LIBOR-Reform

Urs Birchler

Die britischen Behörden haben heute die Pläne zur Reform des LIBOR vorgestellt. Die Reform ist die Antwort auf Manipulation der von der British Bankers Association berechneten LIBOR-Sätze durch die beteiligten Banken.

Sowohl das Treasury, als auch die FSA haben je eine eigene Webpage eingerichtet (Treasury, FSA), auf der die relevanten Dokument zur Verfügung stehen, namentlich der Wheatley Report und die dazugehörige Pressenotiz.

Hier das Wichtigste in Kürze[der Eintrag wird bei Bedarf aktualisiert]:

  • Der LIBOR wird vorerst nicht ersetzt. Er ist „broken but not beyond repair“. [Das scheint vernünftig. Zu viele ausstehenden Verträge beruhen auf dem LIBOR. Ferner ist es eineswegs einfach, einen Ersatz zu finden, der mehr Vor- als Nachteile hat.]
  • Sowohl die Berechnung, als auch die Datenlieferung durch die Banken werden inskünftig beaufsichtigte Aktivitäten (und für Missetaten werden Strafen eingeführt).
  • Die Berechnung des LIBOR soll auf einen neuen Träger übertragen werden. Dieser wird durch einen Submissionsprozess bestimmt. Der Bericht weist auf das Problem hin, dass die Berechnung kommerziell nicht lohnend sein könnte (private Kosten/öffentlicher Nutzen). [Unklar scheint, ob ausländische Bewerber das Rennen machen könnten, oder ob das „L“ in LIBOR gesetzt ist.]
  • Der neue Träger der Berechnung soll möglichst rasch selber einen Code of Conduct für die am LIBOR beteiligten Banken vorlegen.
  • Grössere Transparenz (ab sofort) soll der Manipulation vorbeugen: Die von den Banken der BBA gemeldeten Sätze sollen nach 3 Monaten publiziert werden. [Dies könnte gleichzeitig auch „window dressing“-Anreize liefern, wenn die Banken gut aussehen wollen]
  • Ein reines Abstellen auf effektiv getätigte Transaktionen wird abgelehnt, da die Märkte gerade in Stress-Zeiten zu dünn sind.

Der Bericht weist auch darauf hin, dass Marktteilnehmer die ihren Verträgen zugrunde liegenden Basissätze mit Bedacht wählen sollen.

Weiteres zum Libor in früheren Batz-Einträgen: Einfache Arithmetik und Wer beerbt den LIBOR.

3 thoughts on “LIBOR-Reform

  1. Ich finde Ihren letzten Satz ausschlaggebend. Man liest viel über die Umstellung des Libors, aber nur wenig über die Auswirkungen auf die derivativen- bzw. gekoppelten Produkte.

    Können Sie hierzu eine Aussage machen?
    Es gibt eine fast unzählbare Menge an Produkten, welche an den LIBOR direkt oder indirekt gekoppelt sind. Die Modelle der Produkte beruhen auf den langjährigen Erfahrungen die auf dem „alten“ LIBOR gemacht wurden. Wie sieht dies in Zukunft aus? Wird der LIBOR-Satz volatiler? Reagiert er in Krisen anders (auch im positiven Sinne). Vielen Dank.

  2. Genau deshalb frage ich nach.
    Die Informationen aus der Zeitung sind ja nun bekannt. Ein Forschungsthema wäre sicherlich interessant – ich wäre auf die Ausführungen gespannt – aber dennoch trägt es ja nichts zur aktuellen Situation bei, da die Fragen zu spät beantwortet würden.

    Wenn schon in frühen Semestern gelernt wird, dass dieser Satz keinen wirklich – wie soll man sagen – anfälligen Mechanismus birgt, dann ist man schon verwundert, dass das Ruder nun so schnell herum gerissen werden muss, ohne dass man die Auswirkungen (und die neuen Anreize) wirklich kennt.

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