Urs Birchler
Die UBS und ihre Mitstreiter wie Economiesuisse und Bankiervereinigung führen zwei Argumente an, weshalb die Schweiz die Grossbank pfleglich behandeln soll:
- Die Schweizer Exportunternehmen und international tätigen Unternehmen sind auf eine international tätige Schweizer Bank angewiesen:
- Der internationale Wettbewerb ist scharf, deshalb kann die UBS mit höheren regulatorischen Anforderungen nicht bestehen.
Beide Argumente klingen auf den ersten Blick halbwegs plausibel. Ein zweiter Blick zeigt jedoch: Die beiden Argumente widersprechen einander. Wenn die UBS für die international tätigen Schweizer Unternehmen unverzichtbar ist, verliert sie nicht den Konkurrenzkampf wegen z.B. höheren Eigenmitteln. Wenn, umgekehrt, die ausländischen Konkurrentinnen der UBS das Geschäft so leicht abspenstig machen können, dann kann es kaum sein, dass die Schweizer Unternehmen keine Alternative haben.
Deshalb wüssten wir gerne: Welches Argument gilt jetzt?
Lieber Urs
Ich habe deine kürzlichen Blogeinträge zur UBS und ihren Eigenmitteln mit Interesse gelesen und mir ein paar Gedanken dazu gemacht, die ich gerne mit dir teile.
Zunächst vertrete ich durchaus die Meinung, dass der Finanzierungsanteil von Eigenkapital an einer Investition teuer ist. Der Eigenkapitalgeber trägt das höchste Risiko und erwartet somit den höchsten Ertrag (ROE). Ich bin einverstanden, dass, je höher der Eigenkaptalanteil desto tiefer die Ertragserwartung zutrifft. Sie wird aber immer höher sein als für Fremdkapital. Einen wichtigen Punkt der diese Kosten zusätzlich erhöht, ist – wie von dir erwähnt – , dass der ROE nach Steuern zu errechnen ist, da diese Kapitalkosten nicht von den Steuern abgezogen werden können. Wenn also eine UBS einen ROE von 14% anstrebt muss die wohl ca. 18% vor Steuern erreichen. Das zeigt wie gross die Herausforderungen im gegenwärtigen Umfeld sind.
Und dieses Umfeld existiert eben bereits. Dein Beispiel mit den Bons ist zwar nachvollziehbar und könnte bei einer neu gegründeten Gesellschaft mit «gutmütigen» Anteilseignern umgesetzt werden. Auf die heutige Bankenwelt und die UBS im besonderen lässt sie sich aber kaum anwenden.
Die UBS Group weist per Ende Q3 2024 ein Eigenkapital von USD 87,589 Milliarden (ca. CHF 75 Milliarden) bei einer Bilanzsumme von USD 1623,941 Milliarden. Die ausgewiesene Leverage ratio betrug 4,6%. Die Zahl ist möglicherweise durch den Zusammenschluss noch etwas verzerrt, bewegt sich aber bei ähnlichen Banken im ähnlichen Bereich da ja alle den praktisch gleichen regulatorischen Vorgaben unterliegen.
Die Marktkapitalisierung betrug USD 106,528 Milliarden (ca. CHF 90 Milliarden).
Wollte man nun eine Leverage von 10% oder gar 20% (wie teilweise u.a. in Zeitungsartikeln gefordert) erreichen, müsste die UBS frisches Eigenkapital in der Grössenordnung von CHF 100 – 300 Milliarden beschaffen. Wie sollte das gehen – die Aktionäre müssten zustimmen, was sie wohl kaum täten, weil ihr bestehender Anteil (auch ertragsmässig) sehr stark verwässert würde – und wer bzw. woher kämen die Investoren, die solche Summen locker machen können und würden für einen (relativ tiefen) ROE den es sonst bei keiner vergleichbaren Bank gäbe?
Diese Fragen werden in den kommenden Parlamentsdebatten wohl diskutiert werden und man darf gespannt sein, was dabei herauskommt.
Was wären die Alternativen falls sich solche Forderungen durchsetzen sollten?
Eine Abwanderung ins Ausland? Schwer vorstellbar, weil die «Swissness» verlorenginge und das Problem für die Schweiz (die verbleibende UBS wäre wohl immer noch mit Abstand die grösste Bank in der Schweiz und weiterhin TBTF) kaum gelöst wäre.
Also weiter wie bisher? Was das Eigenkapital anbelangt bin ich der Meinung, dass die gegenwärtigen Anforderungen genügen. Ausnahmen dürfte es aber nicht mehr geben. Ähnlich sehe ich es für die Regulatorien, die ich allerdings als allzu detailverliebt erlebt habe – oft sah man vor lauter Bäumen den Wald nicht. Die CS ist ein Paradebeispiel dafür.
