Negativzins

Urs Birchler

Die SNB führt, wie heute morgen mitgeteilt, Negativzinsen auf die bei ihr gehalteten Girokonti der Banken ein.

Was sind Negativzinsen? Ganz praktisch: Ich borge bei der Bank eine Million, verputze 2’500 Franken und bringe den Rest nach einem Jahr zurück.

Der Unterschied zur Nationalbank: Erstens die Grössenordnung: Die SNB schuldet den Banken 324 Milliarden; davon sind das Viertelprozentchen im Jahr dann 810 Millionen. Zweitens: Die SNB verputzt dieses Geld nicht (das letzte Mal, Ende der 1970er-Jahre überwies es der Bundesrat — er erliess damals die Negativzinsen — an die Exportrisikogarantie als Rückstellung für Währungsverluste, siehe SNB 1957-82, S.141).

Das Problem: Zuviel Negativzins lässt sich niemand bieten. Auch die Banken haben eine Matratze, unter der sie Bargeld verstecken können. Viel Spielraum bleibt der SNB daher nicht. Irgendwo gibt es eine Reizschwelle, an der die Banken das Geld in Banknoten abheben. Es werden dann im Raum obere Bahnhofstrasse ziemlich viele graue Kastenwagen unterwegs sein.

Die Nationalbank hat Erfahrung mit Negativzinsen. Solche sollten schon in den 1970er Jahren, in Verbindung mit anderen Massnahmen zur Abwehr fremder Gelder, die Aufwertung des Frankens bremsen.

Gestützt auf einen dringlichen Bundesbeschluss über
den Schutz der Währung vom 8. Oktober 1971 erliess der Bundesrat u.a. eine Kommission (Negativzins) von 2% pro Quartal auf neuen Bankeinlagen von Ausländern (SNB 1957-82, S.104). Diese wurde bald aufgehoben. Doch mit Verordnung vom 20. November 1974 belegte der Bundesrat seit
Ende Oktober 1974 zugeflossene ausländische Geldern mit
einem Verzinsungsverbot und einem Negativzins von 3% pro Quartal (S. 141).

Diese Massnahmen lassen sich nicht direkt vergleichen mit Negativzinsen auf den Giroguthaben der SNB. Gleichwohl wird sich auch die SNB erinnern an ihre Feststellung: „Aufgrund der Erfahrung, dass die Nachfrage nach Schweizerfranken durch Anlageverbot, Negativzinsen und andere Massnahmen nur sehr bedingt reduziert werden kann, wurde einer zusätzlichen Frankennachfrage mit einer Erhöhung des Frankenangebots begegnet“ (SNB 1957-82, S.109). Aktenkundig ist auch die durch die Negativzinsen erhöhte Nachfrage nach Tausendernoten (S. 289).

Kurz: Von Negativzinsen ist — leider — nicht allzuviel zu erhoffen, denn es gibt hier kein „whatever it takes“.

2 thoughts on “Negativzins

  1. Warum kauft die SNB nicht unbeschränkt Realwerte?

    Warum die SNB mit den angehäuften Devisen zur Stützung des EURO nicht einfach internationale Realwerte (Aktien und Immobilien) kaufen kann, ist mir nicht klar. Mit einer solchen Strategie könnten weiterhin unbeschränkt EUROS gekauft werden. Auf Negativzinsen könnte man dann verzichten.

    Singapur, Norwegen, die arabischen Staaten und China haben Staatsfonds und investieren weltweit. Zum Beispiel hat China das Telekom-Netz von Costa Rica aufgebaut. Warum nicht in eine neue Eisenbahnlinie in einem Schwellenland investieren? Wer sagt denn, dass das Geld nur in der Schweiz investiert werden soll? Realwerte haben langfristig immer an Wert zugelegt. Im Übrigen investiert die SNB bereits in Aktien. Ich frag ja nur, ob es nicht noch mehr sein könnte. Was spricht dagegen? Zu wenig liquid? Auch der Goldpreis kann kurzfristig stark schwanken. Der globale Aktien- und Immobilienmarkt ist möglicherweise stabiler als der EURO-Kurs.

  2. Die Anlage der Gelder (die Aktivseite derSNB-Bilanz) ist das kleinere Problem. Das grössere ist die (auf der Passivseite) geschaffene Geldmenge wegen der mit ihr verbundenen Inflationsgefahr.

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