Höhere Eigenmittel für Europas Banken?

Urs Birchler

Nach neuesten Berichten sollen die europäischen Banken zusätzliche Eigenmittel aufnehmen, vor allem um gegen einen Abschreiber auf griechischen Anleihen gewappnet zu sein. Dies tönt auf den ersten Blick plausibel. Ich habe immer weder für höhere Eigenmittel plädiert.

Nur — das Rezept stammt wieder aus der Hexenküche der europäischen Politik und ist ist von Anfang an vergiftet.

  1. Die Massnahme kommt reichlich spät. Die Behörden haben den Banken zu lange aus der Hand gefressen und die Mär von den teuren Eigenmitteln geglaubt. Die Einsicht kommt jetzt, wo die Eigenmittel wirklich teuer werden (siehe nächsten Punkt).
  2. Wer jetzt Eigenmittel einschiesst, weiss, dass diese zum Teil bereits verloren sind. Das lohnt sich nur, wenn eine sehr hohe Rendite winkt. Anders läge der Fall, wenn der Kapitalgeber weiss, dass er bei weitem nicht der einzige sein wird, dass also die bereits vorhandenen Verluste auf viele Schultern verteilt werden. Die europäischen Behörden müssten also nicht ein bisschen mehr Eigenmittel verlangen, sondern viel, viel mehr. Dann wären sie billiger. Teuer ist nicht eigentlich das Eigenkapital, sondern diese Pflästerli-Methode.
  3. Das bisschen mehr Eigenkapital, das die europäischen Banken zusammenkratzen sollen, wird zum grossen Teil wieder weggefressen durch die hohen Risiokoprämien, welche diese Banken heute auf ihren Schulden bezahlen. Rechenbeispiel: Eine Bank bezahle eine Risiokoprämie von 2% (200 Basispunkten) auf Geldmarktverindlichkeiten von 10% ihrer Bilanzsumme. Die Kosten betragen also 20 Basispunkte pro Jahr. Die Bank habe risikogewichtete Anlagen von 20% ihrer Bilanzsumme. Ein Prozentpunkt (der risikogewichteten Anlagen) mehr Eigenmittel sind 20 Basispunkte bezogen auf die Bilanz. Dieses Prozent an zusätzlichen Eigenmitteln wird von der Risikoprämie auf Geldmartkverbindlichkeiten also in einem Jehr aufgefressen. Wenn die Banken Zeit haben bis zum Juli 2012, sind die zusätzlichen Eigenmittel schon zu einem schönen Teil weggefressen, bevor sie aufgenommen sind.
  4. Wenn den Banken bereits in Aussicht gestellt wird, dass sie Geld von der EFSF erhalten, wenn die Eigenmittelaufnahme nicht gelingt, wären sie ein bisschen blöd, aggressiv Eigenmittel aufzunehmen.

Vollends verquer ist die Koppelung der Eigenmittelanforderungen an die Bereitschaft der Banken, griechische Schulden zu erlassen. Es gibt weiss Gott vieles zu verhandeln dieser Tage. Aber eines braucht nicht verhandelt zu werden: Der griechische Schuldenschnitt. Den kann Griechenland einseitig deklarieren. Nur ist das nicht attraktiv, solange Geld aus Europa zufliesst.

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