Urs Birchler
Die neuesten Zahlen, die die SNB dem IMF liefert, deuten darauf hin, dass die Märkte nach wie vor an die Wechselkursgrenze von 1.20 zum Euro, bzw. an den Willen der SNB zu deren Verteidigung glauben, dass dieser Glaube aber auch nicht überstrapaziert werden darf. Im März lagen die gemeldeten Währungsreserven noch komfortabel unter dem Niveau vom vergangenen August, d.h. kurz vor der Einführung der Wechselkursgrenze. Gleichzeitig übertrafen sie zum ersten Mal im laufenden Jahr den Vormonatsstand (Ende Februar). Die Zunahme um 4,5 Prozent liegt wohl im Streubereich. Wer aus der Zunahme schliesst, eine Anhebung der Wechselkursgrenze wäre eine schlechte Idee und die Ernennung eines Präsidenten eine gute (siehe Eintrag von gestern), dürfte dennoch nicht ganz falsch liegen.
Währungsreserven der SNB (gemäss IMF data dissemination standard; Monatsenden in Mio. CHF:
237’454 Mar 2012
227’230 Feb 2012
227’212 Jan 2012
254’254 Dez 2011
229’278 Nov 2011
245’036 Oct 2011
282’352 Sep 2011
253’351 Aug 2011
Ein Staatsfonds zur Verteidigung der EUR/CHF-Untergrenze!
Im Finanzuniversum nehmen die Sovereign Wealth Funds (Staatsfonds) einen immer wichtigeren Platz ein. Staatsfonds gibt es in den Ölstaaten, in Singapur, China, Hongkong, Südkorea, Russland, aber auch in Norwegen, Irland und Australien. Mit Ihren Aktienengagements halten diese Fonds rund 4 Prozent aller kotierten Unternehmen.
Mit der Festlegung einer Untergrenze für den Wechselkurs EUR/CHF wurde in der Schweiz der reine Wähungsfloat ausgeschlossen. Damit ergeben sich aus ökonomischer Sicht folgende Hauptmotive für den Aufbau eines Staatsfonds in der Schweiz:
Unterstützung der Nationalbank bei der Verteidigung der EUR/CHF-Untergrenze
Wenn die in EURO gehaltenen Devisenreserven der Schweiz als exzessiv beurteilt werden, legen die Zins- und Eurorisiken portfoliotheoretisch eine globale Streuung des staatlichen Geldvermögens nahe sowie eine teilweise Umwandlung in Sachvermögen. Geldpolitisch lassen sich die exzessiven Devisenreserven nicht mehr durch Sterilisierung der Devisenmarktinterventionen eindämmen, da illiquide lokale Finanzmärkte und Konjunktureffekte eine entsprechende Reduktion des Inlandskredits verbieten. Das impliziert ein Aufwertungsdruck. Investitionen im Ausland würden die Realaufwertung dämpfen. „Mittels eines Staatsfonds könnte die Schweiz ihre Versorgung mit Energie und Rohstoffen sichern. Neben der Nationalbank sollten sich auch Pensionskassen und Hedge Funds an einem solchen Fonds beteiligen“ (avenir aktuell, Mai 2010)
Wirtschaftliche Diversifikation und Effizienzgewinne
Der durch die Überschüsse in der Finanzbranche erzeugte Aufwertungsdruck erzeugt in der Schweiz Wettbewerbsdruck auf die übrigen Wirtschaftssektoren. Mit einem Staatsfonds könnte die industriellen Sektoren der Schweiz gestützt werden.
Vorsorge für alternde Gesellschaft und zukünftige Generationen
Um die sozialen Verpflichtungen auch bei einer restriktiveren Einwanderungspolitik erfüllen zu können, wäre ein Staatsfonds mit globalen Realinvestitionen ein geeignetes Instrument. (Basierend auf Prof. Dr. Helmut Reisen „Staatsfonds aus entwicklungsökonomischer Sicht“, in „Die Volkswirtschaft“ 7/8-2008, Seite 27).