Vollgeld: Bravo NZZ

Urs Birchler

Kompliment an Hansueli Schöchli zu seinem luziden Artikel zur Vollgeld-Initiative in der heutigen NZZ! Alles sauber und unvoreingenommen erklärt.

Für Stimmbürger(innen) am wichtigsten: Wenn die SNB dem Bund Geld schenkt, wird die Schweiz als ganze nicht reicher. Statt auf der Vermögensseite der SNB steht das Geld dann auf der Vermögensseite des Bundes. Die Gefahr allerdings: Der Wunsch der Politik nach mehr, der nur durch Geldschöpfung (einer Form der Besteuerung) und indirekt Inflation erfüllt werden kann.

Was mich am meisten beeindruckt hat: Hansueli Schöchli hat die wissenschaftliche Literatur weiträumig studiert und zitiert. Von den Schweizer Ökonomen hätte man noch den NZZ-Gastbeitrag von Jörg Baumberger und vor allem die eigene (kritische) Website zu Vollgeld des Basler Professors Aleksander Berentsen erwähnen dürfen. Dieser gehört international zu den Top-Forschern auf dem Gebiet der monetären Ökonomie.

Frühere Beiträge bei Batz.ch zu Vollgeld: Vollgeld für Anfänger, das Experiment in Louisiana, und in meiner Abschiedsvorlesung zu Thema Geldreform–Weltreform.

5 thoughts on “Vollgeld: Bravo NZZ

  1. Ich – als nicht-wirtschafstkundiger – verstehe leider die Sache mehr schlecht als recht. Der Artikel listet eine Reihe von Gegenargumenten auf, die ich eigentlich nicht gut verstehe. Bei einigen wenigen finde ich aber, dass sie ganz schön schwach sind. (z.B. im Stil von: „wenn die Kunden so etwas wollten, gäbe es das auf dem Markt schon lange“ –> wenn alle so einen Marktglauben an den Tag legen würden, hätten wir keine Innovationen mehr… Es geht ja ausserdem auch weniger darum, was Kunden wollen, sondern was Bürgerinnen wollen..). Ich würde also den Gegnern der Initiative empfehlen, ihre Argumente möglichst sorgfältig auszuwählen. Jedes Wischiwaschi-Argument weckt Misstrauen.

    Somit beginne ich intuitiv, meine Zuneigung oder Ablehnung auf Basis von Vertrauens-Bewertungen zu machen. Vertraue ich wirtschaftlichen Kreisen, bei der Analyse der Vollgeld-Initiative? Grundsätzlich ja. Aber etwas weniger, wenn gewisse Eigeninteressen derart stark im Zentrum stehen. Ausserdem hat die Vergangenheit schmerzlich gezeigt, dass viele Finanzfachleute ihr eigenes Metier gar nicht so genau verstehen, wie sie immer vorgeben, bzw. ihre Analyse und ihr Handeln stark von Eigeninteressen geleitet wird. Also, bin ich hier auch wieder recht misstrauisch geworden. Ich denke, so geht es vielen. Ich suche daher nach Stimmen, die ich als freidenkerisch und neutral empfinde: eher nicht die der NZZ, dann doch eher die von Batz.ch. Bis auf weiteres stimme ich also Nein 😉

  2. Danke fürs Kompliment an Batz.ch! Sowohl auf der pro- als auch auf der contra-Seite werden ziemlich viel Pauschalvorstellungen und irreführende Behauptungen ins Feld geführt. Mit kritischem eigenem Denken sind Sie sicher gut beraten.

