Als 17-Jähriger habe ich das erste selbstverdiente Geld, das ich als Tierpfleger in der Novartis und als Migros-Mitarbeiter verdient habe, investiert – den Lohn von der Migros in meine erste Reise ohne Eltern mit Freunden nach Holland (eine sehr lohnende Investition!) und das Geld der Novartis in einen Aktienfonds (weniger lohnend, wie Sie gleich sehen werden). Seitdem habe ich jeden Monat 25 Franken in diesen Fonds einbezahlt.
Der Fonds hiess „Profitline“ (!) und war von der Swiss Life. Bald wurde er von einer Tochter der AIG übernommen (des amerikanischen Versicherungsriesen, der von der US-Regierung im September 2008 gerettet werden musste). Die jetzige Station dieser Odysee ist die schweizerische Bank bankzweiplus. Bankzweiplus informierte mich, dass mein Fonds „zu vorteilhaften Konditionen weitergeführt wird“. Ferner wurde mir geschrieben, dass „auf [ehemaligen] Anlagefonds der AIG weiterhin keine Depotgebühren erhoben werden“. Im Januar 2010 teilte mir bankzweiplus mit, dass ich doch bitte „den neuen Gebührentarif“ auf ihrer Webseite beachten soll. Bald merkte ich beim Lesen des Bankauszuges, was das für mich heisst: Jedes Jahr Mindestdepotgebühren von 80.72 Franken. Dazu kommen noch die Kommissionen. Bei meinem geringen Investitionsvolumen lohnt sich das natürlich nicht. Der angerufene Kundenberater der bankzweiplus hat mich allerdings nicht auf die geringe Rendite aufmerksam gemacht und riet mir nicht zu einem Verkauf. Mir bleibt aber nichts anderes übrig als mein Fondsvermögen aufzulösen in einem schlechten Marktumfeld – obwohl ich den Fond doch langfristig halten wollte. Der Verkauf kostet natürlich auch was – 50 Franken.
Eine Investition in einen Fonds ist eine langfristige Angelegenheit und basiert auf Vertrauen in die ausgebende Institution. Das Weiterreichen eines Fonds von einem Anbieter zum nächsten, das ständige Anpassen der Gebühren, die geringe Transparenz und schlechte Beratung untergräbt die Beziehung. Fondsliquidationen und Fondsübernahmen sind Alltag. Der Fond-Pionier John Bogle, der 1975 den ersten Aktien-Index-Fonds auf den Markt brachte, schreibt in seinem Buch „Enough“, dass die Finanzmärkte zu umfangreich, zu teuer und viel zu kompliziert geworden sind. Auch die aktuelle „Buttonwood“-Kolumne vom „Economist“ hat die Fondsindustrie zum Thema. Hier ein paar Ausschnitte:
„Fund managers have been some of the biggest beneficiaries of the financial sector’s growth over the past 30 years.”
“Private-equity industry has been a huge success in terms of size, growth and profitability for its operators and for many intermediaries. It is less clear whether private equity has been a universal boon for its investors or financial markets generally.”
„…have charged excessive fees and overstated returns by using misleading measures of their […] return.”
Nach den im „Buttonwood“ zitierten Studien ist ein Grossteil der Renditen auf hohe Leverage und den Aufwärtstrend an den Aktienmärkten zurückzuführen. Bezahlung der Fondsmanager sollte aber einzig auf Management-Kenntnissen und „Stockpicking“ basieren. Die Autoren schlagen einen „inertia benchmark“ vor: „…should look at the performance of the manager’s portfolio over the past year and compare it with the return that would have been achieved had he done nothing at all.”
Zurück zu mir. Jetzt stehe ich vor einem neuen Problem: In welchen Fonds soll ich mein Geld investieren? Es existieren tausende von Fonds. Studien haben gezeigt, dass mehr Auswahl nicht immer besser ist („paradox of choice“): Wird z.B. ein Produkt in vielen Farben angeboten, fällt vielen die Wahl schwer. U.a. aufgrund der Intransparenz schauen die Leute bei Finanzprodukten auch nicht auf den Preis (was bei anderen Gütern völlig normal ist). Nicht nur für Personen mit geringer Bildung ist Investieren ein Buch mit sieben Siegeln (die Schweizer Stephan Meier und Lorenz Goette zeigen in einem interessanten Artikel, dass die geringe finanzielle Allgemeinbildung einer der Gründe für die Subprime-Krise in Amerika ist). Das illustriert auch Heike Faller in ihrem Buch „Wie ich versuchte, reich zu werden – mein Jahr unter Spekulanten“. Im Gegensatz zum richtigen Dschungel ist der „Fonds-Dschungel“ nicht erhaltenswert.
Nach einiger Recherche habe ich mich übrigens entschieden, mein Geld in einen ETF (exchange traded fund) zu investieren. Aber auch da sind an der Schweizer Börse 312 kotiert. ETF sind passiv verwaltet und replizieren einen Index. Es wird mit der TER (Total Expense Ratio) (relativ transparent) angegeben, wie hoch die Summe aller Kosten und Kommissionen ist. Nicht überraschend machen Banken für ETFs fast keine Werbung. Wird es eine Partnerschaft fürs Leben sein?
PS: Nach der in der Volkswirtschaftslehre weit verbreiteten „Life-Cycle-Hypothesis“ sollte ich übrigens als „armer“ Doktorand nicht investieren, sondern Geld aufnehmen (Konsum-Glättung; ich darf erwarten, dass ich in der Zukunft mehr verdiene). Aber nicht einmal VWL-Doktoranden halten sich daran.
Exkurs: Ich bin überzeugt, dass einer der Gründe für die Ablehnung der Senkung des Umwandlungssatzes darauf zurückzuführen ist, dass Pensionskassengebühren und verwandte Themen nicht Teil der Vorlage waren (hier zwei Artikel dazu: eins, zwei). Es war eine unausgewogene Vorlage. Einen „richtigen“ Umwandlungsatz gibt es nicht, wie dieser Artikel erklärt.
Addendum: Mein ehemaliger Chef während meiner Kochlehre, Dominic Lambelet (Restaurant Rollerhof in Basel), hat mir gerade eine neue Investitionsidee gegeben – „friendly investor“ in einem guten Restaurant.
Hier eine junges Forum zum Thema ETFs und aktuellen Marktberichten.
http://www.etf-indexfonds.de
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