Hätten wir eine Inflation von 4% pro Jahr wäre unsere Hypothek in 10 Jahren real um einen Drittel kleiner. Eine verlockende Perspektive. Kein Wunder träumen Schuldner – vor allem aber Politiker von Staaten mit hoher Verschuldung – von einer solch angeblich schmerzlosen Reduktion ihrer Lasten. Doch die Sache hat einen Haken. Mit der Inflation steigen auch die Zinsen. Wer knapp bei Kasse ist, also die meisten Staaten, wird die Zinskosten nur über eine höhere Neuverschuldung begleichen können. Am Ende des Tages wird die Schuld vielleicht gar nicht kleiner.
Die Realität ist allerdings noch viel komplizierter. In den Nominalzinsen sind nicht nur die aktuelle Inflation enthalten sondern auch die Erwartungen über künftige Inflationsraten. Die Geschwindigkeit mit der Zinsen steigen und sinken hängt zudem davon ab , wie die Zentralbank kommuniziert und wie glaubwürdig ihre Ankündigungen sind. Möglicherweise steigt zu Beginn der Inflationsperiode die Zinsbelastung weniger schnell wie die Inflation. Auf diesen Effekt bauen wohl die meisten Befürworter einer „weg mit Schulden durch Inflation“ Strategie. Doch ebenso wahrscheinlich bleiben die hohen Schuldzinsen über die Inflationsperiode hinaus bestehen und belasten die Schuldner. Und je höher die Inflationsrate, desto volatiler ist sie. Mit den stärkeren Schwankungen der Inflationsraten steigen auch die Risikoprämien und die Zinslasten steigen noch mehr. Zu guter Letzt ist die Laufzeit der Schulden wichtig, wie sehr die Inflation den Schuldnern schadet oder nützt.
Angesichts dieser Komplexität ist es kaum verwunderlich, dass die effektiven Kosten und Nutzen einer Inflationierungsstrategie nur schwer abgeschätzt werden können.
Mein früherer Kollege aus der Zeit in Tilburg, Michael Krause, hat mit Stephan Moyen zusammen einen Versuch zur Quantifizierung der Kosten und Nutzen der Inflation gewagt. Die beiden Forscher der Deutschen Bundesbank bauen dazu ein (ebenfalls kompliziertes) Modell, welches die oben genannten Effekte berücksichtigen soll. Krause und Moyen finden, dass es in der Tat sehr schwierig ist mit einer vorübergehenden Inflationsperiode die Schulden durch Inflation zu beseitigen. Es bräuchte dazu eine permanent höhere Inflationserwartung der Märkte (auf deutsch: die Menschen müssen daran glauben, dass die Inflation für immer hoch bleibt). Doch selbst in einem solchen Szenario kann durch Inflation nur circa 25% der Schuldenlast weginflationiert werden. Um 40% der Schuld wegzuinflationieren bräuchte es eine Erhöhung der Inflation um ganze 8 Prozentpunkte.
Der Grund für die relativ geringe Reduktion der Schulden durch Inflation liegt in den Zinsen. Um die Inflation wirksam zu erhöhen, müssen auch die Märkte eine höhere Inflation erwarten. Damit steigen aber auch die (langfristigen) Zinsen und somit die Kosten der Schulden. Doch auch der Ausstieg aus der Inflation ist schwierig. Falls die Inflationspolitik „gut“ funktioniert, warum sollte die Öffentlichkeit dann nicht befürchten, dass Politiker der Versuchung erliegen, damit auch noch weiter zu machen.
Fazit: Die Schulden lassen sich nicht einfach schmerzlos durch höhere Inflation kurieren. Schon die bekannten Nebenwirkungen sind nicht harmlos. Von den unbekannten ganz zu schweigen.
Die heutigen Staaten haben das Geld monopolisiert und die Geldmärkte einer TOTALEN staatlichen Zentralplanung unterworfen. Diese Tatsache wird von den Mainstream-Ökonomen als völlig selbstverständlich hingenommen. Doch wie in jedem anderen Bereich verursachen solche Eingriffe massive Probleme. Es kommt zu Verzerrungen, Ungleichgewichten, Konjunkturschwankungen, Umverteilungen.
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Einzig die Austrian School weist auf diese Zusammenhänge hin. Doch der Staat lässt an seinen Schulen und Universitäten eine staatstreue Version der Ökonomie lehren, welche Geldmonopole als problemfrei erscheinen lässt. Die Zentralplanerbanken werden als unfehlbare Engelchen dargestellt, welche grossherzig jene Rezessionen lindern, welche angeblich private Akteure der Marktwirtschaft verursacht haben.
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Jede Staatsintervention bedeutet eine Umverteilung. Im Falle der versuchten Konjunkturförderung mittels Geldentwertung kommt es zu Inflation. Diese schadet den Sparsamen und den hilflosen Pensionären, und begünstigt die Verschuldeten, den Staat, und gewiefte Investoren, welche von Goldpreisen profitieren. Solche Umverteilungen sind vom Souverän ganz sicher nicht erwünscht. Der Geldmarkt muss liberalisiert werden.