  3. Ich kann mich dem Imperativ anschliessen, möglichst kritisch und selbständig zu denken. Wenn zum Beispiel ein sog. „Experte“, sei er Journalist oder Ökonom, Vollgeld mit 100% money verwechselt, dann kann auch ein Laie erkennen, dass er sich bei der Meinungsbildung besser nicht auf Elaborate solcher Leute stützen sollte.
    Herr Birchler hat sich seit seinem Anfängeraufsatz „Vollgeld für Anfänger“ wiederholt und in Selbstbildungsabsicht dem Thema zugewandt, ob er nun allerdings wirklich schon zum Vollgeld-Erklärer avanciert ist, mag jeder für sich selber beurteilen, der sich den entsprechenden Abschnitt seiner Abschiedsvorlesung angesehen hat…
    Schöchli zitiert in der NZZ tatsächlich einige Publikationen zum Thema… aber was bringt das, wenn bei deren Lektüre regelmässig eklatante Missverständnisse der Autoren zu Tage treten?
    Auch bei Schöchli selber, der in seiner hier von Birchler gelobten Aussage, „die Schweiz würde als Ganzes nicht reicher“ ein Unverständnis von Vollgeld beweist. Erstens geht es bei der zentralen Forderung, dass alle Zahlungmittel in Schweizer Franken ausschliesslich von der SNB hergestellt werden, um eine Selbstverständlichkeit, die mit Seigniorage nichts zu tun hat. Zweitens kann (und soll) die mit der Vollgeld-Initiative mögliche Realisierung von originärer Seigniorage gesetzlich so geregelt werden, dass die Befürchtungen von Staatsfinanzierung unbegründet bleiben. Übrigens: Die Euro-Zone hat Staatsfinanzierung ohne Vollgeld….!

  4. Sehr geehrte Frau Glaser (wenn das Ihr richtiger Name ist)

    ich werde auch in Zukunft so über Vollgeld berichten, wie es meinen — möglicherweise unvollkommenen — fachlichen Kenntnissen und Überlegungen entspricht. Ich werde weiterhin auch die positiven Seiten der Vollgeldidee zu würdigen wissen, obwohl — und jetzt lesen Sie bitte genau — die Kommentare der Befürworter in ihrem Dogmatismus und dem weitgehenden Fehlen einer logischen Argumentation wenig Anreiz dazu geben. Da wir bei batz.ch gerne einen landesüblichen Tonfall pflegen, werde ich aber Kommentare, die auf pauschale Verunglimpfung („Elaborate“, etc.) abzielen, in Zukunft nicht mehr aufschalten. Dies war der letzte solche Kommentar, der hier erscheint. Wie Sie sich anderweitig usser, bleibt Ihnen überlassen. Ich fände es aber schade, wenn die Vollgeldinitiative eine Abfuhr erleiden würde wie einst die Kaufkraftinitiative, nur weil ihre Anhänger(innen) sich als, wie es damals hiess, dogmatische Spinner gebärden.

    Für inhaltliche Beiträge sind wir selbstverständlich nach wie vor offen.

    Freundlich

    Urs Birchler

  5. Lieber Herr Birchler

    Gleich vorweg: Sie dürfen diesen Kommentar gerne unveröffentlicht löschen.
    Ich konzediere gerne, dass ich etwas spitz formuliere. Das ist nie verletzend gemeint, sondern einerseits mein Naturell, andererseits wird es durch die auch nach Jahren der Debatte noch immer fachlich mangelhaften Publikationen provoziert. Eine ernsthafte Debatte leidet meines Erachtens primär unter fachlichen Verständnisfehlern, und nicht unter spitzen Formulierungen, aber schon da gehen womöglich die Meinungen auseinander.

    Zu einer frischen Debatte gehört auch die Fähigkeit, inhaltlich motivierte Formulierungen nicht persönlich zu nehmen. Zum Beispiel nehme ich „dogmatische Spinner“ nicht nur wegen der männlichen Form nicht persönlich, sondern grundsätzlich schlicht als Ausdruck dafür, dass jemand seine Message für Sie nicht gut verständlich angebracht hat. Das Defizit liegt dann wohlgemerkt eher beim Sender als bei Ihnen als Empfänger.

    In dem Sinne grüsse ich Sie versöhnlich

    S. Glaser

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