Urs Birchler
Dieser Tage musste man wieder aufpassen beim Zeitunglesen.
Beispiel 1: Rudolf Strahm behauptet in Der Bund, dass Rohstoffspekulanten (a) profitorientiert seien und (b) die Preise destabilisieren. Dies geht aber schlecht zusammen. An der Börse gewinnt in der Regel, wer billig kauft und teuer verkauft — das heisst, derjenige der die Preise stabilisiert. Natürlich kann ein Einzelner einmal Glück haben, indem er eine spekulative „Blase“ kurzfristig mitreitet und noch rechtzeitig, vor dem Platzen, verkauft. Aber eine Branche als ganze kann dies nicht. Auch das Gegenteil geht nicht: Oder würden Sie einem Rohstoffkonzern glauben, der behauptet, er stabilisiere die Preise, verliere dabei aber einen Haufen Geld? Also: entweder profitabel (und insgesamt stabilisierend) oder destabilisierend (und insgesamt unprofitabel).
Beispiel 2: Joseph Stiglitz sagt
im Interview mit der NZZ:
Wie gesagt, niemand würde fordern, Märkte sollten Leitzinsen festsetzen. Daraus folgt, dass es auch falsch ist, Wechselkurse dem Markt zu überlassen. Wer das tut, macht sich in Wahrheit nicht vom Markt abhängig, sondern von Mario Draghi bei der Europäischen Zentralbank und Janet Yellen bei der Federal Reserve. Warum tut die Schweizerische Nationalbank das ohne Not?
Der Nobelpreisträger flunkert gleich doppelt. Erstens mit der Behauptung, wenn man Leitzinsen obrigkeitlich festsetzen könne (so wie dies die Notenbanken FED, EZB, SNB, etc. tun), dann könne man auch den Wechselkurs festsetzen. Zinssatz (Miete für Geld) und Wechselkurs (Preis des Geldes in Fremdwährung) sind aber zwei Preise für ein und dieselbe Ware. Genauso wie Wohnungsmieten und Immobilienpreise. Maximal einen der beiden kann der Staat, bzw. die Notenbank, festsetzen, der andere ergibt sich dann zwangsläufig am Markt. Beide festsetzen führt zu Schwarzmarkt oder Korruption.
Zweitens schwindelt Stiglitz mit der Aussage, die SNB mache sich von Mario Draghi abhängig. Es ist nämlich so: Die SNB hat die Wahl zwischen einem Wechselkursziel und einem freien Wechselkurs. Im ersteren Fall entscheidet Draghis EZB indirekt über unsere Geldmenge (da die SNB intervenieren muss, um den Wechselkurs zu verteidigen, und dabei die Kontrolle über ihre Bilanz verliert). Im zweiten Fall entscheidet die EZB (mit) über unseren Wechselkurs. Die Frage ist also nicht „Draghi oder nicht Draghi?“. Die Frage ist „Wechselkurs oder Geldmengen-Autonomie?“. Beides ist nicht zu haben. (Wohnungspreise und Immobilienbestand lassen sich auch nicht gleichzeitig verordnen.) Die meisten Nobelpreisträger wissen das.
Fazit: Wir sind demagogischen Argumenten nicht schutzlos ausgeliefert. An ihren Widersprüchen sollt Ihr sie erkennen!
Die Finanzspekulation hat verheerende Auswirkungen auf die Nahrungsmittelpreise. Käufer und Verkäuferinnen von Nahrungsmitteln orientieren sich stark an den Future-Preisen (börsenpreisen), wenn sie ihre eigenen realen Preise festlegen. Phänomene wie die Nahrungsmittelpreiskrise 07/08, während der sich die Preise der vier Hauptnahrungsmittel Reis, Mais, Weizen und Sojabohnen verdreifacht haben, lassen sich durch Schwankungen in Angebot und Nachfrage nicht mehr erklären. Zu diesem Schluss kommt auch die Weltbank, die in einer Studie 2010 festgestellt hat, dass die Nahrungsmittelspekulation eine Schlüsselrolle spielt. (Haniotis, 2010)
Gut entlarvt! Der einzige Weg um Zinsen wie auch Wechselkurse festzulegen wäre wohl über eine Kapitalkontrolle. Wenn ich mich recht erinnere hatte einmal Rogoff der Schweiz sogar empfohlen dies in Betracht zu ziehen. Er meinte Kapitalkontrollen hätten ein schlechteren Ruf als sie es verdienen. Jordan hatte jedoch in einem Interview erwähnt dass sich Kapitalkontrollen langfristig nicht durchsetzen lassen. Was wäre Ihre Meinung zu einer Restriktion des Inflows? Die negativen Zinsen fangen nun bei den Pensionskassen an Wirkung zu zeigen, die ersten Kassen fangen an Umwandlungssätze zu reduzieren.