingt ökonomisch, ist aber in der Umsetzung das Gegenteil. Als Kosten rechnet er die fiktive Miete der Fläche, die Kosten für Asphalt und Farbe (inkl. Abschreibung) und dergleichen. Man könnte auch den Lohn der Polizei noch dazurechnen, die gelegentlich überprüft (Fachausdruck: Kontrolle stehender Verkehr), ob alle vier Reifen innerhalb des Gevierts stehen .

Der mit Abstand wichtigste Kostenbestandteil geht dabei vergessen: Die Kosten, die ich durch Beanspruchung des Parkplatzes jenen andern auferlege, die ihn nicht gleichzeitig benützen können. Abschätzen liessen sich diese mit dem Preis, denn die/der Meistbietende in einer Auktion für die Parkkarte geboten hätte. Ähnlich der Stau: Die echten Kosten eines Staus bestehen nicht in der Miete des Bodens, auf dem mein Auto gerade zu stehen kommt, sondern in der Behinderung aller andern.

Mit der Kostenlogik des Preisüberwachers könnte ich verlangen, dass mir jemand eine Blaue Mauritius für zwei Pence (zuzüglich Zins seit 1847) verkauft. Die Meistbietenden zahlen jedoch für das blaue Viereck bis eine Million.

Halt: Eine blaue Briefmarke ist kein blauer Parkplatz! Gerade die Ärmeren brauchen ein günstiges Parkfeld, meint der Preisüberwacher. Die Reichen hätten ihre Karosse privat im geheizten Carport. Da haben wir es wieder: Jene, die wirklich knapp sind, haben kein Auto. Nur jene, die eins haben, werden subventioniert. Wie schon bei der Verbilligung des Bahnabos für Autofahrer (nicht aber für Fussgänger). Was der Preisüberwacher versucht, ist Sozialpolitik via Verbilligung einzelner Güter, eine bekanntermassen unbeholfene Methode. Sie ist aber offenbar wichtig genug, um forsch in die Gemeindeautonomie hineinzuschwatzen.

Man soll ja nicht auf den Mann zielen; er meint es gut. Aber er vertritt auch die Idee der „Gierflation“, die Idee, dass die Preise steigen, weil die Unternehmen (plötzlich!) geldgierig sind. (Im Gegensatz wohl zur den Interessenten an Parkkarten.) Das heisst: Der Mann hat eine akute Allergie gegen ökonomischen Basisverstand. Die gute Nachricht: Das wäre im Prinzip heilbar. Ich offeriere drei Probelektionen gratis.

Der ungeborene Bericht

Die Behörden verwarfen eine ordentliche Behandlung der Credit Suisse (konkret: eine Zwangssanierung) mit der Begründung, dies wäre nicht möglich gewesen. Ein Blick in die Berichte der FINMA wecken Zweifel.

Unter dem Titel „Notfallplanung bei systemrelevanten Banken“ berichtete die FINMA im Jahresbericht 2020 (S. 66): Die FINMA beurteilte die Notfallpläne der beiden Grossbanken von 2020 als umsetzbar. Die Credit Suisse erfüllt die gesetzlichen Vorgaben wie bereits im Vorjahr vollständig. Im Folgejahr heisst es unter demselben Titel im Jahresbericht 2021 (S. 58): Die FINMA beurteilte die Notfallpläne der Schweizer Einheiten von UBS und Credit Suisse im Jahr 2021 als umsetzbar. Die Credit Suisse erfüllte die gesetzlichen Vorgaben wie bereits in den Vorjahren vollständig.

Die Recovery-(Rettungs)-Pläne waren also ok. Die CS hat sogar für die gute Umsetzung einen Rabatt bekommen. Bei den Resolution-(Auflösungs-)Plänen fehlte anscheinend auch nicht viel. Im Resolution-Bericht der FINMA vom März 2021 liegt die CS bei den meisten Anforderungen im grünen Bereich, Tendenz sogar noch aufwärts (Bild unten).

Was hat denn noch gefehlt, fragt man sich, damit die CS weitestgehend aufgrund ordentlichem Rechts, d.h. den bankengesetzlichen Regeln zur (Zwangs-)Sanierung hätte gerettet werden können? Waren die beiden verbleibenden gelben Felder so entscheidend? Und hätte die dort vorhandenen Probleme nicht mit viel weniger Notrecht gelöst werden können?

Die Antwort stünde in dem aktuell fälligen neuen Resolution-Bericht der FINMA. Angesichts der neuesten Ereignisse ist dieser noch nicht erschienen. Er liegt aber mit Sicherheit vor, vielleicht sogar in der bis letzte Woche vermeintlich definitiven Fassung. Dieser Bericht wäre von grösstem Interesse. Er würde zeigen, wie die FINMA die Resolutionspläne der CS bis vor einer Woche beurteilte, was noch fehlte und warum. Dies würde uns helfen zu verstehen, warum die notrechtliche Zwangsübung vom 19. März gewählt wurde. Wenn die FINMA Zivilcourage zeigen will, veröffentlicht sie deshalb den endgültigen Bericht zusammen mit der bis dahin (also am 18. März) gültigen Entwurfsversion.