Urs Birchler
Die Anti-Ritalin-Sekte hat wieder zugeschlagen. Der Tages-Anzeiger online entblödet sich nicht, heute dieselben Legenden nochmals abzudrucken, die wir in der NZZaS, bzw. hier und hier bereits entlarvt haben.
Wiederum spiel der Soziologe Pascal Rudin eine Hauptrolle. Er zitiert diesmal auch eine Studie, genauer „die amerikanische MTA-Studie (Multimodal Treatment Approach)“ (ohne den altmodischen Luxus einer genaueren Quellenangabe). Da aber die Studie an 579 Kindern durchgeführt wurde, kann man sie identifizieren. Und siehe da: Die Studie stammt aus dem Jahr 1999 und findet eine klare Überlegenheit der (von Rudin verteufelten) medikamentösen Behandlung gegenüber von Verhaltensorientierten Therapien (Rudin sVorliebe) [sehr ähnlich eine Studie aus von 2001]:
Conclusions For ADHD symptoms, our carefully crafted medication management was superior to behavioral treatment and to routine community care that included medication. Our combined treatment did not yield significantly greater benefits than medication management for core ADHD symptoms, but may have provided modest advantages for non-ADHD symptom and positive functioning outcomes.
Rudin behauptet laut TA, „dass die Einnahme von Methylphenidat nach 14 Monaten zwar Vorteile zeigte. Nach drei Jahren Einnahme jedoch waren diese nicht mehr nachweisbar und es zeigten sich sogar Nachteile gegenüber nicht-medikamentöser Hilfen.“ Diese Behauptung ist einmal mehr erlogen und erstunken. Wie schon die im TA wiederholte Behauptung Rudins, in der Schweiz seien 95 Prozent der Ritalin-Verschreibungen überflüssig.
Der TA meint, Ritalin werde jahrelang ohne Diagnose verschrieben. „Dies bestätigen auch Erfahrungsberichte von Betroffenen.“ Wir können versichern: Wir haben nach unserem Artikel in der NZZaS fast zwei Dutzend Zuschriften erhalten von Betroffenen, die uns alle gedankt haben. Niemand hat geschrieben: Ich hätte kein Ritalin bekommen sollen.
Wir konnten bei unserem Sohn keinen Unterschied feststellen. Darum haben wir Ritalin wieder abgesetzt. Ritalin deswegen zu verteufeln ist mehr als nur grenzwertig.