Kickbacks

Urs Birchler

Das Bundesgericht hat entschieden (BGE 132 III 460), dass (vereinfacht gesagt) sogenannte Retrozessionen (etwa Rabatte für den Abschluss von Börsengeschäften; vulgo: Kickbacks) innerhalb von Vermögensverwaltungsaufträgen nicht dem Vermögensverwalter, bzw. der Bank, sondern dem Kunden gehören. Die Presse hat über die möglichen Implikationen und erste Prozessvorhaben berichtet.

Gleichzeitig, oder kurz vorher, berichteten die Medien, beispielsweise der Tagesanzeiger, über gewisse Hemmungen der Ärzteschaft, ihre Kickbacks, namentlich Rabatte und Vergünstigungen seitens der Pharmaindustrie, an die Kunden, sprich: Patienten und Krankenkassen, weiterzugeben. Anders als in der Vermögensverwaltung sind geldwerte Vorteile für die Mediziner im Bundesgesetz über Arzneimittel und Medizinprodukte (Art. 33) längst geregelt (mich dünkt: verboten). Das Bundesgericht scheint aber die Ärzte lieber zu haben als die Bankiers: Mit einem Entscheid vom 12. April 2012 wurde die Rechtsgrundlage der von Swissmedic ausgeübten Kontrolle in diesem Bereich bestritten.

Als Nicht-Jurist muss ich auf die Weisheit des Bundesgerichts blind vertrauen. Als Ökonom seien mir einige Bemerkungen erlaubt:

  • Banken und Ärzte stehen beide in einem besonderen Vertrauensverhältnis zum Kunden und unterstehen deshalb einem auch strafrechtlich geschützten Berufsgeheimnis; hinsichtlich finanzieller Hygiene scheint der Medizinsektor jedoch ins Hintertreffen zu geraten;
  • Die Medizin scheint, wenn der Tages-Anzeiger recht hat, mindestens für den Laien, dem Bankgeschäft sogar voraus in der Entdeckung von Umgehungsmöglichkeiten und Schlupflöchern.
  • Bei den Banken sind die Retrozessionen insofern ein Teil des Geschäftsmodells, als ihr Wegfall durch andere — transparentere — Gebühren ersetzt werden muss; verschiedene Kunden sind durchaus mit Kickbacks einverstanden. Bei den Ärzten sind Vergütungen der Pharmaindustrie kaum ein Teil eines akzeptierten Geschäftsmodells.

Die Bankiers sind in letzter Zeit oft gescholten worden. Drum wichtig, sich daran zu erinnern, dass sie nicht von Heiligen umgeben sind.

One thought on “Kickbacks

  1. In Hong Kong werden einem zuweisenden Arzt (zBsp. für ein Knie-MRI) bis zu 35% der Kosten vom MRI-Betreiber rückvergütet. Gesetzlich gibt es dafür keine Grundlagen: es ist verboten. In Zürich reichte die Preisspanne von CHF700.- bis CHF1’400.- bei Offert-Anfragen für ein Schulter-MRI in einem Umkreis von <3km in der grössten Stadt der Schweiz.Und alle wollen immer unbedingt wissen, wer den nun den Patienten zugeweist hat. Da es über die bösen Banker bald nichts mehr zu schreiben gibt, sollten gute Journalisten diesen von Urs Birchler angesprochenen Sektor anfangen zu durchleuchten. Buchhaltung und Geldfluss sollte ja aufgehen, und wenn nicht, dann sind die Ungereimtheiten ja ersichtlich. Und wenn da etwas aufgedeckt werden kann, kommt es vermutlich noch der Allgemeinheit zugute in Form von gleichen oder tieferen KKP.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert