Urs Birchler
In der NZZ von heute (S. 25) schreibt Martin Lanz über die „vergebliche Suche nach der ’sicheren‘ Bank“. Doch vielleicht ist diese Suche gar nicht so vergeblich, wenn man sich einmal von ein paar gängigen Vorurteilen löst.
Gestern stellten Anat Admati und Martin Hellwig in den USA ihr in den nächsten Tagen erscheinendes Buch The Bankers‘ New Clothes: What’s Wrong with Banking and What to Do about It vor. Darin demontieren sie die gängigen Argumente der Banken, wonach Regulierung (namentlich höhere Eigenmittelanforderungen) kostspielig seien. Das schlimmste dieser Argumente: „Eigenmittelanforderunegn binden Kapital, das nachher in der Wirtschaft fehlt und verringern daher das Wachstum.“ Wer solches behauptet, steht nach Lektüre des Buches tatsächlich ziemlich nackt da.
Doch auch die Behörden werden gestrippt: „Glauben Sie denen nicht, die sagen, dass alles besser sei als vor der Finanzkrise von 2007-2009 und dass wir ein sichereres System hätten, das mit der Umsetzung der Reformen noch sicherer werde. Das heutige Bankensystem ist so gefährlich und zerbrechlich wie das System, das uns die Krise gebracht hat“, schreiben Admati und Hellwig (meine Übersetzung).
Admati und Hellwig sind jedoch keine Pessimisten. Ein sicheres oder zumindestens viel sichereres Finanzsystem ist möglich, und zwar ohne grosse Kosten für die Wirtschaft. Das Hauptinstrument sind höhere Eigenmittel. Auch Martin Lanz folgert: Es „führt wohl kein Weg an strengeren Eigenkapitalanforderungen vorbei“. Nur: Admati und Hellwig meinen viel höhere Eigenmittel. Wir dürfen gerne an 20-30 Prozent der Bilanzsumme denken, das ist ein Vielfaches der Anforderungen unter Basel III.
Die Autoren lassen aber auch kein gutes Haar an der Schizophrenie des Staates: Auf der einen Seite bestraft er die Finanzierung durch Eigenmittel, in dem deren Kosten steuerlich nicht abzugsfähig sind. Auf der anderen Seite zwingt er die Banken, Eigenmittel zu halten.
Daher schliessen Admati und Hellwig zutreffend: Wir können ein viel sicherers Bankensystem haben, und es würde wenig kosten. Nur eine einzige Zutat fehlt: „The critical ingredient—still missing—is political will.“
P.S.: Eine Reihe von Hintergrundpapers sind bereits verfügbar.
Guten Tag Herr Birchler,
wir sollten „stärkere Regulierung“ nicht mit „höheren Eigenmittelanforderungen“ gleichsetzen – das sind doch zwei unterschiedliche paar Schuhe.
Ist am Ende nicht das Problem, dass manche Institute „Too-Big-To-Fail“ sind? Hier bringen auch höhere Eigenmittel keine inhärente Sicherheit.
Wie konnten denn die Banken überhaupt so riesig werden? Warum sind die Skaleneffekte in der Branche dermassen stark? Gibt es Möglichkeiten, die Skaleneffekte zu dämpfen, sodass mehr KMU-Banken entstehen?
Die übermässige Regulierung der Finanzmärkte dürfte bereits ein wichtiger Faktor für die Too-Big-To-Fail-Problematik sein: KMU-Banken könnten sich einfach keine ausreichend grosse Legal Compliance Abteilung leisten. Wäre es da nicht angebracht, die Regulationen zu vereinfachen, d.h. die Märkte zu deregulieren? Höhere Eingemittelquoten schliessen so etwas ja nicht aus – denn diese machen für KMU-Banken noch mehr Sinn als für Grossbanken. Schon alleine wegen dem Emittentenrisiko.
Welche anderen Faktoren begünstigten noch die Entstehung derart grosser Bankkonglomerate?
Gruss,
Christof Bucher
„Die Autoren lassen aber auch kein gutes Haar an der Schizophrenie des Staates: Auf der einen Seite bestraft er die Finanzierung durch Eigenmittel, in dem deren Kosten steuerlich nicht abzugsfähig sind. Auf der anderen Seite zwingt er die Banken, Eigenmittel zu halten.“
Dies ist ein ökonomietheoretisches Problem, welches bis jetzt noch nicht einmal in der Öffentlichkeit als Problem erkannt worden ist, obwohl sogar im aktuellen Koalitionsvertrag von CDU und FDP dieses Frage aufgegriffen wird.
Meine Ansichten zu dieser Frage und der Frage, inwieweit Schulden ein Problem der gegenwärtigen Wirtschaftsverfassung sind, habe ich hier zusammengefaßt:
http://soffisticated.wordpress.com/schulden/
Warum eigentlich nur 30 % Eigenkapitalanforderung? 100%! alles andere ist Betrug.