Wo man hingegen ansetzen sollte ist bei der Verantwortlichkeit des Managements. Wie war es bei der CS über mehr als ein Jahrzehnt möglich, dass die Bank einen Skandal an den nächsten gereiht hat, ohne dass je ein Mitglied der GD oder des VR zur Rechenschaft gezogen wurde. Oder dass Julius Baer auf dümmste Weise CHF 600 Millionen in den Sand setzen konnte und im VR hat es kaum Auswirkungen? Hier gilt leider immer: Wenn die Sonne scheint hatte ich dafür die Verantwortung (und habe entsprechend Anspruch auf meine Boni) und wenn es hagelt war jemand weiter unten schuld (und ich erhalte trotzdem meinen Bonus). Das müsste sich grundlegend ändern. Hier müsste auch das Parlament ansetzen.
Ganz allgemein erscheint mir, dass man in unserem Land die Banken (und die UBS im speziellen) mit zuwenig Respekt begegnet. Angesichts der Skandale ist das zu einem guten Teil nachvollziehbar. Aber die UBS
– Ist weltweit die grösste Vermögensverwalterin
– Ist die grösste Asset Management Bank der Schweiz
– Ist wohl die einzige Schweizer Bank die Firmen weltweit betreuen kann
– Zahlt jedes Jahr ca. CHF 1 Milliarde Steuern in der Schweiz (Tendenz steigend)
– Beschäftigt über 30.000 Mitarbeiter in der Schweiz
– Zahlt schätzungsweise weit mehr als CHF 1 Milliarde in die AHV
– Die Mitarbeiter in der Schweiz ihrerseits zahlen wohl um die 2 Milliarden an Steuern im Jahr
Da könnte man auch ein bisschen stolz sein.
Die Bank hat eine glaubhaft konservative Geschäftspolitik und wird sie hoffentlich auch in Zukunft bewahren und es ist ja auch nicht so, dass in der Vergangenheit nur Grossbanken Probleme bereiteten – im Gegenteil.
Des öftern haben sie in den letzten 40 Jahren andere Banken in Schieflage übernommen (und so die Gläubiger vor Schaden bewahrt). Und auch der Staat hat in dieser Zeit (und auch schon vorher) immer wieder Banken gerettet. Ich glaube das würde er auch heute auf die eine oder andere Art tun müssen, wenn ein kleineres Institut in Schwierigkeiten käme. Ich kann mir schlicht nicht vorstellen, dass z.B. eine Regionalbank sich selbst überlassen würde wenn ihr das Wasser bis zum Halse steht. Die Wertvernichtung bei einem Untergang und der Reputationsschaden für das Land wären schlicht zu gross. Ich weiss, man sollte das nicht sagen und noch weniger schreiben, aber denken darf man es …
«Life is full of risks» habe ich des öftern gehört. Ich glaube die Schweiz sollte sich das Risiko UBS auch in Zukunft leisten.
Herzlicher Gruss
Werner
Die beiden Argumente der UBS widersprechen sich nur indirekt. Es ist richtig, dass die CH-Unternehmen sehr gerne von der weltweit operierenden UBS profitieren. Und ebenso richtig ist es, dass die Vermögensverwalterin UBS mit angehängter (notwendiger) Investment-Bank international nicht bestehen kann, wenn die Regulatorien zu streng sind.
Wie eine UBS „bändigen“? Ganz einfach. Alle Vermögensanlagen der UBS, die man nicht an die SNB abtreten kann, um Liquidität zu erhalten, müssen mit Passivgeldern derselben Laufzeit finanziert sein. Eine 2. Hypothek auf 10 Jahren darf so nur noch mit einer Anleihe oder Kassenobligation über diese 10 Jahre gedeckelt werden. So stellt man sicher, dass die Kundschaft ihre Gelder nicht rascher abziehen, als die UBS flüssige Mittel sich beschaffen kann. Ein Fast-Konkurs, wie bei der CS, ist damit ausgeschlossen.
Das kostet uns zwar 0,2% an höheren Schuldzinsen. Doch dafür haben wir endlich Sicherheit.
Die Verlustrisiken sind mit dem viel höheren Eigenkapital (gegenüber 2008) bereits heute abgedeckt. Es geht einzig noch ums Risiko, zahlungsunfähig zu werden, weil die Kunden das Vertrauen verlieren und ihr Geld rasch abziehen.