Die Folgen der Demokratisierung: Was wird aus Tunesien und Ägypten?

Die jüngsten Demokratiebewegungen in vielen arabischen Ländern wie Tunesien oder Ägypten gründen auf einer tiefen Unzufriedenheit mit den politischen, aber auch mit den wirtschaftlichen Verhältnissen in diesen Ländern. Die Menschen werden von der Hoffnung auf eine vielversprechende Zukunft angetrieben, die Mitbestimmung, Demokratie, und auch wirtschaftlichen Wohlstand verheißt.

In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage nach den Erfolgsaussichten von Übergängen zur Demokratie. Hier gibt es überraschend wenig eindeutige Evidenz, dass Demokratien wirklich schneller wachsen oder bessere Institutionen implementieren als Autokratien oder Zwischenregimes mit formal-demokratischen Strukturen, in denen dennoch bestimmte Eliten die Macht monopolisieren (sogenannte Anokratien). Aktuelle Forschungsergebnisse zeigen jedoch, dass es nicht notwendigerweise demokratische Reformen sind, die Wachstumsimpulse oder bessere Institutionen nach sich ziehen, sondern das Szenario, unter dem diese Reformen stattfinden. So zeigt ein Blick auf die Demokratisierungsepisoden der „dritten Welle“ (seit Anfang der 1970er Jahre), dass demokratische Übergänge, die unter gewaltsamen Szenarien stattfanden, keine oder sogar negative Effekte auf Wirtschaftswachstum und Qualität der Institutionen hatten. Dagegen führten friedliche Übergänge zur Demokratie zu signifikant höherem Wachstum und besseren politischen wie wirtschaftlichen Institutionen.

Die Zukunftsperspektiven von Ländern wie Tunesien oder Ägypten hängen also direkt mit den derzeitigen Protesten zusammen. Während in Tunesien vieles auf einen friedlichen Übergang hindeutet, ist die Lage in Ägypten unübersichtlicher und dramatischer. Es wird also darauf ankommen, ob die herrschenden Eliten und das Militär einen friedlichen Übergang gewährleisten und sogar unterstützen, oder ob sich die Gewalt durchsetzt und damit die Hoffnung auf Demokratie und Wohlstand (zumindest statistisch) trübt oder gar zerstört.

Ein längerer Artikel zu dem Thema ist am 5.2.2011 im St. Galler Tagblatt erschienen. Die erwähnten Forschungsergebnisse sind auf Anfrage verfügbar und werden kommende Woche als Discussion Paper in der HSG Econ DP Series erscheinen.

Prof. Dr. Uwe Sunde ist ordentlicher Professor für Volkswirtschaftslehre an der Universität St.Gallen. Seine Forschungsarbeit befasst sich mit den Voraussetzungen für langfristiges Wirtschaftswachstum.

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